Chlorophylle

Das Chlorophyll (von griechisch χλωρός, chlōrós – hellgrün, frisch und φύλλον, phýllon – Blatt) oder Blattgrün bezeichnet eine Klasse natürlicher Farbstoffe, die von Organismen gebildet werden, die Photosynthese betreiben. Insbesondere Pflanzen erlangen ihre grüne Farbe durch Chlorophyllmoleküle.
Pflanzen, Algen und Cyanobakterien besitzen verschiedene Chlorophylltypen, verschiedene photosynthesetreibende Bakterien verschiedene Typen von Bacteriochlorophyll.
Struktur und Eigenschaften
Chemisch gesehen sind die Chlorophylle organische Komplexe Porphyrinesysteme (basierend auf Chlorin). Sie ähneln damit auch den Hämen, die Bestandteil des Blutfarbstoffs (Hämoglobin), des Myoglobins und der Cytochrome sind. Als Zentralion enthalten Chlorophylle kein Eisenatom, sondern ein Mg2+-Ion. Der organische Teil wirkt als vierzähniger Ligand des Chelatkomplexes. Beim Chlorophyll a ist der kettenförmige Teil des Moleküls eine veresterte Form des Phytols.
Chlorophyll ist gut löslich in Ethanol, Aceton und anderen Lösungsmitteln mit ähnlichen Eigenschaften.
Läuft die Photosynthese bei Lebewesen ab, die Sauerstoff freisetzen (oxygene Phototrophe), spricht man allgemein von Chlorophyll. Anoxygene Phototrophe erzeugen jedoch nicht Sauerstoff als Reaktionssprodukt bei der Photosynthese, bei diesen Organismen bezeichnet man das Chlorophyll als Bakteriochlorophyll.
Chemische Struktur bei oxygenen Phototrophen
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Chemische Struktur bei anoxygenen Phototrophen: Bakteriochlorophylle (Bchl)
a: Keine Doppelbindung zwischen C7 und C8 (farblich markiert im Bild)
b: Bei Bchl c, d und e handelt es sich um ein Gemisch von Isomeren, bei denen der Rest R3 unterschiedlich substituiert ist.
Spektrale Eigenschaften

Die Absorptionsspektren von in Lösungsmitteln gelösten Chlorophyllen besitzen immer zwei ausgeprägte Absorptionsmaxima, eines zwischen 600 und 800 nm, das als Qy-Bande bezeichnet wird, und eines um 400 nm, das Soret-Bande genannt wird. Die Abbildung rechts zeigt diese Absorptionsmaxima für Chlorophyll a und b. Zusätzlich existiert die Qx-Bande um 580 nm, die senkrecht zu Qy polarisiert ist und in der Regel sehr schwach absorbiert. Für Chlorophyll a ist sie in der Abbildung noch zu erkennen, für Chlorophyll b verschwindet sie im Untergrund.
Anhand der Spektren in der Abbildung kann man leicht verstehen, warum Blätter – diese enthalten Chlorophyll a und b – grün sind. Zusammen absorbieren Chlorophyll a und b hauptsächlich im blauen Spektralbereich (400–500 nm) sowie im roten Spektralbereich (600–700 nm). Im grünen Bereich hingegen findet keine Absorption statt, so dass grünes Licht gestreut wird, was Blätter grün erscheinen lässt.

Die Absorption ist abhängig vom Lösungsmittel und dementsprechend kann die Lage der Absorptionsmaxima je nach Art des Lösungsmittels um einige wenige Nanometer variieren. In der natürlichen Umgebung von Chlorophyllen, also der Proteinumgebung, sieht das anders aus. Hier hängt die Lage der Absorptionsmaxima von zwei Faktoren ab: (1) Je nach Partialladung der umgebenden Aminosäuren und Verbiegung der Seitengruppen der Chlorophyllmoleküle können die Absorptionsmaxima bei stark unterschiedlichen Wellenlängen liegen. (2) In Proteinen kommen sich Chlorophylle sehr nahe, sodass sie eine Wechselwirkung aufeinander ausüben (Dipol-Dipol-Wechselwirkung; bei sehr geringen Abständen auch Austauschwechselwirkung). Diese Wechselwirkung führt zu einer Absenkung der Energieniveaus und damit zu einer Rotverschiebung der Absorptionsmaxima. Dies kann man besonders eindrucksvoll am Beispiel des Antennenkomplexes LH2 von Purpurbakterien sehen. Der LH2-Komplex besteht aus zwei ringförmig angeordneten Gruppen von Bacteriochlorophyllmolekülen (siehe Abbildung links). Der obere Ring (B850) enthält 18 BChl a-Moleküle, die in sehr geringen Abständen voneinander liegen, also stark gekoppelt sind. Der untere Ring (B800) besteht aus 9 BChl a-Molekülen, die deutlich weiter voneinander entfernt liegen und somit viel schwächer gekoppelt sind.

