Zum Inhalt springen

Evangelische Landeskirche in Württemberg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. März 2005 um 22:41 Uhr durch Weiße Rose (Diskussion | Beiträge) (Kategorie:Körperschaft des öffentlichen Rechts). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Karte
Karte der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Basisdaten
Fläche: ca.20.000 km²
Leitender Geistlicher: Landesbischof
Dr. Gerhard Maier
designierter Nachfolger:
Frank Otfried July
Mitgliedschaft: ÖRK und LWF
Vollmitgliedschaft
UEK und VELKD
jeweils nur Gaststatus
Missionsgesellschaft Evangelisches Missionswerk in Südwestdeutschland (EMS)
Prälaturen: 4
Kirchenbezirke: 51
Kirchengemeinden: ca. 1.400
Gemeindeglieder: 2.363.858 (31.12.2002)
Anteil an der
Gesamtbevölkerung:
ca. 35 %
Anschrift: Gänsheidestr. 2-4
70184 Stuttgart
Offizielle Website: www.elk-wue.de
E-Mail-Adresse: komm.emh@elk-wue.de

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg ist eine von 23 Gliedkirchen (Landeskirchen) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Wie alle Landeskirchen ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts; sie hat ihren Sitz in Stuttgart. Die Kirche hat ca. 2,36 Millionen Gemeindeglieder (Stand: Dez. 2002) in ca. 1.400 Kirchengemeinden. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg ist weder Mitglied bei der Union Evangelischer Kirchen noch bei der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands. Sie hat jedoch jeweils einen Gaststatus.

Hauptkirche der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ist die Stiftskirche Stuttgart. Hier wurde 1534 die erste evangelische Predigt in Württemberg gehalten. Weitere bedeutende Kirchen sind das Ulmer Münster, die Kilianskirche Heilbronn, die Marienkirche Reutlingen und die Stadtkirche St. Dionysius in Esslingen. Eine besondere Bildungseinrichtung der Landeskirche ist das Tübinger Stift. Die Landeskirche hat 1945 die Evangelische Akademie Bad Boll als erste Einrichtung dieser Art gegründet, die als "Mutterhaus" der kirchlichen Akademien gilt.

Gebiet der Landeskirche

Das Gebiet der "Evangelischen Landeskirche in Württemberg" umfasst im Wesentlichen das ehemalige Land Württemberg, das bis 1945 bestand. 1950 erfolgte die Eingliederung der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union von Hohenzollern, die bis dahin zur Rheinischen Landeskirche gehörte. In den Folgejahren gab es ferner mit der benachbarten Evangelischen Landeskirche in Baden geringfügige Grenzveränderungen.

Geschichte

Herzog Ulrich von Württemberg setzte 1534 in seinem Herzogtum die Reformation für Württemberg durch. Dies war das Gründungsjahr der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Der Herzog, später der jeweilige König von Württemberg war damit auch Oberhaupt der Landeskirche als sog. "summus episcopus", d.h. der jeweilige Herrscher vereinigte die weltliche und die kirchliche Macht. Die bisherigen katholischen Bischöfe hatten keine Rechte mehr. Als Reformator des Landes wurde Johannes Brenz (er ist in der Stiftskirche Stuttgart begraben) eingesetzt, der die Reformation im Sinne von Martin Luther ausbreitete. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg war damit von Anfang an eine Lutherische Kirche, doch ist die Gottesdienstform der reformierten Tradition verpflichtet, d.h. die Gottesdienstfeier wird schlicht abgehalten (Oberdeutsche Form). Die in lutherischen Gemeinden sonst übliche Form der Lutherischen Messe wird nur selten praktiziert.

Mit dem Herzogtum Württemberg, später Königreich Württemberg, wuchs auch das Gebiet der Landeskirche entsprechend an. Seit dem späten 19. Jahrhundert entstanden auch in bisher römisch-katholischen Gebieten (Süd-)Württembergs evangelische Gemeinden.

Zur Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten wurde innerhalb des Kultministeriums in Württemberg (heute Kultusministerium) eine Abteilung eingerichtet, welche die Bezeichnung "Konsistorium" erhielt. An seiner Spitze stand der Konsistorialpräsident.

Am Ende des Ersten Weltkriegs musste der König von Württemberg abdanken. Die Kirche hatte somit formal kein Oberhaupt mehr. Daher übernahmen zunächst die geistlichen Leiter der Kirche (Prälaten) und der Konsistorialpräsident die Leitung der Kirche. 1923/24 gab sich die Württembergische Landeskirche eine Verfassung und setzte einen "Kirchenpräsidenten" als Oberhaupt der Kirche ein, der ab 1933 den Titel "Landesbischof" erhielt.

