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Tibetische Schrift

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mongolische, tibetische, chinesische und mandschurische Schrift im Lamatempel von Peking
Die erste Konsonantenreihe der tibetischen Schrift

Die tibetische Schrift ist eine Abugida, die zu den nordindischen Schriften gehört. Sie wird in Tibet und in Bhutan verwendet. Sie ist die Schrift, in der die heiligen Texte der tibetischen Buddhisten abgefasst sind. Wie bei allen indischen Schriften hat jede Silbe den inhärenten Vokal „a“ (ka, kha, ga ...), der durch Zusatzzeichen in andere Vokale abgeändert wird (ki, khi, ghi …).

Geschichte

Die tibetische Schrift wurde im 7. Jahrhundert n. Chr. von den Indern entlehnt und von Thonmi Sambhota der tibetischen Sprache auf Befehl des Königs von Tibet Srong btsan sgam po angepasst.

Der ältere Ductus dieser Schrift dbu can („mit Kopf“) aus dem 7. Jahrhundert ist bis heute die gebräuchliche Druckschrift. Er ist in den Formen der Gupta-Inschriften äußerst ähnlich. Die dbu med (= ohne Kopf) kam erst um das 12. Jahrhundert auf. Der Unterschied zwischen den beiden Schriften liegt darin, dass die dbu can eine Oberlinie (einen Kopf) hat, die bei der etwas kursiveren dbu med fehlt.

Wie eine Abgleichung der Lautzeichen deutlich zeigt, mussten Zeichen für ts etc. aus c etc. gebildet werden, sowie einige andere Zeichen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden aus den Buchstaben für Dentallaute durch Umkehrung Formen für die Retroflexe gebildet und zusätzliche Vokalzeichen geschaffen, um Sanskritwörter schreiben zu können.

Konsonanten-Schema

Das tibetische Alphabet besteht aus 30 Konsonanten, die sich folgendermaßen anordnen lassen (wobei sie in ihrer alphabetischen Reihenfolge zeilenweise zu lesen sind):

Das tibetische Schema der Konsonanten
Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 Spalte 4
Zeile 1 k    ཀ kh    ཁ g    ག ng   ང
Zeile 2 c    ཅ ch   ཆ j    ཇ ny   ཉ
Zeile 4 t    ཏ th   ཐ d    ད n    ན
Zeile 5 p    པ ph   ཕ b    བ m    མ
Zeile 6 ts   ཙ tsh  ཚ ds   ཛ w    ཝ
Die Spalten gelten nur bis hierher
Zeile 7a zh   ཞ z    ཟ '    འ
Zeile 7b y    ཡ r    ར l    ལ
Zeile 8 sh   ཤ s    ས h    ཧ a    ཨ

Bezüglich der fehlenden Zeile 3 siehe unten den Abschnitt Fremdwörter.

Varianten: ཁ kh (k’), ང ng (n̄a), ཉ ny (ña), ཐ th (t’), ཕ ph (p’), ཚ tsh (ts’), ཞ zh (ž), ཤ sh (s’a)

Silbe „ka“ in tibetischer Schrift

Silbe

Die Einheit der tibetischen Orthographie ist die Silbe, die in der Schrift ausnahmslos durch ein Silben-Endzeichen (tsheg) abgeschlossen wird. Das ist ein auf der Höhe der Kopflinie befindlicher Punkt, der auch die Gestalt eines kleinen vollen Dreiecks (mit der Spitze nach unten) oder eines T annehmen kann (་).

In der Transliteration ist das tsheg als Bindestrich, Leerzeichen oder Wortende erkennbar.

Innerhalb der Silbe (also zwischen zwei tsheg-Zeichen oder vom Textbeginn bis zum ersten solchen) steht die schriftliche Darstellung der Silbe bestehend aus dem konsonantischen Anlaut, dem Vokal (inklusive dem in der tibetischen Schrift nicht geschriebenen inhärenten a) und dem fakultativen konsonantischen Auslaut.

Anlaut

Aus den 30 Konsonanten können im Anlaut durch Subskription (Darunterschreiben), Superskription (Darüberschreiben) und Präskription (Voranschreiben) zahlreiche orthographisch erlaubte Grapheme (Gesamt-Schriftzeichen) gebildet werden. Auf diese kann jeder der 5 Vokale folgen.

Subskription

Die Buchstaben y, r oder l können unter manche Grundbuchstaben des Silbenanlauts geschrieben werden, wobei y und r ihre Gestalt ändern. (l behält seine Gestalt, wird aber etwas verkleinert.)

  • Die 7 Grapheme mit subskribiertem y (genannt ya btags) lauten ky, khy, gy, py, phy, by und my.
  • Die 14 Grapheme mit subskribiertem r (genannt ra btags) lauten kr, khr, gr, tr, thr, dr, nr, pr, phr, br, mr (als Teil des Graphems smr), shr, sr und hr.
  • Die 6 Grapheme mit subskribiertem l (genannt la btags) lauten kl, gl, bl, zl, rl und sl.
  • Die Grundbuchstaben c, ch, j und ny sowie ts, tsh, ds und w tragen niemals ein Subskript.

Superskription

Die Buchstaben r, l oder s können über manche Grundbuchstaben des Silbenanlauts geschrieben werden, von denen manche auch bestimmte Subskripte tragen dürfen. Dabei verändert r seine Gestalt, l und s werden nur etwas verkleinert. Diese Superskripte berühren oben die Kopfzeile, die Grundbuchstaben rücken also entsprechend tiefer.

  • Das superskribierte r (genannt ra mgo) bildet die Grapheme rk, rg, rng, rj, rny, rt, rd, rn, rb, rm, rts und rds. Die Grundbuchstaben k, g und m können auch ein subskribiertes y tragen. Bei rk, rg, rn und rm setzt sich der senkrechte Teil des Superskripts in einer entsprechenden Linie des Grundbuchstaben fort. Bei rny ist die Gestalt des r fast unverändert, überall sonst ähnelt sie dem lateinischen T.
  • Das superskribierte l (genannt la mgo) bildet die Grapheme lk, lg, lng, lc, lj, lt, ld, lp, lb und lh. Subskripte können dabei keine auftreten.
  • Das superskribierte s (genannt sa mgo) bildet die Grapheme sk, sg, sng, sny, st, sd, sn, sp, sb, sm und sts. Die Grundbuchstaben k, g, p, b und m können dabei auch die Subskripte y und r tragen. Ganz selten tritt auch snr auf.
  • Mit Ausnahme von lh tragen die Grundbuchstaben, die im Alphabet hinter dem w stehen (nämlich zh, z, , y, r, l, sh, s, h und der Konsonant a) keine Superskripte.

Präskription

In bestimmten Fällen können die Buchstaben g, d, b, m oder den Grundbuchstaben des Silbenanlauts vorangestellt werden. Diese Grundbuchstaben können verschiedentlich auch Super- und Subskripte tragen. Die Präskripte bleiben in Gestalt und Größe unverändert. In der Transliteration wird das Präskript ebenfalls links vorangestellt (z. B. gc). Dabei gilt:

  • Das Präskript g kann vor folgenden Grundbuchstaben stehen (die alle weder ein Super- noch ein Subskript haben dürfen): c, nz, t, d, n, ts, zh, z, y, sh und s. Dabei muss g vor dem Grundbuchstaben y als „g.y“ transliteriert werden, denn „gy“ bedeutet Grundbuchstabe g mit subskribiertem y.
  • Das Präskript d kann vor folgenden Graphemen stehen: k, g, p, b (alle vier können auch y oder r als Subskript tragen), ng, m und ny. Vor einem Grundbuchstaben mit Superskript kann kein Präskript d stehen.
  • Das Präskript b kann vor folgenden Graphemen stehen: k (y r l), rk (y), sk (y r), g (y r), rg (y), sg (y r), rng, sng, c, rj, rny, sny, t, rt, lt, st, d, rd, sd, rn, sn, rts, sts, rds, zh, z (l), rl, sh und s (l). Dabei stehen in Klammern die Subskripte, die dabei auftreten dürfen (aber nicht müssen). Bei brl ist r der Grundbuchstabe, denn nur b kann als Präskript eines Grundbuchstaben auftreten, der gleichzeitig ein Super- und ein Subskript trägt.
  • Das Präskript m kann vor kh, g, ng, ch, j, nz, th, d, n, tsh und ds stehen. kh und g können auch die Subskripte y oder r tragen.
  • Das a chung () als Präskript kann vor allen Grundbuchstaben der Spalten 2 und 3 stehen (wobei kh, g, ph und b auch die Subskripte y und r tragen können) sowie vor thr und dr.

Allgemeines zur Adskription

Adskription ist die gemeinsame Bezeichnung für Subskription, Superskription und Präskription. Das Wazur, das üblicherweise als eine Form der Subskription von -w und somit der Adskription beschrieben wird, ist hier aus praktischen Gründen ausgenommen. Somit gelten folgende allgemeine Aussagen zur Adskription:

  • Grundregel: Die Grundbuchstaben w, und a können nicht durch Adskripte erweitert werden (gilt auch für Wazur).
  • Ausschließungsregel: In keinem Konsonantenbündel (= Grundbuchstabe plus höchstens 3 Adskripte) kann derselbe Buchstabe öfter als einmal auftreten (gilt auch für Wazur).
  • Zeilenregel: Kein Adskript darf in derselben Zeile des Alphabetschemas stehen, wie der Grundbuchstabe (wobei 7a und 7b als eine Zeile gelten). Das gilt streng für Präskript und Superskript. Beim Subskript gibt es jedoch eine Ausnahme: zl.
  • Spaltenregel: Die Spalte 2 verträgt kein Superskript und außer m und kein Präskript.
  • Eindeutigkeitsregel: Es gibt keine mehrdeutigen Silben. Sind nach dem bisher Gesagten zwei Lesungen möglich, je nachdem ob man den ersten Konsonanten einer Silbe mit inhärentem a als Grundbuchstaben oder als Präskript betrachtet, so muss er als Grundbuchstabe gelten. Die Silbe d + g + s beispielsweise muss dags transliteriert werden (nicht dgas).
  • Penultima-Regel: Es ist nicht notwendig, alle vorkommenden Konsonantenbündel auswendig zu kennen, um in der Transliteration den Grundbuchstaben zu ermitteln. Es genügt zu wissen, welche Buchstaben Adskripte oder ein Wazur tragen können (nämlich alle außer den in der Grundregel genannten) und welche als Subskripte (y, r und l), als Superskripte (r, l und s) und als Präskripte (g, d, b, m und ) auftreten können. Für die dann noch unentschiedenen Fälle (z. B. br oder rl) gilt, dass der vorletzte Konsonant des Bündels der Grundbuchstabe ist. (Mit Ausnahme des seltenen grw gilt diese Regel auch für das Wazur.)

Die Vokale

Die tibetischen Vokale in ihrer alphabetischen Reihenfolge lauten a, i, u, e und o (ི ུ ེ ོ). Im Gegensatz zum Grundbuchstaben a heißt der auf einen Konsonanten folgende Vokal a „inhärentes a“ und wird nicht geschrieben. Es gilt stets dann als vorhanden, wenn sich an einer Stelle, an der ein Vokal stehen muss, kein anderer befindet. Das Vokalzeichen für u wird unterhalb, die für i, e und o oberhalb des Anlaut-Graphems geschrieben. In der Transliteration folgt der Vokal einfach auf den konsonantischen Anlaut.

Gesprochene Diphthonge kennt das Tibetische nicht. Es ist aber möglich, Silben mit zwei aufeinander folgenden Vokalen zu bilden, die separat gesprochen werden. Dazu bedient man sich des Buchstaben ' als Träger der 2. Vokalisierung (für die nur i, u oder o möglich ist).

