Timișoara
Timişoara Temeswar / Temeschwar / Temeschburg Temesvár Temišvar | ||||
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Basisdaten | ||||
Staat: | ![]() | |||
Historische Region: | Banat | |||
Kreis: | Timiş | |||
Koordinaten: | 45° 45′ N, 21° 14′ O | |||
Zeitzone: | OEZ (UTC+2) | |||
Höhe: | 90 m | |||
Fläche: | 130,5 km² | |||
Einwohner: | 312.400 (Januar 2008) | |||
Bevölkerungsdichte: | 2.394 Einwohner je km² | |||
Postleitzahl: | 300xxx | |||
Telefonvorwahl: | (+40) 02 | |||
Kfz-Kennzeichen: | ||||
Struktur und Verwaltung (Stand: 2008) | ||||
Gemeindeart: | Stadt | |||
Gliederung: | 30 Stadtteile | |||
Bürgermeister : | Gheorghe Ciuhandu (PNŢ-CD) | |||
Postanschrift: | Bd. C.D. Loga, nr. 1 300030 Timişoara | |||
Website: |

Timişoara [deutsch Temeswar, Temeschwar bzw. Temeschburg, ungarisch Temesvár, serbisch Temišvar) ist eine Stadt im westlichen Rumänien und das historische Zentrum des Banats. Am 1. Januar 2008 hatte sie 312.400 Einwohner und ist somit nach Bukarest die zweitgrößte Stadt Rumäniens.
],Sie ist die Hauptstadt des Kreises (judeţ) Timiş, liegt aber infolge der Flussbegradigungen aus dem 18. Jh. nicht mehr am Fluss Timiş, sondern an der Bega. Vár bedeutet auf ungarisch „Burg“ oder „Festung“.
Allgemeines
Timişoara ist wirtschaftliches sowie kulturelles Zentrum des Banats im Westen des Landes. Das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum beträgt 1,5 %. 20 % der Bevölkerung sind unter 20 Jahren, 4,0 % sind über 70 Jahre alt.
Die Stadt wurde auch als „Klein-Wien“ bezeichnet, weil sie eine sehr lange Zeit zu Österreich gehörte und weiterhin die gesamte Innenstadt von Bauten aus der Kaiserzeit geprägt ist, die sehr an das alte Wien erinnern.
Timişoara ist eine wichtige Universitätsstadt mit den Schwerpunktfächern Physik, Medizin, Mechanik und Elektrotechnik. Auch eine juristische Fakultät ist der Universität angegliedert. Es gibt ein deutsches Gymnasium, das Nikolaus Lenau Lyzeum, ein deutsches Theater – Deutsches Staatstheater Temeswar (DSTT) im Stadtzentrum –, sowie diverse weitere deutsche Schulen und Kindergärten – und nicht zuletzt das Deutsche Kulturzentrum.
Der internationale Flughafen Timişoara liegt im Osten der Stadt, einen kleineren Privatflugplatz findet man im Westen.
Das Stadtzentrum am Piaţa Victoriei besteht aus einem breiten Boulevard mit Geschäften und Straßencafés zwischen der orthodoxen Kathedrale und dem Opernhaus (heute Fußgängerzone) und wird in der deutschen Bevölkerung auch Lloyd-Zeile genannt. Sehenswert ist der alte Festungskern der Stadt (Cetate) rund um die Piaţa Unirii (ausgesprochen: Piatza Uniri), der Domplatz, mit seinen repräsentativen Gebäuden aus der Kaiserzeit, die von Joseph Emanuel Fischer von Erlach geplanten und der heiligen Dreifaltigkeit geweihten römisch-katholischen Domkirche (1736–1774) und der serbischen Kathedrale. Im Zentrum dieses Platzes befindet sich eine Dreifaltigkeitssäule und ein beliebter Artesischer Brunnen.
Deutscher Name der Stadt
Im deutschen Sprachgebrauch wurden und werden die Bezeichnungen Temeswar, Temeschwar und Temeschburg verwendet.
Temeschburg wird in Urkunden aus dem 13. und 14. Jahrhundert erwähnt, z. B. in der Schlacht König Sigmunds 1396 gegen die Türken.
