Gerhard Wagner (Priester)
Gerhard Maria Wagner (* 17. Juli 1954 in Linz[1]) ist katholischer Priester in Windischgarsten. Wagner war für kurze Zeit als Weihbischof in Linz nominiert. [2]
Leben
Nach der Matura im Jahre 1972 am Kollegium Petrinum studierte Gerhard Wagner in Linz und Rom Katholische Theologie und Philosophie. Am 10. Oktober 1978 wurde er in Rom zum Priester geweiht. Bis 1979 war Wagner Kaplan in Bad Zell und von 1979 bis 1984 Kaplan in Bad Ischl. Anschließend wurde er zum Kooperator in Marchtrenk ernannt und für ein Doktoratsstudium im Fach Dogmatik an der Päpstlichen Universität Gregoriana freigestellt, welches er 1988 summa cum laude[3]abschloss.[2] Am 11. September 1988 wurde er Pfarrer in Windischgarsten. Papst Benedikt XVI. ernannte ihn am 31. Januar 2009 zum Titularbischof von Zuri und zum Weihbischof in Linz. Im Februar 2009 ersuchte er aufgrund der um ihn stattgefundenen Kontroversen den Papst um Rücknahme seiner Ernennung; dieser Bitte wurde entsprochen.[4]
Kontroversen
Wagners Ernennung zum Weihbischof durch den Papst stieß auf scharfe Kritik[5] und Unverständnis [6][7]. Die Ernennung erfolgte erklärtermaßen entgegen den Erwartungen des Linzer Domkapitels[8] und nach Medienberichten auch ohne Absprache mit dem Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz und dem Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, dem Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn.[7][9] Der Landeshauptmann Oberösterreichs Josef Pühringer sagte in einem Radiointerview, dass offensichtlich eine Entscheidung getroffen worden sei, die nicht dem Dreiervorschlag der Diözese entspreche. „Das deutet daraufhin, dass in Rom von der Diözese ein Bild herrscht, das meines Erachtens nicht der Realität entspricht. Mit dem Windischgarstner Pfarrer wurde ein sehr konservativer Geistlicher berufen.“[10] Gerade auch unter den betroffenen Katholiken der Diözese Linz führte Wagners Berufung zu heftigen Diskussionen[11] sowie einer Welle von Kirchenaustritten[12]. Bei einer Versammlung der Dechantenkonferenz der Diözese Linz am 10. Februar 2009 lehnten 31 der 35 anwesenden (von insgesamt 39) Dechanten die Ernennung von Gerhard Wagner zum Weihbischof ab. Dieses Votum hat kirchenrechtlich zwar keinen bindenden Charakter, soll aber laut Dechant Arno Jungreithmayr ein deutliches Signal sein.[13][14] Auch der Bischof von Innsbruck Manfred Scheuer distanzierte sich von seinem Studienkollegen Wagner mit den Worten, sie seien sich „in den vergangenen Jahren fremd geworden“[15], und der Bischof von Eisenstadt Paul Iby nannte Wagners Ernennung „unerklärlich“[16].
Es gibt allerdings auch Befürworter von Wagners Ernennung wie beispielsweise Friedrich Engelmann, den langjährigen Herausgeber der Monatszeitschrift Der 13., der nach der Ernennung von Gerhard Wagner erklärte:„Deshalb werde ich meinen jahrelangen Kirchensteuerboykott aus Dankbarkeit gegenüber Bischof Schwarz aufgeben und wieder meinen Kirchenbeitrag zahlen.“[17] [18]
Der als konservativ geltende Wagner ist Mitglied des Linzer Priesterkreises. Die Harry-Potter-Romane sieht er als mögliches Einfallstor für Okkultismus und Satanismus. Er hat in seiner Pfarre in Windischgarsten nur männliche Ministranten. In einem ZIB2-Interview stellte Wagner klar, dass für ihn die bestehende kirchliche Hierarchie eine „heilige Ordnung“ sei, weshalb Laien in der Diskussion um Glaubensfragen keine Mitsprache hätten: „Die Wahrheitsfindung des Glaubens wird nicht von unten gefunden.“ Reformen seien ausschließlich von oben durch den Papst und die Bischöfe durchzuführen.
