Pygmalion

Pygmalion (gr. Πυγμαλίων) ist der Name eines kyprischen Königs aus der griechischen Mythologie und der Name eines Schauspiels von George Bernard Shaw. Außerdem ist er der griechische Name des Königs Pumjaton von Tyros, auf den die mythische Geschichte möglicherweise zurückgeht.
Antike Darstellungen

Ovid
Die ausführlichste antike Schilderung findet sich bei Ovid (Metamorphosen Buch 10, Vers 243 ff.):
Der Künstler Pygmalion von Zypern ist aufgrund schlechter Erfahrungen mit Frauen, die sich prostituierten, zum Frauenfeind geworden und lebt nur noch für seine Bildhauerei. Ohne bewusst an Frauen zu denken, erschafft er eine Elfenbeinstatue, die wie eine lebendige Frau aussieht. Er behandelt das Abbild immer mehr wie einen echten Menschen und verliebt sich schließlich in seine Kunstfigur. Am Festtag der Aphrodite fleht Pygmalion die Göttin der Liebe an: Zwar traut er sich nicht zu sagen, seine Statue möge zum Menschen werden, doch bittet er darum, seine dereinstige Frau möge so sein wie die Statue. Als er nach Hause zurückkehrt und die Statue wie üblich zu liebkosen beginnt, wird diese langsam lebendig. Aus der Verbindung geht ein Kind namens Paphos hervor.
Vergil
Bei Vergil war Pygmalion der Bruder von Dido, der späteren Gründerin von Karthago und Sohn des Belus, König von Tyros. Er ermordete Didos Ehemann Sychaeus aus Habgier.
Mittelalter

Meung
In Jean de Meungs zweiten Teil des Rosenromans aus dem 13. Jahrhundert wird Pygmalion thematisiert.
Schauspiel und Literatur
George Bernhard Shaw
George Bernard Shaw benutzt Ovids Darstellung für sein Schauspiel Pygmalion. Dieses erzählt die Geschichte des Professors Henry Higgins, eines selbstherrlichen Sprachwissenschaftlers, der wettet, dass er eine arme Blumenverkäuferin, Eliza Doolittle, zu einer Herzogin der Londoner Gesellschaft machen könne, indem er ihr beibringt, mit dem Akzent der hohen Gesellschaft zu sprechen. Bei einer Botschafter-Party gibt er sie erfolgreich als Herzogin aus. Da sie von Higgins allerdings schlecht behandelt wird, verlässt sie ihn, ohne zu wissen, was sie tun wird. Das Stück endet hier.
So wie Pygmalion bei Ovid sein lebloses Kunstwerk liebt, liebt auch Higgins seine Schöpfung, jedoch nicht die Person Eliza selbst, sondern nur - als ignoranter Frauenfeind - das sprachliche Kunstwerk, das er geschaffen hat. Higgins erwidert die Liebe Elizas nicht, übersieht ihre menschlichen Bedürfnisse und sieht sie nicht als gleichwertig an („Pickering: Does it occur to you, Higgins, that the girl has some feelings? Higgins: Oh no, I don't think so. Not any feelings that we need bother about.“).
Das Schauspiel löste damals einen Skandal aus, da es für die damaligen Verhältnisse geradezu exzessiv Schimpfwörter verwendet. So benutzt Eliza einmal das damals ordinäre Wort bloody (= verdammt): Obwohl Eliza mit feinem Akzent sprechen kann, versteht sie wenig von dem, worüber man in der hohen Gesellschaft spricht. Als jemand sie fragt, ob sie zu Fuß nach Hause gehen würde, antwortet sie: „Verdammt unwahrscheinlich!“ (bloody unlikely).
Das Schauspiel wurde 1938 mit Leslie Howard und Wendy Hiller in den Hauptrollen verfilmt. Shaw wurde 1939 gemeinsam mit seinem Ko-Autor Cecil Lewis für das Drehbuch dieser Adaption mit einem Oscar ausgezeichnet. Beide Hauptdarsteller (Howard und Hiller) wurden für jenen nominiert. Später wurde Pygmalion zu einem Musical und einem Film mit dem Namen My Fair Lady umgearbeitet.

Weitere Bearbeitungen
Weitere literarische Bearbeitung erfuhr der Stoff bei Johann Jakob Bodmers Pygmalion und Elise (1749), Johann Elias Schlegels Kantate (1766), sowie Jean-Jacques Rousseaus Melodrama Pygmalion (1770).
Johann Wolfgang von Goethes Jugendgedicht Pygmalion (1767) und Franz von Suppés Operette Die schöne Galathée (1865) sind Varianten des Stoffes, die eine Bekehrung des Frauenfeindes Pygmalion vorführen.
Bei W. S. Gilbert (Pygmalion and Galatea, 1871) und Georg Kaiser (Pygmalion, 1948) wird das Motiv einer erneuten Versteinerung durchgespielt.
Erwähnenswert ist auch der Roman Galatea 2.2 (1995) des US-Amerikaners Richard Powers, in dem ein Kybernetiker und ein Schriftsteller gemeinsam einen Supercomputer entwickeln, dem sie Methoden literarischer Interpretation beizubringen versuchen.
Musikalisch war Pygmalion Thema bei Karl Wilhelm Ramlers Kantate (1768, Musik von Johann Christoph Friedrich Bach), Rousseuaus Melodrama Pygmalion (Musik C. Coignet), Suppés Opperette Die schöne Galathée und Lerners My Fair Lady.
Siehe auch
Literatur
- Mathias Mayer (Hrsg.): Pygmalion: die Geschichte des Mythos in der abendländischen Kultur, Rombach, Freiburg im Breisgau 1997, ISBN 3-7930-9141-4
- Andreas Blühm: Pygmalion. Die Ikonographie eines Künstlermythos zwischen 1500 und 1900, Lang, Frankfurt am Main u.a. 1988, Reihe: Europäische Hochschulschriften, Reihe 28: Kunstgeschichte, Band 90, ISBN 3-631-40797-1; zugl. Berlin, Freie Univ., Diss., 1987
- Annegret Dinter: Der Pygmalion-Stoff in der europäischen Literatur. Rezeption einer Ovid-Fabel., Studien zum Fortwirken der Antike; Bd. 11, Winter, Heidelberg 1979, ISBN 3-533-02775-9; Zugl.: Bonn, Univ., Philos. Fak., Diss., 1977
- Birgitt Werner: Das pygmalion-Motiv in der Aufklärung (PDF), In: Wolf-Dieter (Hg): Bildung und Gesellschaft im Wandel, Oldenburg 1999, Festschrift
Weblinks
- Die Erzählung Pygmalion von Theodor Herzl auf Wikisource