Geschlechtsangleichende Operation
Übersicht
Unter geschlechtsangleichenden Operationen versteht man chirurgische Eingriffe, bei denen primäre und/oder sekundäre Geschlechtsmerkmale an das Aussehen und die Funktion eines anderen Geschlechts angeglichen werden. Diese Eingriffe werden entweder an Intersexuellen oder an Transgendern oder Transsexuellen durchgeführt.
Die gleichen oder ähnliche Operationstechniken werden verwandt, wenn es um die Wiederherstellung von Geschlechtsmerkmalen nach Unfall oder Krankheit handet.
Man unterscheidet zwischen genitalangleichenden Eingriffen, also solchen, die an den primären Geschlechtmerkmalen stattfinden, und weiteren Eingriffen, die die sekundären Geschlechtsmerkmale betreffen.
Unten aufgeführt sind die operativen Eingriffe, die bei Transgendern durchgeführt werden, Menschen also, bei denen ein vollständiger und vollständig ausgebildeter Satz von weiblichen in männlich erscheinende Geschlechtsmerkmale oder umgekehrt verwandelt werden soll. Eingriffe bei Intersexuellen oder rekonstruktive Eingriffe müssen weitaus mehr an die äußerst unterschiedlichen Gegebenheiten im Einzelfall angepasst werden.
Bei Transgendern geht den operativen Eingriffen nahezu immer eine Therapie mit Geschlechtshormonen voraus. Diese sollte über die Operationen hinaus lebenslang fortgesetzt werden, da nach der Entferung der eigenen Keimdrüsen sonst Hormonmangelerscheinungen auftreten können. Durch diese Hormontherapie entwickeln sich zusätzlich die sekundären Geschlechtsmerkmale des anderen Geschlechts, die sekundären Geschlechtsmerkmale des eigenen anatomischen Geschlechts bleiben allerdings größtenteils erhalten; ebenso ist die Wirkung auf die primären Geschlechtsmerkmale meist nur gering. Diese sollten also durch entsprechende Eingriffe angeglichen werden.
Daraus ergeben sich folgende operative Eingriffe:
(+ selten, ++ häufig, +++ fast immer)
- Bei Transmännern (Richtung Frau-zu-Mann)
- Mastektomie -- Entfernung der weiblichen Brust und Konstruktion einer männlichen Brust +++
- Hysterektomie -- Entfernung der inneren weiblichen Organe +++
- Aufbau von männlich erscheinenden Genitalien (genitalangleichende Operation) +
- Bei Transfrauen (Richtung Mann-zu-Frau)
- Epilation (Entfernung der Barthaare, seltener auch Teile der Körperbehaarung) (keine chirurgischer, aber ein medizinischer Eingriff) +++
- Entfernen der männlichen Genitalien und Aufbau von weiblich erscheinenden Genitalen (genitalangleichende Operation) +++
- Vergrößerung der durch die Hormontherapie entstandenen weiblichen Brust. ++
- Stimmband-Operation zur Erreichung einer weiblicher klingenden Stimme + (bei steigender Tendenz)
- Verkleinerung des Adamsapfels und ggf. andere plastische Eingriffe ++
Die Eingriffe im Einzelnen:
Richtung Frau zu Mann
Mastektomie
Entfernung der weiblichen Brust und Konstruktion einer männlichen Brust. Sehr unterschiedliche Techniken, mit mehr oder weniger guten Ergebnissen. Auch sehr von der Größe und dem Zustand des Ausgangsmaterials abhängig. Bei kompetenten Ärzten im Normalfall zufriedenstellende bis sehr gute Ergebnisse, so daß für spätere Betrachter meist nicht mehr sichtbar ist, daß eine Mastektomie überhaupt durchgeführt wurde. Liegedauer zwischen 3 und 10 Tagen. Meist kleine Korrekturen sind häufig notwendig.
Hysterektomie
Entfernung der inneren weiblichen Organe, also Gebärmutter,Eierstöcke und Eileiter; dies wegen eines stark erhöhten Krebsrisikos wegen der Hormonbehandlung; außerdem Voraussetzung für die Personenstandsänderung nach dem Transsexuellengesetz.
Erfolgt entweder durch Bauchschnitt, oder durch die Vagina, sehr selten endoskopisch.
Standard-Eingriff, daher relativ risikolos. Liegedauer zwischen 3 und 7 Tagen.
genitalangleichende Operation
Der Aufbau von männlich erscheinenden Genitalien ist ein sehr komplizierter und risikoreicher Eingriff. Schon alleine aus diesem Grunde verzichten die meisten Transmänner auf diesen Eingriff. Gängig sind folgende Techniken; bei allen wird aus den großen Schamlippen wird ein Hodensack geformt und mit Hodenimplantaten gefüllt:
- Metadaioplastik
- Die durch die Hormonterapie vergrößerte Klitoris wird teilweise aus ihrem Hautmantel freigeschnitten, eine Harnröhre aus den kleinen Schamlippen geformt. Sehr echt aussehendes Ergebnis - aber sehr klein. Sensibilität bleibt weitestgehend erhalten, Größe meist zwischen 4 und 8 cm, Geschlechtsverkehr nicht oder nur eingeschränkt möglich. Dafür relativ komplikationslose Methode. Liegedauer ca. 7-14 Tage.
