Erfindung des Telefons
Das Telefon, in unserer heutigen Gesellschaft ein nicht mehr wegzudenkendes Mittel der Massenkommunikation, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die Entwicklung begann bereits um 1860, als vor allem von Seiten des Militärs der Wunsch nach schnelleren Kommunikationsmitteln aufkam. Bereits 1854 verfasste der Pariser Telegrafenbeamte Charles Bourseul (1829-1912) ein Referat über mögliche Techniken der elektrischen Sprachübertragung, etwa mit einer beweglichen Platte, die abwechselnd einen Stromkreis öffnete oder schloss. Allerdings erkannten weder die Wissenschaftler, noch die Öffentlichkeit der damaligen Zeit die Bedeutung von Bourseuls Idee; man bezeichnete ihn als Träumer und "harmlosen Irren". Von der Kritik entmutigt, gab Bourseul seine Pläne für die Umsetzung der Idee auf und sein Vorschlag geriet für lange Zeit in Vergessenheit.
Drei Jahre zuvor hatte der Physikalische Verein in Frankfurt einen Siebzehnjährigen aufgenommen, der wenig später eine der bedeutendsten Erfindungen des 19. Jahrhunderts machte: Der aus dem hessischen Gelnhausen stammende Bäckersohn Philipp Reis (1834-1874), der in Frankfurt und Friedrichsdorf eine höhere Ausbildung erhalten hatte und als Lehrer für Physik und Mathematik am Institut von Hofrat Garnier in Friedrichsdorf eingestellt worden war, baute 1860 das erste - wenn auch noch sehr primitive - Telefon der Welt. Grundlage war ein Holzmodell einer Ohrmuschel, das er für den Physikunterricht entwickelt hatte, um damit "Töne aller Art durch den galvanischen Strom in beliebiger Entfernung zu reproduzieren". Erst die kurz zuvor erlangten Erkenntnisse auf dem Gebiet des galvanischen Stroms in der Physik und Elektrotechnik ermöglichten die konstruktive Umsetzung dieses Gedankens. Reis simulierte das Trommelfell seines Ohrmodells, indem er daran ein Stück Wursthaut befestigte, deren Schwingungen von einem feinen Platinstreifen und einer Feder abgetastet wurden. Trafen Schallwellen auf das "Trommelfell", versetzten sie dieses in Schwingungen, die wiederum in gleicher Regelmäßigkeit den Stromkreis unterbrachen. Im Laufe seiner Versuche stellte er fest, dass er als Sender statt des komplexen Ohrmodells auch einen mit einer Membran bespannten Schalltrichter verwenden konnte. Als Empfänger diente ihm eine um eine Stecknadel gewickelte Kupferdrahtspule, durch die der vom Sender ausgesandte, teils unterbrochene, Strom floss. Die Nadel übersetzte die Impulse durch Bewegung wieder in Schallwellen; zur Verstärkung der Töne setzte Reis ein Holzkästchen als Resonanzboden ein. Zwar war die Übertragung nur in eine Richtung möglich und die Leistungsfähigkeit sehr gering, aber bei 1947 von der Telefonfirma STC durchgeführten Tests mit dem von Reis entwickelten Telefon wurde festgestellt, dass es Sprache sehr gut übermittelte.
Trotz vieler Bemühungen konnte Reis seinem Apparat nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar wurden einige Geräte von Laboratorien gekauft, viele bedeutende Wissenschaftler ließen sich aber nicht von Reis' Idee überzeugen. Philipp Reis war seiner Zeit schlichtweg voraus; als er sein Telefon bereits fertig gestellt hatte, war die Entwicklung des Telegrafen, die damals im Blickpunkt des wissenschaftlichen und öffentlichen Interesses stand, noch nicht abgeschlossen.
