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Österreichische Kaiserhymnen

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Das Kaiserreich Österreich bzw. nach erfolgtem Ausgleich mit Ungarn das Kaiserreich Österreich-Ungarn kannte die Besonderheit, dass die Nationalhymnen nicht ein für allemal feststanden, sondern üblicherweise mit dem Herrscher wechselten oder ergänzt wurden. Ihre Bezeichnung ist uneinheitlich, sie werden als Volkshymnen wie auch als Kaiserhymnen bezeichnet.

Die Volkshymne - politisches Symbol der Habsburger Monarchie

Der Wechsel der Hymnen mit den Herrschern kann darauf zurückgeführt werden, dass der Kaiser jedenfalls in vorkonstitutioneller Zeit (in Österreich also bis spätestens 1861, als das Februarpatent erlassen wurde) nicht lediglich als Staatsoberhaupt angesehen wurde, sondern als von Gott selbst eingesetzte Verkörperung des Staats selbst: er und nicht Staat oder Nation beanspruchten Verehrung, denn er selbst war der Staat, und vor den anderen Sterblichen war er nach den Grundsätzen des Gottesgnadentums mit dieser Beleihung durch Gott ausgezeichnet.

Der Wechsel der Hymnen ist allerdings im Ansatz auch bei anderen Herrscherhymnen zu beobachten. So hatte das Deutsche Reich in seiner Hymne "Heil dir im Siegerkranz" auch eine Strophe folgenden Wortlauts aufzuweisen: "Sei, Kaiser Wilhelm, hier lang deines Volkes Zier..." Außerdem wird die britische Nationalhymne, abhängig vom Throninhaber, als "God Save the Queen" oder "God save the King" intoniert.

Später hingegen - wenngleich die habsburgischen Kaiser sich bis zuletzt Gottesgnadentum beimaßen - mag die Supranationalität des Kaiserhauses als einem der nicht eben zahlreichen einigenden Bänder der Donaumonarchie mit ihren höchst verschiedenartigen Landesteilen im Vordergrund gestanden haben, wofür auch die Übertragung der Volkshymne in die einzelnen Landessprachen spricht. Zwar hatten die einzelnen Landesteile auch ihre Nationallieder, welche nach 1918 dann nicht selten zu Nationalhymnen der unabhängig gewordenen Nachfolgestaaten oder zu Hymnen ihrer Landesteile avancierten, doch wurde - Ausdruck des über den Nationen stehenden Hauses Habsburg - zu feierlichen Anlässen stets zuerst die Volkshymne intoniert.

Es blieb nicht aus, dass die Volkshymnen auch auf andere Personen umgedichtet wurden. So sang man nach der Schlacht von Aspern und Eßling gegen Napoleon 1809 die Volkshymne auch auf Erzherzog Karl: "Gott erhalte Karl den Helden!"

Die Haydn-Hymne überlebte sogar die Monarchie und schlug nach dem Ersten Weltkrieg die sogenannte "Renner-Kienzl"-Hymne "Deutschösterreich, du herrliches Land" nach wenigen Jahren zugunsten des zur Haydn-Hymne gesungenen "Sei gesegnet ohne Ende" aus dem Feld. Selbst in den ersten Jahren der Zweiten Republik machte die Haydn-Hymne der Preradovic-Hymne "Land der Berge, Land am Strome" noch Konkurrenz.

In Anhalt wurde die Volkshymne bei gleicher Melodie zur "Herzogshymne":

Gott erhalte uns aus Gnaden
Unsern Herzog und sein Haus,
Die auf Kriegs- und Friedenspfaden
Ziehen ihrem Volk voraus.
Gott erhalte uns zum Segen
Unsern Herzog und sein Haus.

Die Volkshymne als Symbol der überkommenen Ordnung

Die Haydn-Hymne wurde durch die lange Zeit, in welcher sie in Gebrauch war, in dieser und jener Textform zum zentralen patriotischen Lied Österreichs. So hat Franz Grillparzer mit dem folgenden andachtsvollen Gedicht seine Gefühle der wohlbekannten und altgewohnten Volkshymne gegenüber zum Ausdruck gebracht:

Als ich noch ein Knabe war
Rein und ohne Falte
Klang das Lied mir wunderbar,
Jenes "Gott erhalte".

