Josef Stalin
Josef Stalin (georgisch იოსებ სტალინი/Iosseb Stalini; russisch Иосиф Виссарионович Сталин/Iossif Wissarionowitsch Stalin, wiss. Transliteration Iosif Vissarionovič Stalin; * 6. Dezemberjul. / 18. Dezember 1878greg.[1] in Gori, Georgien; † 5. März 1953 in Kunzewo bei Moskau) war ein sowjetischer Politiker und Diktator. Sein Geburtsname war Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili (georgisch იოსებ ბესარიონის ძე ჯუღაშვილი; russisch Иосиф Виссарионович Джугашвили/Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili, wiss. Transliteration Iosif Vissarionovič Džugašvili, ), den Kampfnamen Stalin (der nach verschiedenen Deutungen[2] für „der Stählerne“ steht) nahm er 1912 an.
Seit 1922 war er Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), seit 1941 Vorsitzender des Rates der Volkskommissare, seit 1946 Vorsitzender des Ministerrats der UdSSR und in den Jahren 1941 bis 1945 Oberster Befehlshaber der Roten Armee – der „Generalissimus“. Nachdem er sich im Machtkampf innerhalb der KPdSU durchgesetzt hatte, behielt er diese Ämter bis zu seinem Tod.
Während seiner Regierungszeit wurden vermeintliche und tatsächliche politische Gegner sowie Millionen weiterer Sowjetbürger und ganze Volksgruppen besetzter Gebiete in Gulag-Strafarbeitslager deportiert. Viele wurden dort ermordet oder kamen durch die unmenschlichen Bedingungen ums Leben.
Die durch ihn vorangetriebene Kollektivierung der Landwirtschaft trug insbesondere in der Ukraine, an der Wolga, am Kuban und anderen Teilen der Sowjetunion zu Hungersnöten bei, denen ungefähr sechs Millionen Menschen zum Opfer fielen.[3]
Stalin gilt weiterhin als treibende Kraft hinter der sowjetischen Industrialisierung. Als wichtiger Partner zuerst des nationalsozialistischen Deutschlands und später der Alliierten hatte er einen entscheidenden Einfluss auf Beginn und Verlauf des Zweiten Weltkrieges sowie auf die Nachkriegsgestaltung Europas.
Jugend

Sein Vater Bessarion Dschugaschwili (ბესარიონ ჯუღაშვილი) war ein Schuhmacher aus Gori. Seine Mutter Ketewan Geladse (ქეთევან გელაძე) war die Tochter eines Leibeigenen. Die Geschwister Stalins starben wenige Monate nach der Geburt, so dass er als Einzelkind aufwuchs.
Das Familienleben war zunächst von Wohlstand geprägt. Der Vater machte sich selbständig, beschäftigte zehn Arbeiter und verschiedene Lehrlinge. In den frühen 1880er Jahren entwickelte er sich jedoch zum streitsüchtigen Alkoholiker, der sein Geld in Schnaps anlegte, Frau und Sohn regelmäßig verprügelte. Ein Jugendfreund Stalins schrieb später: „Diese unverdienten und schrecklichen Prügel machten den Jungen genauso hart und gefühllos wie seinen Vater.“ Zudem habe er Stalin nie weinen sehen. Iosseb Iremaschwili, ein anderer Freund Stalins, schrieb, dass die Prügel auch einen Hass auf Autoritäten in Stalin hervorrief, da jeder Mensch, der mehr Macht als er selbst hatte, ihn an seinen Vater erinnerte. 1888 ging Stalins Vater nach Tiflis und ließ seine Familie zurück.
Einer der Kunden seiner Mutter, der jüdische Kaufmann David Papismedow, gab dem jungen Stalin, der damals den Spitznamen „Sosso“ hatte und seiner Mutter beim Wäschewaschen und bei ihrer Arbeit als Putzfrau half, Geld und Bücher und munterte ihn auf. Jahrzehnte später kam der alte Papismedow in den Kreml, um zu erfahren, was aus dem kleinen Sosso geworden war. Stalin überraschte seine Genossen dadurch, dass er den älteren jüdischen Mann nicht nur empfing, sondern auch in aller Öffentlichkeit mit ihm plauderte.
Ab 1887 ging Iosseb Dschughaschwili in Gori zur Schule. Stalins Klasse war eine sehr gemischte Gruppe von Schülern, die viele verschiedene Sprachen sprachen. In der Schule war jedoch Russisch als Sprache vorgeschrieben. Seine Mitschüler waren meist sozial bessergestellt als er und machten sich anfangs über seine abgetragene Schuluniform und sein pockennarbiges Gesicht lustig. Iosseb Dschughaschwili konnte jedoch bald auf Grund seiner Beobachtungsgabe die Führungsrolle in seiner Klasse übernehmen. Obwohl Stalin später seine georgische Herkunft sehr in den Hintergrund stellte, mochte er in seiner Jugend die georgischen Heimaterzählungen sehr. Eine dieser Erzählungen handelte von dem Bergwanderer Koba, der für die Unabhängigkeit Georgiens gekämpft hatte. Stalin bewunderte ihn sehr und ließ sich von nun an in der Klasse „Koba“ nennen. Unter diesem Spitznamen sollte er lange Zeit später als Revolutionär tätig sein. Um seine niedere Herkunft zu verbergen, versuchte Stalin, der Beste zu sein in allem, was er tat. Deshalb fiel er durch seine Intelligenz auf, wodurch er die Schule 1894 als bester Schüler verließ und für den Besuch des orthodoxen Tifliser Priesterseminars, der damals bedeutendsten höheren Bildungsanstalt Georgiens und eines Zentrums der Opposition gegen den Zarismus, vorgeschlagen wurde.
Als Stalin im Alter von 15 Jahren das zweite Studienjahr des Seminars absolvierte, bekam er Kontakt mit geheimen marxistischen Zirkeln. Er besuchte die Buchhandlung eines gewissen Schelidse, wo die jungen Radikalen Zugang zu linken Werken hatten. 1897 schrieb der stellvertretende Aufseher eine Bemerkung: Er habe Dschughaschwili beim Lesen von Letourneaus Die literarische Entwicklung der Nationen erwischt. Er habe ihn kürzlich auch schon mit Victor Hugos Werken Die Arbeiter des Meeres und 1793 ertappt, insgesamt dreizehnmal mit verbotenen Büchern.