1717 wurden die von den Türken eroberten Gebiete wie das Banat in ihrer Gesamtheit vom Hause Österreich als äraischer (staatlicher) Besitz erklärt, aus dem ungarischen Länderkomplex ausgegliedert, unmittelbar den Wiener Zentralstellen unterstellt und als kaiserliche Provinz verwaltet.[1] Im Allgemeinen haben die Österreicher bereits bestehende geographische Bezeichnungen übernommen. Die Stadt wurde Temeswar genannt. Man muss daher davon ausgehen, dass der Name Temeschburg ungebräuchlich geworden war. Die Namensform Temeschburg war, seit es eine deutsche Ansiedlung im Banat gegeben hat, niemals amtlich.[2]
Im Verlauf des 18. und 19. Jahrhunderts wurde Temeswar in deutschen Texten und Beiträgen stets mit „w“ geschrieben. Das änderte sich um 1843 und insbesondere mit dem Erlass des Ortsnamengesetzes vom 5. Februar 1898 durch das Budapester Innenministerium, wonach die Stadt fortan mit „v“ geschrieben werden musste. Die im Jahre 1852 gegründete „Temesvarer Zeitung“ schrieb sich schon mit „v“, obwohl seinerzeit Deutsch die Amtssprache im Banat war.
Der Name Temeschburg wurde in den 1920er Jahren durch deutschnationale Kreise wieder eingeführt, konnte sich allerdings bei der deutschen Bevölkerung vor Ort nie durchsetzen. Dennoch ist der Name Temeschburg in der Bundesrepublik Deutschland bis heute offizielle Bezeichnung.
1972 wurden alle Namensformen in den Sprachen der Minderheiten in ganz Rumänien verboten, die nicht die direkten Entsprechungen der rumänischen Sprache darstellten. Nach Inkrafttreten des Verbots ging die „Neue Banater Zeitung“ dazu über, den Namen ihres Erscheinungsortes – Temeswar – wieder mit „w“ zu schreiben und hat diese Schreibweise bis heute beibehalten.[3]
Geschichte seit der Stadtgründung bis zum Zweiten Weltkrieg
Im Jahr 1154 wurde Timişoara erstmals durch den arabischen Geographen al-Idrisi urkundlich erwähnt. 1552 eroberten die Osmanen die Stadt. Sie wurde nach den Türkenkriegen und der Eroberung des Banats durch Österreich im Jahre 1716 zur Festungs- und Garnisonsstadt ausgebaut und blieb in den folgenden beiden Jahrhunderten unter österreichischer bzw. später österreichisch-ungarischer Herrschaft. Timişoara wurde in ihrer Geschichte von mehreren Pest- und Choleraepidemien heimgesucht und in verschiedenen Kriegen mehrfach belagert, u. a. von den Türken und während der Revolution von 1848. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam Timişoara zu wirtschaftlicher und kultureller Blüte, wozu der Bau der Eisenbahn und die Kanalisierung des Bega-Flusses wesentlich beigetragen haben. Am 12. November 1884 war Timişoara die erste Stadt in Europa mit elektrischer Straßenbeleuchtung. Seit dem Friedensvertrag von Trianon von 1920 gehörte die Stadt zu Rumänien. 1930 wurde das katholische Bistum Timişoara gegründet.
Die "Rumänische Revolution" von 1989
Die rumänische Revolution gegen die kommunistische Diktatur Nicolae Ceauşescus hatte ihren Ursprung in Timişoara. Am 15. Dezember 1989 fanden zahlreiche Demonstrationen und Unruhen statt. Es kam in der Folge zu einem Massaker auf dem Platz der Oper, als Armee und Securitate auf Demonstranten schossen. Unter ihnen waren unschuldige Kinder, die ihr Leben als erste Opfer der Revolution ließen. Die genauen Opferzahlen sind bis heute noch nicht geklärt und lassen viele Fragen offen. Die revolutionären Ereignisse in Timişoara breiteten sich im gesamten Land aus und führten schließlich dazu, dass Ceauşescu als einziger "roter Diktator" im Rahmen der europaweiten friedlichen Revolutionen des Jahres 1989/90 gewaltsam gestürzt wurde. In einem Schauprozess wurden er und seine Frau Elena standrechtlich erschossen.