Eine Besonderheit der Württembergischen Landeskirche ist die enge Verbindung mit dem Pietismus. Im frühen 18. Jahrhundert war Württemberg das größte protestantische Territorium im ansonsten katholischen Südwesten Deutschlands. Deshalb wurde von Seiten der Obrigkeit besonders streng auf die Einhaltung des lutherischen Bekenntnisses geachtet, was oft zu einem gewissen Dogmatismus in der Theologie führte. Als Gegenbewegung etablierte sich der Pietismus, dessen wichtigstes Kennzeichen bis heute die persönliche Frömmigkeit ist. Das Verhältnis von offizieller Landeskirche und Pietisten war oft schwierig, allerdings gab es auf beiden Seiten immer wieder Menschen, die Verständnis für den jeweils anderen hatten, so dass sich die meisten pietistischen Gruppen innerhalb der Landeskirche entwickelten. Noch heute machen die Pietisten einen großen Anteil der ehrenamtlichen Mitarbeiterschaft in der Landeskirche aus. Viele Kirchengemeinden im altwürttembergischen Raum haben bis heute eine pietistische Prägung.

Leitung der Landeskirche

An der Spitze der Evangelischen Landeskirche in Württemberg steht der Landesbischof (bis 1933 "Kirchenpräsident"), der von der Landessynode mit einer 2/3-Mehrheit gewählt wird. Seine Amtszeit ist grundsätzlich auf Lebenszeit, endet jedoch spätestens mit Vollendung des 68. Lebensjahres. In der Regel geht er jedoch bereits nach Vollendung seines 65. Lebensjahres in den Ruhestand, so dass ein neuer Landesbischof gewählt werden muss.

Dem Landesbischof kommt die oberste Leitung der Landeskirche zu. Er hat das Recht, in allen gottesdienstlichen Räumen der Landeskirche das Wort Gottes zu verkündigen. Durch diesen Verkündigungsdienst wird die Kirche geistlich geleitet. Unterstützt wird er darin von den Prälatinnen und Prälaten sowie den Dekaninnen und Dekanen. Der Landesbischof sitzt dem Kollegium des Oberkirchenrats vor und vertritt die Landeskirche nach außen. (Begriffsbestimmung in der Landeskirche)

Der Landesbischof hat einen theologischen und einen juristischen Vertreter. "Theologischer Vertreter" ist der dienstälteste der insgesamt 4 Prälaten ("Regionalbischöfen"). "Juristischer Vertreter" ist der Direktor des Oberkirchenrats/die Direktorin des Oberkirchenrats, für die früher zeitweise die Bezeichnung "Vizepräsident" galt.

Konsistorialpräsidenten, Kirchenpräsidenten und Landesbischöfe

Landessynode




Gewählte und zugewählte
Mitglieder der Synode
Gewählte Mitglieder 90
Zugewählte Mitglieder 5
Aus dem Prüfungsausschuss
der Evang. Fakultät Tübingen
1
Gesamt 96
   
Synodale in den Gesprächskreisen
Lebendige Gemeinde 44
Offene Kirche 28
Evangelium und Kirche 21
Kirche für Morgen 2
Ohne Gesprächskreis 1

Als "Parlament" hat die Landeskirche eine Landessynode. Diese wird in Württemberg, als einziger Gliedkirche der EKD, direkt von den Gemeindegliedern gewählt (Urwahl). Ihre Aufgaben sind ähnlich wie die eines politischen Parlaments und liegen vor allem im Haushaltsrecht und in der kirchlichen Gesetzgebung. Die Mitglieder der Synode heißen "Synodale", werden in Wahlkreisen gewählt und gehören verschiedenen "Gesprächskreisen" an, die sich in Zielsetzung und Prägung unterscheiden:

  • "Lebendige Gemeinde": konservativ-evangelikales oder pietistisches Spektrum.
  • "Evangelium und Kirche": Mittelgruppe, die Evangelium von Jesus Christus als Grund und Mitte versteht; Gruppierung ist 1933/1934 aus dem Widerstand gegen die Deutschen Christen entstanden.
  • "Offene Kirche": sozialliberales bis linkes Spektrum.
  • "Kirche für Morgen" ist erst seit der 13 Synode dabei und vertritt Positionen aus der Arbeit des CVJM.