Revolutionäre Tätigkeit vor der Oktoberrevolution


1897 wurde Dschughaschwili, er war 18 Jahre alt, in die erste sozialistische Organisation Georgiens aufgenommen, die Messame-Dassi-Gruppe (dt. Die dritte Gruppe), geführt von Noe Schordania, Nikolos Tschcheidse und G. Zereteli, die später Menschewiki wurden. Im folgenden Jahr leitete Stalin einen Studienzirkel für Arbeiter. Zu dieser Zeit las er schon Werke von Plechanow und die ersten Schriften Lenins. 1898 trat er offiziell in die sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) ein. 1899 wurde er aus dem Priesterseminar ausgeschlossen, weil er aufgrund dieser politischen Tätigkeiten bei mehreren wichtigen Prüfungen gefehlt hatte. Statt Priester wurde Stalin Berufsrevolutionär.
Daraufhin arbeitete Stalin als Propagandist der SDAPR und organisierte unter dem Decknamen „Koba“ unter anderem Streiks und Demonstrationen unter den Eisenbahnarbeitern. 1902 wurde er erstmals festgenommen, weil er eine Arbeiterdemonstration in der georgischen Stadt Batumi verursacht hatte, und anschließend nach Sibirien verbannt. Nachdem er 1904 aus der Verbannung fliehen konnte, wurde er immer wieder – insgesamt acht Mal – verhaftet und in die Verbannung geschickt, konnte aber jedes Mal wieder fliehen.
Um in Kontakt mit Lenin zu bleiben und sich der Verfolgung durch die zaristische Polizei zu entziehen, floh er im Dezember 1912 nach Österreich-Ungarn. Dort verbrachte er einige Monate in Krakau und in Wien.
Als er im Sommer 1913 wieder nach Russland zurückkehrte, wurde er verhaftet. Daraufhin verbrachte er die Jahre von 1913 bis 1917 in der Verbannung bei Turuchansk. Für diese häufigen Verhaftungen und Fluchten gibt es mehrere Erklärungen.
Ein möglicher Grund wird zum Beispiel in der schlechten Organisation der zaristischen Polizei gesehen. Der zaristische Polizeiapparat verfolgte die Revolutionäre nur sehr halbherzig. Die aus der Verbannung „fliehenden“ Bolschewiki konnten zum Beispiel ohne Probleme alle zur Verfügung stehenden Transportmittel nutzen. Außerdem bekamen sie von der Bevölkerung Unterstützung in Form von Nahrungsmitteln und sonstigen Zuwendungen. Wurden die Revolutionäre verhaftet, ließen sie sich einfach ohne weiteren Widerstand in die Verbannung schicken, um am Tag nach ihrer Ankunft sofort die Heimreise anzutreten. Wenn es längere Aufenthalte gab, hatte das die Ursache, dass den Verbannten eine kostenlose Wohnung und ein nicht geringes Kostgeld zur Verfügung stand, die beide dazu geeignet waren, temporäre finanzielle Engpässe der Revolutionäre zu überbrücken. Als eine weitere Erklärung für sein schnelles Freikommen werden ihm Kontakte zur zaristischen Geheimpolizei nachgesagt.[4]
Im Falle von Stalins letztem Verbannungsaufenthalt war auch der Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine Ursache für sein Verbleiben. Er fürchtete, nach seiner nächsten Verhaftung in die Russische Armee eingezogen zu werden.
Nach der auf dem Parteitag in London 1903 erfolgten Spaltung der SDAPR in Menschewiki und Bolschewiki schloss Stalin sich dem Flügel unter Lenin an, der die Meinung vertrat, dass der politische Umsturz in Russland nur durch eine von „professionellen“ Revolutionären zentral geführte Partei zustande kommen würde. Im Jahr 1905 begegnete er auf der allrussischen Konferenz der Bolschewiki in Tampere zum ersten Mal Lenin persönlich. In dieser vorrevolutionären Zeit, in der Stalin schon viele Streiks organisiert hatte, zeigte er sich nicht als großer Theoretiker, sondern vertrat einen pragmatischen Politikstil.
So beteiligte er sich in den folgenden Jahren an der Organisation verschiedener Banküberfälle, um die Parteikasse aufzufüllen. Der bekannteste Überfall, der Überfall auf die Bank von Tiflis ereignete sich im Juni 1907. Es wurden 250.000 Rubel erbeutet. Ab 1912 gehörte er dann nach dem Willen Lenins zu dem Zentralkomitee der Bolschewiki und nahm den Namen „Stalin“ (der Stählerne) als Pseudonym an.
Während seines letzten Verbannungsaufenthaltes lernte er Lew Kamenew kennen und freundete sich mit ihm an. Um die Jahreswende von 1916/1917 verließ er gemeinsam mit Kamenew seinen Verbannungsort. Er wurde von einer Einberufungskommission als wehrdienstuntauglich freigestellt. Nach der Februarrevolution 1917 ging er nach Sankt Petersburg (seit 1914: Petrograd). Er gehörte nun zur Redaktion der Zeitung Prawda. In Sankt Petersburg stieß Grigori Sinowjew zu Stalin und Kamenew. Diese später als ‚Triumvirat‘ bezeichnete Gruppe sollte in der Folgezeit eine bedeutende Rolle in der sowjetischen Politik spielen.
Revolution und Bürgerkrieg
Im Juni 1917 wurde Stalin auf dem ersten Allrussischen Sowjetkongress zum Mitglied des Zentralexekutivkomitees (ZEK) gewählt. Er verfolgte neben anderen Bolschewiki zunächst eine Politik der Zusammenarbeit mit der provisorischen Regierung unter Kerenski. Als Lenin aus dem Exil zurückkehrte und die Unterstützung Kerenskis als Verrat an den Bolschewiki brandmarkte, änderte Stalin seinen Kurs und unterstützte Lenin. Er verteidigte Lenins Ideen auf den großen Debatten der Bolschewiki im September und Oktober. Er hatte jedoch sehr wenig mit der Vorbereitung und Durchführung der Oktoberrevolution zu tun. Die zentrale Rolle bei dem Umsturz kam Leo Trotzki als Chef des Militärischen Komitees des Petrograder Sowjets zu.
In der am 7. November installierten provisorischen ersten Sowjetregierung erhielt er zum Dank für seine Loyalität den Posten des Kommissars für Nationalitätenfragen. Stalin wollte in dieser Position eine freiwillige und ehrenvolle Allianz zwischen Russland und allen Minderheiten des Landes schaffen. Diese Allianz war jedoch dahingehend eingeschränkt, dass ihre Mitglieder sozialistisch zu sein hatten.