In derselben ZIB2-Sendung bezeichnete der Pastoraltheologe Paul Zulehner von der Universität Wien Wagner als Ultrakonservativen, der die katholische Kirche in eine problematische Situation bringe. Er halte die Bestellung Wagners für eine „kirchenpolitisch schädliche und falsche Entscheidung“. Zulehner vermutet, dass Wagner zum Bischof von Linz aufgebaut werden soll, was er als Irrtum des Papstes darstellt und diesem auch die volle Verantwortung dafür anlastet. So stellte er die Bestellung von Wagner auch in eine Reihe von seiner Meinung nach falschen Personalentscheidungen in der österreichischen Kirche wie etwa der Bestellung von Hans Hermann Groër.[19] Der Professor für Theologische Ethik an der Theologischen Hochschule Chur Hanspeter Schmitt bezweifelte in der Schweizerischen Kirchenzeitung grundsätzlich Wagners Qualifikation: „Darf es inzwischen sein, dass ein solcher Abgrund an menschlicher Ignoranz und theologischer Inkompetenz ins bischöfliche Amt gehoben wird?“[20]
Wagner nannte in seinem Pfarrbrief als möglichen Grund für den Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans „geistige Umweltverschmutzung“ und stellte Überlegungen über eine mögliche Deutung als göttliche Strafe an, u. a. mit Hinweis darauf, dass zwei Tage später im French Quarter ein Gay Pride hätte stattfinden sollen.[21] Die umstrittene Passage lautet[22]:
„Der Hurrikan ‚Katrina‘ hat [...] nicht nur alle Nachtclubs und Bordelle vernichtet, sondern auch alle fünf (!) Abtreibungskliniken. [...] Wussten Sie, dass 2 Tage danach die Homo-Verbände im französischen Viertel eine Parade von 125.000 Homosexuellen geplant hatten? Wie erst so langsam bekannt wird, sind die amoralischen Zustände in dieser Stadt unbeschreiblich. [...] Ist die auffallende Häufung von Naturkatastrophen nur eine Folge der Umweltverschmutzung durch den Menschen, oder mehr noch die Folge einer ‚geistigen Umweltverschmutzung‘? Darüber werden wir in Zukunft verstärkt nachdenken müssen.“
Dieser Versuch Wagners, das Theodizeeproblem zu lösen, wurde von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien in einer offiziellen Stellungnahme als „theologisch unhaltbare Kommentierung von Naturereignissen“[23] verurteilt.
Gerhard Maria Wagner hält entgegen der allgemeinen Haltung psychologischer Fachverbände und der heutigen Erkenntnisse in Psychologie und Psychotherapie [24] Homosexualität für eine Krankheit und tritt für eine „Behandlung“ Homosexueller ein. Auf die Frage, ob Homosexualität heilbar sei und Homosexuelle behandelt werden sollten: „Dafür gibt es genügend Beispiele, nur davon spricht man nicht.“[25] Der Bischof von Feldkirch Elmar Fischer, der sich diesbezüglich zunächst hinter Wagner gestellt hatte,[26] entschuldigte sich kurz darauf öffentlich für seine Aussagen und zog sie zurück: „Ich ging von einem offenkundig nicht mehr letztaktuellen wissenschaftlichen Stand der Literatur aus.“[27]
Über die Zukunft der Kirche angesichts - auch seinetwegen - steigender Kirchenaustritte sagte Wagner in einem Interview: „Vielleicht müssen wir erst wieder eine kleine Gruppe werden, um dann stärker hinaus zu wirken. Und dann werden die Wenigen mehr bewegen als die Vielen, die sich nicht bewegen.“[28] Dieser Vorstellung widersprach deutlich der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser: „Das ist eine Grundfrage: Soll die Katholische Kirche ‚gesundgeschrumpft‘ werden gleichsam auf eine ‚Sekte‘, wo nur wenige, aber dafür linientreue Mitglieder dabei sind, oder soll die Katholische Kirche Kirche Jesu Christi bleiben, die Raum für Vielfalt bietet, offen ist und Gesellschaft von innen her prägt.“[29] Auch der Bischof von Graz-Seckau Egon Kapellari lehnte Wagners ekklesiologischen Entwurf als unrealistisch ab: „Auch wenn Blödheiten passieren, wir werden sicher keine Sekte. Jeder, der die Kirche verlässt, ist einer zu viel, aber 70 Prozent der Österreicher sind immer noch Katholiken.“[30]
Um zu verhindern, dass der designierte Weihbischof sich in weitere Debatten verstrickt und zu neuerlicher Kritik Anlass gibt, wurde ihm im Februar 2009 von der Kirchenleitung untersagt, weitere Interviews zu geben.[31] Außerdem wurde Wagner von seinen zukünftigen Amtsbrüdern aufgefordert, sich zu mäßigen und nicht für weitere Konfrontationen zu sorgen, um sich so als seines neuen Amtes würdig zu erweisen.[32]
Publikationen
- Gerhard Wagner: Berufung und Sendung des Laien im pastoralen Dienst der Kirche : eine ekklesiologische Studie zu den Aussagen des Lehramts der Kirche, 1965-1987. Romae : [s. n.], 1988 (Romae. : Typis Pontificiae universitatis Gregorianae). XXVII, 110 p. (Wagners Dissertation)
- Gerhard Wagner: Berufen zum Dienst in Kirche und Welt. Briefe eines Pfarrers an seine Pfarrgemeinde, Stella Maris Verlag, Buttenwiesen 2003.
