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Straßenbahn Timișoara

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Eine ehemalige Münchener Straßenbahn auf dem zentralen Piaţa Libertăţii
Eine ehemalige Bremer Straßenbahn im aktuellen Lackierungsschema
Straßenbahnfahrschein Anfang der 1980er-Jahre

Die Straßenbahn Timişoara ist nach der Hauptstadt Bukarest der zweitgrößte Straßenbahnbetrieb in Rumänien. Aktuell verkehren in Timişoara (deutsch Temeswar, ungarisch Temesvár) die Linien 1 bis 11, die kumulierte Linienlänge beträgt 145,8 Kilometer. Das heutige Netz geht auf die 1869 eröffnete Pferdebahn Temesvári Közúti Vaspálya zurück, diese wurde 1899 elektrifiziert und erweitert. Ferner war die Straßenbahn Timişoara der erste Straßenbahnbetrieb auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens, ebenso die erste elektrisch betriebene Straßenbahn in Rumänien.

Betreiberin der Straßenbahn ist die kommunale Verkehrsgesellschaft Regia Autonomă de Transport Timişoara (R.A.T.T.). Das städtische Schienennetz bildet traditionell das Rückgrat des lokalen ÖPNV, ergänzt wird es durch den Oberleitungsbus Timişoara (seit 1942) sowie diverse Omnibuslinien (seit 1943).

Besonderheiten des Betriebs sind die beiden Ringlinien 6 und 7, der frühere Güterverkehr per Straßenbahn sowie der frühere Einsatz von Doppeltriebwagen (Zwillingstriebwagen). Ferner wurden zwischen 1914 und 1972 auch selbst Straßenbahn-Fahrzeuge hergestellt, allerdings nur für den eigenen Bedarf. So wurde beispielsweise auch der weitverbreitete Typ Timiş2 in den eigenen Werkstätten der Straßenbahn Timişoara konstruiert, die Serienfertigung wurde anschließend jedoch der Firma Electrometal Timişoara übertragen.

Geschichte

Das Netz des Jahres 1899: die aufgelassenen Abschnitte der Pferdebahn sind grün markiert, die zur Elektrifizierung zweigleisig ausgebauten Abschnitte in blauer Farbe gekennzeichnet.
Auf dem heutigen Piaţa Romanilor befand sich ab 1899 das östliche Ende der Doppelspur, im Hintergrund der Piaţa Traian.
A-Wagen Nr. 8 ist mit
Kossuth tér–Gyárvárosi Indóház beschildert, das heißt er pendelte zwischen dem Piaţa Traian und dem Gara de Est (Linie III).
Piaţa Maria, der Pendelwagen in die Elisabethstadt wartet auf Anschluss aus der Innenstadt. Im Vordergrund ein zeitgenössisches Haltestellenhäuschen.

Die Pferdebahn (1869 bis 1899)

→ siehe Hauptartikel Temesvári Közúti Vaspálya

Umstellung auf elektrischen Betrieb (1899)

Zum Ende des 19. Jahrhunderts war das Verkehrsbedürfnis im damaligen Temesvár massiv gestiegen und konnte mit der Pferdebahn nur noch bedingt befriedigt werden. So hatte sich die Einwohnerzahl Temeswars während der Betriebszeit der Pferdebahn nahezu verdoppelt. Lebten 1869 noch 32.725 Einwohner in der Stadt, so waren es 1900 bereits 59.229 Einwohner. Ferner galt eine pferdebetriebene Straßenbahn gegen Ende des 19. Jahrhunderts als nicht mehr zeitgemäß. In der Hauptstadt Budapest fuhren beispielsweise bereits seit 1887 elektrische Straßenbahnen, in Wien – der anderen Hauptstadt der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie – seit 1897.

Auch die Erweiterung des Netzes wurde immer dringlicher, insbesondere die Bewohner der damals noch Meierhöfe genannten Elisabethstadt forderten bereits seit längerem ebenfalls an das Straßenbahnnetz angeschlossen zu werden. Ebenso dringlich war die Anbindung des peripher gelegenen Fabrikstädter Bahnhofs (heutiger Gara de Est), seit 1876 Temeswars zweiter Bahnhof. Er lag in damals noch unbebautem Gelände nördlich des Fabrikstädter Zentrums, vom zentral gelegenen Piaţa Traian aus über einen Kilometer entfernt.

