Relativitätsprinzip
Das Relativitätsprinzip ist ein Grundpfeiler der modernen Physik. Es besagt in klassischer Formulierung, dass in (relativ zueinander) gleichförmig bewegten Inertialsystemen die gleichen physikalischen Gesetze gelten (Kovarianz). Das heißt, die Formeln der klassischen Mechanik behalten ihre Gültigkeit, wenn man ein System der sogenannten Galilei-Transformation unterzieht.
Das Relativitätsprinzip der Bewegung geht auf Galileo Galilei zurück.[1] Dieser demonstrierte das Prinzip anhand der Tatsache, dass ein unter Deck eines Schiffes befindlicher Beobachter aus den Vorgängen um ihn herum nicht schließen kann, ob sich das Schiff in Bewegung befindet oder nicht.[2]
Spezielles Relativitätsprinzip
Hendrik Antoon Lorentz, Henri Poincaré, und Albert Einstein forderten die Kovarianz nicht nur der Mechanik, sondern auch der Elektrodynamik. Poincaré schrieb 1904:[3]
„Das Prinzip der Relativität, nach dem die Gesetze der physikalischen Vorgänge für einen feststehenden Beobachter die gleichen sein sollen, wie für einen in gleichförmiger Translation fortbewegten, so dass wir gar keine Mittel haben oder haben können, zu unterscheiden, ob wir in einer derartigen Bewegung begriffen sind oder nicht.“
Und Einstein definierte 1905 das Relativitätsprinzip so:[4]
„Die Gesetze, nach denen sich die Zustände der physikalischen Systeme ändern, sind unabhängig davon, auf welches von zwei relativ zueinander in gleichförmiger Translationsbewegung befindlichen Koordinatensystemen diese Zustandsänderungen bezogen werden.“
Dies konnte erreicht werden, indem die Galilei-Transformation durch die Lorentz-Transformation ersetzt wurde. Für Geschwindigkeiten, die klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit sind, geht das spezielle Relativitätsprinzip in dasjenige von Galilei über. Einstein ging im Rahmen seiner spezieller Relativitätstheorie noch einen Schritt weiter und erklärte, dass man in Folge der Lorentz-Transformation auf die Vorstellung eines absoluten Raums und einer absoluten Zeit verzichten muss.
Allgemeines Relativitätsprinzip
Während das spezielle Relativitätsprinzip nur für gleichförmig bewegte Inertialsysteme gilt, führte Einstein die Forderung ein, dass alle Bezugssysteme (egal ob beschleunigt oder unbeschleunigt) gleichbereichtigt sein müssen. Einstein schrieb 1916:[5]
„Die Gesetze der Physik müssen so beschaffen sein, daß sie in Bezug auf beliebig bewegte Bezugssysteme gelten. [...] Die allgemeinen Naturgesetze sind durch Gleichungen auszudrücken, die für alle Koordinatensystem gelten, d. h. die beliebigen Substitutionen gegenüber kovariant (allgemein kovariant) sind.“
In der Allgemeinen Relativitätstheorie ist diese Forderung erfüllt, jedoch musste die Vorstellung aufgegeben werden, dass er Raum euklidisch ist. Stattdessen musste eine Nichteuklidische Geometrie verwendet werden.
Quellen
- ↑ Galilei, Galileo: Dialog über die beiden hautsächlichsten Weltsysteme, das Ptolemäische und das Kopernikanische. B.G. Teubner, Leipzig 1891, S. 197–198 (archive.org).
