Bundestagswahl 1998
Die Bundestagswahl am 27. September 1998 bedeutete eine tiefe Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik: Erstmals wurde eine Bundesregierung komplett abgewählt, wohingegen bei den Regierungswechseln 1969 und 1982 lediglich der "Seniorpartner" (SPD, bzw. CDU/CSU) wechselten.
Der SPD gelang nach 1972 das einzige mal in der Geschichte der Bundesrepublik stärkste Partei zu werden. Erstmals gelang es Parteien, die sich selbst traditionell als "Links der Mitte" einstufen mehr als 50 % der Stimmen zu gewinnen. Die Volksparteien erreichten kombiniert ihr schlechtestes Ergebnis seit der Bundestagswahl 1953. Die FDP war nach der Wahl das erste mal seit 29 Jahren nicht mehr an der Regierung beteiligt. Die PDS errang erstmals den Fraktionsstatus im deutschen Bundestag.
Kanzlerkandidat der CDU/CSU war zum fünften mal in Folge nach 16 Jahren im Amt des Bundeskanzlers Helmut Kohl (wobei er bereits 1976 erstmals, allerdings erfolglos, kandidierte). Für die SPD trat erstmals der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder an.
Die politische Ausgangslage
Themenfelder
Beherrschendes inhaltliches Thema des Wahlkampfs war die Wirtschaftspolitik und insbesondere die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
Antretende Parteien
Berechtigte Hoffnungen ins Parlament gewählt zu werden, konnten sich nur die Parteien machen, die schon im Bundestag vertreten waren: CDU/CSU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die PDS. Sowohl zwischen Union und FDP als auch zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen gab es bereits frühzeitig eine Festlegung auf eine gemeinsame Koalition nach einem eventuellen Wahlgewinn.
Regierungsparteien
Die Regierungsparteien wollten den von ihnen eingeschlagenen Kurs fortsetzen. Seit 16 Jahren an der Regierung empfanden sie ihre Politik als erfolgreich und versprachen, diese beizubehalten. Nachdem es mit dieser Strategie gelungen war, die Bundestagswahl 1994 vor dem Hintergrund eines damaligen wirtschaftlichen Aufschwungs zu gewinnen, sollte die Regierungsarbeit der vergangen Jahre im wesentlich unverändert fortgesetzt werden. Einzig die Frage, ob Helmut Kohl oder Wolfgang Schäuble als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen sollte, sorgte für Diskussionen innerhalb der Partei.
Kohl entschied die Frage für sich, indem er direkt nach dem Leipziger Parteitag der CDU Oktober 1997 Schäuble unabgesprochen als seinen späteren Nachfolger präsentierte. Der taktische Schachzug von Großmeisterlicher Qualität (Süddeutsche Zeitung v. 19. Mai 1998) stellte innerhalb der Partei klar, dass nur Helmut Kohl über Person und Zeitpunkt seiner Nachfolge bestimmte. Er stellte Schäuble als Kandidaten von Kohls Gnaden dar, und zwang diesen sich der scheinbaren Ehre würdig erweisen zu müssen. Gleichzeitig jedoch stellte Kohl seine öffentliche Verteidigung Schäubles, zum Beispiel gegen Angriffe aus der CSU, ein, so dass dessen Ruf faktisch eher beschädigt werden konnte. Kohl sicherte sich damit die Kanzlerkandidatur, sorgte aber ebenso dafür, dass Schäuble den gesamten Wahlkampf über ein potenzieller Unruheherd innerhalb der Partei wurde.
Opposition
Während die Regierungsparteien auf der Arbeit der vorherigen Jahre aufbauen konnten, sah die Situation insbesondere bei der SPD anders aus. 1994 auch an der eigenen Zerstrittenheit und inneren Grabenkämpfen gesteigert, hatte Oskar Lafontaine 1995 in einer überraschenden Kampfabstimmung den Parteivorsitz übernommen. Es war lange unklar, ob er oder Gerhard Schröder als Kanzlerkandidat antreten würden. Beide standen auch für eine wirtschaftspolitisch unterschiedliche Ausrichtung: Lafontaine für eine eher Nachfrageorientierte "klassische sozialdemokratischen" Ansatz, Schröder für eine Fortführung des Schwarz-Gelben Programms mit eher behutsamen Änderungen. Die Konstellation, in der die SPD schließlich antrat, Schröder als Kanzlerkandidat, Lafontaine als Finanzminister versprach so, sowohl Traditionswähler als auch Wechselwähler aus der politischen Mitte anzusprechen. Die sowohl inhaltlichen als auch persönlichen Konflikte dieser Konstellation brachen erst nach der Wahl aus.
