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Universität

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Universitäten (vom lateinischen Wort universitas, Gesamtheit) sind diejenigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, an denen die Wissenschaften vollständig und in systematischer Ordnung gelehrt und von denen auch die höchsten wissenschaftlichen Würden (Grade) erteilt werden.

Der lateinische Name Universitas bezeichnete ursprünglich nur die mit gewissen Rechten ausgestattete Körperschaft der Lehrer und Schüler (universitas magistrorum et scholarium); erst allmählich wurden auch die Lehranstalten als solche (sonst: studium, studium generale) Universität genannt und nachträglich dieser Name auf den die Gesamtheit der Wissenschaften umfassenden Lehrplan der Hochschulen gedeutet.

Die Universitäten dienen der Forschung und der Lehre (das Studium - Ausbildung von Akademikern). Sie gliedern sich in einzelne Fakultäten oder Fachbereiche.

Geschichte

Altertum

Die abendländischen Universitäten sind Erzeugnisse des späteren Mittelalters, doch haben ältere Vorbilder auf ihre Entstehung mehr oder weniger eingewirkt. Als solche sind zunächst die großen Lehranstalten des späteren Altertums zu nennen: Das von Ptolemäos Philadelphos um 280 v. Chr. gegründete Museion zu Alexandria, die Philosophenschule zu Athen, anstaltlich verfasst namentlich durch Kaiser Hadrian und Herodes Atticus (130 n.Chr.), und die nach diesen Mustern gebildeten Athenäen zu Rom (135), Lugdunum (Lyon), Nemausus (Nîmes), Konstantinopel (424). Ferner kommen in Betracht die arabischen Medressen, unter denen im früheren Mittelalter die zu Córdoba, Toledo, Syrakus, Bagdad und Damaskus hohen Ruf genossen.

Klosterschulen

Direkter schlossen die ersten Universitäten sich an die alten Kloster- und Domschulen an, unter denen schon im 8. und 9. Jahrhundert einzelne, wie beispielsweise Tours, St. Gallen, Fulda, Lüttich, Paris als scholae publicae von auswärts zahlreiche Schüler an sich gezogen hatten. Bis Ende des 11. Jahrhunderts lehren die Magister ausschließlich im Auftrag eines Domkapitels oder Kollegiatstifts, oftmals mit kirchlichen Pfründen versehen. Im 12. Jahrhundert treten jedoch immer mehr wandernde Magister und Scholaren auf und viele Kathedralschulen und abgelegene Klosterschulen können mit der regionalen Schwerpunktbildung nicht mehr mithalten. Hinzutreten die seit dem 11. Jahrhundert laut werdenden kirchlichen Bedenken gegen die Lehrtätigkeit von Mönchen. Die Ausbildung des Diözesanklerus hält sie zwar am Leben, das Niveau bleibt aber auf Elementarausbildung beschränkt. 1155 erlässt Kaiser Friedrich I. die Authentica „Habita“, welche die wandernden und sich in Korporationen zusammenschließenden Schüler und Lehrer schützt und ihnen Gerichtswahl unter Bischof oder Magister sichert. Zumal für Finanzverwaltung und Rechtswesen benötigen Adel wie auch die päpstliche Kurie ausgebildete Scholaren, so dass seit 1200 Klärungen ihrer Rechtsstellung zugunsten von bischöflichem Jurisdiktionsprimat vor allem über die Lehrbefugnis autonomer Forschung und Lehre. Eine zunehmend um ihrer selbst willen und nicht mehr für die kirchliche Ausbildung betriebene Wissenschaft ermöglicht freilich erst die im 13. Jh. aus der Verbindung der Magister mit den Kathedralschulen entstandene, als Organisationsform aber neue Universität. Diese Entwicklung bleibt freilich zunächst regional beschränkt, erfasst etwa das deutsche Reich sehr verspätet und so bleibt die Universität teils bis zum 15. Jahrhundert im kirchlichen Rahmen.

