Schibboleth
Schibboleth (mit Shin: שִׁבֹּלֶת, mit Sade: סִבֹּלֶת) ist ein hebräisches Wort und bedeutet soviel wie Erkennungszeichen, Kennwort oder Codewort. Hintergrund ist eine Stelle aus dem Alten Testament, Buch Richter Kapitel 12 Vers 5ff. Dort heißt es:
(...) Und wenn ephraimitische Flüchtlinge (kamen und) sagten: Ich möchte hinüber! fragten ihn die Männer aus Gilead: Bist du ein Ephraimiter? Wenn er nein sagte, forderten sie ihn auf: Sag doch einmal „Schibboleth". Sagte er dann „Sibboleth", weil er es nicht richtig aussprechen konnte, ergriffen sie ihn und machten ihn dort an den Fluten des Jordan nieder. So fielen damals zweiundvierzigtausend Mann am Ephraim.
Bei einem Schibboleth handelt es sich um Sprachmittel, die in inter- oder intrakulturellen Kommunikationssituationen klassifizierende, indexikalische Funktion übernehmen. Es kommt also auf den Sprachgebrauch an, der eine sprachliche Auffälligkeit zu einem Schibboleth macht. Ausspracheweisen dienten hier dazu, Personen in die Dichotomie Feind - Nichtfeind zu kategorisieren.
Schibboleth im deutschsprachigen Raum
Im deutschsprachigen Raum gibt es verschiedene Schibboleths, die meist scherzhaft dazu verwendet werden, nicht-ortsansässige als solche zu identifizieren. Das wird dadurch erreicht, dass der Schibboleth verschiedene Aspekte der lokalen Mundart so vereinigt, dass das Wort für einen Außenstehenden nicht korrekt auszusprechen ist - besonders nicht in dem angetrunkenen Zustand, in dem dieser Brauch meist gepflegt wird. Mancherorts gilt man als Einheimischer ehrenhalber, wenn es einem gelingt, den lokalen "Sprachtest" zu bestehen. Der wohl bekannteste deutsche Schibboleth ist Oachkatzlschwoaf, siehe unten.
Deutsch (Hochdeutsch)
Das Wort Streichholzschächtelchen gilt als Sprachtest für Ausländer, da es vor allem auf Grund der vielen Konsonanten und ch-Laute recht schwer auszusprechen ist.
Bayrisch / Österreichisch: Oachkatzlschwoaf
Oachkatzlschwoaf
(Oachkatzl= Eichhörnchen, Schwoaf= Schweif) ist ein Schibboleth zur Erkennung von Muttersprachlern einer österreichischen oder bayrischen Mundart. Dieser Schibboleth war vor allem während der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit US-Soldaten sehr beliebt.
Wer diesen Sprachtest nicht besteht, wird in Bayern grundsätzlich als Preiß bezeichnet, sei er auch Franke, US-Amerikaner, Schwabe oder Franzose. Im Gegensatz zu den Ephraimitern werden diese jedoch zumeist am Leben gelassen.
Toasto *lol* (iiiih)
Bayern: Die Köinrin håds Bschteck zschpåd bschtöid
Dieser Satz ist sowohl Schibboleth als auch Zungenbrecher und bedeutet "Die Kellnerin hat das Besteck zu spät bestellt".
Österreich: regionale Varietäten
Kärnten: schnupfatns'n
Der Satz "Wenn's an Tabak hätt'n, schnupfatns'n" (Wenn sie Tabak hätten, würden sie ihn schnupfen) gilt in Kärnten als Test der Kenntnisse der lokalen Mundart.
Oberösterreich: Öödögidögi
Dieses in Wort, das gemeinhin unter Oberösterreichern als Zeichen der Zugehörigkeit empfunden wird, Öödögidögi, ist weder ungarisch noch türkisch sondern bedeutet auf Hochdeutsch "Öltiegeldeckel".
Ostösterreich Zwischn zwa Zwetschgnbam, wochsn zwa pfundige Pfludern - bedeutet Zwischen zwei Pflaumenbäumen wachsen zwei große Pfludernbäume.
Plattdeutsch: Eekkattensteert
Der Eekkattensteert (Eekkatter= Eichhörnchen, Steert= Schweif) ist die norddeutsche Antwort auf Oachkatzlschwoaf, insbesondere da dieses Wort für Bayern (in diesem Zusammenhang gerne Bazi genannt) kaum auszusprechen ist.
Niederländisch: Scheveningen
In den Niederlanden wird gerne das Wort Scheveningen als Sprachtest verwendet.
Schweiz: Chuchichäschtli
Im Schweizerdeutschen wird meist das Wort Chuchichäschtli (Küchenkästchen) verwendet. Auf Berndeutsch ist zudem auch das Wort Miuchmauchterli bekannt, wenn auch eher selten verwendet.
Schibboleths in der geschriebenen Sprache
Als Schibboleths in der geschriebenen Sprache bezeichnet man Merkmale, die einem, im besten Fall ohne Kenntnis der betreffenden Sprache, schnell erkennen lassen, um welche Sprache es sich handelt. Im einfachsten Fall sind dies einzelne diakritische Zeichen, wie ß für das Deutsche, ő für das Ungarische oder đ für das Kroatische.