Wahlprogramme
Obwohl sowohl Wahlkampf als auch öffentliche Wahrnehmung von einer Richtungsentscheidung zwischen zwei verschiedenen Lagern ausgingen, waren sich die Wahlprogramme zumindest der beiden Großen Parteien sehr ähnlich. Unterschiede lagen hier nur in Nuancen. Beide Parteien forderten Steuersenkungen mit einem Steuereinstiegssatz von 15 %. Die CDU allerdings wollte den Spitzensteuersatz etwas weiter senken als die SPD. Beide Parteien wollten die Staatsverschuldung abbauen, indem sie die öffentlichen Ausgaben senken wollten. DIe CDU wollte die Arbeitslosigkeit bekämpfen, indem sie Arbeitsschaffende Tarifvereinbarungen forderte, die SPD Arbeit schaffen, indem sie das Wirtschaftswachstum anrege. Beide Parteien wollten das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht reformieren, obwohl die SPD hier mit der Forderung nach einfacherer Doppelter Staatsbürgerschaft einen Schritt weiter ging.
Die Grünen näherten sich in ihrem Programm sehr der Sozialdemokratie an. Hatte im März noch die Forderung der Magdeburger Parteikonferenz nach einer langfristigen Erhöhung der Ökosteuer auf 5 DM/Liter Benzin für einen öffentlichen Aufschrei gesorgt, waren im endgültigen Programmentwurf die traditionellen Grünen Themen Umwelt und internationale Zusammenarbeit auf eine Komplementarität zum sozialdemokratischen Programm ausgerichtet. Ironischerweise war im Programm der Abschnitt zur Präventiven Polizeiarbeit länger als der zur partizipatorischen Demokratie.
Das Programm der PDs war ambivalent. Zum einen nahmen die spezifischen Interessen Ostdeutschlands einen erheblichen Stellenwert ein. Themen der Neuen Linken, als deren Vertreter traditionell die Grünen gesehen werden, waren im PDS-Programm oft pointierter aber auch oft weniger detailreich festgelegt. Schließlich unterschied sich das PDS-Programm deutlich von den anderen Parteien. Die sozialistische Partei setzte hier auf Ansätze der traditionellen Linken: Eine Umverteilung von unten nach oben, die mit einem echten Politikwechsel und keinem reinen Regierungswechsel einher gehen müsse.
Wahlkampf
Organisation innerhalb der Parteien
Die CDU gab nicht bekannt, wer zum inneren Kreis der Wahlkampforganisation gehörte. Im Frühjahr 1998 ernannte Helmut ohl der ehemalige Chefredakteur der Bild-Zeitung Hans-Hermann Tiedje zu seinem persönlichen Berater und besetzte die Position des Regierungssprechers mit Otto Hauser neu. In Presse und Politikwissenschaft gilt als gesichert, dass neben den beiden auch Friedrich Bohl, Anton Pfeiffer, Andreas Fritzenkötter, Willi Schalk (Werbeagentur McCann, Renate Köcher (Allensbach-Instutut) und Peter Hintze zum strategischen Zentrum des CDU-Wahlkampfes gehörten. Ob Roland Koch auch in diesen Kreis gehörte, wurde zwar von einigen Zeitungen angenommen, ist aber bis heute nicht sicher bekannt.
Von diesen hatten aber nur Bohl und Pfeiffer verlässlichen Zugang zur Person Kohl. Faktisch traf dieser fast alle wichtigen Entscheidungen allein, die Wahlkommission segnete diese meist nur nachträglich ab. Neben dem Entscheidungszentrum um Kohl, gab es innerhalb der CDU zwei wichtige Gruppen, die mit Planung und Koordinierung des Wahlkampfes befasst waren. Die Geschäftsstelle der Partei unter Peter Hintze, die Vorschläge unterbreiten und Entscheidungen umsetzen sollte. Zwischen Geschaftsstelle und Strategischem Zentrum gab es jedoch zahlreiche Koordinationsschwierigkeiten, die so in der Außenwahrnehmung für den Eindruck eines unprofessionellen und wenig abgestimmten Wahlkampfes entstehen ließen. Zum anderen bildete sich um den damaligen Fraktionsvoristzenden und designierten Nachfolger Kohls Wolfgang Schäuble ein weiteres strategisches Zentrum, dass jedoch in zahlreichen Punkten eine anderen Linie verfolgte als Kohl und diese auch öffentlich machte. Der Unions-Wahlkampf wirkte so in sich noch unabgestimmter und wenig professionell. Deutlich wurde dies zum Beispiel darin, dass Kohl eine mögliche Große Koalition konsequent ablehnte, während Schäuble diese öffentlich für möglich hielt.