Mittelalterliche Universitäten

Die ersten Universitäten, welche nach heutigem Sprachgebrauch jedoch nur einzelne Fakultäten waren, finden wir im 11. Jahrhundert in Italien; es waren die Rechtsschulen zu Ravenna, Bologna und Padua und die medizinische Schule zu Salerno. Festere korporative Verfassung als Hochschule, obwohl immer noch klerikaler Art, errang zuerst die Universität zu Paris, die seit dem 12. Jahrhundert die Führung auf dem Gebiet der Theologie und Philosophie übernahm und als die eigentliche Heimat der Scholastik bezeichnet werden muss.
Die Universität zu Paris wurde Ausgangspunkt und Muster für fast alle abendländischen Universitäten, besonders die englischen, unter denen Oxford durch eine Auswanderung aus Paris unter der Königin Blancha von Kastilien (1226-36), der Ehefrau Ludwig IX. mindestens erst zu höherer Bedeutung gelangte, und die deutschen. Eine mit besonderen staatlichen und kirchlichen Privilegien ausgestattete Fakultät bildeten freilich schon früher die Juristen in Bologna.

Als die Bedeutung dieser Körperschaften für das geistige Leben der Völker wuchs, nahmen die Päpste die Schutzherrschaft über die neuen Anstalten in Anspruch und dehnten den besonderen Gerichtsstand, welchen die Kirche für ihre Angehörigen besaß, auch auf die weltlichen Universitätsangehörigen aus.

Nationen und Fakultäten

Die innere Organisation der Universitäten orientierte sich ab 1249 an den verschiedenen Nationen, wobei sich die kleineren an eine der größeren anschlossen. So entstand in Paris die Einteilung in vier Nationen: Gallikaner oder Gallier (zu denen auch Italiener, Spanier, Griechen und Morgenländer zählten), Picarden, Normannen und Engländer (welche auch die Deutschen und weitere Nord- und Mitteleuropäer beinhalteten). Diese Einteilung galt sowohl für die Universitätsschüler als auch -lehrer.

Jede Nation hatte ihre besondern Statuten, besondere Beamten und einen Vorsteher (Prokurator). Die Prokuratoren wählten den Rektor der Universität. Papst Honorius III. verordnete 1219, dass nur diejenigen Gelehrten zu Lehrern wählbar wären, welche vom Bischof oder vom Scholastikus des zuständigen Stifts die Lizenz dazu erhalten hätten.

Allmählich entstanden jedoch zunftartige Verbände unter den Lehrern (magistri, Meistern) der Theologie, der Jurisprudenz und der Medizin, die als geschlossene Kollegien zuerst 1231 von Gregor IX. in Paris anerkannt und ordines oder facultates, Fakultäten, genannt wurden. Diese Einteilung löste allmählich die der Nationen ab. Etwas später nahm auch das Kollegium der Artisten, das heißt der Lehrer der "sieben freien Künste", die Verfassung einer vierten Fakultät an, die jedoch bis in die spätere Neuzeit zunächst nur die Aufgabe hatte, für das Studium einer der höheren Fachwissenschaften vorzubereiten. Dementsprechend waren ihre Lehrer häufig auch Scholaren in einer der obern Fakultäten.

Vorrecht der Fakultäten war bald die Verleihung akademischer Grade. In Paris waren dies drei Hauptgrade, die der Bakkalarien (Bakkalaureen), Lizentiaten und Magister (Meister). Die Bakkalarien wurden von den einzelnen Magistern ernannt; der Grad eines Lizentiaten wurde nach einer Prüfung durch die Fakultätsmeister von Seiten der Kanzler oder Bischöfe erteilt, die aber zuletzt nur noch ihre Bestätigung gaben.

Nur die Magister hatten das uneingeschränkte Recht, als Lehrer ihrer Fakultät aufzutreten. Sie hießen auch oft Doktoren. In Deutschland galt die Bezeichnung Doktor meist für die drei alten oder oberen Fakultäten, während die Fakultäten der freien Künste Magister ernannten. Die Ernennung zum Doktor wurde als Promotion bezeichnet. Diese fanden meistens unter festlichen Zeremonien statt, als Zeichen der Doktorwürde wurde der Doktorhut überreicht.