Selbst in Mitte der Gefahr
Von Getös' umrungen,
Hört' ich's weit entfernt, doch klar
Wie von Engelszungen.

Und nun müd' und wegeskrank
Alt, doch auch der Alte,
Sprech' ich Hoffnung aus und Dank
Durch das "Gott erhalte".

Im Ersten Weltkrieg dichtete im selben Sinne Hugo von Hofmannsthal als "Österreichs Antwort" auf den "Deutschen Feldpostgruß" Rudolf Schröders (welcher einen deutschen Treueschwur zu Österreich zum Ausdruck brachte):

Antwort gibt im Felde dort,
Faust, die festgeballte,
Antwort dir gibt nur ein Wort:
Jenes Gott erhalte!

Unsern Kindern eint uns dies,
Wie's uns eint den Vätern,
Einet heut die Kämpferschar
Hier mit uns, den Betern. [...]

Ungeheueres umfaßt
Heut dies heilig Alte,
Und so dringts zum Himmel auf:
Unser Gott erhalte!

Als einem Symbol der überkommenen Ordnung wendeten sich die sogenannten Demagogen zwischen 1815 und 1848 auch gegen die Volkshymne. Daher wurde sie zum Gegenstand nicht nur von Parodien, sondern auch von Gegenentwürfen.

So wandelte August Heinrich Hoffmanns von Fallersleben die Volkshymne am 2. Juli 1841 in seinen "Unpolitischen Liedern" unter dem Titel "Syrakusaise" wie folgt ab:

Gott erhalte den Tyrannen,
Den Tyrannen Dionys!
Wenn er uns des Heils auch wenig
Und des Unheils viel erwies,
Wünsch' ich doch, er lebe lange,
Flehe brünstig überdies:
Gott erhalte den Tyrannen,
Den Tyrannen Dionys!

Eine Alte sprach im Tempel
Eines Tages dies Gebet.
Der Tyrann kam just vorüber,
Wüßte gerne, was sie tät:
Sag mir doch, du liebe Alte,
Sag, was war denn dein Gebet?
Ach, ich habe nur gebetet,
Nur für Eure Majestät.

Als ich war ein junges Mädchen,
Fleht' ich oftmals himmelan:
Lieber Gott, gib einen Bessern!
Und ein Schlecht'rer kam heran;
Und so kam ein zweiter, dritter
Immer schlechterer Tyrann;
Darum fleh ich heute nur noch:
Gott erhalt' uns dich fortan!

Es war - im selben Jahr - auch Hoffmann von Fallersleben, der diese Volkshymne in seinem Helgoländer Exil auf den Text "Deutschland, Deutschland über alles" umschrieb. Schon wenige Tage danach druckte der Hamburger Verleger Julius Campe das Lied. Dass von Fallersleben sich des Versmaßes der Volkshymne bediente, ist kein Zufall: Es handelt sich um einen großdeutschen Gegenentwurf zur Volkshymne, der sich darum auch gegen das übernationale Haus Habsburg richtet - wie man auch daran erkennt, dass die die auf habsburgischem Gebiet fließende Etsch miteinbezogen wird.

Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält,
Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt -
Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt.

Als Parodie auf die Volkshymne entstand in den Wirren, welche auf den Ersten Weltkrieg folgten, die folgende Fassung:

Gott erhalte, Gott beschütze
Unsern Renner, unsern Seitz,
Und erhalt - man kann nie wissen -
Auch den Kaiser in der Schweiz!

Aus dem Jahr 1920 hingegen stammt die folgende Parodie von Karl Kraus:

Gott erhalte, Gott beschütze
Vor dem Kaiser unser Land!
Mächtig ohne seine Stütze
sicher ohne seine Hand!
Ungeschirmt von seiner Krone
stehn wir gegen diesen Feind:
Nimmer sei mit Habsburgs Throne
Österreichs Geschick vereint.

