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Konjunktiv im Deutschen

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Der Konjunktiv ist einer der drei Modi im Deutschen (die anderen zwei sind der Indikativ und der Imperativ). Im Deutschen unterscheidet man zwischen dem Konjunktiv I und dem Konjunktiv II, die sich jedoch zunehmend vermischen und insgesamt auch verwischen.

Konjunktiv I

(innerhalb des indogermanischen Systems der Konjugationen eigentlich kein echter Konjunktiv – dieser ist im Deutschen entfallen –, sondern ein Optativ Präsens)

Bildung des Konjunktivs I

Die Formen des Konjunktivs I werden vom Wortstamm der Grundform (des Infinitivs) gebildet:

An den Stamm (Infinitiv minus -(e)n: lauf|en, sei|n) wird die Konjunktivendung angefügt.

Beispiel: sein

Infinitiv Indikativ Präsens Konjunktiv I
sei|n es ist es sei (selten gibt es die Form es seie)

Die Personalendungen des Konjunktivs I und II sind:

ich ~e
du ~est
er/sie/es ~e
wir ~en
ihr ~et
sie ~en

Verwendung des Konjunktivs I

Der Konjunktiv I wird – vor allem in der Schriftsprache – in der indirekten Rede verwendet, das heißt, wenn man nicht in wörtlicher Rede, sondern indirekt wiedergeben will, was jemand gesagt hat. Durch diesen Modus wird kenntlich gemacht, dass nicht die eigene Meinung, sondern das, was jemand anders geäußert hat, übermittelt wird.

Beispiele

Infinitiv Konjunktiv I
sollen er solle
haben sie habe
können es könne
sehen er sehe

Die Vergangenheitsform in der indirekten Rede

1. Perfekt wörtliche Rede indirekte Rede
Ich bin da gewesen. Er sei da gewesen.
Ich habe gelacht. Sie habe gelacht.
Wir haben geweint. Sie hätten geweint.
2. Präteritum wörtliche Rede indirekte Rede
Ich war zu Hause. Er sei zu Hause gewesen.
Ich ging hinaus. Er sei hinaus gegangen.
Ich schlief. Sie habe geschlafen.
Wir schliefen. Sie hätten geschlafen.

Als Vergangenheitsform der indirekten Rede kann nur das Perfekt verwendet werden. Die Formen der temporären Hilfsverben haben beziehungsweise sein werden dann in die Konjunktiv-I-form der indirekten Rede gebracht.

Konjunktiv II

(innerhalb des indogermanischen Systems der Konjugationen eigentlich ein Optativ Perfekt; das germanische und damit auch deutsche Präteritum setzt den indogermanischen Indikativ des Perfekts fort; der echte indogermanische Konjunktiv Perfekt ist im Deutschen entfallen.)

Bildung des Konjunktivs II

Der Konjunktiv II wird vom Präteritum abgeleitet. Unregelmäßige (starke), Verben mit umlautfähigem Stammvokal werden umgelautet: kam → käme, sang → sänge. Der gegebenenfalls so modifizierte Wortstamm bekommt dann die entsprechende Personalendung.

Beispiel: gehen

Infinitiv Indikativ Präteritum Konjunktiv II
gehen es ging es ginge

Die Personalendungen des Konjunktivs I und II sind:

ich ~e
du ~est
er/sie/es ~e
wir ~en
ihr ~et
sie ~en

Verwendung des Konjunktiv II

Der Konjunktiv II wird auch Irrealis oder Möglichkeitsform genannt, weil er ausdrückt, was sich jemand wünscht oder vorstellt, was wahrscheinlich nicht Wirklichkeit wird oder nur unter bestimmten Bedingungen möglich wäre. Klaus sagte mir, Hans tränke wieder Bier. (Klaus hat mir das zwar gesagt, aber ich zweifle an der Wahrheit der Aussage.) Im Gegensatz dazu drückt der Konjunktiv I nur die indirekte Rede aus. Beispiel: Klaus sagt mir, Hans trinke wieder. (Klaus hat mir das gesagt und ich gebe das neutral und ohne Wertung wieder.)