Einzelnachweise
- ↑ Eigenaussage auf der Website der Pfarre St. Jakob in Windischgarsten. [1]
- ↑ a b Kathpress, 31. Jänner 2009: Gerhard Wagner neuer Weihbischof für Linz. [2]
- ↑ Der Standard: Treu dem Papst, offen nur für Konflikte: [3]
- ↑ Gerhard Wagner wird nicht Weihbischof von Linz!, kath.net, 15. Februar 2009
- ↑ Der Standard, 1.Februar 2009: Kaum zum Linzer Auxiliar-Bischof ernannt, sieht sich Gerhard Maria Wagner mit einer Welle der Empörung konfrontiert. [4]
- ↑ Der Standard: Der neue Linzer Weihbischof fiel bisher hauptsächlich durch skurril anmutende Aussagen zu "Harry Potter"-Romanen und Naturkatastrophen auf. [5]
- ↑ a b Der Spiegel, vom 31.01.2009: Papst ernennt Ultrakonservativen zum Bischof. [6]
- ↑ Erklärung des Linzer Domkapitels. Zur Ernennung von Weihbischof Gerhard Maria Wagner
- ↑ Netzeitung vom 1. Februar 2009 : Papst macht Harry-Potter-Feind zum Bischof. [7]
- ↑ Der Standard vom 1. Februar 2009: Entscheidung entspricht nicht Dreiervorschlag der Diözese. [8]
- ↑ Stimmen aus dem Bistum Linz im Leserforum der dortigen Kirchenzeitung (pdf-Datei)
- ↑ Diözese Linz: Kirchenaustritte schnellen nach oben, DiePresse.com, 10.02. 2009
- ↑ http://ooe.orf.at/stories/341507/
- ↑ http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/landespolitik/art383,108183
- ↑ Scheuer übt Kritik am Vatikan, Tiroler Tageszeitung, 6. Februar 2009
- ↑ Diözesanbischof Iby kritisiert Bestellung Wagners, DiePresse.com, 14. Februar 2009
- ↑ Der Standard, 10.2.2009: Wenn der Katholik am Geldhahn dreht. [9]
- ↑ http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/landespolitik/art383,104666
- ↑ ZIB 2 vom 2. Februar 2009 ORFonDemand, vgl. auch: Paul Michael Zulehner, Rückzug ins Ghetto, Die Presse, 3. Februar 2009
- ↑ Hanspeter Schmitt, Kriterien und Grenzen kirchlicher Personalpolitik, Schweizerische Kirchenzeitung, 12. Februar 2009
- ↑ religion.orf.at, 1. Dezember 2005: Hurrikan und Tsunami als Strafe Gottes? [10]
- ↑ Pfarrbrief St. Jakob, Windischgarsten, Nr. 137 (S. 10), November 2005,Nachlese zum Hurrikan in New Orleans [11]
- ↑ Link zum Download der Erklärung der Katholisch-Theologischen Fakultät zu Bischof Williamson und Weihbischof Wagner vom 6. Februar 2009
- ↑ BT-Drs. 16/8022 Bundestag:Stellungnahme der Bundesregierung zu Antihomosexuelle Seminare und pseudowissenschaftliche Therapieangebote religiöser Fundamentalisten
- ↑ profil 07/09
- ↑ Bischof Fischer: "Homosexualität ist heilbar", DiePresse.com, 12. Februar 2009
- ↑ "Homosexualität heilbar": Bischof Fischer entschuldigt sich, DiePresse.com, 13. Februar 2009
- ↑ „Den ‚lieben Gott‘ gibt es nicht“. Der designierte neue Weihbischof von Linz, Gerhard Wagner, im KURIER-Interview über Gottesstrafe, Gier und die Gefahr des Islam, Kurier, 7. Februar 2009
- ↑ „Bei Gott und den Menschen bleiben!“. Ein Interview mit Erzbischof Alois Kothgasser zur Lage der Kirche, von der Website der Erzdiözese Salzburg
- ↑ Bischöfe und Rom bremsen Wagner. Vorgabe, Konfrontationskurs zu beenden - Kapellari: „Werden sicher keine Sekte“ - Angst um Zahlungsmoral der Gläubigen, Der Standard, 13. Februar 2009
- ↑ Maulkorb für Linzer Weihbischof, DiePresse.com, 10. 02. 2009
- ↑ Bischöfe und Rom bremsen Wagner. Vorgabe, Konfrontationskurs zu beenden - Kapellari: „Werden sicher keine Sekte“ - Angst um Zahlungsmoral der Gläubigen, Der Standard, 13. Februar 2009
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Wagner, Gerhard Maria |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer römisch-katholischer Bischof |
GEBURTSDATUM | 17. Juli 1954 |
GEBURTSORT | Linz |