Zum Inhalt springen

Steuer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Mai 2005 um 23:15 Uhr durch Geisslr (Diskussion | Beiträge) (Nachteile der Steuererhebung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Wort "Steuer" kommt aus dem Althochdeutschen stiura und bedeutet soviel wie Stütze, Beihilfe oder auch nur Hilfe.

Nach heutigem Verständnis sind Steuern

*Geldleistungen, 
*die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und 
*von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen (Bund, Land, Gemeinde)
*zur Erzielung von Einnahmen 
*allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft,
 an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

Zölle und Abschöpfungen (= Abgaben im Rahmen der EG-Agrarpolitik) sind ebenfalls Steuern.

Steuern gibt es schon seit dem frühen Altertum, und sie wurden unter verschiedensten Bezeichnungen geführt, z.B. Tribut, Zoll oder Zehnter. Ihre Berechtigung wird traditionell begründet mit gemeinschaftlichen Bedürfnissen, die befriedigt werden müssten. Mit Steuern verschafft sich der Staat die finanziellen Mittel, um die Aufgaben zu erfüllen, die er sich selbst per Gesetz auferlegt hat.

Steuersystem in Deutschland

Das Steuersystem in Deutschland wird in erster Linie von der Verfassung bestimmt. In den Artikeln 104a ff GG ist festgelegt

  • wer die rechtlichen Grundlagen für die Steuererhebung bestimmt (Steuergesetzgebungshoheit),
  • wem die Steuereinnahmen zustehen (Steuerertragshoheit)
  • wer die Steuern festsetzt und einzieht (Steuerverwaltungshoheit).

Für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und die Festsetzung

zuständig.

Man unterscheidet direkte, indirekte Steuern, Sonderabgaben, Gemeinschaftssteuern, Bundessteuern, Ländersteuern, Gemeindesteuern, Umweltsteuern, Energiesteuern, Aufwandsteuern, Verbrauchsteuern, u.v.a.

In Deutschland sind auch die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften berechtigt Kirchensteuer zu erheben. Fast alle machen hiervon auch Gebrauch. Die meisten von diesen haben wiederum die Finanzämter der Bundesländer mit der Erhebung beauftragt.

Das Rahmengesetz für die in Deutschland erhobenen Steuern ist die Abgabenordnung (AO); sie regelt, welche Behörden für die Erhebung der Steuern zuständig sind, wer eine Steuer schuldet oder für sie haftet, welche Rechte und Pflichten der Steuerpflichtige und die Finanzbehörden haben, wie man sich gegen die Finanzbehörden zur Wehr setzen kann, wie und unter welchen Voraussetzungen Steuern eingetrieben werden können und wann Steuerstraftaten vorliegen.

Wer im konkreten Fall Steuerpflichtiger ist, wer von einer Steuer befreit ist oder wem eine Steuerermäßigung zu steht, ist idR im speziellen Steuergesetz geregelt.

Steuerarten in Deutschland

Steuerart Aufkommen 2001 Aufkommen 2002 Aufkommen 2003
Steueraufkommen insgesamt in DE 446,2 Mrd € 441,7 Mrd € 442,2 Mrd €
Lohnsteuer + Einkommensteuer 141,4 Mrd € 139,7 Mrd € 137,7 Mrd €
Körperschaftsteuer -0,4 Mrd € 2,9 Mrd € 8,3 Mrd €
Umsatzsteuer 138,9 Mrd € 138,2 Mrd € 137,0 Mrd €
Mineralölsteuer 40,7 Mrd € 42,2 Mrd € 43,2 Mrd €
Gewerbesteuer 24,5 Mrd € 23,5 Mrd € 24,1 Mrd €
Kapitalertragsteuer 20,9 Mrd € 14,0 Mrd € 9,0 Mrd €
Tabaksteuer 12,1 Mrd € 13,8 Mrd € 14,1 Mrd €
Solidaritätszuschlag 11,1 Mrd € 10,4 Mrd € 10,3 Mrd €
Grundsteuer 9,1 Mrd € 9,3 Mrd € 9,7 Mrd €
Erbschaftsteuer 3,0 Mrd € 3,0 Mrd € 3,4 Mrd €
Kfz-Steuer 8,4 Mrd € 7,6 Mrd € 7,3 Mrd €
Versicherungssteuer 7,4 Mrd € 8,3 Mrd € 8,9 Mrd €
Grunderwerbsteuer 4,9 Mrd € 4,8 Mrd € 4,8 Mrd €
Branntweinsteuer 2,1 Mrd € 2,1 Mrd € 2,2 Mrd €
Zinsabschlag 9,0 Mrd € 8,5 Mrd € 7,6 Mrd €
Kirchensteuer Kirchensteuern bringen keine Staatseinnahmen
Sonstige; u.a.
Hundesteuer, Jagdsteuer, Fischereisteuer, Vergnügungsteuer, Getränkesteuer,Schankerlaubnissteuer,Zweitwohnungsteuer,
xxxx Mrd €  