Doch es kam anders. Zunächst waren die sowjetische Zentralregierung und die neu geschaffene Rote Armee sehr schwach. Sie kontrollierten im Sommer 1918 ein Gebiet, das die Größe des alten russischen Großfürstentums hatte. Viele der Nationalitäten im zaristischen Russland sahen nun die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen und erklärten ihre Unabhängigkeit, ohne die Sowjetregierung zu konsultieren. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Ukraine, die in Kiew mit der Rada ihr eigenes Parlament schuf und sich unabhängig erklärte. Die einzigen Minderheitengebiete, die sich der sowjetischen Allianz anschlossen, waren Tatarstan und Baschkortostan. Die tatsächliche Aufgabe Stalins bestand in den nächsten Jahren darin, die verlorengegangenen Gebiete wieder in die Sowjetunion einzugliedern. Nachdem sich diese Situation abgezeichnet hatte, änderte er seine Haltung gegenüber den Minderheiten und beschloss jedes Mittel einzusetzen, um die Unabhängigkeit dieser Staaten rückgängig zu machen.
Nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Juni 1918 wurde Stalin Befehlshaber in der von Trotzki neu geschaffenen Roten Armee. Er wurde im Juli als Kommandeur der Südfront nach Zarizyn geschickt, um dort das einzige bedeutende Getreideanbaugebiet, das in den Händen der Sowjetregierung lag, zu sichern. Er verließ sich dabei auf die Hilfe des ehemaligen zaristischen Generals Sytin, der von Trotzki zum Kommandant der Südfront berufen worden war. Mit Sytin geriet er jedoch bald in eine Auseinandersetzung, da er Offiziere der Roten Armee erschießen ließ, die bereits vorher in der Armee des Zaren Offiziere gewesen waren. Es gelang aber dennoch, die Stadt gegen die Truppen des Generals Krasnow zu verteidigen. Zarizyn wurde 1925 deshalb in Stalingrad (‚Stalinstadt‘, das heutige Wolgograd) umbenannt.
Im März 1919 wurde Stalin Mitglied des neuen Inneren Direktoriums der Sowjetregierung. Hier hatte er den ersten heftigen Zusammenstoß mit seinem Hauptrivalen Trotzki. Trotzki gliederte ehemalige Offiziere des zaristischen Heeres wieder in die von ihm geschaffene Rote Armee ein, um die Organisation dieser Truppe zu straffen und sie somit kampfkräftig werden zu lassen. Stalin wehrte sich strikt gegen dieses Vorgehen (insbesondere wegen General Sytin), war aber angesichts der militärischen Erfolge Trotzkis zum Schweigen verurteilt.
Als Kommandeur der Südfront konzentrierte Stalin nach der erfolgreichen Verteidigung von Zarizyn sein Bemühen auf die Eingliederung der kaukasischen Völker in die Sowjetunion. Im Februar 1920 wurden die nordkaukasischen Völker wieder an die Sowjetunion angegliedert. Dieses geschah zunächst auf freiwilliger Basis, da die Nordkaukasier gegen den konterrevolutionären weißen General Denikin revoltiert hatten. Die Tschetschenen erhoben sich aber im August des Jahres wieder gegen die Sowjetmacht und Stalin war bestrebt, die Stabilität der Sowjetherrschaft wieder herzustellen. Den Bergvölkern versprach Stalin folgendes auf dem Kongress der Völker des Terekgebiets am 17. November 1920:
„Jedes Volk – die Tschetschenen, die Inguschen, die Osseten, die Kabardiner, die Balkaren, […] muss seinen eigenen Sowjet haben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass das Scharia notwendig ist, so mag es das Scharia geben. […] Sollte der Beweis erbracht werden, dass die Organe der Tscheka […] es nicht verstehen, sich der Lebensweise und den Besonderheiten der Bevölkerung anzupassen, dann ist klar, dass auch auf diesem Gebiet entsprechende Änderungen vorgenommen werden müssen.“
Gegen Ende des Jahres 1920 befand sich der gesamte Kaukasus mit Ausnahme von Georgien im Territorium der Sowjetunion. Mit Hilfe von Sergo Ordschonikidse, einem Parteifreund aus seiner frühen Parteikarriere, organisierte Stalin die Rückeroberung Georgiens, die im Februar 1921 abgeschlossen war.
Kampf um die Macht
Bereits seit 1917 gab es innerhalb des Zentralkomitees ein so genanntes Triumvirat, welches sich aus Stalin, Lew Kamenew und Grigori Sinowjew zusammensetzte. Stalin war mit Kamenew zusammen in der Verbannung, Sinowjew stand diesen beiden in vielen Auffassungen nahe und war mit ihnen befreundet. Kurz nach der Oktoberrevolution hatte Lenin gegen Sinowjew und Kamenew ein Parteiausschlussverfahren angestrengt, weil sie den geheimen Plan der Bolschewiki zum gewaltsamen Umsturz an die provisorische bürgerliche Regierung verraten hatten. Stalin hatte dafür gesorgt, dass der Parteiausschluss nicht in die Tat umgesetzt wurde. Außerdem verband alle drei eine gemeinsame Abneigung gegen Leo Trotzki, Stalins härtesten Widersacher um die Machtübernahme nach Lenins Tod.
Am 16. Dezember 1922 verließ Lenin die Politik wegen einer schweren Krankheit. Kurze Zeit später war Lenin zu jeglicher Arbeit bis an sein Lebensende unfähig. Die Ärzte verboten ihm jede Art der Anstrengung, denn dies hätte seinen Tod beschleunigt. Das Triumvirat setzte sich an die Spitze der Macht innerhalb des Zentralkomitees und hielt gleichzeitig dessen andere Mitglieder wie die Anhänger Trotzkis von der Macht fern. Dabei produzierte sich Sinowjew vor allem als Redner, Kamenew führte den Vorsitz der Sitzungen und Stalin konzentrierte sich auf die Arbeit mit dem Apparat. Damit lag die Auswahl von Funktionären für die zentralen und lokalen Posten in seinen Händen. Bereits zu Lebzeiten Lenins wurde Kritik am Triumvirat laut. Lenin schrieb in zwei Briefen an den Parteitag, dass sich die Genossen über eine Ablösung Stalins Gedanken machen und nach einem Nachfolger suchen sollten, der toleranter, loyaler und höflicher sei. Aus den gleichen Briefen geht jedoch auch hervor, dass er im damaligen Politbüro keinen anderen geeigneten Kandidaten sah. An Stalins politischer Bilanz setzte Lenin jedoch nichts aus.
