Evolution (Begriff)
Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Evolution im Rahmen der Evolutionslehre im weitesten Sinne. Für das Groupware-Programm Evolution siehe Novell Evolution.
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Evolution (aus dem Lateinischen evolvere abwickeln) ist das fortlaufende Entstehen neuer und das Wachsen bereits entstandener Muster in Richtung auf steigende Komplexität und Vernetzung von Bereichen der Wirklichkeit. Der Begriff wurde 1774 von dem Schweizer Naturforscher Albrecht von Haller (1708-1777) für seine Vorstellung von der Entwicklung des Menschen geprägt. Er war der Ansicht, dass die Embryonen bereits im Spermium oder im Ei fertig ausgebildet vorliegen. Diese Homunculi (Einzahl Homunculus vom lat. Diminuitiv für Mensch) enthalten in ihren Keimzellen wiederum kleine Menschen und so weiter bis in alle Unendlichkeit (ähnlich dem Prinzip der russischen Matroschka-Puppen). Antoni van Leeuwenhoek (1623-1723) glaubte, diese Homunculi bei der Beobachtung von Spermien mit seinem Mikroskop bereits gesehen zu haben.
Zur "Evolution" in der Natur siehe Naturgeschichte und in der Kultur siehe Kulturgeschichte und Sozialer Wandel.
Verlauf der Evolution
Nach der heutigen Auffassung eines Teils der Wissenschaftler verlief die Evolution folgendermaßen:
Anfang des 21. Jahrhunderts wurde ein Modell der Wirklichkeitsevolution vorgestellt, das vier große und aufeinander aufbauende Evolutionsstufen unterscheidet: die kosmische, biologische, psychische und geistige Evolution. Diese Vierheit von Seinsstufen hatte bereits Aristoteles gesehen; sie wurde von Thomas von Aquin übernommen und ist heute Bestandteil der offiziellen katholischen Philosophie des Neuthomismus. Die aristotelischen Stufen wurden von Nicolai Hartmann in seine Schichtenlehre integriert. Von dort gelangten sie ins Quadrialistische Acht-Welten-Modell der Wirklichkeit, wobei jene vier Evolutionsstufen, die die die Wirklichkeit "vertikal" unterteilen, "horizontal" von vier "Seinsweisen" geschnitten werden. Daraus ergeben sich insgesamt acht definierte "Welten" als Glieder eines geschlossenen Ganzen: des hierarchischen Beziehungssystems "Wirklichkeit". Evolution vollzieht sich nach dem Baukastenprinzip, d. h. als Kombination von Gegebenheiten einer Stufe zu Gegebenheiten einer höheren Stufe.
Evolution der Materie (Kosmologie)
Durch Kombination ergibt sich nach dem Baukaustenprinzip folgende Reihe: Subteilchen, Elementarteilchen, Atome, Mikromoleküle, Makromoleküle. Auf Grund der Vielfalt der Kombinationsmöglichkeiten ergibt sich die Vielfalt der chemischen Elemente (siehe Periodensystem). Aus den chemischen Elementen bilden sich zahlreiche chemische Verbindungen. Eine Klasse dieser Verbindungen (organische Makromoleküle) bilden Stoffwechselgemeinschaften (siehe chemische Evolution und Hyperzyklus). ...
Evolution des Lebens (Evolution (Biologie))
Es wird folgender hierarchischer Aufbau eines "Ur-Stammbaums" der Lebewesen angenommen: präbiotische Stoffwechselgemeinschaften - Prokaryota - einzellige Eukaryota - aquatische Vielzeller - terrestrische Vielzeller.
Evolution der Psyche
Während die alte (klassische, Berliner) Gestaltpsychologie die ontogenetische Entstehung der Gestaltwahrnehmung entweder gar nicht kannte, sie bestenfalls im Wesentlichen als biologischen Reifungsprozess interpretierte, wird sie in der Neuen Gestaltpsychologie als in den ersten Lebenswochen des Menschen individuell erworbenes Programm auf der psychischen Evolutionsstufe zur (visuellen) Informationsverarbeitung aus einem in Vergessenheit geratenen Gedächtnisgesetz abgeleitet. Visuelles Gestalterleben (in der phänomenalen, bewussten, Seinsweise) und beruht danach auf einer 10-stufigen Hierarchie von 25 Gestaltfaktoren, deren Ort ("Welt") die Funktionale Seinsweise auf der psychischen Evolutionsstufe ist.
Evolution des Geistes
Nach dem Acht-Welten-Modell (AWM) erfolgt die eigentliche Evolution des Geistes in der Welt des mentalen Bewusstseins, die dem "personalen Geist" bei Nicolai Hartmann entspricht. Dieses individuelle mentale Bewusstsein, dieser subjektive persönliche Geist, bestehend aus Gedanken des Individuums, produziert die Welt geistiger Ordnungen, produziert objektive (intersubjektive) Systeme wie Theorien, Gesellschafts- und Rechts-Systeme. Diese Welt der Mentalen Ordnung als Schnittstelle von geistiger Evolutionsstufe und ordinaler Seinsweise im AWM entspricht dem "objektivierten Geist" in Nicolai Hartmanns "Aufbau der realen Welt".
Theorie der Evolution
Eine Theorie der Evolution versucht die historische Abfolge der einzelnen Entwicklungsstufen zu rekonstruieren und Gesetzmäßigkeiten ihrer Entwicklung zu ermitteln. (Siehe für die Biologische Evolution: Evolutionstheorie)
Evolution in einzelnen Wissenschaften
Viele Wissenschaften setzen sich mit einem Ausschnitt dieser Entwicklungsstufen auseinander:
- Physik: Physikalische Evolution (Evolution der Naturgesetze, des Weltalls, Urknalltheorie, Elementarteilchen, Atome; siehe Kosmologie)
- Chemie: Chemische Evolution (Moleküle, Biomoleküle)
- Biochemie: Stoffwechsel, Prae- und Protobionten
- Biologie: Biologische Evolution (Zellen, Gewebe, Individuen, Populationen, Art, Ökosysteme)
- Psychologie: Evolutionäre Psychologie, Neue Gestaltpsychologie
- Soziologie: speziell: Herbert Spencer; in den meisten Theorien, welche sich mit sozialem Wandel beschäftigen
- Informatik: Im Bereich Evolutionärer Algorithmus werden Prinzipien der Evolutionstheorie zur Lösung von Optimierungsproblemen verwendet.
- Wirtschaftswissenschaften: Evolutionsökonomik
Literatur
- Ernst Mayr, Das ist Evolution C. Bertelsmann, ISBN 3-570-12013-9
- Klaus Dose, Chemische Evolution und der Ursprung lebender System in Biophysik (Heraugeber: W.Hoppe, W.Lohmann, H.Markl, H.Ziegler), Springer-Verlag, ISBN 35401133552
- Werner Ebeling, Physik der Evolutionsprozesse, Akademie-Verlag, Berlin, ISBN 3055006224
- Hoimar von Ditfurth, Im Anfang war der Wasserstoff Knaur, ISBN 342603395X
- Hoimar von Ditfurth, Der Geist fiel nicht vom Himmel Hoffmann und Campe, ISBN 3455089674
- Werner Schwemmler: Mechanismen der Zellevolution. Grundriß einer modernen Zelltheorie. de Gruyter 1979
- Lothar Kleine-Horst: Evolutionär-psychologische Theorie des Sehens. Auftakt zu einem neuen wissenschaftlichen Weltbild. Köln 1992, ISBN 3-928955-40-3
(Literatur zur Biologischen Evolution siehe dort) (evolutionskritische Literatur zur Biologischen Evolution siehe unter Kreationismus etc.)