Die Melodie von Joseph Haydn

Die Volkshymne in ihren verschiedenen Fassungen wird nach einer Melodie von Joseph Haydn (1732-1809) gesungen, welcher sie auf Vorschlag von Graf Joseph Franz Saurau im Januar 1797 zum Text Lorenz Leopold Haschkas komponierte; bei dieser Melodie handelt es es sich um dieselbe Melodie, zu welcher bis heute die deutsche Nationalhymne gesungen wird.

Es scheint, dass Haydn sich hierbei von einem kroatischen Volkslied inspirieren ließ, welches er aus seiner Kindheit oder von der Feldarbeit als Erwachsener kennen mochte und in burgenlandkroatischen Gebieten unter dem Titel "Stal se jesem" gesungen wurde. Die nachfolgende Version wurde von einem Knecht in der burgenländischen Gemeinde Schandorf (Cemba) im Bezirk Oberwart aufgenommen:

Datei:VjutroRano KroatischesVolkslied.gif
Hier klicken zum Anhören; ogg-Format, 41k.

Haydns Patriotismus scheint von einer unkomplizierten und aufrichtigen Art gewesen zu sein. Während seines von Krankheit und Gebrechlichkeit gezeichneten Alters quälte sich Haydn oft an sein Klavier, um freudigen Herzens die Volkshymne zu spielen, als Trost in langer und schwerer Krankheit. Er selbst fasste das wie folgt in Worte: Ich spiele das Lied an jedem Morgen, und oft habe ich Trost und Ergehung daraus genommen in den Tagen der Unruhe. Mir ist herzlich wohl, wenn ich es spiele, und noch eine Weile nachher.

Joseph Haydn

Der Melodie der Haydn-Hymne wurden abgesehen von deutschen und österreichischen Volks- und Nationalhymnen selbst englische Texte unterlegt, etwa "Glorious Things Of Thee are Spoken" von John Newton.

Noch im selben Jahr 1797 variierte Haydn selbst sein Werk im langsamen Satz seines C-Dur-Streichquartetts op. 76 Nr. 3, dem so genannten "Kaiser-Quartett", Variationen über das "Volkslied". Doch nur die Begleitstimmen wurden variiert. Die Hymne, die den Kaiser feiern sollte, war unantastbar wie seine Autorität.

Auch haben sich andere klassische Musiker noch lange nach dem Tod des Komponisten seiner Volkshymne durch Variationen angenommen:

  • Carl Czerny verfasste eine Anzahl von Variationen für Klavier und Streichquartett (op. 73).
  • Tschaikowski bearbeitete im Jahr 1876 Haydns Werk für Orchesteraufführungen.
  • Johann Strauß (Sohn), "Kaiser-Franz-Joseph-Rettungs-Jubelmarsch" op. 126

Volkshymne unter Franz I.

Kaiserhymne von Haydn, 1. Strophe. anhören (.ogg, 156k)/? anhören (MIDI, 5kb)/?

Der Zeitpunkt der Entstehung der ersten Volkshymne 1797 ist kein Zufall. Er fällt in eine Zeit, als gegen das revolutionäre Frankreich die Koalitionskriege geführt wurden, Österreich sich durch Frankreich bedroht sah und die monarchische Idee herausgefordert wurde.

Die Worte - welche unverkennbar gewisse Anleihen bei der britischen Hymne nehmen - stammen von Lorenz Leopold Haschka, 1749-1827. Am 12. Februar 1797 aus Anlass des Geburtstags des Kaisers in allen Wienern Theatern gesungen, im Burgtheater Gegenwart seiner Majestät, des Kaiser Franz II./I. selbst. Franz, der sich zufrieden mit der Komposition zeigte, vergalt es Haydn durch das Geschenk einer Dose mit seinem, des Kaisers, Bild.

1. Gott erhalte Franz, den Kaiser,
Unsern guten Kaiser Franz!
Lange lebe Franz, der Kaiser,
In des Glückes hellstem Glanz!
Ihm erblühen Lorbeerreiser,
Wo er geht, zum Ehrenkranz!
Gott erhalte Franz, den Kaiser,
Unsern guten Kaiser Franz!

2. Laß von seiner Fahne Spitzen
Strahlen Sieg und Fruchtbarkeit!
Laß in seinem Rate sitzen
Weisheit, Klugheit, Redlichkeit!
Und mit Seiner Hoheit Blitzen
Schalten nur Gerechtigkeit!
Gott erhalte Franz, den Kaiser,
Unsern guten Kaiser Franz!

3. Ströme deiner Gaben Fülle
Über ihn, sein Haus und Reich!
Brich der Bosheit Macht, enthülle
Jeden Schelm- und Bubenstreich!
Dein Gesetz sei stets sein Wille,
Dieser uns Gesetzen gleich.
Gott erhalte Franz, den Kaiser,
Unsern guten Kaiser Franz!

4. Froh erleb' er seiner Lande,
Seiner Völker höchsten Flor!
Seh sie, Eins durch Bruderbande,
Ragen allen andern vor!
Und vernehm noch an dem Rande
Später Gruft der Enkel Chor:
Gott erhalte Franz, den Kaiser,
Unsern guten Kaiser Franz!

Datei:Francis I.jpg
Franz II./I.

Von dieser Volkshymne bestehen verschiedene Versionen. Im Jahr 1826 ins Hofprotokoll aufgenommen und damit offiziell wurde zuletzt nicht die Haschka-Hymne, sondern eine Version eines unbekannten Dichters. Sie war bis März 1835 in Gebrauch. Ihre vierte Strophe bezieht sich auf den Sieg über Napoleon.

1. Gott erhalte Franz den Kaiser,
unsern guten Kaiser Franz!
Hoch als Herrscher, hoch als Weiser
steht er in des Ruhmes Glanz.
Liebe windet Lorbeerreiser
ihm zu ewig grünem Kranz.
Gott erhalte Franz den Kaiser,
unsern guten Kaiser Franz!

2. Über blühende Gefilde
reicht sein Zepter weit und breit.
Säulen seines Throns sind Milde,
Biedersinn und Redlichkeit.
Und von seinem Wappenschilde
Strahlet die Gerechtigkeit.
Gott erhalte Franz den Kaiser,
unsern guten Kaiser Franz!

3. Sich mit Tugenden zu schmücken,
achtet er der Sorgen wert.
Nicht, um Völker zu erdrücken,
flammt in seiner Hand das Schwert;
sie zu segnen, zu beglücken,
ist der Preis, den er begehrt.
Gott erhalte Franz den Kaiser,
unsern guten Kaiser Franz!

4. Er zerbrach der Knechtschaft Bande,
hob zur Freiheit uns empor.
Früh erleb' er deutscher Lande,
deutscher Völker höchsten Flor
und vernehme noch am Rande
später Gruft der Enkel Chor:
Gott erhalte Franz den Kaiser,
unsern guten Kaiser Franz!

Volkshymne unter Ferdinand I.

Ferdinand I.

Auch für Franz' Nachfolger Ferdinand bestehen mehrere Volkshymnen. Zur Thronbesteigung Kaiser Ferdinands waren vierzehn Entwürfe eingereicht worden; ausgewählt wurde zunächst die Fassung "Gott erhalte unsern Kaiser, unsern Kaiser Ferdinand!" des schlesischen Dichters Karl von Holtai (1798-1880), in Gebrauch von April 1835 bis Januar 1836.

1. Gott erhalte unsern Kaiser,
Unsern Kaiser Ferdinand!
Reich, o Herr, dem guten Kaiser
Deine starke Vaterhand!
Wie ein zweiter Vater schalte
Er an Deiner Statt im Land!
Ja, den Kaiser, Gott, erhalte,
Unsern Kaiser Ferdinand!

2. Laß in seinem Rate weilen
Weisheit und Gerechtigkeit!
Laß ihn seine Sorgen teilen
Zwischen Zeit und Ewigkeit;
Daß er hier sein Reich verwalte
Nur als Deines Reiches Pfand!
Ja, den Kaiser, Gott, erhalte,
Unsern Kaiser Ferdinand!'