Stalin gelang es nach Lenins Tod, die Verbreitung des Testaments mit Hilfe von Kamenew und Sinowjew zu unterdrücken, sodass es zwar in der Sowjetunion bekannt wurde, jedoch nie eine negative Wirkung auf seine spätere Karriere hatte. Lenins Briefe wurden vor den Delegierten des XIII. Parteitags von Sinowjew verlesen, während Kamenew die Interpretation seiner Worte vornahm.
Auch andere Versuche, zum Beispiel geheime Unterredungen von ZK-Mitgliedern (u.a. mit Sinowjew und Kamenew) in Kislowodsk, die zum Ziel hatten, Stalins Macht einzuschränken, scheiterten. Begründet lag dies teils an Meinungsverschiedenheiten der Akteure, teils an politischen Spielen Stalins und der Haltung der Parteimitglieder.
Stalins Gegner Trotzki richtete ebenso Schreiben an das Zentralkomitee, indem er dem Triumvirat vorwarf, ein Regime zu sein, das weiter von der Arbeiterdemokratie entfernt sei als das Regime des Kriegskommunismus während des Bürgerkrieges. Er forderte die alte Garde auf, der noch unerfahrenen jüngeren Generation Platz zu machen und sah das Triumvirat kurz vor der „Entartung“. Nach dem offenen Ausbruch der innerparteilichen Meinungsverschiedenheiten dauerte es aber noch mehrere Jahre, bis Trotzki Ende 1927 aus der Partei ausgeschlossen wurde. Trotzki wurde zuerst nach Kasachstan verbannt und 1929 endgültig aus der Sowjetunion ausgewiesen.
Nach Lenins Tod zerfiel jedoch auch das von Trotzki angeprangerte Triumvirat. Kamenew und Sinowjew wurden zu innerparteilichen Gegnern Stalins, welcher wiederum Unterstützung bei Nikolai Bucharin, Jan Rudsutak, Michail Wassiljewitsch Frunse und Felix Dzierzynski fand. Kamenew und Sinowjew wurden 1926 aus der Partei gedrängt.
Ab 1927 war Stalin somit uneingeschränkter Alleinherrscher in der Sowjetunion. Er war das Haupt der kommunistischen Partei. Im staatlichen Bereich beschränkte er sich lange Zeit auf das Amt eines stellvertretenden Ministerpräsidenten der UdSSR. Seit seinem fünfzigsten Geburtstag 1929 ließ er sich offiziell als „Führer“ (russisch: вождь, Vožd' ) titulieren.[5]
Stalin trieb ab 1928 die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft unnachgiebig voran. Dabei brach er rücksichtslos den Widerstand der wohlhabenderen Bauern, die er als „Kulaken“ diffamierte. Folge, aber auch durchaus erwünschtes Hilfsmittel der Kollektivierung war eine riesige Hungersnot im ganzen Land, die besonders fürchterliche Ausmaße an der Wolga und in der Ukraine annahm. Sie kostete mehrere Millionen Menschen das Leben, jedoch sind genaue Opferzahlen nicht bekannt. Einzelne Schätzungen geben bis zu 22 Millionen Opfer an.
Die Ermordung des Leningrader Parteisekretärs Sergei Kirow im Jahre 1934, der aufgrund seiner wachsenden Beliebtheit als Stalins „Gegenspieler“ galt, lieferte den Vorwand für die Politik der berüchtigten „Säuberungen“ (russisch „Tschistka“). Nahezu alle Parteimitglieder, die 1934 am „Parteitag der Sieger“ als Delegierte teilgenommen hatten (auf diesem Parteitag stimmten bei einer Wiederwahl nur etwa 3/4 der Abgeordneten für Stalin, wohingegen Kirow eine überwältigende Mehrheit bekam), wurden in öffentlichen Schauprozessen (Moskauer Prozesse) zum Tode verurteilt. Darunter war auch ein Großteil der höheren Funktionäre und Minister im Staatsapparat der UdSSR.
Die drei großen Schauprozesse, in deren Verlauf Sinowjew, Kamenew und Bucharin zum Tode verurteilt wurden, waren aufgrund vieler Ungereimtheiten in den Aussagen der Angeklagten von der Weltöffentlichkeit als Inszenierung entlarvt worden. Weiterhin wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein solcher Prozess gegen die Führungsspitze der Roten Armee geführt. Alle vier Prozesse waren der Auftakt zu allgemeinen, von Stalin gesteuerten Säuberungen, die jegliche Opposition in der UdSSR ausschalten sollten. Stalin überließ dabei zuerst Genrich Jagoda und später Nikolai Jeschow, die beide während der Zeit der Großen Säuberung Chef der Geheimpolizei NKWD waren, die Durchführung seiner Instruktionen. Diese liefen meist darauf hinaus, dass die betreffenden Personen zumindest verhaftet, häufig aber erschossen wurden. Die von der Geheimpolizei verwendeten Straftatbestände wegen antisowjetischen Verhaltens, trotzkistischer oder anderer Opposition gegen die KPdSU sowie einer Vielzahl anderer Verschwörungstheorien waren allesamt Verstöße gegen den Paragraphen 58 des Strafgesetzbuches der UdSSR, der die rechtliche Grundlage für die Verfolgungen bildete.
Zwischen September 1936 und Dezember 1938 wurden schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen umgebracht. Umstritten bleibt in der Forschung, inwieweit die Verfolgungen von zum Teil treuen Anhängern einen rationalen Kern hatten, oder ob man von reinen Wahnvorstellungen Stalins reden muss. Das Ergebnis der Säuberungen war, dass Stalin nach 1938 wirklich die absolute Macht in der Sowjetunion innehatte. Nach dem Ende der Tschistka und der Ersetzung Nikolai Jeschows durch Lawrenti Beria wurden die willkürlichen Verhaftungen zwar nicht gestoppt, die verhafteten Menschen wurden aber meist zu Haftzeiten in Straflagern verurteilt, deren Dauer zehn Jahre betrug. Durch eine Gesetzesänderung wurde die Frist im Jahr 1949 auf 25 Jahre heraufgesetzt.
Stalin umgab sich in dieser Zeit mit einem immer größere Maße annehmenden Personenkult. Dieser äußerte sich unter anderem in der Kunst (Lobpreisungs- und Ergebenheitswerke in Literatur und bildender Kunst) und in seiner allgegenwärtigen öffentlichen Präsenz. So wurden in fast allen Sowjetrepubliken und Ostblockstaaten einige Städte in Stalinstadt umbenannt, daneben öffentliche Gebäude, Werke, Sportstätten, Straßen und anderes mehr.