Steuerbelastung in DE und international

EU-Staat Nominale Steuerbelastung
von Kapitalgesellschaften 2004
Deutschland 38,7 %
Frankreich 35,4 %
Spanien 35,0 %
Griechenland 35,0 %
Niederlande 34,5 %
Belgien 34,0 %
Österreich 34,0 % (ab 2005: 25,0 %)
Italien 34,0 %
Portugal 33,0 %
Luxemburg 30,4 %
Vereinigtes Königreich 30,0 %
Dänemark 30,0 %
Finnland 29,0 %
Tschechien 28,0 %
Norwegen 28,0 %
Schweden 28,0 %
Estland 26,0 % (0,0 % für im Land reinvestierte Gewinne)
Slowenien 25,0 %
Polen 19,0 %
Slowakei 19,0 %
Ungarn 16,0 %
Zypern 15,0 %
Litauen 15,0 %
Lettland 15,0 %
Irland 12,5 %


Das deutsche Steuerrecht gilt als kompliziert und wird von vielen deshalb als ungerecht empfunden. Zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen erschweren die Rechtsanwendung, ermuntern zu aufwändigen Gestaltungen und erfordern einen hohen Beratungsaufwand.

Nach Berechnung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung liegt die effektive Besteuerung auf privates Kapitaleinkommen 22,6%. Auf ein ähnliches Niveau beziffert die EU-Kommission und die OECD die effektive Belastung. Durchschnittlich liege sie effektiv bei 29,8% in den EU-15-Staaten.

Kernpunkt verschiedener Einkommensteuerreformvorschläge ist eine Vereinfachung der Veranlagung und eine weitere Absenkung der Steuersätze. Aktuell führe die erhöhte Mobilität von Firmen und Gutverdienern, verbunden mit einem verschärften weltweiten Steuerwettbewerb, zu einem Verfall der Steuereinnahmen und einer Aushöhlung der staatlichen Gestaltungsmöglichkeiten.

Steuersenkungen auf Kapitaleinkommen und Senkungen des Spitzensteuersatzes erfolgten seit den 1970er Jahren mehrmals:

  • Abschaffung der Doppelbesteuerung durch Einführung des Anrechnungsverfahrens am 1. Januar 1977
  • Abschaffung der Lohnsummensteuer zum 1. Januar 1980
  • Abschaffung der Börsenumsatzsteuer zum 1. Januar 1991
  • Abschaffung der Gesellschaftssteuer zum 1. Januar 1992
  • Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer zum 1. Januar 1998
  • Aussetzung der Vermögensteuer zum 1. Januar 1997
  • Einführung eines besonderen Einkommensteuerspitzensatzes von 47% statt 53% auf gewerbliche Einkünfte zum 1. Januar 1994
  • Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 48,5% auf 40% zum 1. Januar 1999
  • Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 25% zum 1. Januar 2001. Die Gewerbesteuer darf jetzt auf die Einkommensteuer angerechnet werden.
  • Senkung des Einkomensteuerspitzensatzes auf 45% zum 1. Januar 2004 und Einführung eines Erbschaftsteuer-Freibetrags von 225.000 Euro und Umstellung der Berechnungsgrundlage vom Verkehrswert auf den Ansatz der Steuerbilanz
  • Senkung des Einkommensteuerspitzensatzes auf 42% zum 1. Januar 2005.

Es ist davon auszugehen, dass sich der Anteil der Steuern am Bruttoinlandsprodukt auf unter 20% bewegen wird, ein in den westlichen Industrieländern nie dagewesener Tiefstwert.

