Zum Inhalt springen

Johannes Calvin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. April 2005 um 08:46 Uhr durch Yuribot (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Johannes Calvin

Johannes Calvin, eigentlich Jean Calvin (* 10. Juli 1509 in Noyon, Picardie; † 27. Mai 1564 in Genf), Schweizer Reformator französischer Abstammung und Begründer des Calvinismus.

Johannes Calvin war der Sohn des Generalprokurators des Domkapitels zu Noyon. Er studierte in Paris Rechtslehre, wo er 1533 mit den reformatorischen Lehren Martin Luthers in Berührung kam. Wegen seiner Bekehrung zum Protestantismus musste er Frankreich 1534 verlassen. Er predigte heimlich die neuen Lehren, entkam nur knapp einer Verhaftung, war immer wieder auf der Flucht und unternahm Reisen in die Schweiz und nach Italien.

Auf seiner Flucht kam er 1535 nach Basel, wo er zum ersten mal auf Heinrich Bullinger und Guillaume Farel traf. 1536 gab er in Basel seine Christianae Religionis Institutio (dt. "Unterricht in der christlichen Religion") heraus. Im gleichen Jahr hielt ihn auf einer seiner Durchreisen der Prediger Guillaume Farel in Genf fest und beschwor ihn, sich dort für die Sache der Reformation einzusetzen. Er erarbeitete eine Gemeindeordnung mit strenger Kirchenzucht, die auf heftige Widerstände stieß. 1538 wurden er und Farel aus Genf verwiesen, da sie der gesamten Gemeinde das Abendmahl versagten. Dies war eine Protestaktion der beiden als Reaktion auf die Tatsache, dass der Genfer Rat einige Riten und Bräuche (z.B. die Verwendung des Taufbeckens oder der Hostie bei der Abendmahlsfeier) einführen wollte, um damit der verbündeten Stadt Bern zu gefallen. In Folge kam Calvin 1536 nach Straßburg, wo er eine biblische Professur inne hatte und die französische Flüchtlingsgemeinde betreute. Durch Kontakt mit dem dort ansässigen Martin Bucer wurde Calvin in seiner Theologie geprägt - so z.B. in der Prädestinationslehre, im Abendmahlsverständnis und in der 4-Ämter-Lehre. 1541 holte man Calvin jedoch zurück nach Genf, nachdem er einen Antwortbrief an den katholischen Bischof geschrieben hatte. In diesem zeigte sich Calvin aufs tiefste mit Genf verbunden. Der Bischof wollte die Genfer Gemeinde überreden wieder zum katholischen Glauben zurückzukehren. Der Rat wusste darauf nicht zu antworten und bat Calvin dies zu tun. Beeindruckt von diesem Brief rief der Rat Calvin nach Genf zurück, und versprach ihm, diesmal seine Kirchenordnung und strenge Kirchenzucht einzuführen. Im selben Jahr noch schuf er eine neue kirchliche Ordnung. Er verfasste den Genfer Katechismus. Seine Arbeit wurde nach und nach allgemein anerkannt, wobei er bis 1555 stark umstritten war. Häretiker wurden unter Calvin mit aller Härte verfolgt, und sie wurden entweder aus Genf ausgewiesen oder hingerichtet. Bekanntestes Opfer war der Wissenschaftler und Theologe Michael Servetus, der 1553 auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. 1559 gründete Calvin die Genfer Akademie, die zur Hochschule des Calvinismus wurde. Nach jahrelanger Krankheit starb er 1564 in Genf.

Calvins Lehre beinhaltete auch den zentralen Punkt, die Menschen könnten an ihrer Fähigkeit zu strengster Pflichterfüllung sehen, ob sie zum Heil vorausbestimmt seien. Obwohl Calvin mit dieser seiner Prädestinationslehre eigentlich die Allmacht Gottes und Bedeutungslosigkeit des menschlichen Willens betonte, führte sie in Verbindung mit der strengen Moral, die Calvin in Genf einführte, zu jenem Arbeitsethos, das die Grundlage für das Gewinnstreben im Kapitalismus bildete. Die auf den ersten Blick überraschenden und nicht eben geradlinigen Zusammenhänge wurden erst 1904 vom deutschen Wirtschaftswissenschaftler und Soziologen Max Weber (1864 - 1920) entdeckt, sind aber bis heute unumstritten.

Eine Statue von Johannes Calvin steht am Genfer Reformationsdenkmal.


Calvin und die Hexenprozesse

Genau wie Luther befürwortete Calvin vehement die Verfolgung der Hexen und deren Hinrichtung. Johannes Calvin rief in wörtlicher Befolgung alttestamentlicher Aussagen dazu auf, „Hexen“ aufzuspüren und gnadenlos „auszurotten“. Er forderte die unerbittliche Verfolgung und Vernichtung von Feinden Gottes, damit auch der Hexen.

Unter Berufung auf die Bibelstelle Exodus 22, 17 erklärte Calvin, Gott selbst habe die Todesstrafe für Hexen festgesetzt. In seinen Predigten über das erste Buch Samuel tadelte er darum jene, welche die Verbrennung der Hexen ablehnen, und wollte sie als Verächter des göttlichen Wortes aus der Gesellschaft ausstoßen. Wer sich gegen die Hinrichtung der Hexen auszusprechen wagte, setzte sich der Gefahr schwerster Verfolgungen, des Bannes oder Todes aus.

Calvin glaubte, dass drei Jahre lang Männer und Frauen in Genf durch Zauberkünste die Pest ausbreiteten und hielt alle ihnen durch die Folter abgepressten Selbstanschuldigungen für wahr, nachträglichen Widerruf für unwahr. 1545 wurden innerhalb weniger Monate 34 Unglückliche nach entsetzlichen Martern vor allen Häusern, die sie angeblich mit Pest behext hatten, verbrannt.

Der deutsche calvinistische Pfarrer Anton Praetorius wandte sich 1602 mit seinem Buch "Von Zauberey vnd Zauberern Gründlicher Bericht" mit Argumenten aus der Bibel vehement gegen Calvins und Luthers Aufruf zur Verbrennung der Hexen und forderte die Abschaffung der Folter.

Literatur

  • Oskar Pfister: Das Christentum und die Angst, Zürich 1975
  • Oskar Pfister: Calvins Eingreifen in die Hexer- und Hexenprozesse von Peney 1545 nach seiner Bedeutung für Geschichte und Gegenwart, Zürich 1947
  • Jörg Haustein: Martin Luthers Stellung zum Zauber- und Hexenwesen, Dissertation, 1990


Vorlage:Genfer Psalter