Politische Positionierung
Während sich CDU und SPD programmatisch kaum unterschieden, stellten beide sehr verschiedene politische Themenfelder in das Zentrum ihrer politischen Positionierung im Wahlkampf. Die Union betonte den Erfolg des bewährten. Helmut Kohl und die mit ihm verbundene nahmen eine wichtige Rolle in der Wahlkampfkommunikation der Partei ein. Sie verfolgte dabei zwei Grundlinien. Zum einen versuchte sie eine Polarisierung des Wahlkampfes. Zum anderen stellte sie sich sowie besonders die Person Kohl als Garant für Stabilität dar. Der zentrale Wahlkampfslogan der Partei war Sicher in die Welt von morgen.
Die Partei versuchte mit Kohls Person und seinen Erfolgen wie der deutschen Wiedervereinigung oder der Europäischen Währungsunion zu Punkten. Ebenso wies sie auf die wirtschaftlich bereits erreichten Erfolge, die es nicht zu gefährden gelte, hin. Der zentrale Slogan, der auf Kohl gemünzt war, lautete Weltklasse für Deutschland.
Im Rückblick stellte sich diese Präsentation als problematisch heraus. Gerhard Schröder führte in allen Umfragen nach dem besten Kanzler weit vor Helmut Kohl. Der Kanzler lag in den Umfragen selbst hinter den Werten der Unionsparteien allgemein. Die Themenfelder Deutsche Einheit und Währungsunion erreichten kaum die Wähler. Diese machten sich Sorgen um ihre Zukunft und vor allem um ihre Arbeitsplätze. Zudem war es mehr als schwierig, einen Kandidaten als sichere Bastion zu präsentieren, der innerhalb der Partei umstritten war und über dessen Nachfolge bereits während des Wahlkampfes intensiv diskutiert wurde.
Die Partei verstärkte das Bild von Stabilität und Sicherheit auch durch einen offensiv geführten Negativwahlkampf gegen eine mögliche rot-grüne Regierung. Die Partei versuchte den Eindruck zu erwecken, als würde rot-grün unter dem Denkmatel eines bürgerlichen Wahlkampfs einen politischen Linksruck in der Bewirken wollen. Die Wahlkampfbotschaft, die die Partei vermitteln wollte, lautetete, es ginge darum ob Deutschland von einer Koalition der Mitte aus Union und FDP oder einem Linksbündnis aus SPD, Grünen und PDS ins nächste Jahrtausend geführt wird. Peter Hintze spitzte dieses auf dem Bremer Bundesparteitag der CDU zu Unser Motto lautet: Schwarz-Rot-Gold statt Rot-Grün-Dunkelrot. Beispiel der Kampagne war die Aktion Lass Dich nicht anzapfen in der die Union von den Ökosteuer-Plänen, insbesondere der Grünen, profitieren wollte. Peter Hintze begründete sie: Am Beispiel der Grünen-Forderung nach einem Benzinpreis von 5 Mark pro Liter soll den Bürgern bundesweit vor Augen geführt werden, mit welchen gegen die Menschen gerichteten Projekten in Deutschland gerechnet werden müsste, sollte Rot-Grün an die Macht kommen.
Wie sich am Wahlabend zeigen sollte, waren die Botschaften, die nur den Stammwählern der Partei zu vermitteln waren. Während die FDP in ihrer Programmatik durchaus ein breiteres und weiteres Bild des Liberalismus zeichnete, beschränkte sich ihre Wahlkampfkommunikation fast ausschließlich auf den als Neoliberal begriffenen Punkt der Steuersenkungen.
Die SPD versuchte sich ein mit der Wahl verschiedener Themenfelder ein Image zu geben, das sowohl auf Wahrung des Erreichten aufbaute, auch als die Partei als kompetenten Veränderer darstellte. Ihre Kampagne kreiste um die Themenfelder Wirtschaftspolitik in der die SPD laut eigener Aussage für Innovation und Ordnung stand, Sozialpolitik in der sie mit Sozialer Gerechtigkeit punkten wollte, sie wollte ein Anwalt der Familien sein und betonte stark die Bedeutung der Jugend und der Zukunft. Die SPD versuchte damit ein möglichst breites politisches Spektrum anzusprechen - fast jeder sollte sich in diesen Forderungen wiederfinden können.
