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86. Sinfonie (Haydn)

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Die Sinfonie Nr. 86 D-Dur komponierte Joseph Haydn im Jahr 1786.

Entstehung

Die Sinfonie Nr. 86 gehört zusammen mit den Sinfonien Nr. 82 bis 85 und 87 zu den so genannten „Pariser Sinfonien“. Es handelt sich um Auftragskompositionen für das Pariser „Le Concert de la Loge olympique.“ Zu Details vgl. die 82. Sinfonie.

Die 86. Sinfonie zeichnet sich durch ihren pompös-extrovertierten Charakter aus. Ebenfalls im Jahr 1786 komponierte Haydn die Sinfonien Nr. 82 und 84.

Zur Musik

Besetzung: Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner in D, 2

Trompeten in D, Pauke, 2 Violinen,  Viola, Cello,  Kontrabass. 

Aufführungszeit: ca. 25 Minuten (je nach Einhalten der vorgeschriebenen Wiederholungen).


1. Satz: Adagio – Allegro spiritoso
D-Dur, 3/4-Takt (Adagio) / 4/4-Takt (Allegro spiritoso), 213 Takte, Sonatensatzform
Adagio (Takt 1-21):
Nach einer 4taktigen Kadenz mit Akkordmelodik in sanftem Piano entwickelt sich ab Takt 4 ein „Auftaktmotiv“[1], das sich zunächst weiter im Piano, ab Takt 8 dann im Tutti-Forte / Fortissimo bewegt. Die drei Auftakt-Achtel treten dabei nicht mehr aufsteigend, sondern als Tonwiederholung (Klopfen) auf. Hinzu kommen 32tel-Läufe in den Streichern. Nach 2 Takten leisem „Klopfen“ setzt in Takt 16 ein 32tel-Tremolo auf einem E-Dur-Septnonakkord ein, der in die Dominante A-Dur überleitet. Mit dem Auftaktmotiv auf der sich stabilisierenden Basis A-Dur klingt die Einleitung mit ihren schroffen dynamischen und motivischen Kontrasten im Piano aus und geht ohne Pause ins Allegro über (attacca-Anschluss).

Allegro spiritoso (Takt 22-213):
Für den gesamten Satz ist die hämmernde Wiederholung von Achtel-Staccato charakteristisch, wodurch eine energisch vorwärts treibende Kraft entsteht. Das 1. Thema ist aus zwei konträren Teilen aufgebaut. Der erste Teil („Vordersatz“, jedoch strukturell kaum auf den 2. Teil bezogen) besteht aus einem 2taktigen Motiv, bei dem die 1. Violine eine Floskel spielt, die zunächst legato (Halbe Note und Vorschlag), im zweiten Takt dagegen staccato (aufsteigender Dreiklang) vorsieht. Die Harmonik ist labil: der erste Takt wirkt wie ein Vorhalt zur Harmonie des zweiten Taktes, wobei dort jedoch anstelle des Grundtones im Bass die Terz erscheint (Takt 23: g bei e-Moll, Takt 25: f bei d-Moll). – Der zweite Teil des Themas basiert auf einem im Fortissimo-Tutti vorgetragenen Motiv (Motiv 2) mit 5 Tönen: 2 auftaktige Sechzehntel abwärts, 3 Achtelschläge als Tonwiederholung. Dieses Motiv wird energisch wiederholt unter Einbeziehung der Subdominante G-Dur und der Dominante A-Dur. Ein weiteres Motiv mit Rhythmus 2 Sechzehntel – 1 Achtel, nun aber aufsteigend, setzt in Takt 33 unmittelbar anschließend und ebenfalls im Fortissimo-Tutti ein (Motiv 3). Nach einem Takt „Aufstieg“ kommt im Folgetakt ein Legato-Abstieg mit Sechzehntel-Lauffiguren (Motiv 4).

Mit fließendem Übergang (weiterhin energische Tonwiederholungen im forte) geht das 1. Thema in Takt 37 in einen neuen Abschnitt über, der Motiv 3 mit Synkopen und einer Bassbewegung aus Vierteln und Halben Noten kombiniert. Überraschenderweise bekommt nun Motiv 1 vom 1. Thema einen zweiten Auftritt (Takt 54 ff. von h-Moll nach A-Dur), so dass der Hörer zunächst nicht weiß, ob der Satz monothematisch aufgebaut ist. Nach einer Kadenz auf A-Dur beginnt jedoch in Takt 64 das „richtige“ 2. Thema, das typischer weise in sanftem Piano mit stimmführender 1. Violine vorgetragen wird. Wie für den Satz charakteristisch, besteht es jedoch nicht aus einer sanglichen Melodie, sondern basiert auf einem 2taktigen Motiv.