- Unterarm-Plastik
- Aus dem nicht-dominanten Unterarm (meist links), seltener aus dem Oberarm oder Unterschenkel, wird ein Hautlappen mit darunterliegendem Gewebe entnommen; aus diesem wird ein Penoid geformt. Gelegentlich mit Metadaioplastik kombiniert, dann wird der Eingriff in zwei Schritten ausgeführt.
Ergebnis sehr stark vom Können des Operateurs abhängig, oft nicht zufriedenstellend. Große, sehr auffällige Narbe an der Entnahmestelle. Sensibilität bleibt normalerweise weitestgehend erhalten (auch abhängig von Operationsmethode). Größe üblicherweise bis 12 cm, gelegentlich auch mehr; sehr dünn. Mit einem Versteifungsimplantat ist Geschlechtsverkehr möglich. Korrekturen häufig notwendig. Liegedauer ca. 14 Tage bis 6 Wochen. - Bauchmuskel-Plastik
- Einer der beiden längst liegenden Bauchmuskeln wird vom Rippenbogen gelöst, aufgerollt, nach unten geklappt, und mit Leistenhautlappen zu einem penis-ähnlichen Gebilde geformt. Äußerst komplikationsträchtige Methode, oftmals teilweises oder gänzliches Absterben der Penisplastik.
Ergebnis optisch häufig nicht oder nur nach mehrfachen Korrektureingriffen zufriedenstellend. Sensibilität kann nach einigen Jahren teilweise wiederhergestellt sein. Größe üblicherweise bis 12 cm, gelegentlich auch mehr. Mit einem Versteifungsimplantat ist Geschlechtsverkehr möglich. Liegedauer 6-10 Wochen.
Richtung Mann zu Frau
genitalangleichende Operation
Erste nach modernen Verfahren durchgeführte Operationen dieser Art gab es bereits in den 20er Jahren. Diese wurden in Kliniken in Berlin und Dresden durchgeführt. Nach dem Machtantritt der Nazis wurden diese Zentren geschlossen und ein Grossteil der medizischen Unterlagen vernichtet. Die überwiegend jüdischen Ärzte gingen ins Exil und führten ihre Arbeiten und Forschungen in verschiedenen Ländern fort.
Nach dem Krieg bekannt wurde der Fall der Christine Jörgensen, die sich als amerikanischer GI in Kopenhagen operieren liess und durch Presse, Fernsehen und Wochenschau großes Aufsehen erregte. Fälschlicherweise wird sie sehr oft als der erste Fall dieser Art bezeichnet.
Die Operation geschieht meist dadurch, dass ein Teil der Eichel mitsamt der Blutgefäße und Nervenbahnen aus dem Penis herausgelöst werden und an der entsprechenden Stelle eingenäht werden. Dadurch entsteht dann die neue Klitoris,welche durch die erhalten gebliebenen Nervenenden später ein sexuelles Lustempfinden ermöglicht. Ebenfalls herausgelöst wird die Harnröhre und entsprechend gekürzt. Die Hoden werden genau wie die Schwellkörper am Penisschaft ersatzlos entfernt. Es gibt aber auch Techniken, bei denen letztere zum Teil als vaginale Schwellkörper Verwendung finden. Die Penishaut wird invertiert und bildet so die Vagina. Schliesslich werden aus dem Hodensack die Schamlippen geformt.
Normalerweise ist ein etwa 14tägiger Krankenhausaufenthalt dafür notwendig, vorausgesetzt, es treten keine Komplikationen ein. In vielen Fällen muss dann nach einigen Monaten noch eine zweite, kleinere Operation vorgenommen werden, um einige Korrekturen vorzunehmen.
Mittlerweile haben sich die Operationstechniken schon so weit verbessert, dass zumindest in einigen Zentren hier fast schon von Routineeingriffen gesprochen werden kann. Frauenärzte stellen immer wieder fest, dass die Operationsergebnisse kaum noch von nicht-transsexuellen Frauen zu unterscheiden sind. Lediglich das Fehlen der inneren Geschlechtsorgane lässt eine Unterscheidung zu.
Brustvergrößerung
Wird oftmals als notwendig empfunden, wenn das Brustwachstum durch die Hormontherapie nur zu relativ kleinen Brüsten führt. Gerade bei großen und breitschultrigen Transfrauen ist genau dies sehr häufig.
Wird durch Implantate, meist mit Silikon, Öl, oder Salzwasser gefüllt; seltener durch Eigengewebe erreicht.
Operation im Bereich der Stimme
Verschiedene Techniken zur Erreichung einer weiblicher klingenden Stimme. Ein je nach Methode und Operateur oft riskanter Eingriff, der noch häufig zu einem auffällig reduzierten Stimmumfang und im Extremfall zum völligen Verlustes der Stimme führt. Stimmband-Operationen waren aus diesem Grunde bisher eher selten, werden aber infolge zunehmend besserer Operationstechniken häufinger.
Verkleinerung des Adamsapfels
Notwendig, wenn der Adamsapfel auffällig groß ist (für eine Frau!). Relativ unproblematischer Eingriff.
Neben den genannten Maßnahmen wird von den Betroffenen in manchen Fällen noch die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen, vor allem plastisch-chirurgischer Eingriffe empfunden.