3. Gib ihm Frieden! Gib ihm Ehre!
Wenn die Ehre ruft zum Krieg,
Sei mit ihm und seinem Heere;
Unsern Fahnen schenk den Sieg;
Wo sie wallen, da entfalte
Segen sich für jeden Stand!
Ja, den Kaiser, Gott, erhalte,
Unsern Kaiser Ferdinand!

4. Alles wechselt im Getriebe
Vielbewegter Erdenwelt;
Doch erprobter Treu und Liebe
Ward die Dauer beigesellt.
Uns're Treue bleibt die alte,
Unauflöslich ist ihr Band:
Ja, den Kaiser, Gott, erhalte,
Unsern Kaiser Ferdinand!

Die Holtai-Hymne traf nicht den Geschmack der Wiener und konnte sich nicht dauerhaft durchsetzen, und zwar angeblich deswegen, weil von Holtai kein Einheimischer, sondern preußischer Untertan war, was das Volk von Wien nicht goutiert haben soll. Sie wurde darum binnen kurzem durch die nachstehende Volkshymne von Freiherr v. Zeydlitz (1790-1862 ersetzt. Die Zeydlitz-Hymne, in der das Wort "Österreich" erstmals vorkommt, war vom Februar 1836 bis zum März 1854 in Gebrauch.

1. Segen Östreichs hohem Sohne,
Unserm Kaiser Ferdinand!
Gott, von Deinem Wolkenthrone
Blick erhörend auf dies Land!
Laß Ihn, auf des Lebens Höhen
Hingestellt von Deiner Hand,
Glücklich und beglückend stehen,
Schütze unsern Ferdinand!

2. Alle Deine Gaben spende
Gnädig Ihm und Seinem Haus;
Alle deine Engel sende,
Herr, auf Seinen Wegen aus!
Gib, daß Recht und Licht und Wahrheit,
Wie sie Ihm im Herzen glüh'n,
Lang' in reiner, ew'ger Klarheit
Noch zu unserm Heile blüh'n!

3. Palmen laß Sein Haupt umkränzen,
Scheuche Krieg und Zwietracht fort;
Laß Ihn hoch und herrlich glänzen,
Als des Friedens Schirm und Hort!
Laß Ihn, wenn Gewitter grauen,
Wie ein Sternbild hingestellt,
Tröstend Licht hernieder thauen,
In die sturmbewegte Welt!

4. Holde Ruh und Eintracht walte,
Wo er sanft das Scepter schwingt;
Seines Volkes Liebe halte
Freudig Seinen Thron umringt;
Unaufhörlich festgeschlungen
Bleibe ewig dieses Band!
Rufet "Heil" mit tausend Zungen,
"Heil dem milden Ferdinand!"

Volkshymne unter Franz Joseph I. und Karl I.

Datei:FranzJoseph1gr.jpg
Kaiser Franz Joseph I.

In den ersten Jahren der Regierungszeit Franz Josephs I. gelang es nicht, sich auf eine neue Volkshymne zu einigen. Eine von Franz Grillparzer aus Anlass der Thronbesteigung Franz Josephs im Dezember 1848 (nach anderen Quellen allerdings 1853) gedichtete Volkshymne "Gott erhalte unsern Kaiser und in ihm das Vaterland!" konnte sich nicht durchsetzen und war nie in Gebrauch - Grillparzer hatte diese Fassung zwar auf Ersuchen der Hofkanzlei verfasst, sich aber selbst in einem beigefügten Schreiben von seinem Entwurf distanziert.

1. Gott erhalte unsern Kaiser
und in ihm das Vaterland!
Der du Kronen hältst und Häuser,
schirm ihn, Herr, mit starker Hand!
Daß ein Guter und ein Weiser,
er ein Strahl von deinem Blick:
Gott erhalte unsern Kaiser,
unsre Liebe, unser Glück!

