Geschichte der Stadt Bonn

Steinzeit und Frühgeschichte
Lange vor dem Beginn der Zeitrechnung lebten in der Bonner Region Menschen. Davon zeugen Funde im gesamten Stadtgebiet Bonns, die für fast alle vorgeschichtlichen Zeiten – von der Altsteinzeit bis zur Zeit der Germanen – Siedlungsaktivitäten belegen. Zwei gut erhaltene Skelette, die im Bonner Stadtteil Oberkassel gefunden wurden, sind neben dem Neandertaler die einzigen menschlichen Überreste der Alt- bzw. beginnenden Mittelsteinzeit (um 11000 v. Chr.) im Rheinland. Neben dem weiblichen und dem männlichen Skelett wurden in dem Oberkasseler Basaltsteinbruch Skelettreste eines Hundes sowie Schmuck gefunden.
Im letzten Jahrhundert v. Chr. siedelten auf dem rechtsrheinischen Gebiet Sugambrer, auf der linken Seite des Rheins Eburonen. Nachdem Gaius Iulius Caesar diesen Stamm bei seinen Feldzügen geschlagen und völlig aus dem Gebiet des Mittel- und Niederrheins verdrängt hatte, folgten ihnen Ubier, die in der Zeit zwischen 40 v. Chr. und 20 v. Chr. die Siedlung Bonna anlegten.
Römisches Legionslager
Der römische Schriftsteller Florus erwähnt in seinem zweibändigen Werk "Epitoma de Tito Livio bellorum omnium annorum DCC libri duo" den Ortsnamen "Bonna" im Zusammenhang mit den Germanienfeldzügen, die Drusus im Jahr 12 v. Chr. begann. Römische Soldaten hatten innerhalb der ubischen Siedlung erst einmal ein Erkundungslager errichtet.
Mit dem Bau eines großen Lagers begannen sie nach der Niederlage gegen die Germanen 9 n. Chr.. Als sich um 40 n.Chr. die nördliche Colonia Claudia Ara Agrippinensium, das heutige Köln, zur zivilen Siedlung wandelte, wurde eine der beiden dort stationierten Legionen, die Legio I, nach Bonn verlegt. Diese etwa 7000 Mann starke Truppe baute das Lager Bonna in den folgenden Jahren als Bestandteil der römischen Verteidigungslinie am Rhein weiter aus. Es entstand eine fast quadratische Festung von 528 mal 524 Metern mit einer Hafenanlage, die im Osten natürlich vom Rhein begrenzt wurde und noch heute bei Niedrigwasser in ihren Grundrissen zu erkennen ist.
Im Umfeld der Lagers, dem "canabae legionis", und in einer weiter südlich gelegenen zivilen Siedlung, dem "vicus bonnensis", ließen sich Handwerker und Händler nieder. Schätzungen gehen davon aus, dass in diesen beiden Bereichen bis zu 10.000 Menschen lebten.
Spätantike und Frühmittelalter
Das Lager war bis in die Spätantike besiedelt. Eine frühe Kirchenanlage unter der Dietkirche im Bereich des Lagers wurde wahrscheinlich nach dem Frankeneinfall von 353 in der Zeit der Merowinger gebaut. Ab dem 7. Jahrhundert und dann vollends im 9./10. Jahrhundert verlagerte sich der Siedlungsschwerpunkt Bonns in die Gebiete der heutigen Innenstadt. Die Funktion der Hauptkirche übernahm die Kirche des Cassiusstiftes, über der vom 11. Jahrhundert an das heutige Bonner Münster errichtet wurde.
Residenz der Kölner Kurfürsten
Nach der Schlacht bei Worringen im Jahr 1288 residierten die Kölner Kurfürsten in Bonn. Offiziell zur Residenzstadt erhoben wurde die Stadt allerdings erst im Jahr 1597. Zehn Jahre zuvor, 1587, hatten Truppen des abgesetzten Kurfürsten Gebhard I. von Waldburg die Stadt während des Truchsessischen Krieges erobert und verwüstet. Mit Gebhards Niederlage am Ende dieses Krieges begann für Bonn als kurkölnischer Residenzstadt die Epoche der Kurfürsten aus dem Hause Wittelsbach.
Nachhaltigsten Einfluss auf die Gestaltung Bonns hatte Clemens August I.. Er ordnete während seiner Herrschaft 1724-1761 den Bau einer Reihe von barocken Gebäuden an, die der Stadt noch heute ihren Charakter verleihen. 1786 erhob Kurfürst Maximilian Franz die 1777 gegründete Bonner Akademie zur Universität. Außerdem machte er Bad Godesberg zum Kurort und war ein Förderer des jungen Ludwig van Beethoven, der 1770 in der Stadt geboren wurde. So finanzierte der Kurfürst beispielsweise die erste Reise des Komponisten nach Wien.
1794 wurde die Stadt von französischen Truppen besetzt, die Universität wurde geschlossen. Max Franz, der letzte Kurfürst unter den Erzbischöfen von Köln, floh nach Wien.
