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Erich von Falkenhayn

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Erich von Falkenhayn
Erich von Falkenhayn 1914

Erich von Falkenhayn (* 11. September 1861 in Burg Belchau (Landkreis Graudenz/Westpreussen); † 8. April 1922 in Schloss Lindstedt bei Potsdam) war ein deutscher General, osmanischer Marschall und im Ersten Weltkrieg Kriegsminister und Chef des Großen Generalstabs.

Leben

Falkenhayn war 1896 bis 1903, aus finanziellen- und Karrieregründen Militärberater im Kaiserreich China, wo er als Generalstabsoffizier des Ostasiatischen Expeditionskorps an der Niederschlagung des Boxeraufstandes beteiligt war.[1] Danach war er in Braunschweig, Metz und Magdeburg stationiert. Am 8. Juli 1913 wurde er preußischer Kriegsminister. In dieser Position gehörte er zu den Schlüsselfiguren um den Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Wie die meisten Militärs rechnete er nicht mit dem Krieg und war zum Zeitpunkt des Attentats von Sarajevo wohl eher dagegen, gehörte dann aber sehr schnell zu denjenigen, die Kaiser Wilhelm II. zur Kriegserklärung drängten.

Chef des Generalstabs

Im ersten Kriegsjahr löste er nach der Ersten Marneschlacht am 14. September 1914 Helmuth Johannes Ludwig von Moltke als Chef des Generalstabs ab. Nach dem Scheitern des Schlieffenplans versuchte er zuerst Frankreich und England durch den Wettlauf zum Meer (via Nordfrankreich und Belgien zur Nordsee) auszumanövrieren. Dies gelang aber nicht und endete in der Schlacht um Ypern.

Verdun

Falkenhayn hatte frühzeitig erkannt, dass ein militärischer Totalsieg nach der Marneschlacht nicht mehr zu erreichen war. Er drängte in einem am 18 . November 1914 vorgelegten Memorandum die politische Führung, den Krieg auf dem Verhandlungswege zu beenden, fand aber kein Gehör. Trotz der Erfolge in der Schlacht bei Tannenberg hielt er es für unmöglich, Russland völlig zu besiegen. Dies brachte ihn in Konflikt mit Hindenburg und Ludendorff, die das zwar große, aber mangelhaft geführte russische Heer von Norden und Süden umfassen und einkesseln wollten. So hatten sie schon bei Tannenberg gesiegt. Ludendorff nannte Falkenhayn ab der Zeit, als dieser die Umklammerungsstrategie im Osten ablehnte, schlichtweg nur noch „den Verbrecher“. Die Ablehnung Falkenhayns resultierte daraus, dass er fürchtete, beim Erfolg eines solchen Vorgehens von dem Konkurrenten als Generalstabschef abgelöst zu werden. Bereits am 20. Januar 1915 war Falkenhayn als Kriegsminister entlassen worden.

Falkenhayn entwickelte daraufhin eine „Ermattungsstrategie“, die begrenzte Offensiven im Osten und eine Defensive im Westen vorsah. Im Westen wollte er vor Verdun in einem überraschenden Vorstoß die Höhenzüge besetzen und mittels massierter Artillerie die Festung beschießen. Die Franzosen hätten so Verdun, die stärkste ihrer Festungen vor der deutschen Grenze, entweder aufgeben müssen – was sie seiner Meinung nach nie tun würden – oder aber sie wären in Verdun „verblutet“ (die sogenannte „Blutpumpe“, oder auch „Knochenmühle“ von Verdun). Falkenhayn ging dabei keinesfalls davon aus, auf diese Weise gegen die Entente einen Sieg herbeiführen zu können. Vielmehr erwog er, dass die Verluste auf französischer Seite schwerer zu tragen seien als auf deutscher.