2. Laß in seinem Rate sitzen
Weisheit und Gerechtigkeit,
Sieg von seinen Fahnen blitzen,
führt das Recht ihn in den Streit;
doch verschmähend Lorbeerreiser
sei der Friede sein Geschick:
Gott erhalte unsern Kaiser,
unsre Liebe, unser Glück!

3. Mach uns einig, Herr der Welten,
tilg der Zwietracht Stachel aus,
daß wir nur als Söhne gelten
in desselben Vaters Haus.
Und ein Vaterherz beweis er
ungetheilt in kleinstem Stück:
Gott erhalte unsern Kaiser,
unsre Liebe, unser Glück!

4. Mag dann eine Welt uns dräuen,
er mit uns und wir für ihn!
Neu im alten, alt im neuen
laß uns unsre Bahnen ziehn.
Wenn sein letzter Pulsschlag leiser,
Schau er segnend noch zurück!
Gott erhalte unsern Kaiser,
unsre Liebe, unser Glück!

Etliche Entwürfe für eine neue Volkshymne wurden offiziell eingereicht oder inoffiziell unters Volk gebracht, wurden aber sämtlich verworfen oder erlangten keine Popularität. Beispielhaft sei diese sich gegen großdeutsche Bestrebungen wendende, prohabsburgische Fassung aus dem Jahr 1849 angeführt:

Gott erhalte unsern Kaiser,
Lothringens und Habsburgs Sohn!
Als Vermächtnis beider Häuser
Saß stets Tugend auf dem Thron!
Was an Glück dem Volk zu schenken
Gab uns seine milde Hand -
Mit vereinter Kraft zu lenken
Unser weites Vaterland.

Gott erhalte unsern Kaiser,
Daß er ernte seine Saat,
Ihn umgebe stets ein weiser,
Ein vom Volk geliebter Rath,
Daß, was kräftig er vollbringe,
Alle stützen auch zugleich -
Mit vereinter Kraft verjünge
Sich ein freies Österreich.

Deutsche, Ungarn und Dalmaten,
Slav', Lombarde und Kroat,
Seien einig im Berathen
Und auch einig in der That!
Um dem Vaterland zu geben
Neuen Glanz und neuen Ruhm -
Mit vereinter Kraft erstreben
Wir ein mächtig Kaiserthum.

Datei:Emperorcharlesofaustria.jpg
Karl I.

Die Zeit drängte, da eine Volkshymne bis zur Vermählung Franz Josephs mit Elisabeth am 27. April 1854 gefunden sein sollte, wobei es erwünscht war, dass der Text beim Übergang der Herrschaft auf den nächsten Kaiser nicht wiederum zur Gänze obsolet werden sollte. Schließlich wurde die nachstehende Volkshymne von Johann Gabriel Seidl durch Handbillet Franz Josephs am 27. März 1854 zum authentischen Text erklärt. Als besonders gelungen wurde die Bezugnahme auf die bekannte AEIOU-Devise "Austria Erit In Orbe Ultima" am Ende der vierten Strophe angesehen. Die Strophe, die sich auf den Thronfolger bezieht, ist ein spätererer Zusätze, welcher in der Praxis ebenso wie die Kaiserinnenstrophe mit dem Tod der darin angesprochenen Person wieder entfiel. Diese Fassung der Volkshymne wurde bis zum Untergang des Kaiserreichs 1918 gesungen.

1. Gott erhalte, Gott beschütze
Unsern Kaiser, unser Land!
Mächtig durch des Glaubens Stütze
Führt er uns mit weiser Hand!
Laßt uns seiner Väter Krone
Schirmen wider jeden Feind:
Innig bleibt mit Habsburgs Throne
Österreichs Geschick vereint.

2. Fromm und bieder, wahr und offen
Laßt für Recht und Pflicht uns stehn;
Laßt, wenns gilt, mit frohem Hoffen
Mutvoll in den Kampf uns gehn!
Eingedenk der Lorbeerreiser
Die das Heer so oft sich wand:
Gut und Blut für unsern Kaiser,
Gut und Blut fürs Vaterland!