Die Realisierung der Telefon-Idee gelang Alexander Graham Bell (1847-1922) sechzehn Jahre später: Der Taubstummenlehrer, der 1873 eine Privatschule für Stimmphysiologie eröffnet hatte, führte diverse Versuche zur Mehrfachtelegrafie durch. Dabei erkannte er, dass etwas dermaßen Komplexes wie Sprache nicht durch einfache Unterbrechungen eines Stromflusses transportiert werden kann, sondern dass hierzu eine fortdauernde Änderung des Stromes nötig ist. Bell hatte in den Erkenntnissen der "elektromagnetischen Induktion", die auf den Physiker Michael Faraday (1791-1867) zurückgehen, zwar schon eine Lösung für die Umsetzung gefunden. Es mangelte jedoch an den zur Durchführung notwendigen Fachkenntnissen. Erst durch einen Zwischenfall bei einem Versuch erkannte Bell, wie er die Stromänderung steuern konnte. Er machte sich sofort mit seinem Assistenten Thomas A. Watson daran, einen Apparat zu bauen, der - ähnlich dem Telefon des Philipp Reis - die Schwingungen einer Membran in elektrische Schwingungen umwandelte.
Nach etlichen Versuchen mit seinem Apparat ließ Bell im Februar 1876 seinen Anwalt ein Patent beantragen. Nur zwei Stunden später versuchte auch der Erfinder Elisha Gray, ein ähnliches Gerät anzumelden. Drei Wochen später, am 7. März, erhielt Alexander Graham Bell das Patent für sein Telefon - das jedoch, im Gegensatz zu der Erfindung von Gray, erst nach weiteren drei Tagen überhaupt betriebsbereit war. An diesem 10. März 1876 übertrug Bell mit einem Notruf an seinen Assistenten Watson die ersten Worte über sein Telefon. Wie schon Charles Bourseul hatte auch Bell Schwierigkeiten, die Öffentlichkeit für die Erfindung zu begeistern. Verweigerte man Bourseul 1854 nur das Interesse an seiner Idee, wurde Bell gar als Bauchredner und Betrüger bezeichnet. Doch der Erfinder schenkte dem keine Beachtung und arbeitete mit seinem Assistenten weiter an der Verbesserung des Apparates.
Die für den Erfolg seiner Erfindung notwendige Berühmtheit brachten schließlich bedeutende Wissenschaftler aus der Gefolgschaft des damaligen Kaisers von Brasilien, der das Telefon auf einer ersten Ausstellung im Juni 1876 entdeckt hatte. Die Wissenschaftler sahen in dem Apparat "das größte Wunder, das je auf dem Gebiet der Elektrizität vollbracht worden ist" und trugen so entscheidend zur Verbreitung in Europa bei. Bell selbst war die Bedeutsamkeit seiner Erfindung bewusst, und so gründete er 1877 die Bell Telephone Association, die in den Vereinigten Staaten den Bau eines Fernsprechnetzes übernehmen sollte. Elisha Gray verbündete sich mit der Western Union Telegraph Company, der damals größten Telegrafengesellschaft, die zuvor nicht am Kauf des Patents von Bell interessiert war, und fing ebenfalls an, ein Fernsprechnetz aufzubauen. Bald darauf begannen die ersten Patentprozesse, in denen festgestellt werden sollte, ob Bell tatsächlich der Erfinder des Telefons war. Bell konnte alle der insgesamt fast 600 Prozesse für sich entscheiden, da die Gerichte sich meist darauf beriefen, dass Bell als erster ein Patent erworben hatte. So wurde unter anderem nicht nur Elisha Gray und der Western Union, sondern sogar Philipp Reis der Status des Telefonerfinders verwehrt. Die Bell Telephone Association benannte sich 1885 in American Telephone and Telegraph Company (AT&T) um und ist heute der weltgrößte Telefonkonzern.
In Deutschland hatte seit der Erfindung durch Philipp Reis keine weitere Entwicklung des Telefons stattgefunden. Erst 1877, als die Bell Telephone Association mit dem Vertrieb des Bell-Telefons begonnen hatte, interessierte man sich vereinzelt wieder für die Übertragung von Tönen mit Hilfe der Elektroakustik, wie sie dem Telefon zugrunde liegt: Der Berliner Generalpostmeister Heinrich von Stephan führte von Oktober 1877 bis April 1878 Versuche mit zwei Bell-Telefonen durch und baute eine zwei Kilometer lange Telefonverbindung auf, die am 26. Oktober 1877 in Betrieb ging. Um die Grundlage für weitere Versuche zu schaffen, beauftragte man die Firma Siemens & Halske mit Herstellung weiterer Apparate. Ab November 1877 produzierte Siemens & Halske täglich 200 Telefone, von denen ein Großteil bald auch an Privathaushalte verkauft wurde.