Abgabenbelastung von Arbeits- und Kapitaleinkommen der privaten Haushalte in Deutschland im Durchschnitt
(Ab 1991 alte und neue Länder)
Jahr Lohnsteuerbelastung der Bruttolöhne und -gehälter Beitragsbelastung der Bruttolöhne und –gehälter Belastung durch direkte Steuern auf Gewinn- und Vermögenseinkommen Belastung durch Sozialbeiträge auf Gewinn- und Vermögenseinkommen
Jahr % % % %
1960 6,3 9,4 20 3,0
1970 11,8 10,7 16,1 2,9
1980 15,8 12,8 15,3 3,9
1990 16,2 14,2 9,8 3,0
1991 16,3 14,3 7,3 2,8
1992 17,2 14,5 6,9 2,9
1993 16,8 14,6 6,9 3,3
1994 17,2 15,4 6,1 3,3
1995 18,6 15,6 4,5 3,2
1996 19,3 15,9 3,7 3,6
1997 19,5 16,6 3,1 3,2
1998 19,5 16,6 4,1 3,1
1999 19,5 16,3 6,4 3,6
2000 19,3 16,0 7,9 3,5
2001 18,5 16,0 7,8 3,5
2002 18,7 16,0 6,9 3,6
2003 18,8 16,3 5,7 3,3
2004 17,7 16,4 Angaben noch nicht verfügbar Angaben noch nicht verfügbar

Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen des WSI

Frühere Steuerarten

Die Bezeichnungen für die Steuer im Mittelalter und der Frühen Neuzeit sind regional sehr verschieden: Bede, Schoß, Schatz, Contribution, Hilfe; besondere Steuerarten: Trankgeld, Hofanlaggeld, Schiltgeld usw.

Vorrangig wurde der Grund und Boden besteuert, aber auch andere Vermögensgegenstände konnten in die Steuer einbezogen werden. Die besitzlose Bevölkerung zahlte Kopfsteuern oder Einkommensteuern. Die Steuern konnten klassifiziert oder proportional berechnet werden. Gerne wurden auch Repartitionssteuern erhoben, bei denen eine Gemeinde einen pauschalen Steuerbetrag auferlegt bekam, den sie nach eigenem Ermessen auf die Bewohner umlegte.

Seit dem späten Mittelalter erhob die Obrigkeit auch immer häufiger indirekte Steuern (Akzise) auf Getränke wie Bier und Wein, auf Salz etc.

Man kann

  1. Steuern im Reich (z.B. der gemeine Pfennig),
  2. Städtische Steuern und
  3. Steuern der Landesherren

unterscheiden.

Die Steuern sind nur schwer abzugrenzen von anderen auf Herrschaft gegründeten Abgaben, wie den Feudalabgaben in Naturalien (s. Rauchhuhn) und Dienstleistungen, die einem Grundherrn zustanden als Gegenleistung für den Schutz, den er den Hörigen bieten musste.

Der Adel entzog sich im Laufe des Mittelalters immer mehr der Steuerpflicht, mit dem Argument, daß er durch lehnsrechtliche Bindungen verpflichtet sei, dem Lehnsherrn mit Rat und Tat beizustehen.

Auch als die zentrale Verwaltung allmählich wuchs und damit teurer wurde, erwartete man von einem tugendhaften Herrscher, dass er diese aus seinem Eigengut bestreiten könnte. Musste der Herrscher darüber hinaus Steuern einziehen, war das ein Hinweis auf Verschwendung, und deutete an, dass der Herrscher seiner Aufgabe nicht ganz gewachsen war.

Steuern wurden nur in Ausnahmefällen erhoben und mussten von den Ständen bewilligt werden. Klassische Anlässe waren Krieg, der Romzug zur Kaiserkrönung, wenn ein Lösegeld zu zahlen war, wenn eine Prinzessin eine Mitgift brauchte, oder 'Allgemeine Not'. Da die Steuern nur in größeren Abständen erhoben wurden, konnten die Steuersätze auch verhältnismäßig hoch sein (z.B. gewöhnlich 5% des gesamten Vermögens), da sie nicht regelmäßig erhoben wurden. Im 16. Jahrhundert werden diese außergewöhnlichen Steuern in immer dichterer Folge und für immer längere Zeiträume erhoben, so dass sie jährlichen Steuern sehr nahe kommen.

Die Erhebung von Steuern war für den Herrscher nicht nur finanziell attraktiv. Sie waren eine der wenigen Möglichkeiten, mit denen er mit seinen Untertanen direkt in Kontakt treten konnte, denn Steuern wurden von jedermann eingezogen. Ansonsten konnte der Herrscher nur mit seinen großen Lehnsträgern in Kontakt treten, so dass Entscheidungen des Königs nur über den Umweg der Lehnspyramide an alle Untertanen weitergegeben wurden. Überspitzt könnte man sagen, dass Steuern älter sind als der Staat. Steuern haben auf jeden Fall einen wichtigen Beitrag zur Entstehung des modernen Staats (territorialer Anstaltsstaat) geleistet haben.

