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Geschichte der Evolutionstheorie

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Im Grunde sind Evolutionstheorien so alt wie die wissenschaftliche und philosophische Beschäftigung der Menschen mit der Natur und entsprechend vielgestaltig. Die Geschichte der Evolutionstheorie beginnt bereits in der Antike und reicht über Darwin bis in die Gegenwart. Darwins Theorie und ihre Nachfolger sind nicht nur eine Evolutionstheorie, sondern zugleich eine Abstammungslehre oder Deszendenstheorie.

Antike

Eine archaische Antwort auf die Frage nach dem Ursprung der Lebewesen, vor allem des Menschen, stellen die unterschiedlichen Schöpfungsmythen der verschiedenen Kulturen dar.

Mit seiner Idee, das Wasser sei Ursprung aller Dinge, versuchte Thales von Milet (um 625 bis 547 v. Chr.) eine nicht-mythologische Erklärung zu geben.

Sein Schüler Anaximander (um 611 bis ca. 547 v. Chr.) entwickelte diese Idee weiter und sprach von einer Urzeugung: Die ersten Tiere und der Mensch entstanden in der Feuchtigkeit und gingen später auf das trockene Land. Sie entwickelten sich (ontogenetisch) durch eine Metamorphose aus fischähnlichen Formen.

Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) sah alle Arten als ewig und unveränderlich an.

Das Christentum übernahm, ebenso wie der Islam, diese Lehre von der Konstanz der Arten, stellte aber das Dogma auf, dass die Arten nicht auf natürliche Weise entstanden sind, sondern in einem Schöpfungsakt durch Gott.

Neuzeit

Mit den astronomischen und geografischen Entdeckungen im 14. und 15. Jahrhundert rückte wieder die Frage nach einer natürlichen Erklärung der Herkunft der Lebewesen in den Mittelpunkt. Das Auffinden zahlreicher neuer Tier- und Pflanzenarten warf die Frage auf, ob alle diese Tiere in der Arche Noah der Bibel Platz hätten finden können. Die Entdeckung zahlreicher ausgestorbener fossiler Arten, die ausschließlich im Wasser lebten, konnte nicht durch die Sintflut erklärt werden.

Die Bedeutung von Artkonzepten für die Evolutionstheorie

Carl von Linné (1707-1778)

Carl von Linné schlug als erster ein einfaches und einheitliches System der Bezeichnung von Pflanzen- und Tierarten vor, das die Grundlage der heute gültigen Bezeichnung von Tier- und Pflanzenarten ist: die binominale Nomenklatur mit Gattungs- und Artnamen. Neben der Benennung führt er ein hierarchisches System ein, das Tier- und Pflanzenarten zu Gruppen abnehmender Ähnlichkeit gliedert.

Dieses System war für die Entwicklung des Evolutionsgedankens aus drei Gründen von Bedeutung:

  1. Zum einen ermöglichte es die Erfassung der ungeheuren biologischen Artenvielfalt, die durch die Entdeckungen besonders ab dem 19. Jahrhundert bekannt wurde.
  2. Zum zweiten wurden damit systematische Fragen nach der richtigen Gruppierung und der Tiergeografie erstmals möglich.
  3. Der dritte Grund ist die Annahme Linnés von der 'Konstanz der Arten', die in der Folgezeit wissenschaftlichen Widerspruch anregte und die Suche nach einer Evolutionstheorie beschleunigte.

Katastrophentheorie

Georges Cuvier (1769-1832)

Baron Georges Léopold Chrétien Frédéric Dagobert Cuvier

Georges Cuvier ist Begründer der zoologischen Paläontologie und entwickelt die Rekonstruktionstechnik. Aufgrund des Vergleiches der Anatomie, das heißt besonders der Knochen fossiler und rezenter Tiere (Tiere der Gegenwart), entdeckt er den geordneten Zusammenhang zwischen verschiedenen Knochen unterschiedlicher Körperregionen. Scherzhaft lässt sich dieses an seinem Ausspruch: Der Teufel ist ein Pflanzenfresser, er hat Hufe und Hörner illustrieren. Cuvier kann so Fossilfunde rekonstruieren oder Gruppen zuordnen, auch wenn nur Teile des Fossils erhalten waren.

