Festung
Als Festung bezeichnet man besonders starke, permanente Befestigungsbauten, die überwiegend militärischen Zwecken dienen und gegen den Angriff mittels Artillerie eingerichtet sind. Der Begriff "Festung" tritt zu Beginn des 16. Jahrhunderts auf und löst die ältere Bezeichnung "Veste" (=Burg!) ab.
Von etwa 1500 bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts besteht eine Mischform aus Burg, Schloss und Festung ("befestigtes Schloss, Palazzo in Fortezza, bastioniertes Schloss" u.ä.), während dann zunehmend eine Aufspaltung dieser Bauformen praktiziert wird.
Bis in das Spätmittelalter hinein hing das Defensivpotenzial einer Burg bzw. einer befestigten Stadt zu einem nicht unerheblichen Teil von der Höhe ihrer Mauern ab. In der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden aber ausgereifte Kanonen entwickelt, mit denen man die in Relation zu ihrer Stärke recht hohen Burg- und Stadtmauern mit Leichtigkeit zusammenschiessen konnte.
Deshalb musste die Höhe der Mauern deutlich reduziert werden, ihre Stärke parallel dazu vergrössert werden. Dadurch aber konnten die Mauern von gegnerischen Truppen bei einem Überraschungsangriff schneller überwunden werden, weshalb man Massnahmen unternahm um die Gegner auf Distanz zu halten. Es wurden Bollwerke errichtet, die weit aus den Mauern herausragten. Die Mauern wurden von einem Graben umgeben. Dieser wurde wiederum von einer Erdaufschüttung (Glacis) umgeben, die feindwärts immer niedriger und schliesslich völlig flach wird.
Eigene Verteidigungsgeschütze stellte man auf den Wallmauern und in den Bollwerken auf, die sich zu Rondellen oder Basteien (siehe als Idealentwürfe Dürers Befestigungslehre von 1527) weiterentwickelten.
Aufgrund der möglichst vollständigen Ausschaltung sog. "Toter Winkel" (Bereiche, welche der Verteidiger nicht eingesehen und beschießen kann) wurden ab dem mittleren 16. Jahrhundert zunehmend statt der runden Bollwerke gewinkelte Bastionen eingesetzt. Festungen waren aus dem selben Grund im Idealfall als regelmäßige Vielecke konstruiert. Besonders beliebt waren Quadrate, Fünf- und Sechsecke. Die Festung besass Unterkünfte für Mannschaften sowie Lagerräume für Waffen und Munition, so genannte Kasematten.
In der Übergangsphase von mittelalterlichen Burg- und Stadtmauern zu neuzeitlichen, bastionsbestückten Festungsmauern wurde vielerorts zunächst mit Wällen und Türmen aus Erde und Holz experimentiert. Als die neue Befestigungsart vollständig ausgereift war, wurde es üblich die Festungen komplett aus Stein oder zumindest aus Ziegeln und mit Erdfüllung zu errichten. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurden nach niederländischem Vorbild auch Wälle und Bastionen komplett aus Erde errichtet, die man mit Grassoden bedeckte. Oftmals wurden spitze Holzpfähle in die Erde gerammt, um den Angreifern das Verwenden von Sturmleitern zu erschweren.
Der Angriff auf eine mit massiven Winkelbasteien versehene Festung war stets eine riskante Angelegenheit, so dass auf Seiten der Angreifer oftmals ein sogenanntes Sturmgeld ausgelobt wurde. Um eine Bresche in die Festungsmauern zu schlagen hoben die Belagerer Gräben aus, in der Regel parallel zu einer der vorderen Seiten einer Bastion. Danach wurden in diesem Graben Geschütze postiert, die sofort ein Deckungsfeuer eröffneten. Nun wurde ein Annäherungsgraben in Richtung der Bastion angelegt, und nach einigen Metern wiederum ein Parallelgraben in dem die Kanonen Schutz fanden. Hatten sich die Belagerer nahe genug an die Bastion herangearbeitet konnten die Kanonen so viel Feuerkraft entfalten, um eine Bresche in die Bastion zu schiessen. Doch die Verteidiger bildeten in solch einem Fall meist eine dichte Schützenlinie hinter der Bresche, und sie hielten Körbe mit Schutt, Erde und Holz bereit um eine Bresche provisorisch schliessen zu können. Zudem konnten Angreifer beim Sturm auf eine Bresche von angrenzenden Bastionen unter Beschuss genommen werden.
Erst die Entwicklung von Geschützen mit immer grösserer Feuerkraft und Reichweite liess die Errichtung von Festungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahezu überflüssig werden.
zu ergänzen: Begriffsklärung Burg, Kastell, Zitadelle, Bergfried
Siehe auch: Liste von Festungen , Fachbegriffe