Nach einem Tremolo-Abschnitt im Forte / Fortissimo mit anfangs chromatischer Melodieführung (Takt 74 ff.) setzt in Takt 82 die Schlussgruppe mit Motiv 3 im Streicher-Unisono ein (je nach Ansicht könnte man den Beginn der Schlussgruppe auch bereits in Takt 74 setzen).

Die Durchführung im Piano beginnt mit Motiv 1 in h-Moll und moduliert dann über a-Moll, G-Dur, E-Dur zu dem sich stabilisierenden Cis-Dur. Dabei geben Oboen und Flöten kleine gegenbewegungsartige Farbtupfer. Ab Takt 104 setzt dann wieder das ganze Orchester im Forte ein und verarbeitet Motiv 2 und Motiv 3 durch zahlreiche Modulationen; ausgehend von fis-Moll werden z. B. H-Dur und C-Dur erreicht. Abrupt kommt es in Takt 125 zu einem Piano-Auftritt vom 2. Thema in fis-Moll; die gesamte musikalische Bewegung verebbt (2 ganztaktige Vorhalte im Piano, Takt 130 ff.), beginnt dann aber mit Motiv 1 in versetztem Einsatz sowie ständigen Achtelrepetitionen ab Takt 136 von neuem und steigert sich über ein Oktavtremolo auf A mit Akkordmelodik zum Forte (Takt 144 ff.). Dieser Abschnitt kann bereits als Überleitung zur Reprise (Takt 151 ff.) gesehen werden.

Die Reprise beginnt wie die Exposition, allerdings mit Einwürfen von Fagott und Oboe bei Motiv 1. Beim 2. Auftritt von Motiv 1 (Takt 177 ff.) ist neben dem Fagott auch die Flöte mit einer Floskel beteiligt. Ansonsten ist die Reprise weitgehend ähnlich der Exposition strukturiert. Exposition sowie Durchführung und Reprise werden einmal wiederholt.


2. Satz: Capriccio. Largo
G-Dur, 3/4-Takt, 92 Takte, freie Form, Trompeten und Pauken schweigen
Dieser ungewöhnliche Satz beginnt mit einem 4taktigen Thema (Hauptthema, Motiv 1), das mit seiner abgesetzten, ruhig-gehenden Achtelbewegung und der Kadenzmelodik (G-Dur – D-Dur Septakkord – G-Dur) einen wenig melodiösen, eher nachdenklichen Eindruck macht. Der erste Takt besteht einfach aus einem aufwärts gehenden, gebrochenen G-Dur Dreiklang; am Übergang vom 2. zum 3. Takt findet ein kleines Crescendo mit Betonung des Vorhaltes zum D-Dur Septakkord statt. Kennzeichnend ist auch die Quinte aufwärts in der Violine von Takt 2 zu Takt 3, die zusammen mit dem Crescendo wie ein kurz in Melancholie hereinbrechender Lichtstrahl wirkt. Die Melodielinie holt somit weit aus und umfasst insgesamt eine Duodezime. Das Hauptthema wird nun einmal mit einer Molltrübung wiederholt. Es folgt:

  • 1. Zwischenspiel (Takt 9-24): In Takt 8/9 ff. stellt die 1. Violine ein neues Motiv (Motiv 2) aus einer fallenden, eintaktigen Figur mit punktiertem Rhythmus vor. Damit verwandt ist Motiv 3 ab Takt 15, das einen ähnlichen Rhythmus zeigt, aber aufwärts geht. Die folgenden Takte greifen z. T. auf Motiv 3 zurück, bieten aber auch freies Spiel insbesondere der 1. Violine mit chromatischen Einlagen. Von Takt 25-27 erste „Tremolo-Klangfläche“: Die bisher ruhige Atmosphäre wird abrupt durch einen Forte-Tremolo-Klangteppich unterbrochen, der von einem F-Dur-Septakkord über B-Dur zu Gis (unisono) und schließlich zu A-Dur moduliert. Eine Kadenz mit einfacher Akkordmelodik (D-Dur – A7 – D7 – G-Dur) schließt sich mit den Takten 30-32 an.
  • 2. Auftritt des Hauptthemas (Takt 33-40). Dieses wird einmal wiederholt: das erste Mal wie am Satzbeginn, allerdings auf einem verminderten Akkord (Gis-H-D-F) anstatt der Tonika G endend, beim zweiten Mal in a-Moll beginnend und in Cis-Dur schließend. Insbesondere diese beiden Schlussakkorde schaffen einen besonderen Reiz in der Klangfarbe und hinterlassen einen düster-romantischen Eindruck.
  • 2. Zwischenspiel (Takt 41-49): In fis-Moll beginnend, fängt eine chromatische Melodielinie im Bass an, in die eine ebenfalls chromatische Melodie der Flöte in Gegenbewegung einsetzt. Takt 47-48 zweite Tremolo-Klangfläche im Fortissimo, führt von einem D-Dur-Septakkord nach e-Moll.
  • 3. Auftritt des Hauptthemas (Takt 50-57). Dieses wird wie beim 2. Auftritt einmal wiederholt. Der erste Durchlauf beginnt in e-Moll und hat ein „offenes“ Ende auf einem D-Dur-Septakkord, während der zweite wie am Satzanfang gestaltet ist und in der Tonika G-Dur schließt.
  • 3. Zwischenspiel (Takt 58-70): Nach einem kurzen melodischen Motiv (Motiv 4) in der 1. Violine setzen wieder Motiv 2 (Takt 60 ff.) und Motiv 3 (Takt 64 ff.) ein, gefolgt von freiem Spiel der 1. Violine, das mit einem Trugschluss in e-Moll endet.
  • 4. Auftritt des Hauptthemas (Takt 71-74): Analog Takt 33 ff., jedoch in g-Moll statt G-Dur.
  • 3. Zwischenspiel mit Motiv 2 und freiem Spiel der 1. Violine, Takt 75-84. Takt 84-88 dritte Tremolo-Klangfläche im Forte, moduliert von G7 zu C-Dur und wieder nach G-Dur.
  • Schluss: Auslaufen mit dreimaliger Wiederholung einer 32tel-Floskel in der 1. Violine, Ende des Satzes mit dem Beginn vom Hauptmotiv (aufsteigender Dreiklang in G-Dur) und einem Akkord auf G.

Die hier vorgenommene Gliederung ist lediglich als Vorschlag zu verstehen. Geiringer (1959)[2] sieht bezüglich der Satzform „… ein Capriccio, das Sonate und Rondo zuneigt, sich jedoch für keine der beiden Formen endgültig entscheidet.“ Finscher (2000) [1] äußert sich ähnlich und meint, der Satz habe einen „fast meditativen Gestus“.


3. Satz: Menuet. Allegretto
D-Dur, 3/4-Takt, mit Trio 90 Takte
Das Menuett schließt mit seinem kräftig-pompösen Charakter wieder an den 1. Satz an. Die Melodie des 1. Teils, die unisono von Flöte, Oboe und den Violinen gespielt wird, ist aus dreimal 4 Takten aufgebaut. Landon[3] und Finscher (2000)[1] weisen auf den durchführungsartig gearbeiteten Beginn vom zweiten Teil hin, in dem das Motiv der Takte 1-4 moduliert und in den Instrumenten imitiert wird. Damit ergibt sich eine Ähnlichkeit zur Sonatensatzform: die Takte 1-12 könnten Exposition genannt werden, Takt 13-38 entsprächen der Durchführung, Takt 39-62 der (erweiterten) Reprise.

Im Trio, ebenfalls in D-Dur, spielen Violine und Fagott um eine Oktave versetzt eine wiegende, ländlerartige Melodie. Zu Beginn des zweiten Teils „antworten“ die Oboen und die Flöte.