Cuvier legt die Grundlagen zur zoologischen Systematik und stellt durch vergleichende Anatomie ein System der Tiere mit den vier Hauptgruppen Weichtiere, Gliedertiere, Radiata und Wirbeltiere auf. Jede Gruppe hat ihren typischen Bauplan. Aus heutiger Sicht stellen in seinem System die Analogien ein Problem dar.

Cuviers Katastrophentheorie

1. Beobachtungen:

  • Katzen, Affen und Greifvögel, die in altägyptischen Gräbern gefunden werden, untercheiden sich nicht von rezenten Tieren. (Aus heutiger Sicht ist die Zeitspanne von wenigen tausend Jahren zu kurz für deutliche morphologische Änderungen.)
  • Ältere Fossilien sind einfacher gebaut als jüngere Fossilien.
  • Die Funde sind lückenhaft. Aufgrund der Fundlücken lassen sich aber keine Übergänge zwischen den einzelnen Arten aufeinander folgender Schichten belegen.
  • Weiterhin belegen die Fossilfunde zahlreiche neue, zum Teil auch ausgestorbene Arten, die im biblischen Schöpfungsbericht nicht vorkommen.

2. Theorie:

  1. Arten sind unveränderlich. Sie werden einmal erschaffen, können aber aussterben.
  2. Durch Naturkatastrophen werden die Arten eines Gebietes schlagartig ausgelöscht.
  3. Anschließend wird dieses Gebiet in einem Schöpfungsakt durch weiterentwickelte oder neue Arten besiedelt.

siehe dazu auch Geschichte_der_Geologie#Aktualismus_und_Katastrophismus

Evolutionstheorien (Ohne Mechanismus der Vererbung!)

Jean Baptiste Lamarck (1744-1829)

Jean Baptiste Lamarck wandte das geologische Kontinuitätsprinzip von Lyell auf die Biologie an: Arten sind veränderlich und verändern sich in kleinen Schritten („Die Natur macht keine Sprünge!“), können aber nicht aussterben. (Heute weiß man, dass die Mehrzahl der Tiere bereits in prähistorischer Zeit ausgestorben sind.) Abgestufte Ähnlichkeiten der Lebewesen deuten auf Verwandtschaft hin, die Arten gehen auf gemeinsame Urformen zurück. Alle Arten müssen deshalb Vorläufer haben, deren Fossilien aber oft noch nicht gefunden wurden. Lamarck ist damit ein Vertreter des Gradualismus und der Deszendenz-Theorie.

Als Erklärung stellte er 1809 die Theorie der Vererbung erworbener Eigenschaften auf: Den Organismen wohnt ein „Vervollkommnungstrieb“ inne. Durch Gebrauch oder Nichtgebrauch modifizieren sich Gestalt und Funktion der Organe eines Lebewesens in Anpassung an die Erfordernisse der Umwelt. Diese individuell erworbenen Veränderungen sind erblich.

Erst etwa ab 1900 begann mit August Weismann die Erforschung der Vererbungs-Prozesse. Bis dahin waren diese gänzlich unbekannt. Deshalb finden sich bei Darwin und Haeckel ähnliche Vorstellungen über die Vererbung erworbener Eigenschaften.

Entsprechend der Vorstellung von der Stufenleiter der Natur stellte Lamarck ein Beziehung zwischen dem Grad der Vervollkommnung und dem Alter der Art her: Je vollkommener eine Art ist, um so länger muss ihre Evolution gedauert haben und um so älter ist sie. (Damit müssten Bakterien als sehr junge Arten gelten, der Mensch dagegen ist die älteste Art. Moderne Methoden der Altersbestimmung fossiler Funde ergeben allerdings ein anderes Bild.) Neue Arten müssen deshalb durch Urzeugung entstehen.

Im Laufe ihrer Evolution durchläuft eine Art eine spezifische Reihenfolge von Stadien (siehe Ontogenese).

Mit seiner Theorie stellte Lamarck die Systematik auf eine naturwissenschaftliche Basis, während Linné noch die göttliche Ordnung zu erforschen suchte. Seiner Zeit stellte Lamarcks Theorie ein tragfähiges Modell zur Erklärung zahlreicher Phänomene der Biologie dar. Die Phänomene der Biogeografie und der Artbildung, die bei Darwin wichtige Stützpfeiler seiner Theorie sind, spielten bei Lamarck keine Rolle.

