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Georg Heinrich Sieveking

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Silhouette Georg Heinrich Sievekings

Georg Heinrich Sieveking (* 28. Januar 1751, † 25. Januar 1799) war ein Hamburgischer Kaufmann. Gemeinsam mit seinem Freund und Geschäftspartner Caspar Voght führte er eins der größten Handelshäuser der Hansestadt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Zum Jahrestag des Sturms auf die Bastille fand auf Sievekings Initiative hin am 14. Juli 1790 in Harvestehude ein Freiheitsfest statt, das weit über Hamburg hinaus Beachtung fand. Nur wenige Jahre vor seinem Tod gelang Sieveking 1796 in Paris unter Einsatz seines Privatvermögens die Aufhebung des 1793 gegen Hamburg verhängten Handelsembargos und der Abschluß eines neuen französisch-hamburgischen Handelsvertrags.

Herkunft, Kindheit und Jugend

In dem aus Westfalen stammenden väterlichen Zweig der Familie Georg Heinrich Sievekings war sein Großvater Ahasver Hinrich (1668–1729) der erste, der dem kaufmännischen Beruf nachging, indem er ein auf den Leinenhandel spezialisiertes Unternehmen in Versmold gründete. Dessen Sohn Peter Niclaes (1718–1763) folgte ihm im Tuchhandel nach, ging aber nach Hamburg, wo er 1747 das Bürgerrecht erwarb. Nur zwei Jahre später heiratete er Catharina Margaretha Büsch, die Tochter eines aus Lüneburg nach Hamburg gekommenen Weinhändlers, deren Bruder Georg Heinrich Büsch den Aufstieg zum Hamburger Senator geschafft hatte. Nach diesem wurde ihr 1751 geborener erster Sohn Heinrich Georg Sieveking genannt. Der Familientradition folgend wurde er vom Vater für den Kaufmannsberuf bestimmt, was ihm jedoch aufgrund seiner ausgeprägten mathematischen Begabung auch entgegenkam. Gemeinsam mit seinem ein Jahr jüngeren Bruder Heinrich Christian wurde Heinrich Georg zunächst von einem Hauslehrer unterrichtet, bevor beide ab 1764 die Mathematik-Vorlesungen Johann Georg Büschs an der Hamburger Handelsakademie hörten.

Das Handelshaus Voght & Sieveking

Am 1. August 1766 trat Sieveking als Lehrling in das Handelshaus des damaligen Hamburger Senators Voght ein. Während seiner Lehrzeit erwies er sich als so tüchtig, daß Voght ihm 1771 – gemeinsam mit seinem eigenem Sohn Caspar – einen Anteil am Geschäft einräumte. Nach dem Tode des Senators im Jahre 1781 führten die beiden das Unternehmen zunächst gemeinsam weiter, erst unter dem Namen "Caspar Voght & Co.", dann, ab 1788, unter der Bezeichnung "Voght und Sieveking". Bis zu Sievekings fünfzigsten Geburtstag am 28. Januar 1791 hatte Voght ihn mit einem Drittel am Gewinn beteiligt, danach beteiligte er ihn mit der Hälfte. Am 1. Juli 1793 trat Caspar Voght schließlich alle Geschäfte mit Ausnahme des Amerikahandels an Sieveking ab und widmete sich anderen Projekten.

Der Handel des Unternehmens umfaßte ein breites Spektrum an Waren. Anstatt sich auf eine bestimmte Handelssparte zu konzentrieren, handelten Voght und Sieveking mit einem breiten Warenspektrum und auf der Grundlage eines weitgespannten Korrespondentennetzes. Der Schwerpunkt ihres Einfuhrhandels lag auf den Häfen der französischen Atlantikküste und Englands, doch schon mit Ausbruch des Amerikanischer Unabhängigkeitskrieges kamen auch mit Tabak, Reis und Indigo beladene Schiffe aus den Häfen der nordamerikanischen Ostküste in der Hansestadt an. Beinahe sprichwörtlich ist heute der Ausspruch Voghts, der von sich selbst meinte: "Ich war der erste Hamburger Kaufmann, der aus Mocca Kaffee, aus Baltimore Toback, aus Surinam Kaffee, aus Afrika Gummi holte". Der eigentliche Motor des bis 1793 gemeinschaftlich betriebenen Unternehmens war jedoch Georg Heinrich Sieveking. Während Voght auf seinen ausgedehnten Reisen ganz Europa durchquerte, kümmerte sich sein Partner Sieveking in Hamburg weitgehend alleinverantwortlich um die Abwicklung der Geschäfte. Dies unterstrich Voght selbst, als er in einem Rundschreiben an alle Geschäftspartner vom Juli 1793 schrieb, schon seit einigen Jahren wäre sein Freund der alleinige Entscheidungsträger des Handelshauses ("le seul gérant de notre commerce") gewesen.