Besonders erwähnenswerte Arten von Steuer

Politischer Streit über die Steuererhebung

Durch die finanziellen Auswirkungen auf den Bürger sind Steuern und die Steuergesetzgebung ein ständiger politischer Streitpunkt und vielfacher Kritik ausgesetzt. Die Kritik erstreckt sich im Wesentlichen auf die Punkte Gerechtigkeit und Angemessenheit, Wirksamkeit (bei Steuern als Lenkungsfunktion - z.B. der Ökosteuer), Durchsetzbarkeit und die ökonomischen Folgen.

Steuererhebung führt nach neoklassischer Ansicht stets zu Nettowohlfahrtsverlust, ist also nach dieser Sichtweise a priori als nachteilig anzusehen.

Zweck der Steuererhebung

Steuern mit Fiskalzweck: Steuern generieren Staatseinnahmen, mit denen der Staat seine Ausgaben wie z. B. die Schaffung, Verbesserung und Aufrechterhaltung der Infrastruktur finanziert.

Steuern mit Lenkungszweck: Bestimmte Steuern sollen dazu dienen, bestimmte Verhaltensweisen zu beeinflussen. So kann man beispielsweise versuchen, mit einer hohen Tabaksteuer das Rauchen einzudämmen oder mit einer Ökosteuer den Schadstoffausstoß zu verringern.

Steuern mit Umverteilungszweck: Steuern können dazu genutzt werden, eine politisch erwünschte soziale Verteilung des Einkommens zu erreichen.

Nachteile der Steuererhebung

Das wohl bedeutendste Argument gegen Steuern ist, dass sie eine erzwungene Abgabe darstellen. Die Verwendung der Mittel kann durch den Geldgeber nicht mehr beeinflusst werden. Neben dieser werteethischen Argumentation werden aber auch wirtschaftliche Aspekte von Steuergegnern vorgebracht.

Steuern würden demnach...

  • grundsätzlich zu einem Nettowohlfahrtsverlust führen
  • Anreize zum Wirtschaften nehmen (siehe Laffer-Kurve)
  • neben der notwendigen und angemessenen auch ineffiziente Staatstätigkeit finanzieren (auch wenn zwischen der Steuererhebung und einer potenziell ineffizienten Staatstätigkeit kein kausaler Zusammenhang besteht)
  • im Falle von Bagatellsteuern keine wesentlichen Einnahmen für den Staat erbringen (Steuererhebung und -durchsetzung verursachen erhebliche Kosten)
  • Arbeitslosigkeit verursachen (eine mögliche wirtschaftliche Tätigkeit wird durch die Steuerlast behindert oder sogar verhindert, weil der Preis des Produktes durch Steuern zu hoch für potenzielle Nachfrager wird)

Steuern sind im Allgemeinen nicht entscheidungsneutral. Gerade in der angelsächsischen Literatur wird deshalb oft darauf hingewiesen, Steuern auf solche Märkte zu erheben, deren Nachfrage auf Preise unelastisch reagiert (siehe auch Preiselastizität).

Eine weitere Fragestellung beschäftigt sich mit der Steuerinzidenz. Bei der Einführung der Steuer sollte geklärt werden, wer die eigentliche Last der Steuer trägt. Der Steuerschuldner zahlt die Abgabe entsprechend der gesetzlichen Richtlinie (Zahllast). Der Steuerträger trägt die Last der Abgabe (Traglast). Der Steuerschuldner ist aber nicht mit dem Steuerträger gleichzusetzen, da der Steuerschuldner bei der Steuerüberwälzung die Zahllast auf den Steuerträger abwälzen kann. Ob dies erfolgreich ist, hängt von der Marktform, der Art der Steuer (Mengensteuer, Wertsteuer) und der Preiselastizität von Angebot und Nachfrage ab.

Siehe auch

Cross-Border-Leasing, Einkommensverteilung, Einkommensteuer, Internal Revenue Service, Laffer-Kurve, Lenkungssteuer, Lorenz-Kurve, Pauschalsteuer, Quellensteuer, Steuerhinterziehung, Steuerrecht, Steuerschätzung, Steuerzahler, Steuerschuldner, Steuerverweigerung, Sonderabgabe

Steuern in der Schweiz

In der Schweiz sind Bund, Kanton, Gemeinden und Kirche befugt eine Steuer zu erheben. Wobei die Schweizer Bevölkerung jährlich ein Steuerformular ausfüllen und die darauf folgende Rechnung zahlen muss.

Vorlage:Wikiquote2

minnan:Sòe-kim