Etienne Geoffrey de St. Hilaire (1772-1844)

Etienne Geoffrey de St. Hilaire, ein französischer Zoologe, gilt als Begründer der Homologie-Forschung. Er wurde zusammen mit Jean-Baptiste Lamarck und Georges Cuvier als Professor für die Zoologie der Wirbeltiere an das 1793 gegründete Musée d’Histoire Naturelle berufen.

Geoffroy Saint-Hilaire postulierte für alle damals bekanten Tiere einen gemeinsamen Grundbauplan. Damit stand er im Gegensatz zu Cuviers vier Grundbauplänen. Auf Grund des Kontinuitäts-Prinzipes stellte er die Hypothese auf, dass die Vögel von urzeitlichen Reptilien abstammen müssten.

Geoffroy Saint-Hilaire war auch einer der ersten, der sich mit den Mechanismen der Evolution experimentell auseinander setzte, indem er durch Veränderungen der Umwelteinflüsse Veränderungen in der Keimesentwicklung von Wirbeltieren auslöste und somit Teratologie als Untersuchungsmethode einführte.

Charles Lyell (1797-1875)

Charles Lyell gilt als Mitbegründer der modernen Geologie. Im Gegensatz zur Katastrophentheorie und Schöpfungslehre nahm er an, dass alle geologischen Erscheinungen durch langsame und stetige Veränderungen zu erklären sind (Kontinuitätsprinzip). Die Kräfte dieser Veränderungen sind auch heute noch wirksam und beeinflussen die Lebewesen (Aktualitätsprinzip). Lamarck und Darwin wandten dann dieses Prinzipien auch auf die Evolution der Lebewesen an.

Zur Bedeutung von Lyell für die Durchsetzung der Evolutionstheorie von Darwin siehe Alfred Russel Wallace.

Als Hinweis, dass es auch globale Katastrophen gibt, welche die Lebewesen beeinflussen, gilt heute das Aussterben der Dinosaurier.

Die Auffassung, dass alle phylogenetischen Entwicklungen nur in kleinen Schritten und allmählich von statten gehen, wird Gradualismus genannt. Im Gegensatz dazu wurde in neuerer Zeit das Konzept des Punktualismus entwickelt, die beiden Konzepte stellen aber nur unterschiedliche Möglichkeiten der Evolution dar. (Siehe Evolutionstheorie#Konzepte)

Charles Darwin (1809-1882)

Charles Darwin

Darwins Buch von 1859 On the Origin of Species by means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life (wörtlich: Über den Ursprung der Arten durch das Mittel der natürlichen Auswahl, oder die Erhaltung bevorzugter Rassen im Kampf um das Leben) kann als das erste Werk angesehen werden, das die seiner Zeit bereits vorhandenen Theorien und Hypothesen zur Evolution der Lebewesen zusammenfasst und durch eine Fülle von Beobachtungen belegt:

  1. Evolutionstheorie: Organismen unterliegen im Laufe vieler Generationen einem beständigen Wandel. Dies bedeutet eine Abkehr von der Schöpfungslehre. Darwin verwendete in seinen Werken nicht den Begriff „Evolution“.
  2. Dieser Wandel erfolgt allmählich, in kleinen Schritten. Diese Sichtweise wird als Gradualismus bezeichnet und steht im Widerspruch zum Transmutationismus oder Saltationismus von Thomas Huxley.
  3. Deszendenztheorie (Abstammungslehre): Die Herkunft aller Arten kann auf eine Stammart zurückgeführt werden.
  4. Speziation: Im Laufe der Zeit gehen aus einer Art neue Arten hervor. Mit Deszendenz und Speziation steht Darwin im Gegensatz zum Transformationismus von Lamarck, der zwar den Wandel der Arten anerkennt, dieser Wandel führt aber nicht zur Vervielfachung der Arten sondern nur zu ihrer Vervollkommnung.