4. Satz: Finale. Allegro con spirito
D-Dur, 4/4-Takt, 180 Takte, Sonatensatzform
Der Satz wird weitgehend von einem 2taktigen Motiv beherrscht, das im ersten Takt aus einer fünffachen Tonwiederholung, im zweiten Takt aus einer fallenden Figur besteht. Finscher (2000)[1] spricht daher von einer „fast permanenten Durchführung des tonrepetierenden Kopfmotivs.“ Insbesondere durch die dominante Tonwiederholung, aber auch durch die Betonung von Arbeit mit Motiven anstatt von (melodischen) Themen schließt das Finale an den 1. Satz an. Das 2taktige Hauptmotiv wird im Frage-Antwort-Prinzip zu einem 4taktigen Thema kombiniert und zunächst nur von den Streichern im Piano vorgestellt. In einer Variante wird es dann eine Oktave tiefer wiederholt, ehe ab Takt 9 das gesamte Orchester im Forte und Unisono das Thema nochmals aufgreift, aber weiter aufwärts moduliert. Ab Takt 21 wird die Bewegung durch Synkopen aufgelockert, während das Motiv im Bass weiterläuft. Die Harmonie pendelt ab Takt 27 zwischen A-Dur und E-Dur, wobei E als Synkope relativ lange (Takt 27-32) im Bass liegt. Über eine Tremolopassage (Takt 35 ff.) endet dieser Abschnitt.

Das folgende 2. Thema greift die Tonwiederholung vom 1. Thema auf, nun aber sechsfach statt fünffach und mit einem charakteristischen Intervall abwärts. Das Thema basiert – wie das 1. Thema – auf einem 2taktigen Motiv, die Melodie liegt zunächst in der 1. Violine, dazu begleiten die 2. Violine staccato und der Bass pizzicato, ab Takt 44 folgt eine Variante mit Oboe und Fagott.

Im Fortetutti setzt nun wieder das ganze Orchester ein mit einer chromatisch aufsteigenden Linie im 16tel-Tremolo, die in einem zweiten Anlauf eine Oktave höher wiederholt wird. Die Schlussgruppe basiert auf einem vom Hauptmotiv abgeleiteten Tonwiederholungsmotiv, das echohaft bzw. im Dialog zwischen Bläsern und Orchestertutti auftritt. Die Exposition endet beim 1. Durchlauf auf einem A-Dur Septakkord mit Paukenwirbel und Fermate, beim 2. Durchlauf erfolgt eine Modulation des Hauptmotivs nach h-Moll, die auf H unisono mit Fermate endet (Takt 74). In G-Dur setzt daraufhin im piano das 2. Thema ein, das in einer Fortspinnung u. a. nach C-Dur, E-Dur, a-Moll und Fis-Dur moduliert wird. Nach einem Fortissimo-Abschnitt mit versetztem Einsatz vom Anfang des Hauptmotivs (Takt 81-96) kündigt sich über Akkordmelodik bereits das Ende der Durchführung an, das in Takt 102 wieder mit einem A-Dur Septakkord mit Fermate und Paukenwirbel erreicht ist.

Die Reprise (Takt 103 ff.) verläuft zunächst ähnlich der Exposition, allerdings ohne die Wiederholung des Themas im Fortetutti wie in Takt 9 ff. In Takt 138 moduliert Haydn überraschenderweise abrupt nach B-Dur, das über eine Kadenz mit Ganzen Noten von d-Moll nach D-Dur führt. Die Schlussgruppe ist ähnlich wie in der Exposition, aber um eine Coda mit Orgelpunkt auf D (Takt 163-167) verlängert. Die Durchführung ist somit recht knapp gehalten, die Reprise dafür durchführungsartig erweitert. Durchführung und Reprise werden einmal wiederholt.

Einzelnachweise

  1. a b c d L. Finscher (2000): Joseph Haydn und seine Zeit. Laaber-Verlag Regensburg, 558 S.
  2. K. Geiringer(1959): Joseph Haydn. Der schöpferische Werdegang eines Meisters der Klassik. B. Schott´s Söhne, Mainz, 368 S.
  3. H. C. R. Landon (ohne Jahresangabe): Vorwort zu: Joseph Haydn: Sinfonia No. 86 D-Dur Hob. I/86. Reihe: Kritische Ausgabe sämtlicher Sinfonien. Philharmonia No. 786, Universal Edition, S. 207-258.

Literatur

  • Joseph Haydn: Sinfonia No. 86 D-Dur Hob. I/86. Reihe: Kritische Ausgabe sämtlicher Sinfonien. Philharmonia No. 786, Universal Edition, S. 207-258.

Siehe auch