- ↑ S. 197ff: Schließt Euch in Gesellschaft eines Freundes in einen möglichst großen Raum unter dem Deck eines großen Schiffes ein. Verschafft Euch dort Mücken, Schmetterlinge und ähnliches fliegendes Getier; sorgt auch für ein Gefäß mitt Wasser und kleinen Fischen darin; hängt ferner oben einen kleinen Eimer auf, welcher tropfenweise Wasser in ein zweites enghalsiges darunter gestelltes Gefäß träufeln läßt. Beobachtet nun sorgfältig, solange das Schiff stille steht, wie die fliegenden Tierchen mit der nämlichen Geschwindigkeit nach allen Seiten des Zimmers fliegen. Man ward sehen, wie die Fische ohne irgend welchen Unterschied nach allen Richtungen schwimmen; die fallenden Tropfen werden alle in das untergestellte Gefäß fließen. Wenn Ihr Euerem Gefährten einen Gegenstand zuwerft, so braucht Ihr nicht kräftiger nach der einen als nach der anderen Richtung zu werfen, vorausgesetzt, daß es sich um gleiche Entfernungen handelt. Wenn Ihr, wie man sagt, mit gleichen Füßen einen Sprung- macht, werdet Ihr nach jeder Richtung hin gleichweit gelangen. Achtet darauf, Euch aller dieser Dinge sorgfältig zu vergewissern, wiewohl kein Zweifel obwaltet, daß bei ruhendem Schiffe alles sich so verhält. Nun laßt das Schiff mit jeder beliebigen Geschwindigkeit sich bewegen: Ihr werdet — wenn nur die Bewegung gleichförmig ist und nicht hier- und dorthin schwankend — bei allen genannten Erscheinungen nicht die geringste Veränderung eintreten sehen. Aus keiner derselben werdet Ihr entnehmen können, ob das Schiff fährt oder stille steht. Beim Springen werdet Ihr auf den Dielen die nämlichen Strecken zurücklegen wie vorher, und wiewohl das Schiff aufs schnellste sich bewegt, könnt Ihr keine größeren Sprünge nach dem Hinterteile als nach dem Vorderteile zu machen: und doch gleitet der unter Euch befindliche Boden während der Zeit, wo Ihr Euch in der Luft befindet, in entgegengesetzter Richtung zu Euerem Sprunge vorwärts. Wenn Ihr Euerem Gefährten einen Gegenstand zuwerft, so braucht Ihr nicht mit größerer Kraft zu werfen, damit er ankomme, ob nun der Freund sich, im Vorderteile und Ihr Euch im Hinterteile befindet oder ob Ihr umgekehrt steht. Die Tropfen werden wie zuvor in das untere Gefäß fallen, kein einziger wird nach dem Hinterteile zu fallen, obgleich das Schiff, während der Tropfen in der Luft ist, viele Spannen zurücklegt. Die Fische im Wasser werden sich nicht mehr anstrengen müssen, um nach dem vorangehenden Teile des Gefäßes zu schwimmen als nach dem hinterher folgenden; sie werden sich vielmehr mit gleicher Leichtigkeit nach dem Futter begeben, auf welchen Punkt des Gefäßrandes man es auch legen mag. Endlich werden auch die Mücken und Schmetterlinge ihren Flug ganz ohne Unterschied nach allen Richtungen fortsetzen. Niemals wird es vorkommen, daß sie gegen die dem Hinterteil zugekehrte Wand gedrängt werden, gewissermaßen müde von der Anstrengung dem schnellfahrenden Schiffe nachfolgen zu müssen, und doch sind sie während ihres langen Aufenthaltes in der Luft von ihm getrennt. Verbrennt man ein Korn Weihrauch, so wird sich ein wenig Rauch bilden, man wird ihn in die Höhe steigen, wie eine kleine Wolke dort schweben und unterschiedslos sich nicht mehr nach der einen als nach der anderen Seite hin bewegen sehen. Die Ursache dieser Übereinstimmung aller Erscheinungen liegt darin, daß die Bewegung des Schiffes allen darin enthaltenen Dingen, auch der Luft, gemeinsam zukommt. Darum sagte ich auch, man solle sich unter Deck begeben-, denn oben in der freien Luft, die den Lauf des Schiffes nicht begleitet, würden sich mehr oder weniger deutliche Unterschiede bei einigen der genannten Erscheinungen zeigen. So würde unzweifelhaft der Rauch ebensoweit zurückbleiben wie die Luft selbst. Desgleichen würden die Mücken und Schmetterlinge, von der Luft behindert, der Bewegung des Schiffes nicht folgen können, wenn sie sich von ihm um ein beträchtliches Stück entfernten; halten sie sich aber in der Nähe, so würden sie unbehindert und ohne Anstrengung dem Schiffe nachkommen, weil es, als ein unregelmäßig geformtes Bauwerk, die benachbarten Teile der Luft mit sich führt. Aus ähnlichen Gründen sehen wir bisweilen, wie die lästigen Mücken und Bremsen scharf trabenden Pferden nachfolgen und sich bald auf diesen, bald auf jenen Körperteil niederlassen. Bei den fallenden Tropfen hingegen würde der Unterschied ganz geringfügig sein, beim Springen und beim Werfen schwerer Körper sogar völlig unmerklich.
- ↑ Poincaré, Henri: L'état actuel et l'avenir de la physique mathématique. In: Bulletin des sciences mathématiques. 28. Jahrgang, Nr. 2, 1904, S. 302–324. . Deutsche Übersetzung in Poincaré, Henri: Der Wert der Wissenschaft. Xenomos, Berlin 2003, ISBN 3-936532-23-0.
- ↑ Einstein, Albert: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik. 322. Jahrgang, Nr. 10, 1905, S. 891–921 (uni-augsburg.de [PDF]).
- ↑ Einstein, Albert: Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie. In: Annalen der Physik. 354. Jahrgang, Nr. 7, 1916, S. 769–782 (uni-augsburg.de [PDF]).