Nationalitätenzusammensetzung
Die Stadt wurde seit Jahrhunderten vom friedlichen Zusammenleben verschiedener Nationalitäten geprägt. Die ethnische Zusammensetzung der Stadtbevölkerung änderte sich wegen der wechselnden Staatszugehörigkeit häufig. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es noch eine deutsche und ungarische Mehrheit und neben den Rumänen einen sehr hohen serbischen Bevölkerungsanteil. Bis ungefähr 1944 bildeten die Deutschen die größte Bevölkerungsgruppe. Heute wird Timişoara überwiegend von Rumänen (85,52 %) bewohnt. Es leben aber immer noch viele Magyaren (7,65 %), Deutsche (2,25 %), Serben (1,98 %) und Roma (0,96 %), Schweizer (0,5 %) und Italiener (0,4 %) in der Stadt. Nach einer Schätzung des deutschen Konsulats in Timişoara leben wieder etwa 10.000 Deutsche in der Stadt bzw. dem Umland.
Sehenswürdigkeiten
Wirtschaft
Allgemein lässt sich sagen, dass die Wirtschaft im Banat sich seit 2004 in einer Boomphase befindet. Es finden erhebliche Investitionen aus der EU statt, besonders aus Deutschland und Italien, sowie aus den USA. Continental produziert dort seit mehreren Jahren Reifen, das Werk wird derzeit erheblich erweitert. Die Firma Linde produziert dort technische Gase und ein Teil der Kabelbäume für Fahrzeuge von BMW und Audi werden in Timişoara durch die Firma Dräxlmaier produziert. Die US-Firma Solectron unterhält im Westen der Stadt ein großes Werk zur Produktion von Mobiltelefonen und GPS-Geräten. Die Honold Logistik Gruppe betreibt eines der größten Logistikzentren in Rumänien bei Timişoara. Die amerikanische Firma Procter & Gamble stellt in Timişoara Wasch- und Reinigungsmittel her. Die Schweizer Firma Nestlé produziert hier Waffeln.

Zum aktuellen Boom trägt auch eine Steuerreform durch die rumänische Regierung bei, die eine Flat Tax von 16 % eingeführt hat und sogenannte Mikro-Gesellschaften (bis 100.000 Euro Jahresumsatz) mit optional 3 % des Umsatzes oder 16 % des Gewinns besteuert. Am Ende des Jahres 2005 wurde die Konstruktion der Iulius-Mall beendet. Mit 210 Einzelläden ist sie das größte Einkaufszentrum im westlichen Rumänien.
Die Arbeitslosenquote liegt bei ca. 1,5 % (Quelle: Deutsches Generalkonsulat Timisoara, Stand 3. Quartal 2007). Timisoara gilt als die Großstadt in Europa mit der niedrigsten Arbeitslosenquote, es herrscht Vollbeschäftigung. Der anhaltende Wirtschaftsboom erweist sich bereits als Investitionshemnis, da sich in Timisoara ansiedelnde Unternehmen keine Arbeitskräfte mehr finden. Einige Großunternehmen, besonders aus Deutschland, haben eine Standortverlagerung bereits angekündigt. Hinzu kommen die seit 2004 stetig steigenden Gehälter, die pro Jahr um 30–40 % gestiegen sind und im Durchschnitt bereits höher liegen als in den älteren EU-Beitrittsländern wie Polen, Tschechien oder Ungarn.
Bildungseinrichtungen
Timişoara hat eine Reihe staatlicher und privater Universitäten. Zu nennen sind:
- die Universität des Westens Timişoara,
- die Polytechnische Universität Timişoara,
- die Landwirtschaftliche und Veterinärmedizinische Universität des Banat (USABT),
- die Universität Tibiscus,
- die Medizinische und Pharmazeutische Universität Victor Babeş.
Andere Bildungseinrichtungen sind oder waren:
- die Banatia, 1925 bis 1944
- das Nikolaus Lenau Lyzeum
Persönlichkeiten
Geboren in Timişoara
- Osmān ibn Ahmed (* 1671), Dolmetscher im Osmanischen Reich, Verfasser von: Leben und Abenteuer des Dolmetschers Osmān Aġa. Eine türkische Autobiographie aus der Zeit der grossen Kriege gegen Österreich, hgg. von Richard F. Kreutel/Otto Spies. Bonn 1954.