In der indirekten Rede verwendet man die Form des Konjunktivs I. Wenn die Formen des Präsens und des Konjunktivs I gleich sind, dann muss in die Form des Konjunktiv II ausgewichen werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Das ist fast immer bei der 1. Person Singular und Plural (ich & wir) und in der 3. Person Plural (sie) der Fall. Die 3. Person kommt dabei häufiger vor.

Obwohl bei regelmäßigen (schwachen) Verben keine Form im Konjunktiv II gebildet werden kann, die sich vom Präteritum unterscheidet, verwendet man diese in der indirekten Rede, da nur selten Verwechselungsgefahr besteht. Nur wenn es wirklich Missverständnisse geben könnte, sollte man mit 'würde' umschreiben.

Konjunktiv-Form mit würde

Wenn die Konjunktiv-II-Form zu Missverständnissen führen könnte, kann auf eine Hilfskonstruktion mit würde ausgewichen werden. Bei genauerer Betrachtung handelt es sich dabei um eine in den Konjunktiv II gesetzte Futur-Form:

Er sagte: „Ich werde das gerne machen.“

wird in der indirekten Rede zu

Er sagte, er werde das gerne machen. (Konj. I)

bzw.

Er sagte, er würde das gerne machen. (Konj. II)

Umgangssprache

In der Umgangssprache wird der Konjunktiv heute nur noch selten verwendet. Der Konjunktiv I wird meist durch den Indikativ ersetzt, zum Beispiel:

Er hat gesagt, dass er ins Theater geht.

anstatt

Er sagte, dass er ins Theater gehe.

Für den Konjunktiv II wird in der Umgangssprache meist eine Hilfskonstruktion mit würde verwendet, zum Beispiel:

Er hat gesagt, dass er ins Theater gehen würde.

anstatt

Er sagte, dass er ins Theater ginge.

Konjunktiv in anderen Sprachen

Der Konjunktiv als Modus kommt mehr oder weniger erkennbar in allen indogermanischen Sprachen vor, hat aber meist völlig unterschiedliche Funktionen. Manche Sprachen unterscheiden dabei zusätzlich einen Optativ vom eigentlichen Konjunktiv. Die meisten Sprachen haben ähnlich wie das Deutsche ein oder zwei besondere Formen (wie zum Beispiel Konjunktiv I und Konjunktiv II). Manche, insbesondere ältere Sprachen (Altgriechisch, Sanskrit), aber auch die Französische Sprache, haben neben Indikativ und Konjunktiv noch andere Verbformen (Modi), die weitere sprachliche Nuancen ermöglichen. Im Englischen ist der Konjunktiv I dagegen nur noch als Rest in einigen feststehenden Formeln erhalten, zum Beispiel im Satz God save (statt: saves) the Queen! für Gott schütze (statt: schützt) die Königin! Der Konjunktiv II findet sich dagegen noch in systematischem Gebrauch in Gestalt von Wörtern wie might, would oder could.

Historisch (im Latein noch gut erkennbar) war der Konjunktiv das Gegenstück des Indikatives. So wie es im Indikativ die drei Zeiten Präsens, Präteritum und Futur I gibt (jeweils auch mit den vorzeitigen Formen Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II), wäre für alle diese Formen auch eine passende Konjunktiv-Form zu erwarten.

Während sich in den romanischen Sprachen während der letzten zwei Jahrtausende diese Formen teilweise verloren haben, sind sie im Latein noch großenteils erhalten. Dort gibt es:

  • Konjunktiv Präsens
  • Konjunktiv Imperfekt
  • Konjunktiv Perfekt
  • Konjunktiv Plusquamperfekt

Einen Konjunktiv der beiden Futurformen kennt das Lateinische dagegen nicht.

Siehe auch: Irrealis