Die besondere Leistung von Darwin und Alfred Russel Wallace liegt in der Erklärung des Evolutionsmechanismus durch das heute noch immer gültige Prinzip der wechselseitigen Beziehung zwischen Variation und Selektion:

  1. Überproduktion: Obwohl die Tier- und Pflanzen-Arten weitaus mehr Nachkommen erzeugen, als schließlich überleben oder sich fortpflanzen können, verändert sich ihre Bestandgröße kaum.
  2. Variation: Die Individuen von Tier- und Pflanzenarten sind nicht gleich, sondern weisen kleine Unterschiede in den Bau- und Leistungsmerkmalen auf, die auf die nächste Generation weiter vererbt werden.
  3. Selektion: Da die Ressourcen aber nur für eine begrenzte Zahl von Individuen ausreicht, findet um diese eine Konkurrenz statt. Diejenigen Individuen, die sich in dieser Konkurrenz gegenüber anderen durchsetzen, haben einen größeren Fortpflanzungserfolg, von Darwin als Survivel of the fittest (Überleben der Tauglichsten) bezeichnet.
Beobachtungen die zu Darwins Schlussfolgerungen führten:
Galapagos

Aufgrund geologischer und geographischer Kenntnisse wie auch eigener Forschungen in Südamerika wusste Charles Darwin, dass der südamerikanische Kontinent lange schon existierte und mit Pflanzen und Tieren belebt war, bevor die Galapagos-Inseln in erdgeschichtlich junger Zeit aus unterseeischen Lavaausbrüchen entstanden. Auf den Inseln entdeckte er Tiere und Pflanzen, die ähnlich den Arten Südamerikas waren, aber doch eigene Arten darstellten.

Somit konnten die damals verbreiteten Lehren, dass die Lebewesen in einem einmaligen Schöpfungsakt entstanden seien und sich nicht wandeln (Konstanz der Arten) nicht stimmen. Offensichtlich waren nach der Entstehung der Galapagos-Inseln Lebewesen aus Südamerika hierher gelangt, haben sich dort fortgepflanzt und aus einzelnen Stammarten weiter entwickelt.

Tier- und Pflanzenzüchtung

Darwin folgerte aus den Beobachtungen seiner langjährigen Züchtungsversuchen mit Haustauben, dass die Formenvielfalt in der Natur ebenfalls durch einen Ausleseprozess entstanden ist, den er "natürliche Zuchtwahl" nannte.

Alfred Russel Wallace (1823-1913)

Alfred Russel Wallace entwickelte aus seiner Anschauung als Tiersammler nahezu zeitgleich eine ähnliche Erklärung der Entstehung der Arten wie Darwin, die er auch an ihn sandte. Dieser Entwurf von Wallace wurde zeitgleich mit einem Text von Darwin 1844 veröffentlicht. Näheres siehe dazu im Artikel zu Wallace.

Ernst Haeckel (1834-1919)

Neben der Popularisierung des Darwinismus besteht der Hauptbeitrag von Ernst Haeckel für die Evolutionstheorie aus vier Teilen:

Stammbaum der Wirbeltiere (E. Haeckel 1905)
  1. Mittels des biogenetischen Grundgesetzes (die Ontogenese ist die kurze, auszugsweise Rekapitulation der Phylogenese), lassen sich Teile der Stammesgeschichte durch Vergleiche der Embryonen und ihrer Vorstufen verschiedener Tierarten rekonstruieren, von denen damals und zum Teil noch heute kaum oder nur unzureichende Fossilien vorliegen. Diese Theorie wird in dieser Form als veraltet angesehen.
  2. Ernst Haeckel entwarf die ersten detaillierten Stammbäume der Tier und Pflanzenwelt.
  3. Er postulierte den gemeinsamen Ursprung aller Organismen. Eine Idee, die nach wie vor ihre Gültigkeit hat.
  4. Die Generelle Morphologie (1866) ist das weltweit erste Lehrbuch der Biologie auf Grundlage der Evolutionstheorie Darwins.
  5. In der Anthropogenie (1874) wies Haeckel auf Grundlage der vergleichenden Anatomie und Embryologie anhand der Organsysteme die Stellung des Menschen innerhalb der Primaten und Wirbeltiere nach. Er rekonstruierte den Stammbaum des Menschen aus den Wirbeltieren und postulierte Fossilfunde, die diese Stammesgeschichte belegen. Wenn auch viele dieser Ideen im Detail empirisch überholt sind beziehungsweise verfeinert wurden, so hat die Grundidee bis heute ihre Gültigkeit bewahrt.

