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Behauptung

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Eine Behauptung, auch 'assertorisches Urteil' genannt, ist ein Satz mit einer bestimmten Bedeutung, der vom Sprecher mit dem Anspruch auf allgemeine und dauerhafte Zustimmung geäußert wird. Wenn jemand z. B. auf die Frage:"Ist London größer als Paris?" antwortet: "London hatte im Jahr 2000 mehr Einwohner als Paris", so stellt er damit eine Behauptung auf.

Eine Behauptung ist also nicht nur wie die Aussage ein Satz mit bestimmtem Inhalt, sondern zugleich eine soziale Handlung: die Beanspruchung allgemeiner Geltung für den geäußerten Satz. John R. Searle prägte dafür den Begriff des "Sprechaktes" (engl. speech act).

Behauptungen können richtig (bzw. wahr) oder falsch sein. Es ist daher sinnvoll, Behauptungen zu bestreiten, zu bezweifeln, zu bestätigen, zu bekräftigen, zu beweisen, zu widerlegen etc.

Abgrenzung von anderen Arten sprachlicher Äußerung

Keine Behauptungen sind u. a.:

  • fiktive oder nicht ernst gemeinte Sätze z. B. in der Literatur, in Sprachübungen oder Scherzen ("Es war einmal eine Prinzessin ...")
  • Fragen, Zweifel, Vermutungen
  * Bsp: "Ich weiß nicht, ob er kommen wird"
     * Außer es geht darum, dass jemand behauptet, es nicht zu wissen!
  • theoretische Annahmen ("Angenommen, jeder Unternehmer strebt einen maximalen Gewinn an.")
  • Befehle ("Hände hoch!")
  • Begriffsbestimmungen oder Nominaldefinitionen ("Die feste Verbindung mehrerer Atome soll als 'Molekül' bezeichnet werden")
  • individuelle Geschmacksäußerungen ("Mir gefällt diese Musik").

Es ergibt keinen Sinn, hier nach Wahrheit zu fragen. Derartige Sätze werden nach anderen Gesichtspunkten bewertet wie z. B. Zweckmäßigkeit, Unterhaltungswert oder künstlerischem Gehalt.

Arten von Behauptungen

Behauptungen lassen sich nach ihrem Inhalt unterteilen z. B. in:

  • Behauptungen darüber, wie die Welt beschaffen ist, sogenannte empirische, faktische oder positive Behauptungen ("Dieser Baum ist älter als 10 Jahre", "Blei ist schwerer als Eisen"). Behauptungen dieser Art sind Gegenstand der Erfahrungswissenschaften, insbesondere der empirisch arbeitenden Naturwissenschaften.
  • logisch-mathematische Behauptungen ("Die Quadratwurzel aus 144 ist 12"). Sie bilden den Gegenstand der Mathematik und Logik.
  • wertende Behauptungen ("Ines spielt besser Klavier als Thomas")
  • normative, insbesondere moralische Behauptungen ("Man soll denen helfen, die unverschuldet in Not geraten sind"). Derartige Behauptungen sind Gegenstand der normativen Ethik.
  • Sinn deutende oder hermeneutische Behauptungen ("Das Zeigen einer weißen Flagge bedeutet:'Wir ergeben uns' "). Derartige Behauptungen sind Gegenstand der Sprach- und Kulturwissenschaften.
  • innerpsychische oder introspektive Behauptungen ("Ich habe Zahnschmerzen", "Honig schmeckt süß", "Ich sehe, dass das Thermometer 10 Grad Celsius anzeigt").

Diese Hauptgruppen lassen sich weiter unterteilen. So lassen sich die faktischen Behauptungen unterteilen in

  • Behauptungen über singuläre Ereignisse in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft ("Goethe starb 1832"). Derartige Behauptungen sind Gegenstand der historischen Wissenschaften.
  • Behauptungen über die Existenz bestimmter Arten von Objekten ("Es gibt in diesem Wald Steinpilze")
  • Behauptungen über empirische Regelmäßigkeiten oder Gesetzmäßigkeiten ("Wenn man eine Kristallvase auf einen Steinfußboden fallen lässt, zerspringt sie")
  • Behauptungen über Ursachen: ("Der Hund ist gestorben, weil er Krebs hatte") u.a.m.

Behaupten und Begründen

Behauptungen beanspruchen Wahrheit und damit zugleich allgemeine und dauerhafte Geltung. Das bedeutet, dass jeder aufgefordert ist, die Behauptung seinem Denken und Handeln dauerhaft zugrunde zu legen.

Es kann also nicht für den einen die Behauptung p gelten ("London hatte im Jahr 2000 mehr Einwohner als Paris") und für einen anderen die Behauptung 'nicht-p' ("London hatte im Jahr 2000 nicht mehr Einwohner als Paris").

In entsprechender Weise kann nicht heute p gelten und morgen nicht-p. Wer heute p behauptet, der kann morgen nicht 'nicht-p' behaupten, es sei denn, er gesteht zu, dass er sich geirrt hatte.

Behauptungen kann man bekräftigen bzw. bejahen ("Er hat recht", "Das stimmt", "Das ist richtig") oder auch bestreiten bzw. verneinen.

Wenn der Anspruch auf Geltung mehr sein soll als die Aufforderung, dem Sprecher zu glauben und zu folgen, muss der allgemeine Geltungsanspruch für die Behauptung auch mit allgemein einsichtigen, intersubjektiv nachvollziehbaren Argumenten begründet werden können.

Welche Argumente geeignet sind, den allgemeinen Geltungsanspruch einer Behauptung einzulösen, ist je nach Art der Behauptung unterschiedlich.

Die Erarbeitung von Kriterien und Methoden zur Überprüfung von Behauptungen allgemein und von Behauptungen bestimmter Art ist ein zentraler Gegenstand der Erkenntnistheorie bzw. Wissenschaftstheorie (auch als "Methodologie" bezeichnet).

Während die an der positivistischen Tradition orientierte Erkenntnistheorie, wie sie z. B. von Hans Albert vertreten wird, Allgemeingültigkeit nur empirischen und logischen Behauptungen zuerkennt (im Sinne empirischer und logischer Wahrheit), betrachten konsenstheoretisch orientierte Philosophen wie Jürgen Habermas auch moralische Normen als Behauptungen, denen auf Grund von Argumenten Allgemeingültigkeit zugesprochen oder abgesprochen werden kann. Hier gehen die Meinungen noch erheblich auseinander. Auch die Terminologien der verschiedenen philosophischen Richtungen sind hier noch keineswegs einheitlich.

Literatur:

  • Searle, John R.: Sprechakte. Frankfurt a.M. 1969
  • Topitsch, Ernst (Hrsg.): Logik der Sozialwissenschaften. Köln 1966
  • Maier, Dieter Daniel : Behauptungen und dessen Begründungen. Düsseldorf 1997

Siehe auch: