Eigentliche Chinchillas
Eigentliche Chinchillas | ||||||||||||
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![]() Langschwanz-Chinchilla (Chinchilla lanigera) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Chinchilla | ||||||||||||
Bennett 1829 |

Die Eigentlichen Chinchillas (Chinchilla), oft vereinfachend Chinchillas oder aufgrund ihres veralteten Namens fälschlicherweise als Wollmäuse bezeichnet, sind eine Gattung der Nagetiere aus der Familie der Chinchillas (Chinchillas). Sie leben in Südamerika und wurden früher wegen ihres Fells gejagt und fast ausgerottet. Heute sind sie als Pelz- und Heimtiere weltweit verbreitet, in freier Wildbahn hingegen stark gefährdet. Es werden zwei Arten unterschieden, das Langschwanz-Chinchilla und das Kurzschwanz-Chinchilla.
Beschreibung
Eigentliche Chinchillas erreichen eine Kopfrumpflänge von 22 bis 38 Zentimeter und eine Schwanzlänge von 7,5 bis 15 Zentimetern. Weibchen sind schwerer und können 800 Gramm erreichen, während die kleineren Männchen nur rund 500 Gramm auf die Waage bringen. Der Kopf ist breit, die Ohren sind groß und die Augen schwarz. Sowohl Vorder- als auch Hinterpfoten enden in vier Zehen, die mit schwachen Krallen versehen sind.
Fell
Das seidige Fell ist sehr dicht und weich; es ist blaugrau oder bräunlich gefärbt, der Bauch und die Innenseite der Pfoten sind weiß. Üblicherweise hat jedes Haar eine schwarze Spitze. Sie haben ein außerordentlich dichtes Fell — mit mehr als 20.000 Haaren pro cm² zählt es zu den dichtesten aller Landbewohner. Die Haare selbst sind etwa 30x dünner als Menschenhaar. Das Fell erhält seine besondere Dichte, da aus einer Haarwurzel bis zu 60 einzelne Wollhaare entspringen. Der buschige Schwanz ist an der Oberseite mit langen, rauen Haaren besetzt.
Zähne
Das Gebiss der Eigentlichen Chinchillas gleicht dem der übrigen Meerschweinchenverwandten. Das bleibende Gebiss hat 20 Zähne. Es besitzt in jeder Kieferhälfte einen Schneidezahn (Dens incisivus, I), der auch als Nagezahn bezeichnet wird. Die insgesamt vier Nagezähne sind dunkelorange gefärbt. Eckzähne (Canini) sind nicht ausgebildet. Chinchillas haben in jeder Kieferhälfte einen vorderen Backenzahn (Prämolar, P) und drei hintere Backenzähne (Molare, M).

Alle Zähne der Chinchilla sind wurzellos. Sie haben eine zum Zahnfach hin offene Zahnhöhle und wachsen zeitlebens. Der Zahnwechsel vom Milch- auf das bleibende Gebiss findet bereits im Mutterleib vor der Geburt statt.
Die linke und rechte Gebisshälfte sind spiegelsymmetrisch, so dass üblicherweise nur eine Seite dargestellt wird. Grafisch lässt sich dies in der so genannten Zahnformel ausdrücken.
Unterschiede zwischen den Arten

Die beiden Arten unterscheiden sich nicht sehr deutlich voneinander. Das Kurzschwanz-Chinchilla (in der Grafik oben) hat neben dem namensgebenden kürzeren Schwanz kleinere Ohren, dickere Schultern und ist etwas größer als das Langschwanz-Chinchilla (in der Grafik unten). Die Unterschiede sind so gering, dass beide Arten manchmal zu einer Art zusammengefasst werden.
Verbreitung und Lebensraum
Eigentliche Chinchilla bewohnen die Andenregion im westlichen Südamerika. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Kurzschwanz-Chinchillas umfasste das südliche Peru, das westliche Bolivien, das nordwestliche Argentinien und das nördliche Chile, die Langschwanz-Chinchillas kommen nur im nördlichen Peru vor. Lebensraum dieser Tiere sind felsige Gebirgsregionen in Höhen zwischen 3000 und 5000 Metern.
Lebensweise
Diese Tiere sind eher dämmerungs- oder nachtaktiv, tagsüber ziehen sie sich in Felsspalten und Höhlen zurück. Sie leben – zumindest früher – in Gruppen von bis zu 100 Tieren zusammen, die Weibchen sind das dominante Geschlecht und gegenüber anderen Weibchen aggressiv. Es wird häufig behauptet, diese Tiere seien monogam, dafür gibt es jedoch keine Belege.
Eigentliche Chinchillas sind Pflanzenfresser, die jede verfügbare Art von Vegetation zu sich nehmen. Beim Fressen setzen sie sich aufrecht hin und halten die Nahrung mit den Vorderpfoten.
Fortpflanzung

