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Karl Landsteiner

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Karl Landsteiners Bronzebüste in der Polio Hall of Fame

Karl Landsteiner (* 14. Juni 1868 in Baden bei Wien; † 26. Juni 1943 in New York) war ein österreichischer Pathologe und Serologe, der 1901 das AB0-System der Blutgruppen entdeckte, wofür er 1930 den Nobelpreis für Medizin erhielt. 1921 führten ihn weitere Arbeiten zur Prägung des Begriffs Hapten; 1940 entdeckte er außerdem mit Alexander Solomon Wiener den Rhesusfaktor.

Nach seiner Ausbildung

Landsteiners Vater Leopold, ein bekannter Journalist, starb mit 56 Jahren, als Karl sechs Jahre alt war. Dadurch hatte er eine sehr enge Beziehung zu seiner Mutter und ihre Totenmaske hing bis zu seinem Tod in seinem Schlafzimmer. Landsteiner studierte nach seiner am heutigen Wasagymnasium in Wien mit Vorzug bestandenen Matura [1]an der Universität Wien Medizin und promovierte 1891. Während seines Studiums veröffentlichte er eine Arbeit über den Einfluss von Diäten auf die Zusammensetzung des Blutes.

Nach seinem Studium verbrachte Landsteiner 5 Jahre im Ausland in Laboratorien in Zürich, Würzburg und München. 1896 kehrte er nach Wien zurück und wurde Assistent am Hygienischen Institut. Dort machte er Studien über den Mechanismus der Immunität und das Wesen von Antikörpern. Zwischen 1898 und 1908 war Landsteiner Assistent an der Pathologischen Anatomie der Universität Wien, danach bis 1919 Vorstand des Wilhelminenspitals in Wien. Während dieser Zeit veröffentlichte er viele medizinische Arbeiten, unter anderem über die Übertragung der Kinderlähmung. Landsteiners Leistung – zusammen mit Erwin Popper – war der endgültige Nachweis, dass Kinderlähmung eine infektiöse Krankheit ist und durch Injektion von Rückenmarkflüssigkeit eines an der Krankheit verstorbenen Kindes auf Affen übertragen und von einem Tier zum nächsten übertragen werden kann. Für seine bahnbrechenden Erkenntnisse, die als Grundlage für die Poliobekämpfung gelten, wurde er posthum in die Polio Hall of Fame in Warm Springs (Georgia) aufgenommen, die im Januar 1958 eingeweiht wurde.

Landsteiner entdeckte 1900, dass bei Kontakt das Blut zweier Menschen oft verklumpte. 1901 stellte er fest, dass dieser Effekt auch durch Kontakt von Blut mit Blutserum eintrat. In der Folge gelang es ihm dann, die 3 Blutgruppenmerkmale A, B, und 0 des menschlichen Blutes zu identifizieren - das (erst 1910 von Emil Freiherr von Dungern und Ludwik Hirszfeld so bezeichnete) Blutgruppenmerkmal AB wurde 1902 von zwei Kollegen Landsteiners, dem Wiener Internisten Alfred von Decastello-Rechtwehr (1872–1960) und dessen Mitarbeiter Adriano Sturli (1873–1964), entdeckt. Die 1910 von Dungern und Hirszfeld vorgeschlagene AB0-Nomenklatur wurde übrigens erst 1928 auch international übernommen.

Landsteiner war es auch, der erkannte, dass die Bluttransfusion zwischen Personen der gleichen Gruppe nicht zur Zerstörung der Blutzellen führte, wohl aber zwischen Personen verschiedener Blutgruppen, so dass im Jahre 1907 die erste erfolgreiche, auf seinen Arbeiten basierende Bluttransfusion am Mount Sinai Hospital in New York von Reuben Ottenberg durchgeführt werden konnte.

1929 nahm er für sich und die Seinen die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Heute weiß man, dass Menschen mit der Blutgruppe AB alle anderen Blutgruppen akzeptieren (Universalempfänger), die Blutgruppe 0 kann von allen Gruppen empfangen werden (Universalspender). Dies liegt daran, dass Menschen mit der Blutgruppe AB keine Antikörper gegen die Blutgruppe A oder B bilden. Die Blutgruppe 0 dagegen besitzt weder das Merkmal A noch das Merkmal B, so dass nach der Übertragung beim Empfänger auch keine Antikörper dagegen gebildet werden können.

Heutzutage wird bei Bluttransfusionen nur Erythrozytenkonzentrate ohne Blutserum mit Antikörpern übertragen. Diese Erkenntnis ist besonders bei Bluttransfusionen und Operationen sehr wichtig. Für die Entdeckung der Blutgruppen erhielt Landsteiner 1930 den Nobelpreis für Medizin.