Wichtige Mitarbeiter Stalins waren nach dem Ende der Tschistka Lasar Kaganowitsch, der Volkskommissar für innere Angelegenheiten, NKWD-Chef Lawrenti Beria, Trofim Lyssenko, Michail Kalinin, Kliment Woroschilow, Andrei Andrejew und Andrei Schdanow.
Nichtangriffspakt vor Kriegsbeginn
→ Hauptartikel: Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt
In dem 1939 (23. August 1939, Moskau) abgeschlossenen Nichtangriffspakt mit dem nationalsozialistischen Deutschland, dem Hitler-Stalin-Pakt, war ein Geheimabkommen enthalten, das die Interessensphären zwischen Deutschland und der Sowjetunion gegeneinander abgrenzte.
In der Erwiderung auf die Meldung der französischen Nachrichten- und Werbeagentur Havas über eine angebliche Rede Stalins vor dem Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion am 19. August 1939 erklärte dieser am 30. November 1939 in einem Artikel in der Prawda:[6]
„Diese Meldung der Agentur Havas ist wie viele andere ihrer Meldungen ein Lügengeschwätz. Ich kann natürlich nicht wissen, in welchem Café-chantant dieses Lügengeschwätz fabriziert worden ist. Aber wie sehr auch die Herrschaften in der Agentur Havas lügen mögen, so können sie doch nicht in Abrede stellen,
- a) daß nicht Deutschland Frankreich und England angegriffen hat, sondern daß Frankreich und England Deutschland angegriffen und damit die Verantwortung für den gegenwärtigen Krieg auf sich genommen haben;
- b) daß Deutschland nach der Eröffnung der Kampfhandlungen Frankreich und England Friedensvorschläge unterbreitet, und daß die Sowjetunion diese Friedensvorschläge Deutschlands offen unterstützt hat, weil sie der Auffassung ist und dies auch weiterhin sein wird, daß eine schnellstmögliche Beendigung des Krieges in entscheidender Weise die Lage aller Länder und Völker erleichtern würde;
- c) daß die herrschenden Kreise Englands und Frankreichs in brüsker Form sowohl die Friedensvorschläge Deutschlands wie auch die Versuche der Sowjetunion, eine schnellstmögliche Beendigung des Krieges zu erreichen, abgelehnt haben. Das sind die Tatsachen.
- Was können die Café-chantant-Politiker aus der Agentur Havas dem entgegenstellen?“
Nach dem deutschen Angriff auf Polen besetzte die Sowjetunion am 17. September 1939 Teile Ostpolens. Später wurden die baltischen Staaten und das rumänische Bessarabien, die im Hitler-Stalin-Pakt der Sowjetunion zugesprochen worden waren, von der Roten Armee besetzt und der Sowjetunion einverleibt.
In Finnland sah Stalin ebenso eine mögliche Gefährdung der Sicherheit des sowjetischen Staates. Er fürchtete die Nähe der finnischen Grenze zu Leningrad und Finnland als mögliche Basis für Luftangriffe fremder Mächte. Nachdem das Land nicht auf diplomatischem Wege zu Gebietsabtretungen zu bewegen war ordnete Stalin im November 1939 ohne eine Kriegserklärung den Winterkrieg gegen das Land zu beginnen. Dabei ließ er entgegen des Kriegsplans seines Generalstabschefs Schaposchnikow den Krieg zuerst mit begrenzten Kräften führen. Diese Offensive nur mit den Truppen des Militärbezirks Leningrad scheiterte. Eine zweite sowjetische Offensive, nun mit mehr Truppen und anderem Schwerpunkt, brachte das Land im März 1940 dazu, einen Teil seines Territoriums abzutreten. Dabei wurde aber Seitens Stalin das Kriegsziel der Besetzung des gesamten Landes und der Errichtung einer eigenen kommunistischen Exilregierung fallen gelassen. Das aggressive Vorgehen der Sowjetunion gegen Finnland führte noch während der Kämpfe zu ihrem Ausschluß aus dem Völkerbund und zu empörten Reaktionen im westlichen Ausland.[7]
Zweiter Weltkrieg
Vom deutschen Angriff 1941 wurden Stalin und die Rote Armee überrascht. Während des „Großen Vaterländischen Krieges“ ließ sich Stalin zum Oberbefehlshaber der Roten Armee („Generalissimus“) ernennen. Durch Appelle an den Patriotismus und die allgemeine Wut auf die deutsche Aggression zum einen und Staatsterror zum anderen gelang es ihm, Unterstützung großer Teile der Bevölkerung zu erreichen. Jedoch kam es im Krieg immer wieder zu fatalen Fehleinschätzungen der Situation durch Stalin. Beispielsweise dachte er bei Kriegsbeginn, dass der Feind über den Süden in Russland einrücken würde, und ließ dementsprechend dort stärkere Truppen stationieren. Die Deutschen stießen aber mit ihrer Hauptmacht über den Norden, also das Baltikum und die heute weißrussischen Gebiete, vor.