3. Was der Bürger Fleiß geschaffen
Schütze treu des Kaisers Kraft;
Mit des Geistes heitren Waffen
Siege Kunst und Wissenschaft!
Segen sei dem Land beschieden
Und sein Ruhm dem Segen gleich;
Gottes Sonne strahl' in Frieden
Auf ein glücklich Österreich!

4. Laßt uns fest zusammenhalten,
In der Eintracht liegt die Macht;
Mit vereinter Kräfte Walten
Wird das Schwere leicht vollbracht,
Laßt uns Eins durch Brüderbande
Gleichem Ziel entgegengehn!
Heil dem Kaiser, Heil dem Lande,
Österreich wird ewig stehn!

5. An des Kaisers Seite waltet,
Ihm verwandt durch Stamm und Sinn,
Reich an Reiz, der nie veraltet,
Uns're holde Kaiserin.
Was als Glück zu höchst gepriesen
Ström' auf sie der Himmel aus:
Heil Franz Josef, Heil Elisen,
Segen Habsburgs ganzem Haus!

6. Heil auch Öst'reichs Kaisersohne,
Froher Zukunft Unterpfand,
Seiner Eltern Freud' und Wonne,
Rudolf tönt's im ganzen Land,
Unsern Kronprinz Gott behüte,
Segne und beglücke ihn,
Von der ersten Jugendblüthe
Bis in fernste Zeiten hin.

Für Karl I. wurde demgemäß keine eigene Volkshymne offiziell festgesetzt, obgleich Franz Karl Ginzkey am 11. Mai 1918 den Entwurf einer Neufassung der Kronprinzenstrophe einbrachte, welcher allerdings umgehend von den sich überstürzenden Ereignissen dieses Jahres überholt wurde. Die vier ersten Strophen jedoch wiesen, worauf wie erwähnt bereits 1854 geachtet worden war, keinen besonderen Persönlichkeitsbezug auf und waren zur Zeit der Thronersteigung Karls I. bereits seit über sechzig Jahren in Gebrauch. Damit waren sie so allgemein bekannt und auch geschätzt, dass eine vollständig andere Volkshymne sich - wenn überhaupt - vermutlich nur schwer durchgesetzt hätte.

Fassungen der Volkshymne in den Sprachen der Donaumonarchie

Da Österreich-Ungarn ein Vielvölkerstaat war, wurde die Volkshymne auf Anordnung durch dasselbe Handbillet Franz Josephs von 1854, welches die Seidl-Hymne als neue Volkshymne anerkannte, in mehr oder weniger freier Übersetzung - in der Regel in der Form einer Nachdichtung der ersten Strophe - auch in zahlreiche weitere Sprachen der Donaumonarchie übertragen.

Ungarisch

Tartsa Isten, óvja Isten
Királyunk s a közhazát!
Erőt lelve a szent hitben
Ossza bölcs parancsszavát!
Hadd védnünk ős koronáját
Bárhonnét fenyítse vész!
Magyar honnal Habsburg trónját
Egyesíté égi kéz.

Kroatisch
Bože živi, Bože štiti
Kralja našeg i naš dom.
Vjecnom Ti ih slavom kiti,
Snagom Ti ih jacaj svom.
Ti nam sretne dane množi,
Habsburškoj ih kuci daj,
S njenom snagom zauvijek složi
Hrvatske nam krune sjaj.

Polnisch
Boże wspieraj, Boże ochroń
Nam Cesarza i nasz kraj,
Tarczą wiary rządy osłoń,
Państwu Jego siłę daj.
Brońmy wiernie Jego tronu,
Zwróćmy wszelki wroga cios,
Bo z Habsburgów tronem złączon
Jest na wieki Austrii los.

Slowenisch
Bog ohrani, Bog obvari
Nam Cesarja, Avstrijo!
Modro da nam gospodari
S svete vere pomočjo.
Branimo mu krono dedno
Zoper vse sovražnike,
S habsburškim bo tronom vedno
Sreča trdna Avstrije.

Rumänisch

Doamne sânte, intaresce
Pra al nostru Împărat!
Sa domneasca ´nteleptesce
Pe dreptate răzimat!
Părintescule-i coroane
Credincios sa-i aperam:
De-a Habsburgei nalte troane
Soartea noastră s’o legam!