Richard Hertwig (1850-1937)

Unter dem Einfluss von Ernst Haeckel verlagerte Richard Hertwig seine Interessen vom Gebiet der Medizin auf Zoologie und Botanik. Zusammen mit seinem Bruder Oskar Hertwig entwickelte er 1881 die Coelomtheorie: Am Anfang seiner ontogentischen Entwicklung differenziert sich der Keim bei allen mehrzelligen Tieren in verschiedene Zellschichten (Keimblätter), die sich zu bestimmten Organsystemen weiterentwickeln. In der Phylogenie der Mehrzeller entstanden zunächst zwei Keimblätter (Ektoderm und Entoderm). Diese Organisation ist zum Beispiel bei Hohltieren zu finden. Später kam ein drittes Keimblatt (Mesoderm) hinzu. Ein Coelom ist nun ein Flüssigkeitsgefüllter Hohlraum im Mesoderm. Alle Tiere, die dieses Coelom aufweisen werden unter dem Namen Coelenterata zusammengefasst und sind damit auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen. Zu ihnen gehören die Ringelwürmer (Annelidae) und die Rückensaitentiere (Chordata) mit allen Wirbeltieren.

Richard Hartwig war auch der erste, der durch Untersuchungen am Seeigel-Ei entdeckte, dass bei der Befruchtung Ei- und Sperma-Kern miteinander verschmelzen.

Mit seinen Kindern Günther und Paula Hertwig untersuchte er auch die Auswirkungen von Radiumstrahlen auf die Keimesentwicklung (siehe auch Teratologie).

Bekannte Fossilien, die eine besondere Rolle für die Evolutionstheorie spielten

Archaeopteryx (ab 1860)

1860 veröffentlichte Hermann von Meyer, der Leiter der Bayrischen Staatssammlung für Fossilien eine kurze Notiz über eine im Solnhofener Plattenkalk gefundene Feder, die er Archaeopteryx nennt. Später wird ein heute als Londoner Exemplar bekanntes Fossil an das Britische Museum unter Richard Owen (1804-1892) verkauft. Die kreationistischen Deutungen von Meyer und Owen werden von Thomas Henry Huxley (1825-1895) widerlegt. 1871 führte Huxley die Familie Urvögel (Archaeopterygidae) ein. Der Nachweis von Fehlern, die Owen bei der Beschreibung gemacht hatte, kosteten diesen einen guten Teil seiner wissenschaftlichen Reputation und schwächten so den Kreationismus in GB nachhaltig. Archaeopteryx stellte für die Evolutionstheorie auf den ersten Blick einen Missing Link dar, da dieses Fossil sowohl Merkmale von Vögeln als auch von Reptilien enthält und somit zwischen zwei Wirbeltiergruppen steht, die nur schwer voneinander abzuleiten sind.

Stammbaum der Pferde (ab 1870)

1870 erstellte Othniel Charles Marsh (1831-1899) eine morphologische Reihe von Pferdefossilien, die die Evolution von der unspezialisierten mehrstrahligen Extremität zum einzehigen Pferdebein belegen. Diese Reihe galt zu ihrer Zeit als hervorragender Beleg der Evolution.

Die Integration von Vererbungslehre (Genetik) und Populationsgenetik

Die Vererbungslehre oder Genetik war zu Darwins Zeiten ein weithin unbearbeitetes Gebiet. Erst nach seinem Tod konnten sich Ideen durchsetzen, die auch heute noch – wesentlich verfeinerter – Gültigkeit besitzen. Zu Darwins Zeiten gab es zwei Annahmen über die Vererbung, die sich mit den Stichworten blending inheritance (deutsch etwa vermischende Vererbung, wie beim Farbmischen) und partikuläre Vererbung beschreiben lassen.