Der russische Historiker Anton Antonow-Owsejenko urteilte auf Basis von Berichten über die Aussagen der sowjetischen Marschälle Tuchatschewski, Alexander Jegorow und Rokossowski, dass Stalin sich bei der Führung militärischer Verbände als unfähig erwies. Außerdem hätte die Führung der Roten Armee zahlreiche seiner Befehle insgeheim ignoriert, weil sie unsinnig gewesen seien. Ebenso hätte nach dem Ende der Stalin-Ära Marschall Georgi Schukow hinter verschlossenen Türen Stalin und der damaligen Parteiführung vorgeworfen, das Leben von Soldaten sinnlos geopfert zu haben.[8]
Auf den Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion reagierte Stalin anfangs gar nicht. Anastas Mikojan schrieb in seinen Memoiren, dass Stalin nicht wusste, „was er dem Volk sagen sollte“. [9] Stalin war überzeugt, dass die Deutschen keinen direkten Angriff wagen würden, sondern lediglich provozieren wollten. Er meinte sogar, dass sie selbst eigene Städte zum Zweck der Provokation bombardieren würden.[10] Anstelle Stalins musste der Außenminister Molotow als erster zu den Menschen der Sowjetunion sprechen und sie über den Angriff der Deutschen informieren. Ein persönliches Auftreten Stalins in den ersten Tagen des Großen Vaterländischen Krieges hätte seine Politik der vergangenen Jahre zu stark in Zweifel gezogen, da die anfänglichen Niederlagen zu einem großen Teil auf die Säuberungen innerhalb der Roten Armee zurückzuführen waren. Molotow selbst sprach in seiner Rede erstmals vom Vaterländischen Krieg in Bezug auf den (siegreichen) Krieg Russlands gegen Napoleon. Erst am 3. Juli meldete sich Stalin zu Wort und hielt eine Radioansprache, der im Gegensatz zu früheren Reden jegliches Pathos fehlte.[11] Viel erstaunlicher war allerdings der Inhalt der Rede. Neben den zu erwartenden Lügen über die tatsächliche Situation an der Front sei vor allem die verwendete Sprache Stalins ein Novum gewesen. Statt dem gewohnten "Genossen" redete Stalin seine Zuhörer mit dem sehr persönlichen "Genossen! Bürger! Brüder und Schwestern! Kämpfer unserer Armee und Flotte, an Euch wende ich mich, meine Freunde" (Товарищи! Граждане! Братья и сестры! Бойцы нашей армии и флота! К вам обращаюсь я, друзья мои!) an.[12] Angesichts des bisherigen Personenkultes um Stalin war diese Anrede, die faktisch auf Augenhöhe stattfand, mehr als ungewöhnlich. In den Folgemonaten veränderte sich das Bild Stalins und der sowjetischen Propaganda völlig. Stalin trat in den Hintergrund, die Prawda veröffentlichte nur noch alte Fotos des Diktators, Reden wurden gar nicht mehr gehalten. Anstelle einer ideologisch motivierten Propaganda, die zum "neuen Menschen" erziehen sollte, geriet immer mehr eine patriotisch orientierte Kriegskampagne in den Blickpunkt. Kurz: Stalin verschwand größtenteils von Plakaten, aus Filmen usw. und wurde durch die allgegenwärtige Rodina mat’ ersetzt. Der Personenkult um Stalin erwachte erst wieder Ende 1944, als ein Sieg der Roten Armee über das Deutsche Reich als sicher galt.
Während des Kriegs veränderte sich auch der Terror. Von der Willkür des Großen Terrors der 30er-Jahre fand ein Übergang auf gezielten Terror gegen einzelne Volksgruppen der Sowjetunion statt, die verdächtigt wurden, mit den Deutschen zu paktieren. Millionen von Menschen, ganze Völker und Volksgruppen wie die Krimtataren, die Russlanddeutschen oder die Tschetschenen wurden in dieser Zeit als potenzielle Kollaborateure zur Zwangsarbeit in die unwirtlichen Permafrostgebiete nach Sibirien deportiert, wo viele der Deportierten einen grausamen Tod starben. Auch die Armenier waren von diesen Deportationen betroffen. Die baltischen Staaten verloren etwa zehn Prozent ihrer Einwohner.
Auf der Konferenz von Teheran 1943 und der Konferenz von Jalta 1945, an denen Stalin teilnahm, wurden die Grenzen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg neu gezogen. Dies resultierte in der Vertreibung von mehreren Millionen Menschen in der östlichen Hälfte Europas.
Auf dem Kriegsschauplatz hatte schon die Schlacht um Stalingrad zum Stillstand des deutschen Angriffs geführt. Die Sommeroffensive von 1944 hatte die Rote Armee bis Ende des Jahres an die Reichsgrenzen herangeführt. Wenige Monate später war mit der Schlacht um Berlin auch das Schicksal der Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland besiegelt.
Die Zeit nach dem Krieg

In den Verhandlungen mit den westlichen Alliierten (Konferenzen von Jalta und Potsdam) erreichte Stalin Zugeständnisse, die letztlich den Machtantritt kommunistischer Parteien in mittel- und osteuropäischen Ländern begünstigten und so die Einflusssphäre der UdSSR weiter ausdehnten. Die Ausschaltung nationalkommunistischer Kräfte durch Schauprozesse in den von der UdSSR dominierten Ländern führte 1948 zum Bruch mit dem von Tito geführten Jugoslawien. Der von Stalin formierte Warschauer Pakt geriet in scharfen Gegensatz zu der von den USA geführten westlichen Welt, der Kalte Krieg begann.
Innenpolitisch kam es 1949 bis 1951 erneut zu „Säuberungen“. Auch Geistliche, Angehörige nichtrussischer Völker und vermeintliche politische Gegner (Kosmopoliten, Westler, Juden) wurden zahlreich inhaftiert und mitunter der Folter unterzogen, wobei viele Unschuldige sich des Vorwurfs von Spionage oder „konterrevolutionärer Tätigkeit“ ausgesetzt sahen. 1950 wurde auch der Leiter der Kriegswirtschaft, Wosnessenski, hingerichtet.
Tod Stalins und Verurteilung des Stalinismus
Am Abend des 1. März 1953 nahm Stalin ein nächtliches Essen mit Lawrenti Beria, Georgi Malenkow, Nikolai Bulganin und Nikita Chruschtschow ein. Stalin befand sich in aufgekratzter Stimmung, vermutlich weil er angetrunken war. In dieser Nacht brach Stalin zusammen. Er starb vier Tage später, am 5. März 1953, im Alter von 74 Jahren, an den Folgen eines Schlaganfalls.
Stalins Tochter Swetlana Allilujewa wurde zu dem sterbenden Diktator auf dessen Datscha in Kunzewo gerufen und sagte über Stalins Ende: „Vater starb schrecklich und schwer. Gott gibt den Gerechten einen leichten Tod.“
In dem bei seiner Beisetzung auf dem Roten Platz am 9. März 1953 auftretenden Gedränge gab es etliche Tote.
Laut den Memoiren von Wjatscheslaw Molotow, die 1993 veröffentlicht wurden, hat Beria ihm gegenüber behauptet, dass er Stalin vergiftet habe. Auch einige der angesehensten und bekanntesten Mediziner der UdSSR wurden in den Monaten vor seinem Tod beschuldigt, an einer Ärzteverschwörung beteiligt zu sein, die sich zum Ziel gesetzt hätte, die oberste sowjetische Politik- und Militärführung zu vergiften. Nach Stalins Tod erwies sich diese Verdächtigung als haltlos.
1956 distanzierte sich Nikita Chruschtschow auf dem 20. Parteitag der KPdSU im Namen der Sowjetunion in einer Geheimrede offiziell von Stalin. Er kritisierte dabei nur Verbrechen, die Stalin an anderen Kommunisten verübt hatte, und nicht das diktatoriale System als solches. Stalins Leichnam, der neben Lenin im Lenin-Mausoleum beigesetzt worden war, wurde nach der Entstalinisierung aus dem Mausoleum entfernt und an der Kremlmauer beigesetzt.
Der Prozess der Entstalinisierung folgte dann auch in allen anderen Ostblockstaaten.
