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Joseph Maria Bocheński

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Joseph Maria Bochenski (* 30. August 1902 in Czuszów (Polen), 8. Februar 1995 in Freiburg im Üchtland (Schweiz) war ein polnischer Philosoph und Logiker.

Als Sohn eines Großgrundbesitzers studierte er in Lemberg Jura, anschließend an der Universität von Posen von 1920 bis 1926 Nationalökonomie. Dem Orden der Dominikaner trat er 1927 bei. Danach nahm er das Studium der Philosophie und Pädagogik an der Universität von Fibourg im Jahre 1928 auf. Mit der Arbeit Die Lehre vom Ding an sich bei Straszewski (1848 - 1921) promoverte er 1931 zum Dr. phil.

Anschließend nahm er von 1931 - 1934 das Studium der Theologie am Angelicum in Rom auf und beendete es mit der Promotion zum Dr. theol. Dort lehrte er bis 1940 Logik. In diesen Jahren kam es zu einem intensiven Kontakt mit der polnischen analytischen Schule. Von 1940 bis 1945 diente er in den polnischen Streitkräften in Schottland und Italien. Von 1945 besetzte er den Lehrstuhl für die Geschichte der Philosophie im 20. Jahrhundert an der Universität Fribourg. Von 1964 bis 1966] bekleidete er dort das Amt des Rektors der Universität. Mehrmals nahm er eine Gastprofessur in den USA an. 1972 emeritierte er.

Neben seiner akademischen Tätigkeit wirkte er auf verschiedenen Gebieten. So gründete er 1948 die Union mondiale des sociétés catholiques de philosophe. Das Osteuropa-Institut in Freibourg gründete er 1957, 1961 die Zeitschrift "Studies in Soviet Thought" und die Zeitschriftenreihe Sovietica. Bochenski fühlte sich der analytischen Philosophie hingezogen und betrachette sich selber als kosmozentrischer Platoniker aristotelischer Prägung. Seine Schwerpunkte in der Arbeit lagen auf dem Gebiet der Geschichte der Philosophie und der Geschichte der Logik. Die Religionsphilosophie betrachtete er als Logik der Religion.

Bochenski stand weltanschaulich und philosophisch auf dem Boden des objektiven Idealismus. Eine Besonderheit seiner philosophischen Ansichten bestand im ontologischen Individualismus, d.h. der Auffassung, daß jedes außergedankliche Ding nur einzeln und nicht allgemein existiert. Davon ausgehend, unterschied er zwei Grundarten des Seienden: das reale und das ideale Seiende. Im Unterschied zu den real seinenden außergedanklichen Dingen sind Gesetze ideal Seiende. Durch diese Verdoppelung der Welt trennt Bochenski die Gesetze als allgemeine, notwendige, innere und wiederholbare Zusammenhänge von der Welt, in der sie wirken. Er war bestrebt, den Nachweis zu erbringen, dass Wissen und religiöser Glaube als unterschiedliche Formen der menschlichen Erkenntnis einander nicht widersprechen. Letztlich führe sowohl die Religion als auch die Philosophie zu einer göttlichen Vorstellung.

Im Unterschied zum Theologen suche der Philosoph jedoch nach der göttlichen Vorstellung um einer vernünftigen Erklärung der Welt willen. Seine erkenntnistheoretischen Position bezeichnete er als "Realismus". Er geht von der Ralität der Außenwelt aus, die er auch für erkennbar hielt. Die Erkenntnis habe jedoch da ihre Grenzen, wo sie auf das ideal Seiende, wie zum Beispiel das Heilige als einer Urgegebenheit stoße. Die göttliche Vorstellung schließlich wird als so verschieden von aller erfahrbaren Realität angesehen, daß an ihm begrifflich nur das faßbar sei, was er nicht sei. Dieser sogenannte "Realismus" überwindet zwar den subjektiven Idealismus, die Grenzen des objektiven Idealismus werden jedoch nicht überschritten.

Neben einer Reihe von Arbeiten zu Fragen der Philosophie und der Philosophiegeschichte besitzen die Arbeiten zur Logik eine besondere Bedeutung. Seine über Jahrzehnte betriebenen historischen Forschungen zur Logik erreichten einen Höhepunkt in der Veröffentlichung eines umfassenden Lehrbuches der Geschichte der Logik. In Anlehnung an Jan Lukasiewicz verband er die klassische Syllogistik des Aristoteles organisch mit dem modernen Logikkalkül. Die vergleichende Analyse der Logik des Theophrast und des Aristoteles führte zu grundlegenden Erkenntnissen in der Modallogik und ihrer Geschichte. Bleibende Ergebnisse erzielte er bei der Darstellung der syntaktischen Kategorien. Die in den "Principia Mathematica" von Alfred North Whitehead und Bertrand Russell gesetzten Maßstäbe und die von Kazimierz Ajdukiewcz zu semantischen Kategorien erörterten Gedanken wurden auf neue und originelle Weise aufgehoben und weiterentwickelt.

Dabei ist jedoch nicht zu übersehen, dass er die Logik implizit in den Traditionen der Scholastik als Rechtfertigungs- und Beweisinstrument für den von ihm vertretenen Thomismsu verwendete. Philosophischer Hintergrund auch seines Logikverständnsisses ist der objektive Idealismus, wobei ein Rückgriff auf die Lehren Paltons sichtbar wurde. Von den Postionen der neuscholastischen Philosophie ausgehend, setzte er sich mit dem dialektischen Materialismus, dem Positivismus und dem Existentialismus auseinander. Den dialektischen Materialismus sah er als besonders gewichtigen Gegner an. Er bezeichnete ihn aus seiner theologischen Position heraus nicht nur als Irrtum, sondern als Sünde.

Werke

  • De cognitione Exist, 1936
  • Elementa logicae Graecae, 1937
  • Nove Lezione di Logica Symbiolica, 1938
  • S. Thomae Aq., 1940
  • De modalibus, 1940
  • La logique de Théophraste, 1947
  • Europäische Philosophie der Gegenwart, 1947
  • On Analogy, 1948
  • Précis de logique mathématique, 1949
  • Der sowjetrussische dialektische Materialismus (Diamat), 1950
  • Ancient Formal Logic, 1951
  • Die zeitgenössischen Denkmethoden, 1954
  • Formale Logik, 1956
  • The Logic of Religion, 1956
  • Die dogmatischen Grundlagen der sowjetischen Philosophie, 1958
  • Handbuch des Weltkommunsimus, 1958 als Mitherausgeber
  • Wege zum philosophischen Denken, 1959
  • Logisch-philosophische Studien, 1959
  • Bibliographie der sowjetischen Philosophie, 1959
  • Grundriß der Logistik, 1954 (eine französische Übersetzung, neu bearbeitet und erweitert von Albert Menne)
  • Philosophy. An Introduction, 1962
  • Logik der Religion, 1968
  • Wissenschaft und Glaube, 1969, in: Hrsg. L. Reinisch, Grenzen der Erkenntnis
  • Marxismus-Leninismus, 1973
  • Selbstdarstellung in: Ligwig J. Pongratz (Hrsg.), Philosophie in Selbstdarstellungen
  • Autorität, Freiheit, Glaube. Sozialphilosophsiche Studien, 1988