Bis ins zweite Drittel des 20. Jahrhunderts änderte sich an der Funktionsweise der Telefone kaum etwas, lediglich die Umstellung von manueller auf automatische Vermittlungstechnik führte zu leicht variierten Geräten. Erst in den siebziger Jahren, als das Telefon zur Grundausstattung fast jeden Haushaltes gehörte, kam mit zunehmendem Wohlstand der Wunsch nach neuen Farben und Designs auf. Die Entdeckungen auf dem Gebiet der Mikroelektronik ermöglichte 1974 die ersten Tastentelefone. Ab diesem Zeitpunkt wurden Telefone in immer kürzeren Abständen technisch erweitert, zunächst durch Rufnummernspeicher und Displays, später unter anderem mit elektronischen Ruftönen und Freisprechfunktion. Auch wurden Mitte der achtziger Jahre die ersten schnurlosen Telefone auf den Markt gebracht. In jüngster Zeit kamen durch immer leistungsstärkere elektronische Bauteile noch Erweiterungen wie elektronische Telefonbücher und Benutzerführung über das Display hinzu.
Im Jahre 1958 begann die Deutsche Bundespost, der zu dieser Zeit auch die Telekommunikation oblag, bundesweit ein öffentliches Mobilfunknetz aufzubauen. Innerhalb von zwölf Jahren gelang es, mit dem Funknetz vier Fünftel der Fläche der Bundesrepublik zu überziehen. Damit war das so genannte A1-Netz das größte zusammenhängende Mobilfunknetz der Welt. Um Gebiete mit hoher Verkehrsdichte zu entlasten, wurden zusätzlich noch A2- und A3-Netz aufgebaut. Um die bis zu elftausend Teilnehmer zu bewältigen, waren fast sechshundert Vermittlungskräfte nötig. Daher konzentrierte man sich auf eine Umstellung von manueller zur automatischen Vermittlung, die 1972 im B-Netz realisiert wurde. Da dieses nach sieben Jahren mit dreizehntausend Benutzern vollständig ausgelastet war, wurde 1980 das B2-Netz hinzugeschaltet und die Kapazität auf knapp 27.000 Teilnehmer erweitert. 1986 löste das C-Netz, das bis zu 400.000 Endbenutzer gleichzeitig bedienen konnte, die beiden Vorgänger ab. Neben tragbaren Endgeräten, die allerdings noch etwa siebenhundert Gramm wogen, war jetzt auch die Verbindung zu Mobilfunkteilnehmern möglich, deren Aufenthaltsort dem Anrufenden nicht bekannt war. Nach zwei Betriebsjahren zählte das C-Netz bereits über hunderttausend Nutzer. Für das Ende der neunziger Jahre rechnete man mit einer Million Teilnehmern im Mobilfunk.
Das D-Netz war 1992 schließlich die bislang letzte große Neuerung auf dem Gebiet der Mobilfunknetze in Deutschland. Im Vergleich zu den vorherigen Netzen gab es zwei wesentliche Unterschiede: Einerseits wurden die technischen Belange von einer europäischen Kommission festgelegt, sodass der Weg für ein einheitliche europäische Mobilfunk-Lösung geebnet war, andererseits erklärte sich die Deutsche Bundespost Telekom (DBPT) bereit, erstmalig mit Mannesmann Mobilfunk auch einen privaten Netzbetreiber zuzulassen. Mannesmann erhielt das D2-Netz, während das D1-Netz weiter von der DBPT betrieben wurde.
Als erstes deutsches Mobilfunknetz wurde das D-Netz vollständig digital übertragen, was unter anderem nicht nur die Sprachqualität deutlich verbesserte, sondern auch kleine und leichte Endgeräte ermöglichte. Mit Einführung des neuen Netzes erlangte der Mobilfunk zunehmend auch bei Privatpersonen Attraktivität, sodass bereits 1995 etwa 1,5 Millionen Benutzer verzeichnet werden konnten.