Wahlkampf
Die CDU gab für den Bundestagswahlkampf 50 Millionen (laut Helmut Kohl) oder 51 Millionen (laut Peter Hintze) DM aus. Gegenüber vorherigen Wahlkämpfen, ließen sich besonders drei Schwerpunkte festmachen: Die CDU setzte besonders stark auf das Medium Fernsehen. Gegenüber dem Bundestagswahlkampf 1994 schaltete sie mehr als doppelte so viele Spots (559 gegenüber 254), im Vergleich mit der SPD (88 Wahlwerbespots) waren es sogar sechsmal so viele. Und das obwohl die SPD insgesamt einen deutlich höheren Wahlkampfetat hatte. Vom 15. Juni bis 10. Juli schaltete die CDU jeweils montags, mittwochs und freitags großformatige Anzeigen, die kurze Slogans enthielte, die sich im Stil stark an den üblichen Schlagzeilenstil der Bild anlehnen sollten. Schließlich produzierte die Partei extra für die Wahl die Neue Bundesländer Illustrierte (NBI), die sich im Namen und Layout stark an die in der DDR populäre Neue Berliner Illustrierte anlehnte. Diese wurde in einer Auflage von 6,5 Millionen Stück gedruckt und an alle Haushalte in Ostdeutschland verteilt. Zum einen enthielt sie die aus der alten NBI schon bekannten Yellow-Press-Themen und Preisausschreiben, zum anderen sollte sie den Bürgern der ehemaligen DDR die Fortschritte nach acht Jahren Wiedervereinigung unter Helmut Kohl ins Gedächtnis rufen.
Berichterstattung in den Medien
Das Ereignis zog selbst für eine Bundestagswahl eine außergewöhnliche intensive Berichterstattung in den Medien auf sich. Grund dafür war vor allem der unsichere Wahlausgang, oder, wie die Bild-Zeitung am 19. September titelte gaaaanz knapp. Am 26. September titelte Bild Jede Stimme zählt, Heute eröffnete mit Wahlfieber: Wer hat morgen die Nase vorn und die RTL-News mit Kopf-an-Kopf-Rennen. Einzig die Monica Lewinsky-Affäre konnte im Juli und August noch um die Schlagzeilen konkurrieren, während in den Wochen vor der Wahl war diese Thema in mehr als 50% aller Beiträge in den Hauptnachrichtensendungen. Einsamer Rekordhalter war dabei RTL, bei deren Nachrichtensendung sich über 70 % aller Beiträge mit der Wahl beschäftigten. Die Beiträge zur Wahl waren ebenso wesentlich länger als andere politische Themen.
Thematisch konzentrierten sich diese Sendungen zum einen auf den Wahlkampf selbst. Inhaltliche Fragen, über die die Berichterstattung sendete waren vor allem die Wirtschaftspolitik, insbesondere Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit, gefolgt von der Außenpolitik und der Berichterstattung über die Zukunft des Sozialstaats. Andere ehemals wichtige Themen wie Bildung, Innere Sicherheit, Umwelt oder Infrastruktur spielten demgegenüber kaum eine Rolle in der Berichterstattung der Medien. Ebenfalls ließen sich signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Medien ausmachen: Während ARD und ZDF über 50 % der Beiträge zu inhaltlichen Themen brachte, nahmen diese bei RTL und SAT1 nur 31 % beziehungsweise 38 % der Berichterstattung ein. Die Nachrichten zu Wahlkampfauftritten und Meinungsumfragen hatten demgegenüber einen wesentlich höheren Stellenwert bei den Privatsendern.
Während es Helmut Kohl gelang den Bonus des Kanzlers auszuspielen indem er wesentlich öfter in den Medien auftauchte (in 37% aller politischen Berichte) als sein Herausforderer Gerhard Schröder (26 % aller Berichte), konnte auch dieser Erfolge verbuchen. Wenn Schröder in einem Bericht auftauchte, wurde ihm wesentlich mehr Zeit eingeräumt (Im Schnitt 30 Sekunden), seine Statements an den Mann zu bringen, als dies Helmut Kohl möglich war (Im Schnitt 19 Sekunden). Die Parteivertreter der CDU/CSU und FDP insgesamt (89% und 37%) erschienen ebenfalls öfter in den Medien als die von SPD (67 %) und Grünen (34 %). Die PDS erreichte magere 14 %. Der Signifkanteste Unterschied lag hier wiederum zwischen RTL und ARD: RTL konzentrierte sich am meisten auf die Großen Themen (Kanzlerkandidaten und Große Parteien) während die ARD diesen im Verhätnis am wenigsten Raum einräumte.