Vorsitzender der Landessynode ist der Präsident der Synode. Gegenwärtig ist es Horst Neugart, Präsident der 13. Landessynode (seit 2001). Vorgänger waren die Präsidentin der Synode Dorothee Jetter und der Präsident der Synode Dr. Oswald Seitter.

Verwaltung der Landeskirche

Oberkirchenrat und Verwaltungshierarchie

Der Landesbischof hat seinen Amtssitz in Stuttgart. Er ist Vorsitzender des Oberkirchenrats, eines Kollegialorgans, das entsprechend der Verfassung der Landeskirche gemeinsam mit der Synode die Landeskirche leitet. Diesem Kollegium, das gleichsam die Regierung (Exekutive) der Landeskirche ist, gehören neben dem Landesbischof als dessen juristische Stellvertreterin die Direktorin im Evangelischen Oberkirchenrat (seit 2001 Direktorin Margit Rupp), die vier Prälaten, und die acht Dezernenten (sie führen den Titel "Oberkirchenrat") an. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kollegialbehörde verwalten die Landeskirche im "Oberkirchenrat" als der obersten Verwaltungsbehörde der Landeskirche. Die wesentlichen Personalentscheidungen werden vom Landeskirchenausschuss getroffen, in dem Landesbischof, Synodalpräsident und Synodale vertreten sind. Widerspruch gegen Entscheidungen der obersten Kirchenbehörde kann beim Württembergischen Kirchlichen Verwaltungsgericht, nicht aber bei der EKD eingelegt werden.

In der Verwaltungshierarchie ist die Landeskirche von unten nach oben wie folgt aufgebaut:
An der Basis stehen die Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gewählten Kirchengemeinderäten. Mehrere Kirchengemeinden bilden zusammen einen Kirchenbezirk (in der allgemeinen Verwaltung einem Landkreis vergleichbar), an dessen Spitze ein Dekan oder eine Dekanin (in anderen Landeskirchen Superintendent) steht (Ausnahme: der Kirchenbezirk Ravensburg hat auf Grund seiner Größe 2 Dekane). Die Kirchenbezirke sind ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts und haben als Gremium die Bezirkssynode, deren Mitglieder von den jeweiligen Kirchengemeinden bestellt werden.
Mehrere Kirchenbezirke bilden zusammen eine Prälatur, auch Sprengel genannt (in der allgemeinen Verwaltung einem Regierungsbezirk vergleichbar), an dessen Spitze der Prälat/die Prälatin (früher Generalsuperintendent) steht. Diese Verwaltungsebene hat kein Gremium. Die vier Prälaturen bilden zusammen die Landeskirche (in der allgemeinen Verwaltung dem Bundesland vergleichbar).

Prälaturen

Die Prälaturen (auch Sprengel genannt) sind die Gebiete der 4 Prälaten der Landeskirche. Sie sind nach deren Dienstsitz (Heilbronn, Reutlingen, Stuttgart und Ulm) benannt. Die Prälaten nehmen die Aufgaben eines Regionalbischofs wahr, u.a. Visitation der Dekanatämter und Kirchenbezirke, Seelsorge unter den Pfarrerinnen und Pfarrern und Mitwirkung bei der Wiederbesetzung der Gemeindepfarrstellen.
Im Laufe der Geschichte veränderte sich die Anzahl der Prälaturen und deren Dienstsitze mehrmals. Die folgende Übersicht soll dies näher erläutern:

  • 1806: Adelberg, Bebenhausen, Denkendorf, Heilbronn, Maulbronn
  • 1810: Heilbronn, Maulbronn, Schöntal, Tübingen, Ulm, Urach
  • 1823: Heilbronn, Ludwigsburg (statt Maulbronn), Reutlingen (statt Urach), Schwäbisch Hall (statt Schöntal), Tübingen, Ulm
  • 1913: Heilbronn, Ludwigsburg, Reutlingen, Ulm
  • 1933: Heilbronn, Ludwigsburg, Stuttgart, Ulm
  • 1956: Heilbronn, Reutlingen, Stuttgart, Ulm
  • 1992: Heilbronn, Ludwigsburg, Reutlingen, Stuttgart, Ulm
  • 2003: Heilbronn, Reutlingen, Stuttgart, Ulm

Kirchenbezirke

Die 4 Prälaturen gliedern sich in insgesamt 51 Kirchenbezirke, die deckungsgleich mit den Dekanaten sind. Lediglich im Kirchenbezirk Ravensburg gibt es zwei Dekanatsbezirke. Die Kirchenbezirke sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und können als solche Träger von Einrichtungen sein und selbst Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anstellen.

