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Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

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Sichtbares Zeichen ist der gegenwärtige Arbeitstitel der deutschen Bundesregierung für eine geplante Institution zur Erinnerung an die Vertreibung von 60-80 Millionen Menschen in der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts. Geplant ist, im Deutschlandhaus im Berliner Bezirk Kreuzberg ein „Erinnerungs- und Dokumentationszentrum zu Flucht und Vertreibung“ mit einer Dauerausstellung einzurichten und ein Dokumentations- und Forschungszentrum der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen.

Konzeption

„Das „sichtbare Zeichen“ soll dazu beitragen, Erinnerung und Gedenken an das Jahrhundert der Vertreibungen und das damit verbundene tiefe menschliche Leid wach zu halten“.[1] Der größte Teil der Dauerausstellung soll sich mit den Erfahrungen der deutschstämmigen Vertriebenen befassen. Es soll aber auch das Schicksal anderer europäischer Völker berücksichtigt werden, auch der Völker, für deren Vertreibung Deutsche verantwortlich sind. Auch an die Vertreibungen im Zug der Jugoslawienkriege soll erinnert werden. Die Dauerausstellung soll auf der Ausstellung „Flucht, Vertreibung und Integration“ des Bonner Haus der Geschichte beruhen, die sich mit Flucht und Vertreibung von Deutschstämmigen in Folge des vom nationalsozialistischen Deutschland entfesselten Zweiten Weltkrieges sowie ihrer anschließenden Integration in der Bundesrepublik und der DDR auseinandersetzte. Die neue Ausstellung soll 2009 zum siebzigjährigen Jahrestages des Kriegsbeginns eröffnet werden. Wechselausstellungen sollen die Dauerausstellung ergänzen. Übergreifender Aspekt des Zentrums soll die Verständigungspolitik der Bundesregierung sein.

Das Konzept für diese Institution wurde federführend vom Staatsminister für Kultur und Medien Bernd Neumann und vom Vizepräsidenten des Bundestages Wolfgang Thierse erarbeitet.

Rechtsform

Nach einem Beschluss des Bundeskabinettes, der im März 2008 zwei Jahre nach einer entsprechenden Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD gefasst wurde, soll diese Institution die Form einer bundeseigenen Treuhandstiftung in der Zuständigkeit des Kulturstaatsministers haben und unter der Rechtsaufsicht des Deutschen Historischen Museums in Berlin stehen.

In den wissenschaftlichen Beirat sollen auch ausländische Wissenschaftler berufen werden, insbesondere polnische, ungarische und tschechische Historiker. Den Aufsichtsgremien sollen Bundestagsangehörige, Regierungsmitglieder, Vertreter der deutschen Vertriebenen und anderer, bisher nicht benannter, gesellschaftlicher Gruppen angehören.

Auseinandersetzungen im In- und Ausland

Hinsichtlich der Vertreibung der Deutschen aus Osteuropa vertreten die Regierungen Deutschlands und Polens unterschiedliche Positionen. Im Gegensatz zu Polen bestreitet Deutschland die Rechtsgültigkeit des Potsdamer Protokolls von 1945, in dem die Siegermächte von 1945 die Umsiedlungen beschlossen haben. Die Oder-Neiße-Grenze wurde erst in späteren Verträgen anerkannt.

Auch über die Errichtung des Dokumentationszentrum zu Flucht und Vertreibung gibt es mit Regierungsvertretern Polens einen Dissens.

Gegenüber den früheren Stellungnahmen der Brüder Kaczyński nimmt der derzeitige polnischen Premierminister Donald Tusk eine aufgeschlossenere Haltung ein. Anstelle einer Institution in Berlin schlug er den Standort Danzig vor, um dort ein „Museum des Zweiten Weltkriegs“ einzurichten.[2] Bisher lehnt Polen eine direkte Zusammenarbeit zum Thema Flucht und Vertreibung aber weiterhin ab.

Die Kosten für das Dokumentationszentrum werden auf 29 Millionen Euro geschätzt und der Betrieb auf weitere 2,4 Millionen pro Jahr. Der Bund der Vertriebenen hatte für seine eigene Stiftung für ein Zentrum gegen Vertreibungen öffentliche Mittel gefordert, dies ist jedoch nicht vorgesehen. Ob Erika Steinbach diesem Projekt, wie von Polen gefordert, nicht angehören wird, ist noch offen.

Einzelnachweise

  1. zitiert aus dem vom Bundeskabinett beschlossenen Rahmenkonzept, das bisher nur in polnischer Sprache in der Warschauer Zeitung Rzeczpospolita veröffentlicht wurde, Wortlaut aus FAZ v. 20.März 2008, S.1-2
  2. Süddeutsche.de: „Tusk schlägt Kriegs-Museum in Danzig vor“ vom 10. Dezember 2007.