Medienwissenschaftler beschreiben die Berichterstattung als weit überwiegend neutral beziehungsweise rein deskriptiv. Einzig die ARD brachte einen höheren Teil an negativer Berichterstattung über einzelne Kandidaten. Unterschiede in der politischen Ausrichtung der Sender ließen sich anhand der Wahlberichterstattung nicht nachweisen.
Wahlergebnis
Fraktion | Ergebnis prozentual | Mandate | Besonderheit |
---|---|---|---|
SPD | 40,9 % (+4,5 %) | 298 (+46) | Zum ersten Mal seit 1972 stärkste Bundestagsfraktion |
CDU/CSU | 35,1 % (-6,3 %) | 245 (-49) | Erstmals seit 1949 unter der 40 %-Grenze |
Bündnis 90/Die Grünen | 6,7 % (-0,6 %) | 47 (-2) | |
FDP | 6,2 % (-0,7 %) | 43 (-4) | Zweitschlechtestes Ergebnis auf Bundesebene überhaupt |
PDS | 5,1 % (+0,7 %) | 36 (+6) | Erstmals Fraktionsstatus |
Sonstige | 6,0 % (+2,4 %) | u. a. Republikaner 1,8 %, DVU 1,2 % |
Insgesamt 669 Mandate.
Die SPD hatte ihre regionalen Hochburgen im Saarland und in Bremen, in beiden Ländern erreichte sie über 50%. In Bayern erreichte sie im Vergleich magere 34%; in Sachsen nicht mal 30%. Die Grünen waren insbesondere in den Stadtstaaten Berlin und Bremen erfolgreich, jeweils mit 11,3 %. Schwächste Länder waren bei ihnen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.
Die Union konnte zum einen ihre Hochburg in Bayern mit über 50% der abgebenen Stimmen halten, bestes CDU-Land war das Heimatland Helmut Kohls, Rheinland-Pfalz mit 39,1%. Besonders schlecht schnitt sie in Berlin (29%) und Brandenburg (20%) ab. Die FDP war in ihren Stammländern Baden-Württemberg und Hessen mit knapp 9 beziehungsweise knapp 8 Prozent der Stimmen besonders erfolgreich, in Brandenburg (2,8%) und Mecklenburg-Vorpommern (2,2%) besonders schlecht.
Bei der PDS zeigten sich die klarsten Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Während sie im Osten Deutschlands überall 20% oder mehr erreichte (bester Staat war Mecklenburg-Vorpommern, schlechtester Sachsen), kam sie in den Westdeutschen Ländern nicht über 2,4 % (Bremen) hinaus, in den Flächenländern nicht einmal über 1,5 % (Schleswig-Holstein und Niedersachsen). In Berlin lag ihr Erfolg mit 13 % etwas über dem arithmetischen Mittel aus Ost- und Westländern.
Die rechtsextremen Parteien waren in Baden-Württemberg besonders erfolgreich - hier der starken Stellung der Republikaner geschuldet ebenso in Berlin, wo Republikaner und DVU fast gleichauf lagen. Ihr bestes Wahlergebnis erreichte die DVU in Sachsen-Anhalt. Besonders wenig Wähler fanden die beiden Parteien in Schleswig-Holstein und Niedersachsen.
Folgen der Wahl
Das Ergebnis führte erstmalig zu einer rot-grünen Koalition auf Bundesebene, der Gerhard Schröder als Bundeskanzler und Joschka Fischer als Außenminister und Vizekanzler angehören.
Helmut Kohl erklärte noch in der Wahlnacht seinen Rücktritt vom CDU-Vorsitz, den er seit 1973 innehatte. Sein Nachfolger wurde der seit 1991 amtierende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble.
Ebenfalls seinen Rücktritt erklärte der CSU-Vorsitzende Theo Waigel. Sein Nachfolger wurde der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber.
Zum Nachfolger von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth wurde in der konstituierenden Sitzung des 14. Deutschen Bundestages am 26. Oktober 1998 mit SPD-Vize Wolfgang Thierse erstmals ein Ostdeutscher in eines der hohen Staatsämter der Bundesrepublik gewählt.
Gerhard Schröder wurde vom Deutschen Bundestag am 27. Oktober 1998 mit 351 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt, obwohl nur 344 Abgeordnete der Koalition anwesend waren.