Spinnen (Garn)
Dieser Artikel handelt vom Spinnen als Tätigkeit. Für die gleichnamigen Tiere der Ordnung Araneae, siehe bitte Webspinnen und Spinne.

Das Spinnen bezeichnet die Herstellung von Fäden. Es ist, wie das Weben, eine der ältesten Technologien der Menschheit. Im Laufe der Zeit wurde das Verfahren schrittweise verfeinert und es entstanden neue Verfahren zur Herstellung von Fäden. Daher hat Spinnen heute dreierlei Bedeutungen:
- Unter Spinnen wird häufig der ganze Prozess der Herstellung von Garnen aus einzelnen Fasern verstanden. Dies beinhaltet das Reinigen, Mischen, parallel Legen der Fasern und die Fadenbildung durch Verziehen und Verdrehen samt anschliessendem Aufspulen.
- Als Spinnen wird aber auch nur der Teilprozess des Verziehens und Verdrehens von Fasern bezeichnet. Beim Spinnen von Hand können die Fasern quasi direkt mit dem Spinnrad versponnen werden, beim maschinellen Spinnen müssen die Fasern bereits in einem gerichteten Strang, dem Streckband, vorliegen. Durch das Verziehen erhält man die gewünschte Garnfeinheit, durch das Verdrehen erhält das Garn seine Festigkeit.
- Historisch bedingt wird auch die Herstellung von synthetischen oder naturnahen Fasern durch Herauspressen von flüssigem Kunststoff aus Düsen Spinnen genannt. Man spricht hier vom Schmelz-, Nass- oder Trockenspinnen, je nachdem, wie der Kunststoff verflüssigt wurde. Die entstehenden Fasern werden zwar gestreckt, aber nicht verdreht, daher sind derartige Fasern noch nicht genügend steif. Oft müssen synthetische Fasern anschliessend in Stücke geschnitten und "richtig" gesponnen werden.
Versponnen werden alle Fasern: Pflanzenfasern wie Baumwolle, synthetische Fasern wie PET, tierische Fasern wie Wolle, früher gar menschliche Haare oder mineralische Fasern wie Asbest.
Das Produkt beim Spinnen wird Garn genannt. Der Ausdruck Faden wird hier nicht verwendet. Die wichtigste Kenngrösse eines gesponnenen Garnes ist neben der verwendeten Faser das Gewicht pro Länge, die Garnfeinheit. Je feiner das Garn, desto stärker und teurer ist es.
Die Qualität der verwendeten Fasern und die Art, wie sie versponnen werden, ist maßgebend für viele Eigenschaften des später daraus entstehenden Textils.
Ein fertig gesponnenes Garn kann auf unterschiedlichste Art weiterverarbeitet werden, z. B.:
Geschichte
Von Hand gesponnen wurde bereits im alten Ägypten. Im Mittelalter wurde das Handspinnrad erfunden, Ende des 18. Jh. die erste Spinnmaschine, die Spinning Jenny. 1769 wurde die erste Spinnmaschine mit Wasserradantrieb zum Patent angemeldet, die Waterframe. Eine Weiterentwicklung der Waterframe und der Jenny war der Selfaktor. In der Mitte des 19. Jh. wurde das Ringspinnen erfunden, welches bis heute das wichtigste Spinnverfahren geblieben ist.
Mythologie
Das Spinnen von Fäden hat auch eine mythologische Symbolik und steht in vielen Mythologien für das Schicksal. Da die Bedienung der Spinnmaschinen mit zunehmender Automatisierung immer einfacher und stark repetitiv wurde, beschäftigten Spinnereien zunehmend unqualifiziertes Personal. Es entstand der negativ konnotierte Ausduck Spinner für Menschen mit verrückten Ideen.
Spinnen sind Kacke gut . Krass ey cool
er ist dumm Die mänlichen Spinnen machen guten !!!PIIIEEEEEEEEPPP!!!!
Spinnen von Hand
Das Spinnen von Hand erfolgte entweder mit blossen Händen oder aber mit einer Handspindel. Eine weitere Vorrichtung zum Spinnen von Hand ist das Spinnrad, mit dem die Entwicklung des mechanischen Spinnens begann. Es wird bereits in der Chronik von Speyer im 13. Jh. n Chr. erwähnt. Die bekannteste Ausführung des Flügelspinnrades bzw. Tretspinnrad entwickelte Johannes Jürgen aus Wolfenbüttel/Braunschweig. Der eigentliche Erfinder ist jedoch Leonardo da Vinci.
Spinnen industriell
Heute existieren in den Industriestaaten nur noch vereinzelt Spinnereien. Die Maschinen zum Spinnen und für sämtliche Vorstufen kommen aber auch heute noch überwiegend aus Zentraleuropa.

