Linse (Optik)
Als Linse bezeichnet man ein optisch wirksames Bauelement mit zwei lichtbrechenden Flächen, von denen mindestens eine Flächen konvex oder konkav gewölbt ist. Ein Bauelement mit zwei planen und parallelen optisch wirksamen Flächen heißt Planplatte oder planparallele Platte. Eine gedachte Linie, auf welcher die Krümmungsmittelpunkte der Linsenflächen liegen, wird als optische Achse bezeichnet. Ist eine der beiden Linsenflächen plan, so steht die optische Achse senkrecht auf dieser Planfläche.
Die freie, meist kreisförmige, nutzbare Fläche (Öffnung) einer Linse wird Apertur genannt. Mit den Linsenparametern Apertur, Linsenradien, Mittendicke, Passfehlertoleranz (resp. Wellenfrontfehler im Durchtritt), Sauberkeit, Antireflexions-Schichtsystem und den Materialkenngrößen Homogenität, Spannungsdoppelbrechung, Brechzahl und Abbesche Zahl ist die optische Wirkung einer Linse vollständig vorhersagbar. Als Linsenmaterial sind für Licht transparente Stoffe, wie Glas, Kristalle und einige Kunststoffe geeignet. Glaslinsen werden durch Vor- und Feinfräsen, ggf. Schleifen, Vor- und Feinpolieren und Zentrieren, bei geringeren Qualitätsanforderungen auch durch Pressen bei hohen Temperaturen gefertigt. Kunststofflinsen werden durch Spritzgießen hergestellt.
Bei grafischen Darstellungen von Linsen, zum Beispiel auf technischen Zeichnungen, und bei Berechnungen hat man sich zur Vermeidung von Missverständnissen auf bestimmte Konventionen geeinigt. Es gibt eine Lichtrichtung. Das Licht kommt von links (oder von oben). Eine Linsenfläche, deren Krümmungsmittelpunkt rechts, also auf die Lichtrichtung bezogen hinter der Fläche liegt, hat einen positiven Radius, andernfalls einen negativen Radius (siehe auch: Vorzeichenregel).
Die ersten Linsen wurden für die Korrektur von Kurz- und Weitsichtigkeit als Brillengläser verwendet. Einige Zeit später wurden die ersten Fernrohre und Mikroskope als optische Apparate aus Linsen aufgebaut. Auch die Kontaktlinse gehört zu den hier beschriebenen Linsen.
Sphärische Linsen
Bei en einfachsten Linsen sind die beiden optisch aktiven Flächen sphärisch. Das heißt, sie sind Oberflächenausschnitte einer Kugel. Daher kann man diesen Flächen Krümmungsradien zuordnen.
Jede dieser Flächen kann konvex, eben oder konkav sein:
- Konvexe Fläche: Die Fläche ist nach Außen gewölbt, die Konvention weist einen positiven Krümmungsradius auf der einfallenden und einen negativen Krümmungsradius auf der ausfallenden Fläche zu.
- Ebene Fläche: Eine ebene Fläche wird durch einen unendlichen Krümmungsradius beschrieben.
- Konkave Fläche: Die Fläche ist nach innen gewölbt, die Konvention weist einen negativen Krümmungsradius auf der einfallenden und einen positiven Krümmungsradius auf der ausfallenden Fläche zu.
Man unterscheidet
- Sammellinsen mit zwei konvexen Flächen oder mit einer konvexen und einer ebenen Fläche; ein Bündel parallel verlaufender einfallender Lichtstrahlen wird idealerweise in einem Punkt, dem Fokus oder Brennpunkt, gesammelt.
- Zerstreuungslinsen mit zwei konkaven Flächen oder mit einer konkaven und einer ebenen Fläche; ein Bündel von einfallenen Parallelstrahlen läuft scheinbar von einem Punkt auf der Einfallseite des Lichtes auseinander.
Daneben gibt es Linsen, die eine konkave und eine konvexe Fläche besitzen; solche Linsen dienen oft zur Korrektur von Abbildungsfehlern (s. u.) in optischen Systemen mit mehreren Linsen. Sie sind Sammellinsen, falls die konvexe Fläche den kleineren Krümmungsradius hat, oder Zerstreuungslinsen, wenn die konkave Fläche den kleineren Krümmungsradius hat.
Sphärische Linsen führen prinzipbedingt zu Abbildungsfehlern, weil der Brennpunkt der Randstrahlen nicht mit dem Brennpunkt weiter innen liegender Strahlen übereinstimmt, gegebenenfalls auch abhängig von der Wellenlänge des Lichtes. Um diese Fehler zu verringern, werden Linsensysteme (Anastigmate, Cookesches Triplet, Tessar u.a.) verwendet, die die Fehler weitgehend kompensieren. Außerdem gibt es asphärische (zum Beispiel parabolische) Linsen.
Asphärische Linsen
Asphärische Linsen sind meist auch rotationssysmmetrisch, jedoch sind die Flächen nicht Ausschnitte von Kugeloberflächen. Die Form rotationssymmetrischer asphärischer Linsen wird in der Regel als Kegelschnitt (Kreis, Ellipse, Parabel, Hyperbel) plus eine Potenzreihe für Deformationen höherer Ordnung angegeben. Nichtrotationssymmetrische asphärische Linsen können außeraxiale Ausschnitte solcher Kegelschnitte sein, aber auch in allen Richtungen frei definierte optische Flächen (Freiform-Asphären) sein.