Im Juli 1898 begannen die Bauarbeiten für das neue Liniennetz, am Donnerstag, den 27. Juli 1899 wurde schließlich der elektrische Betrieb aufgenommen.[1] Damit endete der Pferdebahnbetrieb in Temeswar. Gleichzeitig wurde das Netz von zuletzt 5,95 auf 10,315 Kilometer erweitert.[1] Statt der Pferdebahnlinie verkehrten fortan fünf elektrisch betriebene Linien, darunter zwei Durchmesserlinien und drei Radiallinien. Für ihren Betrieb wurden 13 der insgesamt 17 Wagen des Typs A benötigt:

I Piaţa Sarmisegetuza – Piaţa Traian – Piaţa Maria –
Piaţa Alexandru Mocioni – Gara de Nord
10-Minuten-Takt 6 Wagen
II Banatim – Piaţa Traian – Piaţa Maria –
Piaţa Alexandru Mocioni – Splaiul Tudor Vladimirescu
15-Minuten-Takt 4 Wagen
III Piaţa Traian – Gara de Est 15-Minuten-Takt 1 Wagen
IV Piaţa Maria – Strada Memorandului 15-Minuten-Takt 1 Wagen
V Piaţa Alexandru Mocioni – Piaţa Iuliu Maniu 15-Minuten-Takt 1 Wagen

Nur einzelne Abschnitte der Pferdebahn wurden dabei direkt umgestellt, das heißt 3,3 von 5,95 Kilometern. Der Großteil des ab 1899 betriebenen Netzes waren hingegen komplett neu errichtete Trassen. So beispielsweise auch die neue Streckenführung in der Innenstadt, sie führte quer über den zentralen Piaţa Libertăţii (Freiheitsplatz, Jenő herceg tér).

Ferner wurden im Vorfeld der Elektrifizierung zwei Streckenabschnitte der Pferdebahn zweigleisig ausgebaut. Hierbei handelte es sich zum einen um den 1280,12 Meter langen Abschnitt zwischen dem Piaţa Romanilor und dem Piaţa Balaş beim heutigen Hotel Continental. Zum anderen um das 1087,50 Meter lange Teilstück zwischen dem Staatstheater und dem Piaţa Alexandru Mocioni.

Außerdem wurde 1899 auch das Pferdebahn-Depot in der Fabrikstadt aufgegeben. Es entstand – ebenfalls in der Fabrikstadt – ein neues Depot südlich der heutigen Strada Take Ionescu. Die Anlage ist erhalten geblieben und beherbergt heute die historischen Fahrzeuge der Straßenbahn.

Mit der Umstellung war außerdem eine massive Steigerung der Transportleistung verbunden. Beförderte die Pferdebahn 1898 noch 874.901 Fahrgäste, so waren es bei der elektrischen Straßenbahn 1900 bereits 2.397.492, das heißt mehr als zweieinhalb mal so viele.[2]

Die ungarische Zeit (1899 bis 1920)

Verlegung der Eisenbahn (1902)

Die Niveaukreuzung mit der Eisenbahn beim Széchényi-Palast. Zu erkennen sind der Schlagbaum für die Tram und die Drehschranke für den Straßenverkehr.

Eine betriebliche Besonderheit der elektrischen Straßenbahn waren – wie bereits bei der Pferdebahn – die niveaugleichen Kreuzungen mit der ungarischen Staatsbahn MÁV. Ihre Zahl hatte sich anläßlich der 1899 erfolgten Netzerweiterung auf drei erhöht. Neben den beiden bestehenden Kreuzungen bei der der heutigen Kathedrale der Heiligen drei Hierarchen einerseits und etwa 100 Meter südwestlich der heutigen Podul Decebal andererseits kam eine dritte in der Strada Doja hinzu. Dort kreuzte die neue Straßenbahnlinie in die Elisabethstadt die bestehende Eisenbahnstrecke Richtung Stamora Moraviţa.

Diese Querungen entwickelten sich zunehmend zum Problem, insbesondere galt dies für die am stärksten belastete Kreuzung bei der heutigen Kathedrale. Dort verkehrten auf den beiden Eisenbahnstrecken zusammen bis zu 40 Züge täglich,[3] sie verursachten lange Schließzeiten der Schranken und führten zu Behinderungen im Straßenbahn- und Straßenverkehr. Denn 1899 hatte auch der Straßenbahnverkehr zugenommen, die beiden bestehenden Kreuzungen wurden fortan von 20 Straßenbahnen stündlich passiert, die neue Kreuzung in der Strada Doja immerhin noch acht mal stündlich.

