Tim und Struppi
Die Abenteuer von Tim und Struppi (im französischen Original Les aventures de Tintin) sind neben Asterix wohl die bekanntesten Comic-Geschichten in Europa. Der Belgier Hergé (1907 - 1983) schrieb und zeichnete sie von 1929 bis in die siebziger Jahre. Der Held der Geschichten ist der junge Reporter Tim, der um die ganze Welt reist und in haarsträubende Abenteuergeschichten verwickelt wird. Die Comicfigur wird am 10. Januar 1929 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Geschichten sind teilweise Kriminalgeschichten, manche haben Fantasy und Science-Fiction Elemente, andere sind politische Kommentare. Die beliebtesten Geschichten der Serie spielen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und zeigen die jeweilige Mode und Technik sehr detailgetreu. Alle Geschichten enthalten viele witzige Situationen.
Auch zur jeweiligen Entstehungszeit geltende gesellschaftliche Werte und Normen fließen ein, wobei die Sichtweisen eher dem konservativen Lager zugeschrieben werden können. Aus heutiger Sicht haben die Erstausgaben einiger Bände fast rassistische Inhalte. Bei den Neuausgaben korrigierte Hergé vieles davon.
Tim und Struppi werden für ihre klaren, durchkomponierten Zeichnungen geschätzt. Sie gehören in die Reihe der großen europäischen humoristischen Abenteuercomics, zusammen mit Franquins Spirou und Fantasio und René Goscinnys Asterix. Die Serie inspirierte viele Künstler, darunter den Regisseur Steven Spielberg und den Maler Andy Warhol.
Für die Neuauflagen der Comic-Alben wurden die Geschichten von Hergé jeweils überarbeitet, unter anderem von E. P. Jacobs, und ihrer Zeit angepasst.
Figuren
Tim (im französischen Original: Tintin)
Reporter und Held der Serie.
Struppi (Franz.: Milou)
Tims treuer Foxterrier. In einigen frühen Szenen spricht er mit Tim, später hat er nur noch ab und zu Sprechblasen, die seine Gedanken lesbar machen. Für viele Leser die eigentliche Lieblingsfigur in der Serie. Die Genese des Namens geht auf die erste Liebe Hergés mit 18 Jahren zurück. Sie hieß Marie-Louise Van Cutsem, hatte aber den Spitznamen "Milou".
Kapitän Haddock (Franz.: Capitaine Haddock)
Seefahrer, häufig schlecht gelaunt. Er liebt Whiskey und Kraftausdrücke. Er taucht erstmals im Band "Die Krabbe mit den goldenen Scheren" auf und entwickelt sich in den weiteren Bänden zum treuen Gefährten Tims. Am Ende des Bandes "Der Schatz Rackhams des Roten" kauft Haddock das Schloss seiner Ahnen Mühlenhof (franz. Moulinsart) und lebt seitdem in diesem. Das Geld für den Kauf steuert Professor Bienlein bei.
Dieses Schloss ist dem echten Château de Cheverny nachempfunden. Irgendwann scheint auch Tim, welcher in früheren Bänden in einer Wohnung lebt, in das Schloss einzuziehen. Der Zeitpunkt ist jedoch in keiner Geschichte klar markiert und vollzieht sich stillschweigend.
Professor Bienlein (Franz.: Professeur Tryphon Tournesol)
Ein schwerhöriger, genialer Erfinder vieler Objekte, die in der Serie verwendet werden. Eine Mondrakete, ein Mini-U-Boot und eine Ultraschallwaffe gehören dazu. Seine Motorrollschuhe, die er selber testete, konnten sich aber nicht durchsetzen. Kapitän Haddock steht seinen Erfindungen in der Regel sehr kritisch gegenüber. Seine Schwerhörigkeit ist eine Quelle für mehrere witzige Wortspiele.