Durch die starke Kopplung wird die Absorption von BChl a im B850-Ring zu Rot verschoben. Die Absorptionsbande liegt bei 850 nm. Die schwachgekoppelten BChl a des B800-Rings absorbieren hingegen bei 800 nm, also ungefähr im gleichen Bereich wie in Lösungsmittel gelöste BChl a-Moleküle. Im Absorptionsspektrum (Abbildung rechts) des LH2-Komplexes sind die Absorptionsbanden der B800- und der B850-BChl-a-Moleküle deutlich getrennt. Zusätzlich werden Banden dargestellt, die von Carotinoidmolekülen stammen, diese sind in der Struktur nicht eingezeichnet.
Typen
Es gibt verschiedene Typen von Chlorophyll, die sich in den Seitengruppen des Porphyrins unterscheiden. Sie besitzen verschiedene Absorptionsspektren und kommen bei verschiedenen phototrophen Organismen vor:
Chlorophylltyp | Farbe | Absorptionsmaxima (in nm)[1] |
Vorkommen |
---|---|---|---|
Chlorophyll a | blaugrün | 430, 662 | Cyanobakterien und alle phototrophen Eukaryoten |
Chlorophyll b | gelbgrün | 454, 643 | Grünalgen (Chlorophyta), Euglenozoa und alle Landpflanzen |
Chlorophyll c | grün | 444, 576, 626 | an Stelle von Chlorophyll b bei Braunalgen (Phaeophyta), Kieselalgen (Bacillariophyta), Goldalgen (Chrysophyta), Gelbgrüne Algen (Xanthophyta) , Haptophyta, Dinophyta und Raphidophyceae |
Chlorophyll d | 447, 688 | an Stelle von Chlorophyll b bei Rotalgen (Rhodophyta) | |
Bacteriochlorophyll a | grün | 358, 577, 773 | Purpurbakterien[2] (Rhodospirillaceae, Chromatiaceae) |
Bacteriochlorophyll b | 368, 580, 794 | Schwefelpurpurbakterien (Chromatiaceae); Purpurbakterien[2] | |
Bacteriochlorophyll c | grün | 432, 660 | Grüne Schwefelbakterien[2] (Chlorobiaceae) |
Bacteriochlorophyll cs | 740[2] | Grüne Nichtschwefelbakterien[2] (Chloroflexaceae) | |
Bacteriochlorophyll d | 458, 646 | Grüne Schwefelbakterien[2] (Chlorobiaceae) | |
Bacteriochlorophyll e | 424, 654 | Grüne Schwefelbakterien[2] (Chlorobiaceae) | |
Bacteriochlorophyll g | 408, 418, 470, 575, 763 | Heliobacteria[2] |
Bedeutung in der Photosynthese
Chlorophylle haben innerhalb der Photosynthese mehrere Aufgaben. Der mit Abstand größte Anteil dient der Lichtabsorption und der Weiterleitung der absorbierten Energie. Hierzu sind die Chlorophyllmoleküle in Lichtsammelkomplexen organisiert, die so angeordnet sind, dass einerseits eine möglichst große absorbierende Fläche gebildet wird und andererseits ein energetischer Trichter entsteht, der die absorbierte Energie zum sogenannten Reaktionszentrum leitet. Im Reaktionszentrum dienen zwei Chlorophylle als Akzeptor dieser Energie. Sie sind so speziell angeordnet, dass ihre Anregung zu einer Ladungstrennung führt, die als erster Schritt der eigentlichen Photosynthese betrachtet werden kann. Dieses Chlorophyllpaar wird im englischen als special pair bezeichnet.
Bei den sehr verschiedenen photosynthesebetreibenden Organismen gibt es vielfältige Unterschiede in der Struktur der Lichtsammelkomplexe, das Reaktionszentrum hingegen ist immer nahezu gleich strukturiert. Das special pair wird bei Pflanzen, Algen und Cyanobakterien immer von Chlorophyll a, bei Bakterien von verschiedenen Bakteriochlorophyllen gebildet.
Geschichte
Erste Studien über die chemische Struktur des Chlorophylls stammen von Richard Willstätter. Der Chemiker Hans Fischer nahm Willstätters Forschungen in den 1930ern wieder auf, 1940 konnte er die Struktur des Moleküls aufklären. Fischers Forschungsergebnisse wurden 1960 durch Robert B. Woodwards Chlorophyllsynthese bestätigt.
Sonstiges
Eine wichtige Eigenschaft des Chlorophylls ist die Chlorophyll-Fluoreszenz. Sie wird vor allem zum Bestimmen des Chlorophyllgehalts und dessen Aktivität sowie für andere wissenschaftliche Analysen genutzt.
Wegen seiner geruchsneutralisierenden Wirkung ist Chlorophyll auch in Drageeform in der Apotheke erhältlich, als Mittel gegen Mund- und Körpergeruch.
Als Lebensmittelzusatzstoff erhält Chlorophyll die Kennnummer E 140.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Hugo Scheer (Editor): Chlorophylls. CRC Press, 1991. ISBN 0-8493-6842-1
- ↑ a b c d e f g h Michael T. Madigan (Autor), John M. Martinko (Autor), Thomas Lazar (Übersetzer), Freya Thomm-Reitz (Übersetzer): Brock - Mikrobiologie. Pearson Studium; 11., aktualisierte Auflage 2009; ISBN 978-3-8273-7358-8; S. 607
Literatur
- Jeremy M. Berg, John L. Tymoczko, Lubert Stryer: Biochemie. 6. Auflage. Elsevier Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-8274-1800-5