Fremdwörter

  • Einige Schriftzeichen kommen nur in Wörtern nicht-tibetischen Ursprungs vor (insbesondere in tibetischen Transliterationen aus dem Sanskrit). Dazu verwendet man Buchstaben, die um eine vertikale Symmetrie-Achse gespiegelt werden. Die Spiegelung der Buchstaben der 4. Zeile ergeben die (in der Tabelle ausgelassene) 3. Zeile. Sie werden in der Transliteration durch einen darunter gesetzten Punkt unterschieden. Auch der Buchstabe sh kann gespiegelt werden. Er wird mit einem unterpunkteten s transliteriert und zumeist hinter dem sh alphabetisch eingeordnet.
  • In gleicher Weise kann auch das Vokalzeichen für i gespiegelt werden. Dieses gespiegelte i kann nur über R oder L stehen. Die Transliteration erfolgt ebenfalls durch einen darunter gesetzten Punkt. Werden die Vokalzeichen für e und o zweimal übereinander geschrieben, so bilden sie die (unechten) Diphthonge ai und au. Ein kleiner leerer Kreis über einem Buchstaben ist als [m] (nach dem Vokal) zu lesen und wird auch mit einem Punkt darunter transliteriert. (Der Einfachheit halber wird dieses Zeichen aber oft auch an Stelle eines echten Auslaut -m in tibetischen Wörtern verwendet.)
  • Darüber hinaus können in Fremdwörtern zusätzliche Subskripte auftreten, insbesondere subskribiertes ' zur Bezeichnung eines langen Vokals. Die Transliteration erfolgt dann durch einen waagrechten Strich über dem Vokal (also nicht mit '). Häufig ist auch subskribiertes h zur Bezeichnung der Aspiration (z. B. Gh).
  • In tibetischen Transliterationen aus dem Sanskrit werden dessen Ligaturen (Konsonantenverschmelzungen) durch Untereinanderschreiben aller enthaltenen Konsonanten wiedergegeben. Um solche Transliterationen wiederum aus dem Tibetischen in die lateinische Schrift zu transliterieren sind zusätzliche Vermerke nötig.
  • Werden (z. B. europäische) Eigennamen ins Tibetische transkribiert, so können die normalerweise nicht gesprochenen Auslaute ein zusätzliches Vokalzeichen bekommen (z. B. die Buchstaben-Namen Es und Jot als ese und jotho in jeweils einer Silbe). Der Laut [f] lässt sich als PH mit einem Punkt darunter oder einem Häkchen (wie bei ts) wiedergeben. Die heute übliche Form ist H mit subskribiertem PH (transliteriert als f).

Die alphabetische Ordnung

Für die Einordnung eines tibetischen Wortes in einem Wörterbuch sind folgende Regeln maßgeblich:

  1. Die Hauptordnung erfolgt nach dem Grundbuchstaben des Anlauts der 1. Silbe.
  2. Wörter, die sich nach Punkt 1 nicht unterscheiden, werden in 2 Gruppen geteilt: solche ohne und dahinter solche mit irgendeinem Superskript.
  3. Jede dieser beiden Gruppen wird weiter unterteilt (in dieser Reihenfolge):
    1. nach dem Präskript (d. h. zuerst Silbenauslaute ohne Präskript, dann solche mit Präskript g, dann mit Präskript d etc.)
    2. nach dem Superskript, was natürlich nur in der zweiten Gruppe möglich ist. (Beispielsweise zerfällt darin die Untergruppe mit dem Präskript b in Unter-Untergruppen mit den Superskripten r, l und zuletzt s.)
    3. nach dem Subskript (in der Reihenfolge: kein Subskript, y, r und zuletzt l).
  4. Das nächste Ordnungskriterium nach dem konsonantischen Anlaut der 1. Silbe ist der darauf folgende Vokal (Reihenfolge: a, i, u, e, o). Das gespiegelte i kommt nach dem gewöhnlichen i, a'i kommt nach e und a'u nach o.
  5. Danach wird nach dem Auslaut geordnet (beginnend mit dem vokalischen Auslaut) und zwar ordnet der 1. Auslaut vor dem 2. (d. h. z. B. die Silbe gangs folgt direkt hinter gang). Der Auslaut ' ordnet zwischen m und r, gefolgt von den Diphthongen, die sich nur im 2. Vokal unterscheiden. (Beispiel für eine Auslautreihenfolge: m, ms, ', 'i, 'u, 'o, r.)
  6. Wörter mit der gleichen 1. Silbe werden nach der 2. Silbe geordnet, dann nach der 3. etc.
  7. Die Behandlung des Wazur ist nicht einheitlich, meist folgen die Formen ohne und mit Wazur aufeinander (ähnliches gilt für subskribiertes '). Fallweise treten auch andere Abweichungen (z. B. beim Auslaut ') auf.

Tibetisch in Unicode

Unicode-Block Tibetisch

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F00  
F10  
F20  
F30   ༿
F40   གྷ ཌྷ
F50   དྷ བྷ ཛྷ
F60   ཀྵ
F70   ཱི ཱུ ྲྀ ླྀ ཿ
F80   ཱྀ
F90   ྒྷ ྜྷ
FA0   ྡྷ ྦྷ ྫྷ
FB0   ྐྵ ྿
FC0  
FD0  
FE0  
FF0   ࿿

Siehe auch