Sieveking und die französische Revolution

Während der erste Jahrestag des Sturms auf die Bastille in Paris auf dem Marsfeld gefeiert wurde, fand parallel dazu in Harvestehude vor den Toren Hamburgs ein Freiheitsfest statt, dessen Initiator Georg Heinrich Sieveking war. Sieveking hatte sich früh zur Aufklärung bekannt, er war Freimaurer und verfügte über ausgezeichnete Verbindungen nach Frankreich, dem wichtigsten Handelspartner Hamburgs im 18. Jahrhundert. Unter den rund 80 Gästen – darunter auch Honoratioren der Stadt – waren Adolph Freiherr Knigge und Friedrich Gottlieb Klopstock die prominentesten Vertreter.

Als hamburgischer Gesandter in Paris (1796)

Das Ende

Quellen

  • Georg Heinrich Sieveking: An meine Mitbürger, Hamburg 1793 – fünfzehnseitige Verteidigungsschrift Sievekings, der sich drei Jahre nach seinem "Freiheitsfest" dem Vorwurf seiner Mitbürger ausgesetzt sah, er sei ein Jakobiner und habe sich über die Hinrichtung Ludwigs XVI. gefreut.
  • Caspar Voght: Lebensgeschichte, hrsg. von Charlotte Schoell-Glass, Hamburg 2001, ISBN 3-7672-1344-3 – Autobiographie mit Schwerpunkt auf Voghts Reisen durch Europa. Über das gemeinsame Handelsunternehmen mit Sieveking ist wenig zu erfahren, was jedoch Voghts Desinteresse an geschäftlichen Angelegenheiten noch nachträglich unterstreicht.
  • Admiralitätszoll- und Convoygeld-Einnahmebücher, Staatsarchiv Hamburg, 371-2 Admiralitäts-Kollegium, F 6, Bände 1–50 – Die Zollregister aus den Jahren 1733–1798 sind die wichtigste Quelle zur Hamburger Handelsstatistik des 18. Jahrhunderts. Da in den Registern auch die Namen der Importeure erfaßt wurden, läßt sich aus ihnen ein unfähres Profil des ausgedehnten Warenhandels Voght & Sievekings gewinnen.

Literatur

  • Heinrich Sieveking: Georg Heinrich Sieveking. Lebensbild eines hamburgischen Kaufmanns im Zeitalter der französischen Revolution, Berlin 1913 – Aus heutiger Sicht fehlt es der Darstellung Heinrich Sievekings, der über seinen eigenen Urgroßvater schreibt, vor allem an Distanz. Gegenüber diesem gravierenderen Mangel fällt die auf heutige Leser altertümlich wirkende Sprache des Werks weitaus geringer ins Gewicht. Dennoch bleibt Heinrich Sieveking bis heute der einzige Biograph, der Leben und Person Georg Heinrich Sievekings in einer umfassenden Biographie gewürdigt hat.
  • Heinrich Sieveking: Das Handlungshaus Voght und Sieveking, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 17 (1912), S. 54–128 – textgleich mit dem gleichnamigen Kapitel in Sievekings 1913 erschienener Monographie.
  • Hans-Werner Engels: Alles war so möglich! Auftakt für ein neues Europa: Hamburgs Bürger feiern die Französische Revolution, in: Die Zeit Nr. 29 vom 11. Juli 2002, S. 80