- Franz Xaver Kappus (1883–1966), Journalist, Adressat der Briefe an einen jungen Dichter Rilkes
- Arnold Hauser (1892–1978), ungarisch-deutscher Kunsthistoriker
- Hans Kaltneker (1895–1919), österreichischer Erzähler, Lyriker und Dramatiker, Vertreter des österreichischen Expressionismus
- Karl Kerényi (1897–1973) Philologe und Religionswissenschaftler
- Johnny Weissmüller (1904–1984), Tarzandarsteller und Leistungsschwimmer, geboren im heutigen Stadtteil Freidorf
- Erwin Ringel (1921–1994), österreichischer Arzt und Vertreter der Individualpsychologie
- Waldemar Wittmann (1925–1988), Ökonom
- Ervin Acél (1935–2006), ungarisch-rumänischer Dirigent
- Ioan Holender (* 1935), Direktor der Wiener Staatsoper
- Nikolaus Berwanger (1935–1989), deutscher Schriftsteller und Journalist
- Richard Oschanitzky (1939–1979), Komponist, Pianist und Jazzmusiker
- Alexandru Moisuc (* 1942), rumänischer Agrarwissenschaftler und Universitätsrektor
- George Lusztig (* 1946), Mathematiker
- Robert Dornhelm (* 1947), österreichischer Filmregisseur
- Catalin Dorian Florescu (* 1967), deutschsprachiger Schriftsteller
- Adrian Constantin (* 1970), Mathematiker
- Alexander Gerdanovits (* 1974), Schriftsteller
- Sandra Romain (* 1978), Pornodarstellerin
Gewirkt in Timişoara
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Musik
Aus der Stadt stammt die rumänische Rockband Transsylvania Phoenix.
Sport
Bekanntester Sportverein der Stadt ist der Fußballklub FCU Politehnica Timişoara, der in der ersten rumänischen Liga spielt, zweimal den Landespokal gewann und zu den beliebtesten Vereinen des Landes zählt.
Städtepartnerschaften

Timişoara unterhält Städtepartnerschaften u. a. mit
- Faenza (Italien)
- Sassari (Italien)
- Treviso (Italien)
- Gera (Deutschland)
- Karlsruhe (Deutschland)
- Mülhausen (Frankreich)
- Rueil-Malmaison (Frankreich)
- Novi Sad/Neusatz an der Donau (Serbien)
- Zrenjanin/Großbetschkerek (Serbien)
- Szeged (Ungarn)
- Shenzhen (Volksrepublik China)
- Cancún (Mexiko)
Der Bezirk 8 (Temesvar Josephstadt) bildet mit den gleichnamigen Bezirken in Wien und Budapest den Bund der Josefsstädte.
Stadtteile
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Einzelnachweise
- ↑ Kaltenbrunner 1958, S.14
- ↑ Peter Kottler 2007, S. 195
- ↑ Peter Kottler: Ortsnamen des Banat im Wandel der Geschichte
- ↑ Nikolaus Lenau Lyzeum auf ro.wikipedia.org
- ↑ Hans Gehl über Herbert Bockel, Zugriff August 2008
- ↑ Deutscher Wirtschaftsclub Temeswar - Januar 2005 Treffen, Zugriff August 2008
- ↑ Dancesport.ro über Bogdan Busmachin, Zugriff August 20086
- ↑ calificativ.ro über Bogdan Busmachin, Zugriff August 2008
- ↑ Sprachwahl und Poesie in einer multiethnischen Region - Der Fall des Banater Dichters Franz Liebhardt, Zugriff August 2008
Weblinks
- Timisoara Tourism (engl.)
- Timisoara Videodarstellung
- Stadtplan Timisoara
- Bilder aus Timisoara
- Offizielle Internetseite des Bürgermeisteramts
- Temeswar.info – Information und Kommunikation
- Ortsansicht und Stadtplan von M. Seutter (Augsburg) 18. Jhd.
- Temesvár. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 15, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 580.