Der ganze Spinnprozess gliedert sich in viele einzelne Arbeitsschritte, wovon das Ringspinnen und Rotorspinnen die wichtigsten sind. Die vorbereitenden Schritte lauten:
- Öffnen der Ballen mit einem Ballenöffner
- Reinigung der Rohfasern von Schmutz und Fettresten bei der Wolle oder von Resten der Samenkapseln bei der Baumwolle
- Ausrichten der Fasern mit einer Karde zu einem Strang teilweise paralleler Fasern, dem Kardenband
- Zusammenführen und Strecken mehrerer Kardenbänder auf einer Strecke zur Erhöhung der Gleichmäßigkeit oder zum Herstellen von Mischfasern. Das Strecken wird in der Regel zweimal durchgeführt.
- Zum Ringspinnen kann das Streckband noch gekämmt werden, wenn es aus langstapliger Baumwolle besteht. Damit wird ein noch gleichmäßigeres Garn erzielt. Auf alle Fälle muss das Streckband auf einer Vorspinnmschine, auch Flyer genannt, zu einem Vorgarn, der Lunte, vorgesponnen werden.
Erst jetzt kommt das eigentliche Spinnen. Man kennt hauptsächlich zwei Verfahren: Das Ring- und das Rotorspinnen. Die sackspinne ist eine der gefährlichsten Spinnen Mitteleuropas.
Spinnmaschinen

Die Garnnot, die durch die Weiterentwicklung des Webstuhls entstand, wurde 1764 mit der von James Hargreaves erfunden Jenny beendet, die zunächst mit 8 und später mit 16 Spindelnfäden spann.
1769 begann die fabrikmäßige Garnproduktion durch die Waterframe eine durch ein Wasserrad angetriebene Spinnmaschine. 1774 brachte die Mule eine Verbesserung der Garnqualität, seit 1830 hatte eine Mule bis zu 1000 Spindeln.
1785 Erster Einsatz von Dampfmaschinen in der Spinnerei
1830 folgte die Selfaktorenspinnmaschine. Die Ringspindelmaschine brachte ein kontinuierliches, voll mechanisiertes Spinnverfahren.
Ringspinnen

Am weitesten verbreitet ist das Ringspinnen, wo eine Lunte etwa um den Faktor 40-50 gestreckt und dabei verdreht wird. Ein kleiner Metallring (Läufer) rotiert dabei auf einer kreisförmigen Bahn, dem Ring, um eine Spindel, erteilt dem Faden die Drehung und wickelt das Garn auf eine Hülse, den Kops, auf. Im Anschluss an das Ringspinnen werden mehrere kleine Kopse auf eine grössere Spule umgespult. Grosse Spinnereien besitzen heute in der Grössenordnung von 100.000 Spinnstellen. Ein fertiges Ringgarn besitzt einen Titer von etwa 5-400 tex.
Für das Spinnen von langstapeligen Fasergarnen aus Wolle,langstapeligen Chemiefasern sowie deren Mischung kennt man mehrere Spinnverfahren: 1.Kammgarnspinnverfahren 2.Halbkammgarnspinnverfahren 3.Streichgarn-Spinnverfahren 4.Alternative Spinnverfahren (z. B. Kompaktspinnverfahren, V-Spinnverfahren sowie DREF-Spinnverfahren)
Rotorspinnen

Das Rotorspinnen (auch: OE-Spinnen, engl. Open End) ist etwas seltener anzutreffen, dafür vom Prinzip her einfacher. Es eignet sich für etwas gröbere Garne. Das Vorspinnen auf dem Flyer entfällt, die Maschine kann direkt mit dem Streckband beliefert werden. Das Streckband wird zuerst in einzelne Fasern aufgelöst und von einem Luftstrom in eine sehr schnell drehende Trommel – den Rotor – befördert. Durch die Beschleunigung werden die Fasern gleichmäßig an die Innenwand des Rotors gedrückt, von wo sie abgezogen werden können und sich zu einem Garn formieren. Das Garn wird direkt aufgespult, ein Umspulen entfällt. Ein fertiges Rotorgarn besitzt einen Titer von etwa 10-400 tex, ist haariger als Ringgarn und hat weniger Festigkeit. Die Produktivität einer Rotorspinnerei liegt aber um etwa das 10-fache über der einer Ringspinnerei.
Spinnen von synthetischen Fasern
Das Schmelzspinnen bezeichnet die Herstellung von synthetischen Vorgarnen aus einer Polymerschmelze. Ein flüssiges, da heisses Polymer wird durch eine Matrize mit mehreren Löchern gepresst, verstreckt, abgekühlt und aufgespult. Solche unendlich langen Fasern, Filamente, können in Stücke geschnitten werden und mit Baumwollfasern oder Schurwolle gemischt werden. Eine solche Mischung kann in einem weiteren Spinnprozess zu Garn verarbeitet werden. Belässt man sie am Stück, muss ihnen eine dreidimensionals Struktur verliehen werden, da sich ein derartiges Gewebe sonst schlecht anfühlen würde. Das Verfahren zur Strukturgebung heisst Texturieren.
Das älteste Spinnverfahren für naturnahe Fasern ist das Viskose-Verfahren. Hier wird das Polymer chemisch gelöst und unter geringem Druck in ein Bad verdüst. Wegen diesem Bad wird das Viskose-Verfahren zum Nassspinnen gezählt. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. ist es gelungen, die hohen Drücke, welche zum Herauspressen von synthetischen geschmolzenen Polymeren nötig sind, zu beherrschen. Manche Kunststoffe werden mit einem Lösungsmittel verflüssigt, welches nach dem Austritt aus den Düsen verdampft und feste Kunststofffilamente zurücklässt. In diesem Fall spricht man von Trockenspinnen, da kein Bad benötigt wird.
Das vielleicht am häufigsten verwendete Polymer ist PET, solche Fasern sind z. B. unter dem Markennamen Trevira erhältlich.
Literatur
- Hermann Kirchenberger, Spinnerei 2000, Verlag Bondi, Wien-Perchtoldsdorf 1986, ISBN 3900008108