Eine von Darwin zur Vererbung vertretene Vererbungshypothese beruhte auf der Annahme, dass jede Zelle eines Organismus kleine Teilchen sogenannte Gemmulae ausscheide und diese sich in den Geschlechtsprodukten ansammeln; Veränderungen der Körperzellen würden so auch eine Veränderung der bei der Vererbung weitergereichten Information bedeuten. Solche Theorien der Pangenisis (Erzeugung aus dem Ganzen) besitzen ein Problem: sie können nur unter Zuhilfenahme einer Latenzhypothese mit ungeklärtem Mechanismus erklären können wieso manche Merkmale bei Großeltern und Enkelkindern nicht aber bei den Eltern auftreten - was in Mendels Erklärungsversuch keine Probleme bereitet. Immerhin besitzt bei ihnen Vererbung eine feste Basis in Form von Vererbungsteilchen - allerdings unbekannter Gestalt.

Eine Form der von vielen Biologen geteilten Vererbung erworbener Eigenschaften durch Gebrauch und Nichtgebrauch eines Organes findet sich in dem Lamarck zugeschriebenen Beispiel der Giraffen: Giraffen hätten ursprünglich normale Hälse besessen und ihre langen Hälse nur durch die Streckung derselben nach Futter in Baumkronen erhalten. Eine Giraffe mit langem Hals hat nun Nachfahren gezeugt und somit auch die langen Hälse vererbt. Darwin vertrat diese Erklärung beispielsweise bei Wassergeflügel in Gefangenschaft, deren Flügel oftmals verkümmern und und die Tendenz zu kräftigeren Füßen besitzen.

Gregor Mendel (1822-1884)

Datei:Mendel.png
Gregor Mendel

Gregor Mendel führte vor 1865 wohl durchdachte Experimente mit Erbsen durch, die in ihrer Konsequenz lange unbeachtet blieben. Sie wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Hugo de Vries, Carl Correns und Erich von Tschermak wiederentdeckt und gingen dann in die Genetik beziehungsweise die Evolutionsbiologie ein. Mendels Ergebnisse resultierten aus dem ersten Versuch, der zeigte, dass für jedes Merkmal in der damals noch unbekannten Erbsubstanz zwei Plätze - ein mütterlicher und ein väterlicher - vorhanden sind und dass sich somit Merkmale nicht mischen, sondern in einem dominant-rezessiven Erbgang weitergegeben werden. Dies ist ein erster Befund, der aufgrund experimenteller Ergebnisse den Hypothesen über Vererbung widersprach, die etwa Darwin oder Haeckel vertreten hatten.

August Weismann (1834-1914)

In Schulbüchern so wie populären Darstellungen der Geschichte der Evolutionstheorie findet sich meist nur ein Stichwort zu August Weismann. Er wird heute meist nur noch sehr verengt als radikaler Vertreter des Selektionsprinzips und Begründer der Keimplasmatheorie betrachtet. In der Keimplasmatheorie werden die Zellen eines Organismus in Geschlechtszellen und Körperzellen eingeteilt. Veränderungen der Körperzellen also auch der Gebrauch und Nichtgebrauch der aus Körperzellen bestehenden Organe können danach keinen Einfluss auf die Evolution der Organismen besitzen. Einfluss haben nur Veränderungen (heute: Mutationen) des Erbgutes der Geschlechtszellen. Obwohl seine Idee der Trennung von Keimzellen und Körperzellen richtig war, vermutete Weismann die Erbsubstanz im falschen Zellbestandteil: im Plasma. Nach heutigem Wissen – das erst Jahrzehnte später entstand - ist dagegen die im Zellkern liegende DNA der Träger der Erbinformation.

Weismanns aus eigenen Beobachtungen und theoretischen Arbeiten über die Evolutionstheorie entstandene Einsicht steckte erstmals den Rahmen für den Einbau einer spätere genetische Interpretation der Evolutionstheorie ab.

Thomas Hunt Morgen (1866 - 1945)

1910 zeigte Thomas Hunt Morgan, dass die Chromosomen die Träger der Erbinformation sind.

