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Heinrich von Kleist

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(Bernd) Heinrich (Wilhelm) von Kleist (* 18. Oktober, nach Kleists eigenen Angaben 10. Oktober 1777 in Frankfurt (Oder); † 21. November 1811 in Berlin) war ein deutscher Dichter und Schriftsteller.

Leben

Nach einer unzureichenden Ausbildung trat Kleist 1792 in das Potsdamer Garderegiment ein, diente im Rheinfeldzug und quittierte 1799 mit dem Rang eines Leutnants seinen Dienst. Danach studierte er Rechtswissenschaft und Philosophie an der Universität von Frankfurt an der Oder, und erhielt 1800 er einen untergeordneten Posten im Finanzministerium in Berlin. Im folgenden Jahr gewann sein ausschweifender, ruheloser Charakter die Oberhand ("Kant-Krise"), so dass er sich einen längeren Urlaub verschaffte, um Paris zu besuchen und sich schließlich in der Schweiz niederzulassen. Hier fand er kongeniale Freunde in Heinrich Zschokke und Ludwig Friedrich August Wieland († 1819), dem Sohn des Dichters Christoph Martin Wieland; ihnen las er 1803 sein erstes Drama Die Familie Schroffenstein vor, eine düstere Tragödie, die ursprünglich den Titel Die Familie Ghonorez trug.

Im Herbst 1802 kehrte Kleist nach Deutschland zurück; er besuchte Goethe, Schiller and Wieland in Weimar, blieb für eine Weile in Leipzig und Dresden und begab sich wiederum nach Paris. Als er 1804 auf seinen Posten in Berlin zurückkehrte, wurde er zur Domänenkammer (Verwaltung der Staatsgüter) nach Königsberg versetzt. 1806 schied er aus Gesundheitsgründen wieder aus dem Staatsdienst aus. Auf einer Reise nach Dresden 1807 wurde Kleist als angeblicher französischer Spion verhaftet, nach Frankreich gebracht und sechs Monate lang in Châlons-sur-Marne gefangengehalten. Nach seiner Freilassung begab er sich nach Dresden, wo er 1808 zusammen mit Adam Heinrich Müller (1779-1829) das Journal Phöbus veröffentlichte.

1809 ging er nach Prag und plante eine Zeitschrift mit dem Namen "Germania". Er erkrankte jedoch wieder und ließ sich endgültig in Berlin nieder, wo er 1810/1811 die Berliner Abendblätter herausgab. Gefesselt von den intellektuellen und musikalischen Talenten einer gewissen Henriette Vogel willigte Kleist in ihre Bitte ein, zusammen zu sterben, da er mehr entmutigt und verbittert als je zuvor war. 1811 erschoss er zuerst sie und dann sich selbst am Ufer des Kleinen Wannsees nahe Potsdam.

Kleists letzte Wohnung in Berlin war in der Mauerstraße 53 (Gedenktafel); am Kleinen Wannsee steht der Grabstein. In seinem letzten Brief an seine Schwester Ulrike schrieb er:

„Du hast an mir getan, ich sage nicht, was in Kräften einer

Schwester, sondern was in Kräften eines Menschen stand, um mich zu retten: die

Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war.“

Werk

Kleists ganzes Leben war erfüllt vom ruhelosen Streben nach idealem und trügerischem Glück, und dies spiegelt sich in seinem Werk wieder. Er war bei weitem der wichtigste norddeutsche Dramatiker der romantischen Bewegung, und kein anderer Romantiker erreicht ihn in der Energie, mit der er patriotische Empörung ausdrückt.

Seine erste Tragödie Die Familie Schroffenstein wurde bereits erwähnt; das Material für seine zweite, Penthesilea 1808, Königin der Amazonen, ist einer griechischen Quelle entnommen und stellt ein Bild wilder Leidenschaft dar. Erfolgreicher als diese beiden war sein romantisches Schauspiel Das Käthchen von Heilbronn, oder Die Feuerprobe 1808, ein poetisches Drama voll von mittelalterlichem Treiben und Rätseln, das seine Popularität bewahrt hat.

Im Komödienfach machte sich Kleist einen Namen mit Der zerbrochne Krug (1811), während Amphitryon (1808), eine Adaption von Molière's Komödie, von minderer Bedeutung ist. Von Kleists anderen Dramen ist Die Hermannschlacht (1809) eine dramatische Behandlung eines historischen Themas und ist voll von Referenzen auf die politischen Bedingungen seiner Zeit. In ihm macht er seinem Hass auf die Unterdrücker seines Landes Luft. Zusammen mit dem Drama Prinz Friedrich von Homburg, das zu seinen besten Werken zählt, wurde es erstmals 1821 von Ludwig Tieck in Kleists Hinterlassene Schriften veröffentlicht. Robert Guiskard, ein in großem Maßstab erdachtes Drama, blieb Fragment.

Kleist war auch ein Meister in der Kunst der Erzählung, und von seinen Gesammelte Erzählungen (1810-1811) ist Michael Kohlhaas eine der besten deutschsprachigen Erzählungen seiner Zeit. Darin wird dem berühmten Brandenburger Pferdehändler Kohlhase aus Luthers Tagen ein Denkmal gesetzt. Er schrieb auch einige patriotische Gedichte.


Referenzen

A. Wilbrandt, Heinrich von Kleist (1863);
O. Brahm, Heinrich von Kleist (1884);
R. Bonafous, Henri de Kleist, sa vie et ses oeuvres (1894); :H. Conrad, Heinrich von Kleist als Mensch und Dichter 1896);
G. Minde-Pouet, Heinrich von Kleist, seine Sprache und sein Stil (1897);
R. Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe (1901);
F. Servaes, Heinrich von Kleist (1902);
S. Wukadinowic, Kleist-Studien (1904);
S. Rahmer, H. von Kleist als Mensch und Dichter (1909).