Kurdistan
Kurdistan ist das geographische Siedlungsgebiet der Kurden im Nahen Osten. Es umfasst Teile der Türkei, des Iraks, Irans und Syriens.

Territorialer Umfang
Da es (abgesehen vom autonomen Irakisch-Kurdistan, dessen Grenzen jedoch auch umstritten sind und einer Provinz Kordestan im Iran) offiziell kein politisches Territorium und keine Verwaltungseinheit Kurdistan gibt und sich das Siedlungsgebiet der Kurden zu großen Teilen mit demjenigen der Nachbarvölker (Türken, Araber, Perser, Armenier) überschneidet, lassen sich die Grenzen Kurdistans nicht eindeutig definieren. Die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit vieler Gebiete zu Kurdistan ist deshalb umstritten.
Der Name Kurdistan wurde erstmalig offiziell als Provinz des Seldschukenreiches etwa 1157 erwähnt und bezeichnet diese Region. Es handelt sich also um kein Land sondern um eine Region wie Kleinasien oder Mesopotamien.
Man rechnet mit einer Gesamtfläche von bis zu 500.000 km². Diese erstreckt sich über Ost- und Südostanatolien bis zum Urmiasee in Iran und schließt die Region der Zagrosgebirgskette, also den Nordirak und den Westiran, sowie Teile von Nordsyrien mit ein.
Geschichte Kurdistans
Kurdistan liegt im Herzen des Nahen Ostens. Über Jahrhunderte hinweg war Kurdistan immer wieder Schauplatz von Kämpfen zwischen westlichen und östlichen Mächten: Römer und Parther, bzw. persische Sassaniden, türkische Osmanen und persische Safawiden. Wichtige historische Eckpunkte sind die Islamisierung im 7. Jh. u.Z., die Invasionswellen turkmenischer Nomadenstämme im 11. Jh. und von Türken und Mongolen im 13. Jh.
Die erste bedeutende Teilung Kurdistans wurde zwischen dem Osmanischen Reich und dem Reich der Safawiden (Persien) 1639 im Vertrag von Qesra Serin besiegelt. Der Großteil der kurdischen Fürsten begab sich unter die osmanische Oberhoheit. Die damalige Teilung ist auch heute noch an der fast identisch verlaufenden Grenze zwischen der Türkei und dem Iran sichtbar.
Das Osmanische Reich ist im 19. Jahrhundert durch einen krisenhaften Zustand gekennzeichnet. Mittels Reformen und einer Öffnung zu den Zentraleuropäischen Staaten hin versuchen die Osmanen die Existenz ihres Reiches zu bewahren. Im Inneren bedeutete dies Militarisierung und Intensivierung der Ausbeutung. Eine Art Beamtensystem zur Einziehung der Steuern und Abgaben wurde geschaffen, was die tiefgreifende Beschneidung der Rechte der feudalen kurdischen Klasse beinhaltete. Diese reagierten das ganze Jahrhundert hindurch mit Aufständen, die allesamt von der Zentralmacht niedergeschlagen wurden.
Im 1. Weltkrieg hatte sich das Osmanische Reich auf die Seite Deutschlands gegen England, Frankreich und Russland gestellt. Die Experten streiten sich noch darüber, ob im Schatten des Krieges 1,5 Millionen Armenier und Assyrer getötet wurden. Wenn ja, war das der erste Völkermord dieses Jahrhunderts.
Nach der Niederlage und dem Zerfall des Osmanischen Reichs wurde den Kurden im Vertrag von Sevres 1920 das Recht auf Selbstbestimmung zugebilligt. Die südwestlichen Gebiete Kurdistans waren französischer Einflussbereich und wurden so Syrien zugeschlagen, England wurde Mandatsmacht im heutigen Irak, dem die südöstlichen kurdischen Landesteile zugefügt wurden. Zur gleichen Zeit organisierte Mustafa Kemal Atatürk den Widerstand gegen die europäischen Besatzungsmächte und Griechenland. Die Kemalisten propagierten eine Regierung der beiden Völker und banden auf diese Weise die kurdischen Stammesführer und Scheichs in den türkischen nationalen Befreiungskampf ein. Atatürk schuf so den türkischen Nationalstaat.
In dem Friedensvertrag von Lausanne (24. Juli 1923) wurden die neuen Machtverhältnisse zwischen der Türkei und den Kolonialmächten England und Frankreich vertraglich festgeschrieben. Von den Versprechungen des Vertrages von Sevres gegenüber den Kurden war keine Rede mehr. Kurdistan war nun viergeteilt: die vier Teile entfielen auf die Türkei, den Iran, den Irak, und Syrien, wobei letztere erst in den darauffolgenden Jahrzehnten ihre Unabhängigkeit erhielten.