Nach dem Ende des ersten Weltkriegs übersiedelte Landsteiner 1919 nach Den Haag, wo er die Prosektur eines kleinen Katholischen Krankenhauses leitete, in zwölf Veröffentlichungen jedoch weiterhin verschiedene serologische Probleme behandelte. So berichtete er 1921 auch über niedermolekulare „spezifische Substanzen“, die die Bindung an ein Protein benötigen um ein sog. Vollantigen zu werden, und für die er die Bezeichnung Haptene vorschlug. 1922 nahm Landsteiner eine Stelle am Rockefeller-Institut in New York an, wo er zusammen mit dem Amerikaner Alexander Solomon Wiener den Rhesusfaktor im Blut von Rhesusaffen entdeckte. Neben der Arbeit an den Blutgruppen beschäftigte er sich mit Fragen zur Entstehung der Paroxysmalen Kältehämoglobinurie, in deren Folge die Donath-Landsteiner-Reaktion als Test zur Diagnosesicherung entwickelt werden konnte.

In seinen letzten Jahren arbeitete er an onkologischen Fragestellungen, da seine Frau an einem bösartigen Tumor der Schilddrüse erkrankt war.

Karl Landsteiner war ein Mensch voller Energie und Forscherdrang. Typisch dafür ist auch sein Ende: Mit 75 Jahren, am 24. Juni 1943, erlitt er während der Arbeit in seinem Labor am Rockefeller-Institut einen Herzinfarkt, dem er zwei Tage später erlag. Seine Frau starb am Weihnachtstag desselben Jahres.

Im Laufe seines Lebens empfing er viele hohe Auszeichnungen, darunter Ehrendoktorate von Universitäten - eines allerdings fehlt, das von Wien. Lediglich im Arkadenhof der Wiener Universität wurde ihm eine Gedenkplakette gewidmet.

Privatleben

1916 heiratete Landsteiner nach langjähriger Verlobungszeit (Landsteiner konnte sich aufgrund seiner freiwilligen Arbeitslast nicht zur Heirat entschließen) Leopoldine Helene, geborene Wlasto. Sie war die Tochter des Mesners der griechisch-orientalischen Kirchengemeinde zu St. Georg. Aufgrund ihrer Liebe zu ihm verließ sie ihre angestammte Religion, um ihrem - vom jüdischen Glauben zur katholischen Bekenntnis konvertierten - Gatten auch religiös näher zu sein. 1917 wurde sein Sohn Ernst Karl geboren. Landsteiner war ein hervorragender und äußerst besorgter Vater, dem es im letzten Kriegsjahr gelang eine Ziege aufzutreiben, so dass trotz allen Mangels wenigstens frische Milch im Haus zur Verfügung stand. Eigenhändig sammelte er Kräuter, damit daraus Ersatzspinat gekocht werden konnte. In der Gemeinde Purkersdorf hatte er ein Haus gekauft, damit sein Nachwuchs nicht in der Stadt, im neunten Wiener Gemeindebezirk, aufwachsen musste.
Privat las er gerne, heimlich auch Kriminalromane - heimlich deswegen, weil er diese Lektüre eigentlich als unter seiner Würde empfand.
Aussehensmäßig strahlte er große Würde aus, war ein Hüne von Gestalt, von kräftiger Statur mit herabhängendem Schnurrbart und einem vergeistigt-forschenden Blick.
Obwohl er seit 1929 die amerikanische Staatsbürgerschaft hatte, fühlte er sich Zeit seines Lebens als Europäer, sprach Deutsch allerdings nur dann, wenn er ungehalten wurde, wie seine Schüler an der Universität feststellten.
Seine Frau und er wurden Seite an Seite in Nantucket beigesetzt.[2]

Landsteiner war ein ausgezeichneter Pianist. Er hatte einen großen Bechsteinflügel in seinem Salon.

Weiteres

Datei:1000 Schilling Karl Landsteiner obverse.jpg
Karl Landsteiner (österreichische Banknote, 1997)
  • Bis zur Euro-Umstellung zierte sein Bild den österreichischen 1000-Schilling-Schein
  • Seit 1988 vergibt die Österreichische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI) jährlich den „Karl Landsteiner Preis“ für hervorragende wissenschaftliche Publikationen auf dem Gebiet der immunologischen Grundlagenforschung. Im Jahre 2003 wurde von der ÖGAI die „Karl Landsteiner Medaille“ für ein hervorragendes Lebenswerk auf dem Gebiete der Immunologie gestiftet und 2004 erstmals verliehen.
  • Am Geburtstag Karl Landsteiners wird seit 2004 der „Weltblutspendetag“ begangen.
  • Seit 2005 besteht in Niederösterreich die „Karl Landsteiner Gesellschaft“ als Verein zur Durchführung von wissenschaftlichen Forschungen im Bereich der Medizin und verwandter wissenschaftlicher Disziplinen.

Einzelnachweise

  1. Große Österreicher,Ueberreuter, Hrsg.Thomas Chorherr, Autor Dr. Pia Maria Plechl
  2. Große Österreicher,Ueberreuter, Hrsg.Thomas Chorherr, Autor Dr. Pia Maria Plechl