Kollegs

Ein drittes für die mittelalterliche Verfassung der Universität wichtiges Institut waren die Kollegien oder Kollegiaturen; ursprünglich kirchliche Anstalten, in welchen Studierende freien Unterhalt, Lehre und Beaufsichtigung fanden. Eins der ersten Universitätskollegien war die berühmte Pariser Sorbonne. Vorwiegend in Deutschland traten zusätzlich Bursen (private Einrichtungen ähnlich des Kollegs) auf; in England und Frankreich verbreiteten sich hingegen die Kollegs stärker, in denen später auch der Unterricht statt fand.

Zusätzlich zu Kollegs- oder Bursenangehörigen gab es im Mittelalter die so genannten fahrenden Schüler unterschiedlichster Alters- und Bildungsstufen, aus denen sich das heutige Verbindungswesen entwickelte.

Alte Universitäten im deutschen Sprachraum

Das deutsche Universitätswesen hat seine Ursprünge im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (HRR) mit der Gründung der Universität Prag 1348 durch Karl IV.. Die dort vertretenen vier Länder waren: Böhmen, Polen, Bayern und Sachsen. Es entstanden vor der Reformation zahlreiche weitere Universitäten, so zum Beispiel 1365 in Wien, 1386 in Heidelberg, 1409 in Leipzig und 1456 in Greifswald.

Johann Georg Puschner- "Der Fleissige Student" um 1725, im Hintergrund die charakteristische Architektur des Gebäudes der Universität Altdorf zu erkennen, der Universität der Freien Reichsstadt Nürnberg

Durch die rasante Entwicklung der Landesfürstentümer seit dem 15. Jahrhundert und die humanistische Bewegung wurde die Bindung zwischen Kirche und Universität gelockert. Im 16. und 17. Jahrhundert entstanden weitere, zum Teil dezidiert evangelische, (lutherische oder calvinistische) Universitäten (z.B. Marburg 1527, Albertina (Königsberg) 1544, Gießen 1607, Kiel 1665). Viele dieser Hochschulen dienten den jeweiligen Landesherren dazu, selbst die Fachleute auszubilden, die für die Verwaltung der Territorien dringend benötigt wurden.

Es entstand zudem eine Mittelform zwischen den so genannten lateinischen Schulen (Gymnasien) und Universitäten, die als akademische Gymnasien oder gymnasia illustria bezeichnet wurden. Diese wurden von freien Städten und kleineren Landesfürsten eingerichtet, um ein Abwandern der gebildeten Jugend zu den Universitäten zu vermeiden. Sie unterschieden sich von den Universitäten meist in der Größe und darin, dass sie keine Titel verleihen konnten. Mehrere dieser akademischen Gymnasien entwickelten sich später zu wirklichen Hochschulen.

Während im protestantischen Norden die Universitäten im allmählichen Übergang Staatsanstalten mit einer gewissen korporativen Selbständigkeit wurden, blieben die "neuen" jesuitischen Universitäten des 16. und 17. Jahrhunderts (Würzburg 1582, Ölmütz 1573, Graz 1582, Paderborn 1614), nach deren Muster auch mehrere der schon bestehenden katholischen Universitäten umgestaltet wurden, dem ältern Typus im Wesentlichen treu.

An den protestantischen Universitäten entstanden in dieser Zeit die Studentenverbindungen, gleichzeitig fand eine Beteiligung der Studenten an der Universitätsverwaltung nicht mehr statt. Die Wahl junger, studierender Fürsten zum Rektor wurde reine Formsache, da die eigentliche Verwaltung von Prorektoren, die aus der Gruppe der Professoren gewählt wurden, geführt wurde.

Verfassung des Lehrkörpers

In der Zeit von 1500 bis 1650 begann auch die Entwicklung des akademischen Lehrkörpers zu der im Wesentlichen noch heute geltenden Verfassung. Danach bilden die ordentlichen Professoren (professores publici ordinarii) als vollberechtigte Mitglieder der vier Fakultäten den akademischen (großen) Senat. Die ordentlichen Professoren einer Fakultät wählen aus ihrer Mitte den Dekan, sämtliche ordentliche Professoren den Rektor. Zudem gibt es nicht dem Senat angehörige Professoren und Privatdozenten, die zwar eine Lehrerlaubnis, aber keine Lehrverpflichtung haben.

