Zum Inhalt springen

Germar Rudolf

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. April 2005 um 07:52 Uhr durch 84.58.128.154 (Diskussion) (Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Germar Rudolf (* 29. Oktober 1964 in Limburg an der Lahn), ist diplomierter Chemiker und gehört zu der Gruppe der Geschichtsrevisionisten, die öffentlich behaupten, der Holocaust habe nicht oder nicht in der allgemein bekannten Form stattgefunden (siehe auch Holocaustleugnung).

Aufgrund seiner Aktivitäten im rechtsextremistischen Milieu nahm Germar Rudolf vorübergehend bis zu seiner Scheidung den Nachnamen seiner ersten Ehefrau, Scherer, an. Zeitweilig war er Mitglied der Republikaner.

Nach seinem Abitur 1983 in Remscheid nahm Rudolf ein Studium der Chemie in Bonn auf, das er 1989 abschloß. Während seines Studiums gehörte er der Korporation AV Tuisconia Königsberg zu Bonn und der KDStV Nordgau Prag zu Stuttgart im Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen an (sein Ausschluss erfolgte 1995). Nach seinem Grundwehrdienst erhielt er im Oktober 1990 im Rahmen seines Promotionsstudiengangs eine befristete Anstellung am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Während dieser Zeit verfasste er im Auftrag des Düsseldorfer Rechtsanwalts Hajo Herrmann, der den General a.D. Otto Ernst Remer in einem Prozess wegen Volksvehetzungvertrat, eine Schrift unter dem Titel Gutachten über die Bildung und Nachweisbarkeit von Cyanidverbindungen in den Gaskammern von Auschwitz. In dieser Schrift, dem Rudolf-Gutachten, behauptete Rudolf, den Gaskammern des KZ Auschwitz Mauerproben entnommen und in den Gesteinsresten nur kleine Rückstände von Zyklon B gefunden zu haben, anders als im Fall der Kleiderbegasungskammern gegen Läuse und andere Schädlinge, wo er mehr Rückstände von den die Zeit überdauert habenden Umwandlungsprodukten (‚Preußisch Blau‘) im noch vorhandenen Mauerwerk gefunden haben will. Die Argumentation in dieser Schrift wird in wissenschaftlichen Kreisen allgemein nicht anerkannt; die Schlussfolgerung, in den Gaskammern könnten keine massenhaften Tötungen mit Zyklon-B stattgefunden haben, gilt als unhaltbar.

Da Rudolf zur Erstellung seiner Schrift Ressourcen seines Arbeitgebers, des Max-Planck-Instituts, missbräuchlich verwendet hatte – unter anderem hatte er eine Analyse bei einem anderen Institut in Auftrag gegeben –, wurde ihm 1993 gekündigt; eine Klage dagegen verlor Rudolf. Er finanzierte seinen Lebensunterhalt in der Folge mit Gutachten in anderen Prozessen wegen Volksverhetzung und verwandter Delikte, durch Zuwendungen wohlhabender Gönner und durch publizistische Tätigkeit.

1994 erschien unter dem Pseudonym Ernst Gauss seine Publikation Grundlagen der Zeitgeschichte. Ein Handbuch über strittige Fragen des 20. Jahrhunderts im Grabert-Verlag. Am 15. Juni 1996 wurde dessen Verlagsleiter Wigbert Grabert deshalb wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Geldstrafe in Höhe von 30.000 DM verurteilt (das Urteil ist seit dem 9. Dezember 1998 rechtskräftig.) Das Buch wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Tübingen vom Juli 2000 endgültig eingezogen.

Rudolf, gegen den ebenfalls ermittelt und 1996 das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht Tübingen begonnen wurde, floh im Frühjahr 1996 zunächst nach Spanien, schließlich weiter nach England, um einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten zu entgehen, die das Landgericht Stuttgart im Mai 1995 wegen der Veröffentlichung des ‚Rudolf-Gutachtens‘ verhängt hatte. Im Dezember 1999 mußte das Strafverfahren gegen Rudolf wegen Verjährung schließlich eingestellt werden. Er lebt gegenwärtig in Chicago, wo er politisches Asyl beantragt hatte. Dieser Asylantrag ist im November 2004 endgültig abgelehnt worden. Obwohl er seit dem 11. September 2004 mit einer Amerikanerin verheiratet ist, droht ihm die Abschiebung nach Deutschland.

Derzeit gibt er verschiedene revisionistische Publikationen heraus, darunter auch seit 1997 die Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung, VffG der belgisch-flämischen Organisation Vrij Historisch Onderzoek (Freie historische Forschung), deren Internetauftritt er maßgeblich betreut. Außerdem ist Rudolf Inhaber des revisionistischen Buchverlags Castle Hill Publishers.

Rudolf hat unter zahlreiche Pseudonymen verwendet, unter anderem auch unter den Namen Ernst Gauss, Manfred Köhler, Lennard Rose, Jakob Sprenger. Nach eigenem Engeständnis wollte er dadurch seinen Schriften größere Glaubwürdigkeit verleihen, indem er so tat, als gebe es eine größere Zahl von Fachleuten, die seine Ansichten teilten.

Literatur

  • Thomas Grumke/Bernd Wagner (Hg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Opladen, 2002, S. 312 - 314.
  • Martin Finkenberger: Geschichtsrevisionisten vor Gericht. In: Martin Finkenberger/Horst Junginger (Hrsg.): Im Dienste der Lügen. Herbert Grabert (1901-1978) und seine Verlage. Aschaffenburg: Alibri-Verl., 2004. S. 124-141, hierzu S. 128-141. ISBN 3932710762.