Manichäismus
Der Manichäismus war eine synkretistische Religion der Antike. Sie ist benannt nach ihrem Gründer, dem Perser Mani (*14. April 216 in Seleukeia-Ktesiphon, † 276 in Gandeschapur).
Unter Schapur I. (242 - 273) konnte Mani seine Lehre in Persien verbreiten. Ein nachfolgender Herrscher, Bahram I. (274 - 277) ließ ihn auf Anstiften der Magier, die die alte Religion vertraten, verhaften und hinrichten.
Die Lehre des Mani wird des öfteren als die der zwei Naturen (oder Substanzen, oder Prinzipien) und drei Zeiten (oder Epochen) bezeichnet. Die zwei Naturen sind die des Lichts und die der Finsternis, und die drei Zeiten sind die Zeit in der beide Naturen getrennt waren, dann die Zeit in der sie vermischt sind, und dann die Zeit in der sie wieder (endgültig) getrennt sein werden.
Entstehung
Das Perserreich war zarathustrisch geprägt, aber Mani wuchs in einem judenchristlichen Umfeld auf; er gehörte, ebenso wie sein Vater, vielleicht den Elkesaiten an. In der früheren Forschung wurde die Täufergruppe fälschlich als Mandäer identifiziert. Kontakte. Noch in seiner Jugend hatte Mani Offenbarungserlebnisse. Reisen in den Osten brachten ihn in Kontakt mit dem Mahayana-Buddhismus. Mani sah die Beschränkungen dieser Religionen, die nur in einzelnen Sprachen und für einzelne Völker Verbindlichkeit besaßen, und deren Angehörige oft unter sich um die Lehre stritten. Daher bemühte er sich, die Schriften seiner Religion noch zu seinen Lebzeiten aufschreiben zu lassen, die Lehre eindeutig zu formulieren, um Schismen zu vermeiden, und sie weltweit zu verbreiten. Bis zu seiner Hinrichtung missionierte er im Perserreich, doch seine Anhänger brachten den Manichäismus nach Westen ins Römische Reich, nach Osten bis in das Kaiserreich China.
Mani verstand sich selbst als Nachfolger der großen Religionsstifter: Jesus, Zarathustras und Siddhartha Gautamas, "des" Buddhas. Entsprechend stellt der Manichäismus eine synkretistische Lehre dar, die sowohl zoroastrische, christliche als auch buddhistische Elemente enthält. Auch die geistige Strömung des Gnostizismus hatte Einfluss auf Manis Religion. Das führte dazu, dass der Manichäismus im Mittelmeerraum als "Kirche des heiligen Geistes" auftrat und der Prophet Mani als der von Christus verheißene Paraklet galt, in anderen Teilen der Welt der Religionsstifter als Wiedergeburt des Laozi oder als neuer Buddha gesehen wurde.
Mythos
Am Anfang war das Lichtreich Gottes, dessen Wesen fünf Denkformen umfasste: Vernunft, Denken, Einsicht, Sinne und Überlegung. Demgegenüber steht das Reich der Finsternis, bestehend aus Rauch, Feuer, Wind, Wasser und Finsternis. In diesem Reich herrscht Kampf und Uneinigkeit. Während seiner inneren Kämpfe attackiert die Finsternis das Licht. Gott der Vater ist Friede und will daher keinen Kampf. Aus diesem Grund sendet er seinen Sohn in den Kampf, damit dieser von der Finsternis gefangengenommen wird. Durch das Opfer seines Sohnes bleibt zum einen das Lichtreich unversehrt, zum anderen wird der endgültige Sieg über die Finsternis damit vorbereitet. Um die Lichtelemente zu retten, wird die Welt erschaffen; dabei bildet der "lebendige Geist" die übrig gebliebenen Lichtelemente zu Sonne, Monde, Gestirne, Himmel und Erde, die somit eine Vermischung von Licht und Finsternis darstellen. Erst der "Dritte Gesandte", nach Urmensch (Gayomarth) und lebendiger Geist, setzt die Räder (Feuer, Wasser und Wind) in Bewegung, welche das Licht nach oben zur Milchstraße ableiten und letztendlich an die Sonne weitergeben. Danach enthüllt sich der "Dritte Gesandte" zum Menschenpaar (Adam und Eva), die fortan für das Weltschicksal verantwortlich sind. Um ihrer Rolle gerecht zu werden, sendet der "Dritte Gesandte", "Jesus den Glanz", der den Menschen über "göttliche Vernunft" aufklärt.