Privatleben
Seine erste Frau Jekaterina Semjonowna Swanidse, die er 1903 geheiratet hatte, starb im Jahre 1907 an Typhus. Sie hatte als Schneiderin für die Damen der russischen Garnison gearbeitet. Ihre Brüder hatten in Deutschland studiert. Anlässlich ihrer Beerdigung zeigte Stalin Betroffenheit, um den gemeinsamen Sohn Jakow (genannt Jascha) kümmerte er sich aber nicht.
1917 heiratete Stalin Nadeschda Allilujewa, die Jakow später nach Moskau holte. Obwohl der Junge kein Russisch sprach, weigerte sich sein Vater, Georgisch mit ihm zu sprechen. Auch der menschliche Kontakt zwischen den Eheleuten zerfiel Anfang der 1930er Jahre, möglicherweise aufgrund der tatsächlichen Zustände in der Sowjetunion. Nadeschda Allilujewa beging 1932 vermutlich Selbstmord durch Erschießen. Mit ihr hatte er den Sohn Wassilij Josifowitsch Stalin (*1921), der später General wurde und die Tochter Swetlana Iossifowna Stalina (* 1926), die 1967 in die USA auswanderte, wobei sie ihre Kinder in der Sowjetunion zurückließ. Ihr Sohn Josef Allilujew, ein bekannter Kardiologe, starb 2008 im Alter von 63 Jahren in Moskau.[13]
Stalin war nicht bereit, seinen Sohn Jakow, der am 17. Juli 1941 in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war, gegen den am 31. Januar 1943 in sowjetische Gefangenschaft geratenen deutschen Generalfeldmarschall Friedrich Paulus auszutauschen, da das sowjetische Soldatengesetz besagte, dass der sowjetische Soldat sich nicht seiner Gefangenschaft ergeben dürfe. Er erklärte, dass er keinen Sohn namens Jakow habe. Diese Version der Geschichte wird allerdings von einigen russischen Historikern bestritten.
Sowjetische Kriegsgefangene, die nicht versucht hatten zu flüchten und später wieder in die Hände der Roten Armee fielen, wurden sofort durch den SMERSCH und das NKWD verhaftet. Sie hatten mit einer Strafe von zehn Jahren Zwangsarbeit zu rechnen, da sie gegen das sowjetische Soldatengesetz verstoßen hatten.
Jakow Stalin kam 1943 vermutlich bei einem Fluchtversuch zu Tode. Einige Autoren behaupten, dass Jakow im KZ Sachsenhausen erschossen wurde. Werner Maser schreibt in seinem Buch Fälschung, Dichtung und Wahrheit über Hitler und Stalin, dass Jakow sich selbst am 14. April 1943 in den elektrisch geladenen Zaun des KZs Sachsenhausen geworfen hätte.
Galina Dschugaschwili, die Tochter von Stalins ältestem Sohn Jakow Dschugaschwili, starb am 27. August 2007 im Alter von 69 Jahren in einem Moskauer Krankenhaus an Krebs. In der georgischen Hauptstadt Tiflis lebt ein Mann namens Jewgeni Dschugaschwili, der versichert, er sei ebenfalls ein Enkel Stalins und ein Bruder von Galina Dschugaschwili.[14]
Schriften
- Werke. Deutsche Ausgabe besorgt vom Marx-Engels-Lenin-Institut beim Parteivorstand der SED. Nach Band 13 abgebrochen. Dietz, Berlin 1950–1955; Band 14 und 15 erschienen auf Beschluss des Zentralkomitees der KPD/ML. Verlag Roter Morgen, Dortmund 1976
Einzelausgaben, Textsammlungen und Briefe
- Über Dialektischen und Historischen Materialismus. Vollständiger Text und kritischer Kommentar von Iring Fetscher. Diesterweg, Frankfurt/Berlin/Bonn 1956
- Die unheilige Allianz. Stalins Briefwechsel mit Churchill 1941–1945. Rowohlt, Reinbek 1964
- Zu den Fragen des Leninismus. Eine Auswahl. Fischer-Bücherei, Frankfurt/Hamburg 1970
- Schriften zur Ideologie der Bürokratisierung. Rowohlt, Reinbek 1970, ISBN 3-499-45258-8
- Stalin. Briefe an Molotow. 1925–1936. Siedler, Berlin 1996, ISBN 3-88680-558-1
Literatur
In der Datenbank RussGUS werden weit über 1000 Publikationen mit Bezug auf Stalin nachgewiesen.
- Anton Antonow-Owssejenko: Stalin. Porträt einer Tyrannei. Piper, München/Zürich 1983, ISBN 3-492-02760-1; Ullstein, Frankfurt/Berlin 1986, ISBN 3-548-27541-9
- Jeffrey Brooks: Thank You Comrade Stalin. Soviet Public Culture from Revolution to Cold War. Princeton University Press, 2000, ISBN 0-691-00411-0
- Fernando Claudin: Die Krise der Kommunistischen Bewegung. Von der Komintern zur Kominform. 2 Bände. Verlag Olle & Wolter, Berlin 1977/78, ISBN 3-921241-22-7
- Stéphane Courtois (Hrsg.): Das Schwarzbuch des Kommunismus. Unterdrückung, Verbrechen und Terror. Piper, München/Zürich 1998, ISBN 3-492-04053-5
- Robert V. Daniels: Trotsky, Stalin & Socialism. Westview Press, 1991, ISBN 0-8133-1223-X
- Isaac Deutscher: Stalin. Die Geschichte des modernen Russland. Europa-Verlag, Zürich 1951; Neuausgabe unter dem Titel Stalin. Eine politische Biographie. Argon, Berlin 1989, ISBN 3-87024-706-1
- Jean Elleinstein: Geschichte des „Stalinismus“. VSA, Berlin 1977, ISBN 3-87975-102-1
- Helle Panke e. V.: Lenins Testament und die Folgen. Kolloquium anläßlich des 80. Geburtstages von Prof. Dr. Wolfgang Ruge. Helle Panke, Berlin 1998
- Melanie Ilic: Stalin revisited. Macmillan, Basingstoke 2005, ISBN 1-4039-4705-8
- Klaus Kellmann: Stalin. Eine Biographie. Primus-Verlag, Darmstadt 2005, ISBN 3-89678-265-7
- Arno Lustiger: Rotbuch: Stalin und die Juden Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden. Aufbau-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-351-02478-9
- Kevin McDermott: Stalin. Revolutionary in an Era of War. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2005, ISBN 0-333-71122-X