Moderne Universitäten

Erste Vorlesungen in deutscher Sprache hielt Christian Thomasius an der durch seine Bemühungen gegründeten Universität in Halle. Dort erschien auch unter seiner Leitung die erste kritische akademische Zeitschrift. Die erste Universität, die mit einer Akademie der Wissenschaften verbunden wurde, war die Universität Göttingen.

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlagerte sich der Schwerpunkt an den Universitäten vom Sammeln, Ordnen und Vermitteln von Wissen verstärkt hin zur Forschung, also zum Erzeugen von Wissen. In den 1880er Jahren begann eine Neuordnung der Fakultäten an den Universitäten, so entstanden natur-, staats-, geistes- oder wirtschaftswissenschaftliche Fakultäten. Zudem wurden die akademischen Seminare beliebt, bei denen die Studierenden unter Anleitung praktische Übungen durchführen. Gleichzeitig entwickelten sich die Laboratorien, Observatorien und Kliniken, so dass in den Naturwissenschaften und in der Medizin eine praxisnahe Ausbildung vorgenommen werden konnte. Allerdings traten in dieser Zeit auch erstmals "überfüllte" Studiengänge auf. Einen besonderen Typus der Universität stellt die Stiftungsuniversität dar (Frankfurt am Main, 1912/14). Neben den staatlichen und den privaten kommerziellen Universitäten gab es auch immer wieder Versuche, nichthierarchisch organisierte "offene" Universitäten zu schaffen. Einen solchen Versuch stellt gegenwärtig die Offene Universität Berlins dar.

Die ältesten Europäischen Universitäten

Jahr Universität
1065 Universität Parma, Parma
1119 Universität Bologna, Bologna
um 1170 Universität Oxford, Oxford
1175 Universität Modena, Modena
um 1209 Universität Cambridge, Cambridge
1218 Universität Salamanca, Salamanca
1222 Universität Padua, Padua
1276 Universität Perugia, Perugia
1289 Universität Montepellier, Montpellier
1224 Universität Neapel, Neapel
1229 Universität Toulouse, Toulouse
1240 Universität Siena, Siena
1253 Universität Paris, Paris
1254 Universität Sevilla, Sevilla
1290 Universität Coimbra, Coimbra
Jahr Universität
1290 Universität Lissabon, Lissabon
1290 Universität Macerata, Macerata
1303 Universität Rom, Rom
1321 Universität Florenz, Florenz
1339 Universität Grenoble, Grenoble
1339 Universität Pisa, Pisa
1346 Universität Valladolid, Valladoid
1348 Universität Prag, Prag
1361 Universität Pavia, Pavia
1364 Universität Krakau, Krakau
1365 Universität Wien, Wien
1386 Universität Heidelberg, Heidelberg
1388 Universität Köln, Köln
1392 Universität Erfurt, Erfurt
1409 Universität Leipzig, Leipzig


siehe auch: Graphische Darstellung der Europäischen Universitäten

Liste von Universitäten

Literatur

  • Wolfgang E.J. Weber, Geschichte der europäischen Universität, Stuttgart 2002, ISBN 3170164821
  • Joachim Ehlers, Die hohen Schulen. In: Peter Weimar (Hrsg.): Die Renaissance der Wissenschaften im 12. Jahrhundert, Zürich 1981, 57-86.
  • M. J. F. M. Hoenen, Jakob Hans Josef Schneider, Georg Wieland (Hrsg.): Philosophy and Learning. Universities in the Middle Ages, Leiden 1995.
  • Die Idee der deutschen Universität : die fünf Grundschriften aud der Zeit ihrer Neubegründung durch klassischen Idealismus und romantischen Idealismus (darin u.a. Wilhelm von Humboldt: Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin. 1810). Darmstadt: Wiss. Buchges., 1956
  • Gelelegentliche Gedanken über Universitäten : von Engel, Erhard, Wolf, Fichte, Schleiermacher, Savigny, von Humboldt, Hegel. Leipzig: Reclam, 1990. ISBN 3-379-00531-2
  • Klaus Heinrich, Zur Geistlosigkeit der Universität heute, Oldenburg 1987

Siehe auch