Italienisch
Serbi Dio l'austriaco regno
Guardi il nostro imperator!
Nella fé che gli e sostegno
Regga noi con saggio amor!
Difendiamo il servo avito
Che gli adorna il regno crin
Sempre d'Austria il soglio unito
Sia d'Asburgo col destin.

Ruthenisch (Ukrainisch)
Boshe, budi pokrovitel'
Tsisarju, Ego krajam!
Kripkij viroju pravitel'
Mudro naj provodit' nam!
Pradidnu Ego koronu
Boronim vid vorova,
Tisno iz Gabsburgiv tronom
Splelas' Avstriji sud'ba!

Tschechisch
1. Zachovej nám Hospodine
Císaře a naši zem
Dej, ať z víry moc mu plyne
Ať je moudrým vladařem
Hajme věrně trůnu Jeho
Proti nepřátelům všem
Osud trůnu Habsburského
Rakouska je osudem.


2. Plňme věrně povinnosti
Braňme právo počestně
A když třeba, s ochotností
V boj se dejme statečně
Na paměti věčné mějme
Slávu vojska vítěznou
Jmění, krev i život dejme
Za Císaře, za vlast svou!


3. Čeho nabyl občan pilný
Vojín zbraní zastávej
Uměním i vědou silný
Duch se vzmáhej, jasně skvěj
Bože račiž přízeň dáti
Naší vlasti milené
Slunce Tvé ať věčně svítí
Na Rakousko blažené.


4. Stůjme k sobě v každou chvíli
Svornost jenom moci dá
Spojené kde vládnou síly
Vše se snadno překoná
Když se ruka k ruce vine
Tak se dílo podaří
Říš Rakouská nezahyne
Sláva vlasti, Císaři!


5. Císaři po boku vládne
Rodem, duchem spřízněná
V kráse, která neuvadne
Císařovna vznešená
Bože račiž přízeň svoji
Habsburskému domu dát
Františkovi Josefovi
Alžbětě rač požehnat!

Die Volkshymne und das Ende des Kaiserreichs

Selbstverständlich gab es nach dem Untergang des österreichisch-ungarischen Kaiserreichs keine Volkshymnen mehr, die einem Kaiser gewidmet waren. Die Volkshymnen hatten jedoch weiterhin eine bestimmende Wirkung auf das patriotische Liedgut Österreichs, welche erst 1946 und wohl sogar erst später zum Erliegen kam. Noch die Nationalhymne der Ersten Republik ab 1929 - Sei gesegnet ohne Ende - wurde zur Haydn-Melodie gesungen, und auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren Bestrebungen festzustellen, die Haydn-Hymne wieder zur österreichischen Nationalhymne zu erheben.

Eine Art Volkshymne wurde aber auch von Monarchisten auf Otto von Habsburg gedichtet.

In Verbannung, fern den Landen
Weilst Du, Hoffnung Österreichs.
Otto, treu in festen Banden
Steh'n zu Dir wir felsengleich.
Dir, mein Kaiser, sei beschieden
Alter Ruhm und neues Glück!
Bring den Völkern endlich Frieden,
Kehr zur Heimat bald zurück!

Ein letztes Mal ist die Volkshymne (in der francisco-josephinischen Fassung) 1989 zum Begräbnis Kaiserin Zitas im Wiener Stephansdom zu einem hochoffiziellen Anlass intoniert worden. In der Pfarrkirche von Franz Josephs Sommerresidenz Bad Ischl wird jeden 18. August, seinem Geburtstag , zum Gedenken an den Kaiser die "Kaisermesse" abgehalten, an deren Ende die Kaiserhymne gesungen wird.

Noch heute lässt die Ankeruhr am Hohen Markt zu Wien mit allen ihren 1000 Pfeifen täglich um 12 Uhr mittags das "Gott erhalte" erklingen.

Siehe auch

Literatur

Peter Diem Die Symbole Österreichs, Wien 1995, 447 S.