Die Endzeit tritt dann ein, wenn die Lichtbefreiung fast vollendet ist und die materielle Welt zu einem Klumpen zusammengeschmolzen wird. Eine Neuerstehung, nach der endgültigen Trennung von Licht und Finsternis, findet nicht statt.
Lehre
In der manichäistischen Weltsicht stehen sich das göttliche Lichtreich und das Reich der Finsternis als Gegner gegenüber. Durch den Kampf zwischen diesen Mächten sind Teile des Lichts von der Finsternis gefangen und in der Welt eingeschlossen worden (vgl. Abschnitt zum Mythos). Lebewesen zu töten, ja allein schon Obst zu pflücken, verletzt diese göttliche Substanz und verlängert ihre Gefangenschaft in der Welt. Auch Fortpflanzung trägt dazu bei, dass Teile der göttlichen Substanz weiterhin in der Welt "leiden" müssen. Einzelne sehen da eine Beziehung zur Erbsündenlehre von Augustinus von Hippo.
Um das Licht zu befreien und wieder zum Reich Gottes hinzuzufügen, braucht es die "Auserwählten". Sie vermeiden jegliche Verletzung des eingeschlossenen Lichtes bzw. Verlängerung seiner Gefangenschaft, indem sie keinen Geschlechtsverkehr haben und weder Menschen, Tiere, noch Pflanzen verletzen. Für ihre Nahrungsbeschaffung müssen daher die "Hörer" sorgen, eine Art manichäische Laien. In der Verdauung der Auserwählten wird das Licht von der Finsternis geschieden und durch Gesang und Gebet kann es wieder zu Gott zurückkehren.
Hörer mussten dafür zu ihrer Reinigung mehrere Inkarnationen durchlaufen, was von einzelnen in Beziehung zur mittelalterlichen Lehre vom Fegefeuer gesetzt wird.
Die Weltgeschichte endet mit einem Gericht in dem Licht und Finsternis auf ewige Zeiten getrennt werden.
Gliederung der manichäistischen Kirche und Ethik
Mani unterteilte seine Anhänger in zwei Gruppen, die er in Hörer und Auserwählte unterschied. Den Auserwählten wurden drei ethische Grundsätze (oder Siegel) auferlegt.
- Siegel des Mundes, mit der Enthaltung von Fleisch, Blut, Wein und Früchten.
- Siegel der Hände, mit der Enthaltung jeglicher Arbeiten. Nur zur Begrüssung durfte die rechte Hand gereicht werden.
- Siegel der Enthaltsamkeit, mit dem Verbot jeglichen Geschlechtsverkehrs.
Für den Ritus wichtig waren Gebete, Rezitieren von Hymnen, feierliches Abendmahl und die Wochenbeichte.
Geschichte
Der Manichäismus breitete sich im 3. und 4. Jahrhundert rasch in Persien und den umliegenden Regionen aus. Ende des 4. Jahrhunderts war er bereits in vielen Teilen des Römischen Reiches präsent, unter anderem in Nordafrika, wo der spätere christliche Kirchenvater Augustinus von Hippo zehn Jahre Hörer - Auditor - der Manichäer war. Nach seiner Abwendung von dieser Lehre (und Hinwendung zum Christentum) bestimmten seine polemischen Schriften gegen die Manichäer bis in das 20. Jahrhundert die europäischen Vorstellungen vom Manichäismus. In welchem Umfang der Manichäismus Augustinus' Denken mit formte und so Eingang ins (vor allem westliche) Christentum fand, ist nicht bis ins Letzte geklärt. Insbesondere polemische Gegner der römisch-katholischen Kirche erklären, Augustinus sei auch als Christ vom Manichäismus beeinflusst gewesen und führen Lehren wie den starke Dualismus (Staaten des Guten und Bösen in seinem Werk "Gottesstaat"), die Fegefeuerlehre (Inkarnation der "Hörer"), die Höllenlehre, die Erbsündenlehre, die Lehre der doppelten Prädestination (electi, auditores und Sünder), den Kreislauf (zwei Staaten zu Anfang und zum Ende) und die Körper- und Sexualfeindlichkeit auf den Manichäismus zurück.