Nach der Konsolidierung des neuen Staates wandte sich Mustafa Kemal gegen seine ehemaligen Bündnispartner im Inneren. Systematisch ließ er die kurdischen Stammesführer liquidieren und setzte eine Politik Ein Staat eine Nation durch. Unter dem Begriff Kemalismus wurde ein gegen Minderheiten im Inneren gerichteter aggressiver, rassistisch-chauvinistischer Nationalismus entwickelt. Der kemalistische Nationalismus sah vor, innerhalb der Misaak-i-Milli-Grenzen eine türkische Nation zu schaffen, die mit ihrem Land und ihrer Nation eine unteilbare Einheit bildet. Die diversen Nationalitäten und Minderheiten, die mit dieser Absicht nicht in Einklang zu bringen waren, sollten im türkischen Nationalisierungsprozeß verschmelzen oder abgeschafft werden. In den Jahren 1925-40 wurde Nordwestkurdistan fest unter die Kontrolle des türkischen Staates gebracht. Mehrere begrenzte Aufstände - 1925 Scheich Said Aufstand, 1930 Ararat, 1938 Dersimaufstand - wurden von der überlegenen türkischen Armee grausam niedergeschlagen.
Die Kurden galten im offiziellen Sprachgebrauch als Bergtürken. Ihre ungeschriebene Sprache war verboten, ihr Land kolonialistischer Ausbeutung ausgesetzt. Allein in Ostkurdistan (Iran) wurde der Gedanke an Widerstand, Freiheit und Unabhängigkeit aufrecht erhalten. 1946 existierte in Ostkurdistan kurzzeitig die autonome Republik Mahabat. Im Irak kam es immer wieder zu Aufständen gegen die Zentralregierung in Bagdad, die jedoch allesamt mit Niederlagen endeten. Dies lag an der sozialen Struktur und an der Führung durch Stammesführer und Feudalherren, die sich immer wieder zu Spielbällen ausländischer Interessen machen ließen.
Seit den Reformen Atatürks in den 1920er Jahren, näherte sich die Türkei dem Westen an. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Türkei Mitglied in der NATO und hatte an der Südostflanke eine strategische Rolle gegenüber der Sowjetunion inne. Neben Israel lehnt sich die Türkei als zweites Land der Region politisch, wirtschaftlich und militärisch an den Westen an. Als türkische Provinz Teil der Nato ursprünglich gegen die Sowjetuion positioniert, verlor die Region nach dem Fall des eisernen Vorhangs zuerst an strategischem Interesse. Im Zuge des angestrebten Beitritts zur Europäischen Union würde die Region als Grenzregion zum Mittleren Osten erneut große strategische Bedeutung erhalten.
1945 wurde die kurdische Nationalkleidung, der Sal Sapik, verboten, ebenso der Gebrauch der Sprache in der Öffentlichkeit. 1967 erfolgte ein erneutes offizielles Verbot von kurdischer Sprache, Musik, Literatur und Zeitungen. Militärputsche (1960, 1971, 1980) sollten immer wieder dazu dienen, islamistische Regierungen zu verhindern und den laizistischen Kurs Atatürks beizubehalten, sowie die Lage im Inneren zu stabilisieren. In Kurdistan zwangen sie der in Armut lebenden Bevölkerung Friedhofsruhe auf. Gegenwärtig (Oktober 2004) wird unter dem Vorwand der Grenzsicherung zum Irak bei Militäraktionen der Dorfbevölkerung der Aufenthalt in den Dörfern mit der Begründung verboten, sie würden Freiheitskämpfern Unterschlupf gewähren.
Viele vom türkischen Militär gewaltsam ins Ausland vertriebenen Kurden reimportierten ab Ende der 1960er Jahre fortschrittliche Gedanken aus anderen Teilen der Welt, wo sich Völker im Widerstand gegen Kolonialismus, Korruption und Kultur-Imperialismus befanden. Unter diesem Einfluss setzte ein Bewusstwerdungsprozess in Teilen der kurdischen Gesellschaft ein. Ein Ergebnis davon war u.a. die Entstehung der Sozialistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die sich bei dem Kampf gegen Kolonialismus, fremde Ausbeutung von Naturschätzen, das Recht auf kulturelle Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Sozialismus gegen den türkischen Nationalstaat zum Ziel gesetzt hat. Dabei setzte die PKK auch Mittel der Gewalt ein, was anderen, gewaltfreien Vertretern Kurdistans häufig von der türkischen Regierung, Richtern und sogenannten Dorfschützern vorgewurfen wurde.
Gegenwart und Zukunft
Es gibt keine!!
Musik
Geklaut von den Türken!