Die fruchtbare Periode bei Langschwanz-Chinchillas erstreckt sich zwischen Mai und November (bei gefangenen Tieren auf der Nordhalbkugel von November bis Mai), in dieser Zeit bringt das Weibchen rund zweimal Nachwuchs zur Welt. Kurzschwanz-Chinchillas können bis zu dreimal pro Saison werfen. Die Tragezeit liegt bei etwa 106 bis 120 Tagen, beim Langschwanz-Chinchilla rund 111 Tage. Die Wurfgrößen liegen zwischen einem und sechs (meist zwei oder drei) Jungtieren, Diese sind gleich nach der Geburt voll entwickelt und behaart und fangen schon in der ersten Lebenswoche an, feste Nahrung neben der Muttermilch zu sich zu nehmen. Damit gehören die Chinchillas zu den Nestflüchtern. Nach sechs bis acht Wochen werden die Jungen abgesetzt. Die Geschlechtsreife tritt mit rund acht Monaten ein, in Ausnahmefällen auch schon früher (ab 5,5 Monaten). Die Lebenserwartung in freier Wildbahn liegt bei rund 10 Jahren; in menschlicher Obhut können diese Tiere 20 Jahre und älter werden.
Eigentliche Chinchillas und Menschen
Schon von den Inka wurden die Eigentlichen Chinchillas wegen ihres Felles gejagt. Die europäischen Neuankömmlinge in Amerika setzten diese Bejagung fort; intensiviert wurde sie durch die Kommerzialisierung im 19. Jahrhundert. So wurden beispielsweise um 1900 jährlich 500.000 Chinchilla-Felle aus Chile exportiert. Diese Bejagung führte Anfang des 20. Jahrhunderts zum Einbruch der Populationen. 1910 schlossen Chile, Bolivien, Peru und Argentinien einen Vertrag, der die verbleibenden wildlebenden Tiere unter Schutz stellen sollte. Die Abgeschiedenheit der Rückzugsgebiete dieser Tiere erschwert die Umsetzung von Schutzmaßnahmen und der durch die Seltenheit der Tiere bedingte hohe Preis war ein weiterer Anreiz für Wilderer.

Die ersten Chinchilla-Farmen wurden in Chile und später von Mathias F. Chapman in den USA gegründet. Von 1919 bis 1923 arbeitete er für die Anaconda Copper Company in Chile. Dort sammelte er die Chinchillas, die den Grundstock seiner Zucht bilden sollten. Die erste Farm entstand in Kalifornien. Anfangs wurden drei Chinchillarassen verwendet: Lanigera, Costina und Brevicaudata. Aus den ersten beiden entstand die moderne Chinchilla, die heute in Amerika und dem Rest der Welt zur Pelzproduktion und für den Heimtierhalter gezüchtet und verkauft werden. Heutzutage gibt es weltweit wahrscheinlich Millionen in Pelzfarmen und als Heimtiere gehaltene Eigentliche Chinchillas.
Die Situation der freilebenden Population ist weiterhin kritisch. Zwar sind die Bestände in Südamerika heute vollkommen geschützt, die Wilderei wird vermutlich immer noch durchgeführt. Auch die Zerstörung ihres Lebensraums stellt eine Bedrohung für die Tiere dar. Eine Schätzung aus den 1980ern beziffert den Gesamtbestand des Langschwanz-Chinchillas auf weniger als 10.000 Tiere, die IUCN listet die Art als gefährdet. Das Kurzschwanz-Chinchilla gilt als noch seltener, hier liegen keine Bestandsschätzungen vor, die Art wird von der IUCN als „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered) eingestuft.
Systematik
Es werden zwei Arten der Eigentlichen Chinchillas unterschieden: das
- Langschwanz-Chinchilla (Chinchilla lanigera) und das
- Kurzschwanz-Chinchilla (Chinchilla chinchilla oder Ch. brevicaudata)
Beide Arten sind sich relativ ähnlich und werden manchmal zu einer einzigen Art zusammengefasst. Da Funde wildlebender Tiere, insbesondere des Kurzschwanz-Chinchillas sehr selten sind, ist umstritten, inwieweit sich die wildlebenden Populationen tatsächlich unterscheiden.
Die nächsten Verwandten der Eigentlich Chinchillas sind die Hasenmäuse oder Bergviscachas (Lagidium). Gemeinsam mit diesen und dem Viscacha bilden sie die Familie der Chinchillas (Chinchillidae) innerhalb der Nagetiere.
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0-8018-5789-9
- D. E. Wilson und D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, 2005. ISBN 0-8018-8221-4
- Juliana Bartl: Lautäußerungen der Chinchillas im Sozialverband (Diss., 2006)
- Josef Zettl: Die Chinchilla F.C Mayer Verlag, München-Solln 1953
- Harry Eckardt: Das große Handbuch der Chinchillazucht Verlag Harry Eckardt, Miltenberg/Main, 1. Aufl. 1963, 2. Aufl. 1973
- "CHINCHILLA ZUCHT" 1956 - 1975, Fachzeitschrift für Zucht und Haltungsfragen mit Wirtschaftsberichten, Verlag Harry Eckardt, Miltenberg/Main; Hrsg.: Harry Eckardt
- Edmund Bickel: Südamerikanische Chinchillas - Wie man sie hält und züchtet. Albrecht Philler Verlag, Minden 1956, Aufl. 1 - 6.
- CHINCHILLA POST (1956 - 2002), Unabh. Fachzeitschrift zur Förderung der europäischen Chinchillazucht