Infolgedessen verlegte die Staatsbahn ihre Stecke Richtung Caransebeş 1902 nördlich um die Innenstadt herum, dadurch entspannte sich die Situation spürbar. Die Kreuzung zwischen der Innenstadt und der Fabrikstadt entfiel komplett, die anderen beiden wurden fortan nur noch von den Zügen in Richtung Stamora Moraviţa befahren.

Weiterer Ausbau und dritte Durchmesserlinie (1906)

Das Netz 1906: die stillgelegte Strecke zum Bega-Ufer ist grün gekennzeichnet, die zweigleisigen Abschnitte sind blau markiert.
Strada 9 Mai: ein B-Wagen erreicht den Piaţa Libertăţii, damals noch im Linksverkehr. Auch dieser Abschnitt ist seit 1906 zweigleisig.

Das weiter steigende Fahrgastaufkommen, machte schon wenige Jahre nach der Elektrifizierung weitere Ausbaumaßnahmen erforderlich. Um mehr Fahrgäste befördern zu können, entschloss man sich weitere Abschnitte zweigleisig auszubauen. Neben der Innenstadtpassage zwischen dem Piaţa Balaş und dem Staatstheater betraf dies die Strecke vom Piaţa Alexandru Mocioni zum Gara de Nord und die Strecke der Linie II auf dem Bulevardul Regele Carol I.[1]

Nicht ausgebaut wurde hingegen das kurze Teilstück der Linie II zwischen dem Bulevardul Regele Carol I und dem Splaiul Tudor Vladimirescu. Dieser Abschnitt wurde im April oder Mai 1906 aufgegeben um die dort verlegten Schienen zum Aufbau einer 504 Meter langen langen Neubaustrecke in der Strada Preyer verwenden zu können.[1] Diese führte bis zur Kreuzung mit der Strada Crizantemelor und wurde ab dem 2. Juni 1906 von der Linie II bedient.

Infolge der neu ausgebauten Abschnitte konnte man die beiden Radiallinien III und IV zu einer dritten Durchmesserlinie zu verknüpfen. Diese neue Linie III verkehrte seit 1906 im 15-Minuten-Takt auf der Strecke Gara de Est–Strada Memorandului, die Linie IV entfiel.[4] Dadurch kamen die Bewohner der Elisabethstadt erstmals in den Genuß von Direktverbindungen in die Innenstadt und in die Fabrikstadt. Gleichzeitig wurde das Angebot auf der Stammstrecke Piaţa Traian–Piaţa Maria von 10 auf 14 Fahrten je Stunde und je Richtung erhöht. Hierfür wurden 1906 sechs neue Wagen des Typs B beschafft. Sie kamen zwar auf der Hauptlinie I zum Einsatz, setzten aber gleichzeitig A-Wagen für die Linie III frei.

Zwischenkriegszeit (1920 bis 1945)

Sozialistische Zeit (1945 bis 1990)

Gegenwart (seit 1990)

Eingesetzte Fahrzeugtypen (Auswahl)

Literatur

  • Mihály Kubinszky, István Lovász und György Villány: Régi Magyar Villamosok. Budapest 1999.
  • 60 Ani dela infinitarea tramvaiului în Timişoara, Monografie 1869−1929. Timişoara 1929.
  • Dorin Sarca, Gh. Radulovici: Centenarul tramvaielor din Timişoara, Monografie 1869−1969. Timişoara 1969.
  • 1869−1994, 125 de ani de circulaţie cu tramvaiul în Timişoara, Monografie. Timişoara 1994.
  • Heimatortsgemeinschaft Temeschburg-Temeswar: Temeschburg-Temeswar, Eine südosteuropäische Stadt im Zeitenwandel. Karlsruhe 1994.

Einzelnachweise

  1. a b c d Dorin Sarca, Gh. Radulovici: Centenarul tramvaielor din Timişoara, Monografie 1869–1969. Timişoara 1969.
  2. Exploatarea transportului în comun în Timişoara
  3. Heimatortsgemeinschaft Temeschburg-Temeswar: Temeschburg-Temeswar, Eine südosteuropäische Stadt im Zeitenwandel. Karlsruhe 1994.
  4. 60 Ani dela infinitarea tramvaiului în Timişoara, Monografie 1869−1929. Timişoara 1929.