- Simon Sebag Montefiore: Stalin. Am Hof des roten Zaren. S. Fischer, Frankfurt 2005, ISBN 3-10-050607-3; Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 2006, ISBN 978-3-596-17251-1
- ders.: Der junge Stalin. S. Fischer, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-10-050608-5
- Alexander Orlow: The Secret History of Stalin's Crimes. Random House, 1953
- Kreml-Geheimnisse. Marienburg-Verlag, Würzburg 1956
- Richard Overy: Russlands Krieg 1941-1945. Reinbek 2003, ISBN 3-498-05032-X
- Maximilien Rubel: Josef W. Stalin in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1975, ISBN 3-499-50224-0
- Robert Service: Stalin. A Biography. Pan Books, London 2005, ISBN 0-330-41913-7
- Edward Ellis Smith: Der junge Stalin. Droemer-Knaur, München/Zürich 1969
- Alexander Solschenizyn: Der Archipel Gulag. 3 Bände. Scherz, Bern/München 1974–75, ISBN 3-502-21005-5
- Leo Trotzki: Thermidor und Antisemitismus. 22. Februar 1937. In: Schriften 1.2. S. 1040-1052 (über den sowjetischen Antisemitismus Stalinscher Prägung)
- Leo Trotzki: Stalin. Eine Biographie, Arbeiterpresse Verlag, Essen 2001
- Dimitri Wolkogonow: Stalin. Triumph und Tragödie. München 1993, ISBN 3-612-26011-1
- Ulf Wolter (Hrsg.): Die Linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928. 5 Bände. Olle & Wolter, Berlin 1975–77, ISBN 3-921241-08-1
Einzelnachweise
- ↑ Iossif Dschugaschwili wird in den Aufzeichnungen der Uspenski-Kirche in Gori als am 6. Dezember 1878 geboren aufgeführt. Dieses Datum wird auch in seinem Schulzeugnis, seiner umfassenden zaristischen Polizeikarteikarte und allen anderen erhaltenen Dokumenten der vorrevolutionären Ära genannt. Möglicherweise war sein ossetischer Name aber auch Soslan Dsugajew. Dass er in Polizeiakten unter dem georgischen Namen Dschugaschwili geführt wurde, könnte mit seiner Arbeit als Einflussagent der Ochrana unter den georgischen Nationalisten zusammenhängen, die Edward Ellis Smith in Der junge Stalin 1969 dokumentiert hat. Stalin selbst gab noch 1920 handschriftlich den 18. Dezember 1878 als Geburtsdatum an. Nachdem er die Macht im Jahre 1922 übernommen hatte, änderte sich das Datum ohne Erklärung zum 21. Dezember (alter Kalender: 9. Dezember) 1879; dieses war das fortan in der Sowjetunion verwendete und gefeierte Datum.
- ↑ LeMO-Biografie; Igal Halfin: Terror in My Soul: Communist Autobiographies on Trial. Harvard University Press, 2003, ISBN 0-674-01032-9, S. 15
- ↑ Nicolas Wert : Ein Staat gegen sein Volk in : Stépahne Courtois et al. (Hrsg.) : Das Schwarzbuch des Kommunismus, 4. Auflage, München, 1998 S. 178 - 188
- ↑ Eine Quelle dieser Behauptungen ist der NKWD-Offizier Alexander Michailowitsch Orlow, der während der Zeit der großen Säuberung 1938 in die Vereinigten Staaten desertierte und sich dort bis zum Tod Stalins versteckt hielt. 1953 veröffentlichte Orlow seine Memoiren, in denen er auch auf die Spitzeltätigkeit Stalins für die zaristische Geheimpolizei Ochrana einging.
- ↑ Manfred Hildermeier, Die Sowjetunion 1917–1991 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte), Oldenbourg Verlag, München 2007, S. 53
- ↑ Prawda: Zu einer Lügenmeldung der Nachrichtenagentur Havas, 30. November 1939. Deutsche Übersetzung nach Viktor Suworow: Der Eisbrecher. Hitler in Stalins Kalkül. Klett-Cotta, Stuttgart 1989, ISBN 3-608-91511-7 (Russischer Text)
- ↑ Anthony Upton : Finland 1939–40, Newark, 1974 S. 62-70; Carl van Dyke : The Soviet Invasion of Finland 1939–40, London, Portland 1997S. 8f; S. 19, S. 38f, S. 44, S. 60; S. 72, S. 199-213; William Trotter : A Frozen Hell,Chapel Hill 1991, S. 61
- ↑ Anton Antonow-Owssejenko: Stalin. Porträt einer Tyrannei. Piper, München/Zürich 1983, ISBN 3-492-02760-1, S. 329–332, 341
- ↑ Anastas I. Mikojan: Tak bylo. Moskau 1999, S. 389
- ↑ Richard Overy: Russlands Krieg 1941-1945. Reinbek 2003, ISBN 3-498-05032-X, S. 126
- ↑ Isaac Deutscher: Stalin. Eine politische Biographie. Reinbek 1992, S. 590
- ↑ Bayerische Staatsbibliothek: Radioansprache des Vorsitzenden des Staatlichen Verteidigungskomitees J. V. Stalin, 3. Juli 1941 mit Faksimile
- ↑ Stalins Enkel in Moskau gestorben in "Märkische Oderzeitung", 3. November 2008, S. 4
- ↑ Basler Zeitung: Stalins Enkelin gestorben, 29. August 2007
Weblinks
- Opferzahlen des Stalinismus – Sammlung von wissenschaftlichen Aufsätzen (1990–2002, engl.)
- Stalin und der Gulag-Staat – Essay von Stéphane Courtois, Der Spiegel, Nr. 30/1999
- Neuerscheinungen zu Stalin, Rezensionen zu neuer wissenschaftlicher Literatur in sehepunkte 6 (2006), Nr. 10
- Stalin – Der rote Diktator, Dokumentation von Planet Wissen, 6. September 2007
- Stalin – Der Mythos, Dossier zur dreiteiligen Serie des ZDF, 2003
Personendaten | |
---|---|
NAME | Stalin, Josef |
ALTERNATIVNAMEN | იოსებ ბესარიონის ძე ჯუღაშვილი (georgisch); Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili (georgisch); Иосиф Виссарионович Джугашвили (russisch); Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili (russisch) |
KURZBESCHREIBUNG | sowjetischer Politiker, Diktator von 1927 bis 1953 |
GEBURTSDATUM | 18. Dezember 1878 |
GEBURTSORT | Gori |
STERBEDATUM | 5. März 1953 |
STERBEORT | Kunzewo bei Moskau |