Die 4 Prälaturen und 51 Kirchenbezirke:

*Prälatur Heilbronn (15)
    • Backnang
    • Blaufelden
    • Brackenheim
    • Crailsheim
    • Gaildorf
    • Heilbronn
    • Künzelsau
    • Mühlacker
    • Neuenstadt am Kocher
    • Öhringen
    • Schorndorf
    • Schwäbisch Hall
    • Waiblingen
    • Weikersheim
    • Weinsberg
*Prälatur Reutlingen (14)
    • Bad Urach
    • Balingen
    • Böblingen
    • Calw
    • Freudenstadt
    • Herrenberg
    • Leonberg
    • Münsingen
    • Nagold
    • Neuenbürg
    • Reutlingen
    • Sulz am Neckar
    • Tübingen
    • Tuttlingen
*Prälatur Stuttgart (13)
    • Bernhausen
    • Besigheim
    • Ditzingen
    • Esslingen
    • Kirchheim
    • Ludwigsburg
    • Marbach
    • Nürtingen
    • Stadtverband Stuttgart [1] (ab 2008 Kirchenkreis Stuttgart) bestehend aus den Kirchenbezirken:
      • Stuttgart Mitte [2]
      • Bad Cannstatt, [3]
      • Degerloch, [4]
      • Zuffenhausen, [5]
    • Vaihingen/Enz
*Prälatur Ulm (9)
    • Aalen
    • Biberach/Riß
    • Blaubeuren
    • Geislingen
    • Göppingen
    • Heidenheim
    • Ravensburg
    • Schwäbisch Gmünd
    • Ulm

Kirchengemeinden

Die 51 Kirchenbezirke sind in ca. 1.400 Kirchengemeinden unterteilt. Diese Zahl war bei Bildung der Kirchengemeinden wohl etwas geringer. Im Laufe der folgenden Jahre hat sich die Zahl jedoch erhöht, indem meist in Städten durch Zuzüge die Kirchengemeinden so groß wurden, dass man sie aufteilte und damit neue Kirchengemeinden entstanden. Darüber hinaus entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg auch in bislang überwiegend katholischen Gebieten durch Zuzüge von Protestanten neue Kirchengemeinden, deren Gebiet sich gelegentlich auch auf mehrere Orte erstrecken kann.
In Einzelfällen - insbesondere in Städten - wurden inzwischen kleinere Kirchengemeinden (wieder) zu größeren Gemeinden zusammen gelegt. Nachdem der demografische Wandel zu einem Rückgang in der Kirchenmitgliedschaft führt, dürfte es auch weiterhin zu Zusammenschlüssen von Kirchengemeinden kommen, so dass sich deren Zahl weiter verringern dürfte.

Gesangbücher

Die Gemeinden der Evangelischen Landeskirche in Württemberg singen bzw. sangen in den letzten Jahrzeiten vor allem aus folgenden Gesangbüchern:

  • Würtembergisches Gesang-Buch, Enthaltend eine Sammlung Reiner und Kräfftiger Lieder, Stuttgart 1741
  • Wirtembergisches Gesangbuch, zum Gebrauch für Kirchen und Schulen, von dem Königlichen Synodus nach dem Bedüfniß der gegenwärtigen Zeit eingerichtet, Stuttgart, eingeführt am 14. Juni 1791 bzw. mit dem Titel "Gesangbuch für die evangelischen Kirchen und Schulen des Königreichs Württemberg"
  • Gesangbuch für die evangelische Kirche in Württemberg, Stuttgart 1842
  • Gesangbuch für die evangelische Kirche in Württemberg, Stuttgart, eingeführt 1912, ab 1936 mit einem "Anhang zum Gesangbuch für die evangelische Kirche in Württemberg, hrsg. von Landeskirchenmusikdirektor Wilhelm Gohl mit Genehmigung des evangelischen Oberkirchenrats"
  • Evangelisches Kirchengesangbuch, Ausgabe für die Evang. Landeskirche in Württemberg; eingeführt auf Beschluss des Württemberg. Evang. Landeskirchentages vom 13. November 1952 zum Advent 1953
  • Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe für die Evangelische Landeskirche in Württemberg, Stuttgart; eingeführt am 1. Advent 1996