Newroz
Das Neujahrfest nach dem Kalender des iranischen Sprach- und Kulturkreis wird in von den Kurden bewohnten Gebieten (Türkei, Irak, Iran, Azerbaidschan) Newroz genannt. Newroz ist das wichtigste Nationalfest bei den Kurden.
Kurdish Hiphop
Provinzen und Städte
Türkischer Teil
Provinzen:
- Agiri (Agri)
- Amed (Diyarbakir)
- Bedlis (Bitlis)
- Culemerg (Hakkari)
- Cewlig (Bingöl)
- Dersim (Tunceli)
- Dilok (Antep)
- Elih (Batman)
- Erzingan (Erzincan)
- Erzorom (Erzurum)
- Igdir
- Kars
- Kilis
- Meleti (Malatya)
- Meres (Kahramanmaras)
- Merdin (Mardin)
- Mus
- Riha (Edessa, Urfa, Sanliurfa) das erste christliche Reich
- Semsur (Adiyaman)
- Sêrt (Siirt)
- Sirnax (Sirnak)
- Wan (Van)
- Xarput (Elazig)
Städte: Die gleichnamigen Provinzhaupstädte plus
- Azapert (Adakli)
- Xozat (Hozat)
- Erxani (Ergani)
- Dara Heni (Genc)
- Depe (Karakocan)
- Capujur (Bingöl Stadt)
- Lice
- Malazgirt
- Sewergi (Siverek)
- Tux (Tatvan)
- Gimgim (Varto)
- Gewer (Yüksekova)
Irakischer Teil
Provinzen: Dohuk, kurdisch: Dihok, arabisch: Duhuk
- Erbil, kurdisch: Hewler, arabisch: Arbil
- Sulaimaniya; Kurdisch: Silemani, arabisch: as-Sulaimaniya
- Xaneqin, arabisch: Khanaqin
- Mossul, kurdisch: Musul, arabisch: al-Mawsil
Städte:
- Kirkuk, kurdisch: Kerkuk
- Mossul, kurdisch: Musul, arabisch: al-Mawsil Die alte assyrische Hauptstadt Nineve
- Erbil, kurdisch: Hewler, arabisch: Arbil
- Silemani, arabisch: as-Sulaymaniyah
- Aqre, arabisch: (Aqra)
- Amediye, arabisch: al-Amadiya
- Zaxo (Zacho)
- Dihok
- Xaneqin, arabisch: Khanaqin
- Rewanduz, arabisch Rawandoz
- Saladin
- Cemcemal, arabisch: Chamchamal
- Helebce, arabisch: Halabdscha
Iranischer Teil
- Urmia
- Kirmashan, persisch: (Kermanscha)
- Seqiz (Saqqez)
- Bane
- Ilam
- Sine, persisch: Sanandadsch
- Mahabad
- Rewanser
- Meriwan
- Bokan
- Bidjar
- Qurwa
- Kamiyaran
- Serdest
- Mianduaw
- Piranschar
- Selmas
- Nechade
- Mako
- Choi
- Qesrischirin
- Mehran
- Schahabad
- Diwandere
- Pawe*Newsud
- Dehgulan
- Schino
- Tikantepe
- u.s.w.
ar.
Syrischer Teil
- Qamisli
- Amude
- Derbassiya
- Afrin
- Sere Kaniye
- Kobani
Literatur
- Bernd Drücke: Serxwebun! Gesellschaft, Kultur und Geschichte Kurdistans, Edition Blackbox, Bielefeld, 1988
- Şerafettin Kaya: Diyarbakır - Erfahrung in einem türkischen Kerker, Verlag Edition CON, Bremen, 1984, ISBN 3-885261-35-9
- Namo Aziz: Kein Weg nach Hause. Schmerz und Traum der Kurden, Herder Verlag, Reihe Spektrum, Freiburg im Breisgau, 1991, ISBN 3-451-04074-3, Widmung: Den Toten von Halabdscha
- Selahaddin Mihotuli: "Arya Uygarliklarindan Kürtlere", Koral Verlag, 1992, ISBN 975-7780-01-4
- Hans-Lukas Kieser [Hg.]: "Kurdistan und Europa", Chronos Verlag, 1997, ISBN 3-905312-32-8
- Sahin/ Kauffeld: Daten und Fakten zu Kurden und Kurdistan, Pro Humanitate, Köln, 2002
- Abdullah Öcalan: Gilgameschs Erben, Atlantik Verlag Bremen, 2003
- Azad Salih: Die Schutzzone der Kurden in Irakisch-Kurdistan, Freie Universität Berlin: Dissertation, 2004, online
Weblinks
im 20. Jahrhundert - Türkei/Iran/Irak/Syrien