Durch rege Missionstätigkeit breitete sich der Manichäismus bis nach China und Spanien aus. Der Manichäismus wurde 762 unter Bögü Khan Staatsreligion der Uiguren. Die Gründe für den grossen missionarischen Erfolg des Manichäismus sind bisher nicht völlig geklärt. Ein Faktor war sicherlich seine Anpassungsfähigkeit an lokale Gegebenheiten: Die Manichäer passten den Wortschatz ihrer Lehre im Osten dem Buddhismus und im Westen dem Christentum an, wobei der spezifische Gehalt ihrer religiösen Botschaft und ihre Identität trotz der unterschiedlichen Terminologie bemerkenswert homogen waren.
In Westeuropa gelangte der Einfluss der manichäischen Gemeinden vor allem nach Oberitalien, Spanien, Südfrankreich, teilweise sogar bis in die Rheinebene sowie nach Flandern und Holland. Er war zeitweise eine ernsthafte Konkurrenz für das katholische Christentum und hielt sich trotz heftiger Verfolgung bis ins fünfte Jahrhundert. In China ging die Religion etwa im 14. Jahrhundert unter.
Nachdem der Manichäismus als eigene Religion in Europa verschwunden war, hielt sich die Bezeichnung vor allem als polemischer Ausdruck für ketzerische Gruppen, die aber meist inhaltlich keinerlei Übereinstimmungen mit der manichäistischen Lehre aufwiesen. Parallelen zum manichäischen Dualismus gab es bei den Bogomilen und Katharern (Albigensern), eine direkte Beziehung zum Manichäismus ist jedoch nicht erwiesen. Sogar Luther wurde noch als "Manichäist" bezeichnet.
Die heutige Forschung über den Manichäismus stützt sich stark auf die 1930 in Medinet Madi (Medînet Mâdi) in Ägypten gefunden Texte. Dabei handelt es sich um mindestens 51 verschiedene Schriften in koptischer Sprache. Die meisten stammen aus dem 4. Jahrhundert und sind Übersetzungen verlorener Originale griechischer Sprache. Ein weiterer wichtiger Hinweis ist der seit der Mitte des 20. Jahrhunderts bekannte "Kölner Mani-Kodex" aus dem 5. Jahrhundert, das kleinste Buch der Antike. Auf winzigen Pergament-Seiten ist die Lebensgeschichte Manis festgehalten.
Verschiedene neugnostische Bewegungen berufen sich auf den Manichäismus.
Literatur
- Koenen, L. und Römer, C.: Mani. Auf der Spur einer verschollenen Religion. Herder Verlag Freiburg. 1993. ISBN 3451230909 (enthält die Übersetzung des "Kölner-Mani-Kodex")
- Amin Maalouf "Der Mann aus Mesopotamien" ISBN 3426630044
- Christa Maria Siegert Hrsg. "Mani´s Lichtschatz" ISBN 9067321966
- Alexander Böhlig "Die Gnosis: Der Manichäismus" ISBN 3-7608-1107-8
Weblinks
- Tod, Wiedergeburt und Erlösung im Manichäismus
- http://www.uni-koeln.de/phil-fak/ifa/NRWakademie/papyrologie/Manikodex/mani.html
- http://www.beepworld.de/members57/ingridsf/manichaeismus.htm
Siehe auch: Gnosis