Diese Strategie scheiterte unter anderem daran, dass die Franzosen ihre Truppen gemäß Pétains Paternoster-Prinzip rascher ablösten, während die Einsatzphasen der deutschen Verbände länger waren - was demoralisierend wirkte. Der Abwehrsieg der Franzosen vor Verdun kostete sie zwar höhere Verluste als die deutsche Armee. Die Opfer auf deutscher Seite waren aber letztendlich sinnlos. Angesichts der materiellen und personellen Überlegenheit der Alliierten, die sich im Kriegsverlauf immer deutlicher abzeichnete, war Falkenhayns Ermattungsstrategie eigentlich widersinnig.

Rumänien, Palästina und Weißrussland

Nach dem Misserfolg an der Westfront wurde Falkenhayn am 29. August 1916 durch Hindenburg als Chef des Generalstabs abgelöst. Falkenhayn übernahm nun – erfolgreicher – den Oberbefehl der 9. Armee in Rumänien (Eroberung von Bukarest im Dezember 1916 mit August von Mackensen) und wurde darauf türkischer Marschall. Zwar konnte er die Eroberung Palästinas durch die Engländer unter General Edmund Allenby im Dezember 1917 nicht verhindern, wohl aber vorher noch die Zwangsumsiedlung aller Juden aus Palästina, die von der türkischen Regierung unter dem Statthalter Cemal Pascha im Sinne des türkischen Völkermords an den Armeniern geplant war.

Ab Februar 1918 wurde Falkenhayn Oberbefehlshaber der 10. Armee in Weißrussland, in welcher Funktion er auch das Kriegsende erlebte. 1919 schied er aus der Armee aus und zog sich ins Privatleben zurück. Sein Grab auf dem Bornstedter Friedhof nahe dem Potsdamer Schloss Sanssouci ist bis heute erhalten.

Einschätzung

Falkenhayn gilt als ein Vertreter des Stereotyps des preußischen Generals. Seine ganz unbestreitbare politische und militärische Kompetenz – Winston Churchill hielt ihn für den weitaus fähigsten deutschen General im Ersten Weltkrieg – gingen mit seiner Verachtung für Demokratie und Parlament einher, die seine militärische Unbedingtheit noch deutlicher machten. Die wahrscheinlich doch wissentliche und sogar absichtliche Herbeiführung der „Blutpumpe von Verdun“ ist kaum noch nachzuvollziehen; die damalige Art der Kriegsführung erinnert an Menschenverachtung totalitärer Diktatoren späterer Zeiten. Andererseits war Falkenhayn ein loyaler, ehrlicher Freund und Vorgesetzter. Bleibenden Ruhm hat er sich durch sein Verhalten im Judenpogromkonflikt 1917 erworben: „Ein unmenschlicher Exzeß gegen die Juden in Palästina wurde allein durch Falkenhayns Verhalten verhindert, was vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts einen besonderen – und Falkenhayn auszeichnenden – Stellenwert erhält.“[2]

Literatur

  • Holger Afflerbach: Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich. Oldenbourg, München 1994 (Die moderne Standardbiographie).
  • Holger Afflerbach: Die militärische Planung des Deutschen Reiches. In: Der Erste Weltkrieg; Wirkung, Wahrnehmung, Analyse. Piper, München 1994.
  • Robert Foley: German Strategy and the Path to Verdun: Erich von Falkenhayn and the Development of Attrition, 1870–1916. University Press, Cambridge 2005.
  • Ludwig Reiners: In Europa gehen die Lichter aus. Der Untergang des Wilhelminischen Reiches. Beck, München 1954.

Einzelnachweise

  1. Ernst Willi Hansen, Karl-Volker Neugebauer Michael Busch: Das Zeitalter der Weltkriege. 1914 bis 1945. Völker in Waffen. (= Grundkurs deutsche Militärgeschichte 2) Verlag Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58099-0, S. 45.
  2. Holger Afflerbach: Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich. Oldenbourg, München 1994, S. 485.