Mit: |
f(h) = Pfeilhöhe |
h = Abstand senkrecht zur Achse |
R = Scheitelradius |
k = konische Konstante |
C4, C6 ... = asphärische Parameter |
Die so entstandenen Freiheitsgrade im Vergleich zur sphärischen Linse können genutzt werden, um beispielsweise Abbildungsfehler zu reduzieren. Konventionell werden in optischen Systemen Abbildungsfehler durch den Einsatz mehrer sphärischer Linsen aus unterschiedlichen Materialien (Brechzahl, Dispersion)korrigiert. Durch den Einsatz einer asphärischen Fläche kann der Optikdesigner im Allgemeinen 2-3 sphärische Linsen ersetzen. Nachteil asphärischer Linsen ist insbesondere ihre auch heute noch vergleichsweise teure Herstellung. Ein klassisches Beispiel für eine asphärische Linse ist die Korrektionsplatte des Schmidt-Teleskops.
Ideale Linse
- Die Paraboloid-Form ist für parallel einfallendes Licht notwendig, weil nur Parabeln alle parallel einfallende (Licht-)Strahlen auf einen Brennpunkt abbilden. Bei Halbkugeln wird das Licht nicht in einem Brennpunkt konzentriert und es kommt zu sphärischen Aberration.
- Für Licht, was von einem Punkt entspringt und auf genau einen Punkt abgebildet werden soll, ist das kartesische Oval die geeignete Linsenform. Für vorgegebene Brechzahlen und vorgegebene Abstände von Lichtquelle zu Linse und Linse zum "Zielpunkt" ist das kartesische Oval genau die Form, die den optischen Weg minimiert. Ist dies der Fall, so folgt aus dem Fermat-Prinzip, dass die Strahlen genau auf den "Zielpunkt" abgebildet werden.
Für den Fall, dass benachbarte Punkte des Urbildes gleichmäßig auf benachbarte Punkte des Bildes abgebildet werden sollen, sind solche Überlegungen noch wesentlich komplexer. Sie führen unter anderem dazu, dass man Kompromisse eingehen muss.
Weblinks zur idealen Linse
- http://www.abmt.unibas.ch/SKRIPTEN/Optik/optik_03.pdf
- http://www.abmt.unibas.ch/SKRIPTEN/Optik/optik_04.pdf
Zylinderlinsen

Daneben gibt es Zylinderlinsen, die in zwei senkrecht zueinander stehenden Richtungen verschiedene Krümmungen haben. Diese werden vor allem bei Brillen verwendet, um Zylinderfehler auszugleichen, und bei Filmen, um das Bild bei Breitwandfilmen platzsparend auf das normale Bildformat des Kinofilms abzubilden und bei der Wiedergabe zu entzerren (Cinemascope, Totalvision und ähnliche). Eine reine Zylinderlinse bündelt parallel einfallendes Licht auf eine Brennlinie.
Linsenform und Brennweite
Die optischen Eigenschaften einer Linse kann man durch ihre Brennweite, mit f abgekürzt, beschreiben. Die Brennweite ist der Abstand von der Linse, bei der parallel einfallendes Licht gebündelt wird (Sammellinse) oder von der parallel einfallendes Licht zu stammen scheint (Zerstreulinse).
Die Brennweite hängt von den Krümmungsradien, und der beiden Linsenflächen ab. Es gilt
- ,
wobei der Brechungsindex des Linsenmaterials und die Dicke der Linse in ihrem Achsmittelpunkt ist. Wenn die betrachteten Linsen relativ dünn sind, kann man obige Gleichung zu
- .
vereinfachen. Der Wert von ist positiv für Sammellinsen und negativ für Zerstreulinsen. Der Kehrwert der Brennweite wird auch als die Brechkraft ("Stärke") der Linse bezeichnet, und in Dioptrien (Einheit 1/Meter) gemessen. Linsen, die auf einer Seite konkav, auf der anderen Seite konvex sind, und deren Krümmungsradien beider Flächen gleich sind, habe eine Linsenstärke von Null, oder eine unendliche Brennweite.
Eine wichtige Eigenschaft einer Linse ist das Prinzip von der Umkehrung des Lichtweges: Wenn ein von einer Seite einfallender Lichtstrahl entlang seines Weges verfolgt wird, so wird ein entgegengesetzt einfallender Lichtstrahl diesen Weg genau umgekehrt durchlaufen.
Linsensysteme
Optische Systeme (Mikroskope, Fernrohre) enthalten immer mehrere Linsen. Meistens werden, um Abbildungsfehler (Aberration) zu verhindern, auch theoretisch denkbare Einzellinsen aus mehreren Komponenten zusammengesetzt. Für zwei einander berührenden Linsen, die natürlich an den Berührflächen die gleiche Krümmung besitzen müssen, läßt sich die gesamte Brennweite aus der Brennweite der einzelnen Linsen und mittels
bestimmen. Der Kehrwert der Brennweiten 1/f heißt Brechkraft (siehe oben).
Oberflächenvergütung
Bei einer realen Linse wird ein Teil des Lichtes an der Oberfläche reflektiert. Durch Oberflächenvergütung kann dieser Effekt minimiert werden.
Andere Linsentypen
- Ein massereiches astronomisches Objekt wie etwa ein Schwarzes Loch kann eine Gravitationslinse bilden. Vereinzelt werden dadurch ferne Galaxien als Kreisbögen oder in mehrere Punkte verzerrt.
- Aufgrund der Wellennatur der Materie kann man auch mit Teilchen Optik betreiben. Eine Anwendung geschieht im Elektronenmikroskop, wo speziell angeordnete elektrische Felder und magnetische Felder Elektronen ablenken.
- Eine Fresnellinse dient dem parallelen Ausrichten eines Lichtstrahls, etwa im Tageslichtprojektor oder im Leuchtturm. Auch Scheinwerfer nutzen ihr Prinzip.
Siehe auch
Literatur
- Heinz Haferkorn: Optik. 4. Auflge. WILEY-VCH Verlag, Weinheim 2003 ISBN 3527403728