Kreisstadt in der preußischen Rheinprovinz
In der Folge des Wiener Kongresses fiel Bonn 1815 an Preußen. Es wurde Kreisstadt in der Rheinprovinz. Zum 1. Oktober 1887 schied Bonn aus dem Kreis Bonn aus, um eine kreisfreie Stadt zu werden.
1818 wurde die heutige Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität nach den Universitäten in Berlin und Breslau als die dritte preußische Universität (wieder)gegründet. Sie prägte in den nächsten Jahrzehnten das Leben der Stadt.
Nationalsozialismus
In der Weimarer Republik war Bonn eine Hochburg des katholischen Zentrums. Diese Phase endete mit der Wahl von Ludwig Rickert am 30.6.1933 zum Oberbürgermeister. Den Kandidaten der NSDAP wählten vierunddreißig der anwesenden achtundvierzig Stadtverordneten. Drei kommunistische und vier sozialdemokratische Abgeordneten durften ihr Mandat schon nicht mehr ausüben.
So sieht die Chronik des Schreckens nach 12 Jahren Naziherrschaft in Bonn aus:
Personenkreis | Verfolgte insgesamt | davon getötet |
---|---|---|
Juden | zwischen 1600 und 1700 | etwa 770 |
Zwangssterilisierte und "Euthanasie"-Betroffene |
etwa 4800 | etwa 380 |
Sinti | etwa 100 | etwa 50 |
Zwangsarbeiter | etwa 10.000 | mindestens 8 |
Quelle: Horst-Pierre Bothien: Das braune Bonn – Personen und Ereignisse (1925-1939), Bonn 2005
Auch die Bonner, die nicht unter der Verfolgung litten, hatten es spätestens am Ende des Krieges mit den Folgen des Naziregimes zu tun. Vom Zweiten Weltkrieg war Bonn zwar im Vergleich zu anderen Großstädten wenig betroffen und von Bombenangriffen blieb die Stadt und ihre Bewohner bis Herbst 1944 weitgehend verschont, doch bis zum Ende der Kampfhandlungen am 9. März 1945 wurde auch Bonn zu etwa 30 Prozent zerstört und mit Kriegsfolgen hatte es jeder zu tun. Bei Kampfhandlungen um Bonn starben 56 deutsche Soldaten, 1700 gingen in Gefangenschaft. Am Abend des 7. März 1945 befahl Ortskommandant von Bothmer den Rückzug seiner Verbände über den Rhein und die Sprengung der Rheinbrücke. Am nächsten Morgen setzte er sich selbst ab. Stadtrechtsrat Dr. Horster übergab am 9. März die Stadt den einrückenden Alliierten Truppen.
Bundeshauptstadt
Mit Ende des Zweiten Weltkrieges war Bonn Teil der britischen Besatzungszone und wurde dann dem Land Nordrhein-Westfalen eingegliedert. 1948 trat in der fast vollständig wiederaufgebauten Stadt der Parlamentarische Rat zusammen. Im folgenden Jahr gewann Bonn vor allem auf Initiative von Konrad Adenauer den Titel der (provisorischen) Bundeshauptstadt gegen Frankfurt.
1969 erfolgte die Eingemeindung der Städte Bad Godesberg und Beuel sowie von neun Gemeinden des Amtes Duisdorf. Gleichzeitig wurde der Kreis Bonn im Rahmen der nordrhein-westfälischen Kreisreform aufgelöst und Bestandteil des Rhein-Sieg-Kreises. Bad Godesberg wurde danach als Diplomatenviertel der Stadt bekannt.
Bundesstadt Bonn
Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde Berlin zur Bundeshauptstadt. Wenngleich Bundestag, Bundesrat und viele Ministerien und Behörden umzogen, verblieben einige von ihnen in Bonn oder haben dort einen Zweitsitz. Dies beschloss der Bundestag am 20. Juni 1991 nach einer hitzigen Debatte mit 338 gegen 320 Stimmen. Außerdem erhielt Bonn als Ausgleich für den Umzug von Parlament, Regierung, Bundesrat, Bundespräsidialamt und verschiedener Bundesministerien nach Berlin staatliche Fördergelder, um den notwendigen Strukturwandel zu ermöglichen (Berlin/Bonn-Gesetz). Seitdem darf sich die Stadt offiziell Bundesstadt nennen, eine in Deutschland einmalige Bezeichnung. 1999 war der Umzug abgeschlossen.
Siehe auch: Liste der deutschen Hauptstädte in der Geschichte
Einwohnerentwicklung
Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Die Zahlen sind entweder Schätzungen, Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen der jeweiligen Statistischen Ämter (nur Hauptwohnsitze).
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¹ Volkszählungsergebnis
Literatur
- Manfred van Rey (Hrsg.): Geschichte der Stadt Bonn - Band 1 - Bonn von der Vorgeschichte bis zum Ende der Römerzeit, Bonn 2001, ISBN 3922832261
- Dietrich Höroldt (Hrsg.): Geschichte der Stadt Bonn - Band 3 - Bonn als kurkölnische Haupt- und Residenzstadt. 1597 - 1794, Bonn 1989
- Dietrich Höroldt (Hrsg.): Geschichte der Stadt Bonn - Band 4 - Bonn von einer französischen Bezirksstadt zur Bundeshauptstadt, Bonn 1989