Godfrey Harold Hardy (1877–1947) und Wilhelm Weinberg (1862–1937)

Der Mathematiker Godfrey Harold Hardy und der Mediziner Wilhelm Weinberg setzten 1908 mit dem Hardy-Weinberg-Gleichgewicht einen Meilenstein in der Populationsgenetik. Danach verändert sich in einer idealen Population die Häufigkeiten der Allele nicht - sie befindet sich im Gleichgewicht. Das bedeutet, dass in einer idealen Population keine Evolution stattfindet. Da es aber keine idealen Populationen gibt, liegt so ein mathematischer Nachweis für Evolution vor: Geringe Populationsgrößen und die Einschränkung der Panmixie beschleunigen evolutionäre Prozesse.

Ronald Fisher (1890–1962)

Der Populationsgenetiker Ronald Fisher definierte 1930 in: 'The genetical theory of natural selection' Evolution als die zeitliche Änderung der Zahl bestimmter Gene innerhalb eines Genpools.

Ausgewählte moderne Theoretiker

Ernst Mayr (1904-2005)

Ernst Mayr gilt zusammen mit Theodosius Dobzhansky als Begründer und als bis heute führender Vertreter der modernen synthetischen Theorie der Evolution, die Darwins Konzept der Selektion mit den Erkenntnissen der modernen Genetik in Einklang brachte.

Gilt als Begründer des modernen biologischen Artkonzeptes. Wenn man sich Darwins Vorstellung des kontinuierlichen Wandels einer Art in eine andere Art genau betrachtet, so ergibt sich das Problem, dass damit der biologische Artbegriff aufgehoben wird, da sich in der ununterbrochene Reihe keine Einschnitte finden, die Arten von Arten trennen. Dieser lange unbeachtete Umstand hätte tief greifende Folgen auch für die Praxis aller Biologen.

In Biologie und Paläontologie existieren mehrere Artbegriffe parallel. Die wichtigsten zwei Gruppen sind der morphologische und der populationsgenetische Artbegriff. Beide Begriffe sind miteinander verbunden, aber nicht deckungsgleich:

  • Im morphologischen Artbegriff werden Merkmalsunterschiede verwendet, um Arten voneinander abzugrenzen. In der Paläontologie ist er der einzig praktikable Artbegriff.
  • Der populationsgenetische Artbegriff begreift Arten dagegen als Fortpflanzungsgemeinschaft.

Ernst Mayr untersucht nun in seinem grundlegenden Werk Artbegriff und Evolution(1967), wie eine Neuinterpretation des biologischen Artbegriffes im Lichte der Evolutionstheorie aussehen kann. Zentrales Paradigma ist die Suche nach Mechanismen, die die Fortpflanzung zwischen einzelnen Populationen unterbinden oder erschweren (das heißt Hybriden besitzen einen geringeren Fitnesswert oder sind steril). Hier wären geographische Separation, zeitliche Separation (beispielsweise ungleichzeitige Fortpflanzungszeiten), Separation durch Verhalten (unterschiedliches Balzverhalten oder Gesang) zu nennen.

Damit sind zahlreiche Fragen nach dem Mikroprozess der Evolution eröffnet. Wichtig für die Neuinterpretation war die Entdeckung von morphologischen Geschwisterarten, Arten, die gleiche Merkmale aufweisen, im gleichen Gebiet zur gleichen Zeit leben und sich trotzdem nicht miteinander fortpflanzen. Ernst Mayr definiert eine Art als "Gruppe von sich untereinander fortpflanzender Lebewesen, die reproduktiv von anderen solchen Gruppen isoliert sind". Diese Isolation ist damit für Ernst Mayr das Kriterium, zwei Arten zu unterscheiden.

Stephen Jay Gould (1941-2002)

Stephen Jay Gould setzte vor allem den Zusammenhang von Evolution und Fortschritt der Kritik aus.

In seinen wissenschaftstheoretischen Schriften wendet er sich gegen sozialdarwinistische, pseudowissenschaftliche und rassistische Überinterpretationen der Evolutionstheorie, wie er sie beispielsweise in der Intelligenzforschung findet.

Mit Richard Dawkins und anderen Evolutionsbiologen besteht eine lang anhaltender Streit Goulds über die Zulässigkeit vieler soziobiologischer Interpretationen. Dieser Streit schlägt auch bei der Deutung Evolutionsmechanismus durch.

Clinton Richard Dawkins (seit 1941)

Siehe Soziobiologie

Siehe auch