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Carlfriedrich Claus

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Carlfriedrich Claus (* 4. August 1930 in Annaberg; † 22. Mai 1998 in Chemnitz) war ein deutscher Grafiker und Schriftsteller.

Leben

Der Künstler-Philosoph Carlfriedrich Claus lebte als Schriftsteller, Grafiker und Zeichner in der DDR. Seine Werke sind vorwiegend Grafiken, die aus einer Art Mikroschrift bestehen, die praktisch nicht entzifferbar ist und die sich zu meist abstrakten Gebilden zusammensetzt. Die Themen sind Sprache (Claus experimentierte mit Lautbildungsprozessen), Schrift (er beherrschte mehrere Alphabete) und kommunistische Geschichtsphilosophie sowie die Beziehungen zwischen Subjekt und Objekt, Bewusstsein und Materie. Er stand unter anderem in Kontakt zu Ernst Bloch, Michel Leiris, Raoul Hausmann, Franz Mon und dem Dresdner Maler Albert Wigand.

Claus begriff sich als überzeugter Kommunist, war aber den Behörden vor allem in seiner Region suspekt. Er wurde vom Staatssicherheitsdienst der DDR überwacht, und man legte ihm eine Ausreise nach Westdeutschland nahe, was er empört von sich wies. Darüber hinaus war er sein Leben lang entschiedener Pazifist, was dem SED-Staat ebenfalls suspekt war.

1964 hatte er die erste Personalausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. 1975 wurde er Mitglied des Verbandes Bildender Künstler. 1977 gründet er zusammen mit Michael Morgner, Thomas Ranft, Dagmar Ranft-Schinke und Gregor-Thorsten Schade nach Ranfts Idee die Künstlergruppe und Produzentengalerie Clara Mosch (1977-1982) in Adelsberg, einem Stadtteil von Karl-Marx-Stadt. 1978 gewann er den 2. Preis der Grafik-Biennale in Krakau. In den 1990er Jahren arbeitete er an visueller Poesie im Grenzbereich von Lyrik und Grafik. In den letzten Lebensjahren beschäftigte er sich auch vermehrt mit Esoterik.

Ehrungen

Claus wurde am 15. April 1994 zum Ehrenbürger von Annaberg-Buchholz ernannt.

Zum 75. Geburtstag von Carlfriedrich Claus wurde die Claussche Wohnung, in der er über Jahrzehnte wohnte und arbeitete, vom Förderverein Carlfriedrich Claus - Lebens- und Arbeitsort in Annaberg-Buchholz e.V., Sponsoren und Leihgebern renoviert und der Öffentlichkeit als Begegnungsstätte präsentiert und übergeben. Die Wohnung/Studienraum Buchholzer Str. 10, Eingang Johannisgasse in Annaberg-Buchholz ist für Interessenten besuchbar. Im August 2008 wurde zwischen dem Annaberger Förderverein Carlfriedrich Claus und der Stiftung Carlfriedrich-Claus-Archiv in Chemnitz, in der Nachlass des Künstlers befindet, eine Kooperation vereinbart, um gemeinsam das Werk von Claus zu bewahren.[1]

Werke

  • Geschichtsphilosophisches Kombinat, 1959-1964
  • Grafik-Mappe Aurora, 1977
  • Dialoge II. Lithographien und Texte von Carlfriedrich Claus u. Klaus Sobolewski, 1990

Schriften

  • Notizen zwischen der experimentellen Arbeit - zu ihr (Katalog der Ausstellung der Staatlichen Kunsthalle Baden/Baden), Frankfurt (Main) 1964

Ort des Windes

Annaberg-Buchholz, vielschichtig unterhöhlt, greift über Tage in ziemlich bewegte Luft. Auch in windstiller Zeit kommt nachts vom Pöhlberg ein leichter Zug, - er läuft zerteilt, in unterschiedlichen Tempi durch Straßen, durch Gässchen, verfängt sich in Höfen, dreht, weht in Bäumen, auf Dächern. Schneegestöber macht gleitende und abrupt wechselnde vertikale und horizontale Strömungsfiguren der Luft mittelbar sichtbar; in der Leere des nächtlichen Marktplatzes andere als etwa bei den beiden Eschen hinter der Bergkirche. Im Frühjahr, im Herbst, wenn Stürme in breiter Front heranjagen, fungiert die Stadt als offener Gegen-Stand, der die untersten Schichten der Luftmassen teils bricht, teils durch Straßen umlenkt. Gegen-Wellen. Turbulenzen. Brandung. Oben im Sturm im Morgengrauen Dohlen-, Krähen-Schwärme,- : von ihren Schlafbäumen kommend kreisen sie über Kennungen wie St. Annen im Luftmeer, mit seinen Böen, Aufwinden, dem Wirbeln.

Eckard Lemckes Fotos fragen nebenher nach Zusammenhängen zwischen Landschaft, Klima, Ortschaft, Einwohnern. Was heißt das: Ort der Geburt, Orte des Lebens, Ort des Sterbens? Gibt es Wechselwirkungen zwischen zunehmender Mobilität und Offenheit? Sichtbar wird der ungeheure Abstand, die Fremdheit zwischen Mensch und Mensch. Aber auch Lächeln. Freundlichkeit. Lachen. Er kehrt immer neu wieder, ist ununterdrückbar, der Wille, den Traum wahrzumachen: Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit.

Carlfriedrich Claus, Vorwort in Ein Mensch ist bunt, Oktober 1996

Vom Tod her leben Das Denken des Sterbens kann Vorahnung letzter Angst wecken, aber auch ihres Vergehens. Anderes Existenz-Gefühl entsteht: Zwischen Nicht-Dasein und Nicht-Dasein. Der Versuch, aus der Gewissheit des Todes zu leben, gibt Halt. Intensivere Bewusstheit. Distanz zu sich selbst. Die Wirklichkeiten, mit denen ich biologisch, psychisch, sprachlich, sozial in Wechselwirkung bin, erscheinen aus fremdem Licht. Von ihm her bestimme ich mein Verhältnis zu ihnen, zu mir neu.

Carlfriedrich Claus, März / Mai 1989

Hörspiele

  • Lautaggregat. Westdeutscher Rundfunk 1993
  • Basale Sprech-Operationsräume. Bayerischer Rundfunk 1995
  • Basale Sprech-Operationsräume (Remix). Regie: Ernst Horn und Bernhard Jugel. Bayerischer Rundfunk 1995

Literatur

Einzelnachweise

  1. Freie Presse, Lokalausgabe Annaberg, 4.8.2008: Claus' Erbe gemeinsam bewahren – Stadtoberhäupter von Chemnitz und Annaberg unterzeichnen Vertrag zur Zusammenarbeit
  2. Beschreibung des Buchs