Wie Tim zieht auch Bienlein zu einem nicht näher markierten Zeitpunkt in das Schloß ein, welches am Ende des Bandes "Der Schatz Rackhams des Roten" von seinem Geld gekauft wird. Hier betreibt er ein kleines Labor, welches sich im Schlosspark befindet. Über die Mittel zum Kauf des Schlosses verfügt er, da er das Patent für das im Band "Der Schatz Rackhams des Roten" getestete Mini-U-Boot an die Regierung verkaufen konnte. Viele vermuten, dass Hergé von Auguste Piccard zur Figur Bienleins inspiriert wurde.
Nestor (Franz.: Nestor)
Nestor ist Diener auf Schloss Mühlenhof, der schon den vorherigen Besitzern, den verbrecherischen Gebrüdern Vogel-Faull gedient hat. Nestor hat eigentlich alle Qualitäten eines guten Butlers, hat jedoch einen Hang zum Lauschen. Wenn Nervensägen wie Bianca Castafiore, Fridolin Kiesewetter oder Abdallah auftreten, entgleitet ihm die Situation regelmäßig.
Schultze und Schulze (Franz.: Dupond et Dupont)
Zwei ungeschickte Detektive, die wie Zwillinge aussehen und für viele komische Einlagen in den Geschichten verantwortlich sind. Sie sind sehr misstrauisch und halten sich für genial. Zu unterscheiden sind sie allein an der Form ihres Schnurrbartes: Der von Schultze ist bei genauerem Hinsehen schmäler als der seines Kollegen Schulze, dessen Schnurrbart zu den äußeren Enden ein wenig ausfranst.
Bianca Castafiore (Franz.: Bianca Castafiore)
Eine berühmte Opernsängerin der Mailänder Scala. Eine kapriziöse Diva, die ihr Bravourstück, die Schmuckarie aus Gounods "Faust", zu jeder Gelegenheit vorträgt, nicht immer zur Freude ihrer Zuhörer. Kapitän Haddock, dessen Namen sie in unendlichen Variationen verhunzt, ist zu allem bereit, um ihrer Gegenwart zu entgehen.
Fridolin Kiesewetter (Franz.: Séraphin Lampion)
Versicherungsvertreter; eine von Zeit zu Zeit auftauchende Nervensäge mit großer Familie.
General Alcazar (Franz.: Général Alcazar)
General Alcazar ist Diktator in der fiktiven südamerikanischen Bananenrepublik San Theodorus. Tim kennt ihn aus der Folge "Der Arumbaya-Fetisch", wo er dessen Adjutant ist. General Alcazars Gegenspieler ist General Tapioca, der von Bordurien (s. General Plekszy-Gladz) unterstützt wird. Beide putschen regelmäßig gegeneinander. In der Folge "Die Sieben Kristallkugeln" regiert gerade General Tapioca, so dass General Alcazar gezwungen ist, als Messerwerfer durch europäische Varietés zu tingeln. In "Tim und die Picaros" verhilft Tim General Alcazar zurück ins Amt, aus dem ihn General Tapioca zuvor vertrieben hat.
General Plekszy-Gladz (Franz.: Maréchal Plekszy-Gladz)
General Plekszy-Gladz ist Staatschef der fiktiven osteuropäischen (man verwendet kyrillische Buchstaben) Diktatur Bordurien. Bordurien ist eine Art Karikatur des Dritten Reiches, in der ständig finstere Ränke geschmiedet werden. In "König Ottokars Zepter" vereitelt Tim eine Verschwörung zum Sturz des Königs des (ebenfalls fiktiven) Nachbarlandes Syldavien und dessen Besetzung, und in "Der Fall Bienlein" rettet Tim Professor Bienlein aus bordurischer Gefangenschaft.
Plekszy-Gladz tritt niemals persönlich auf, sondern nur seine Schergen, darunter Oberst Sponsz, einer von Tims Dauer-Gegenspielern. Markantestes Merkmal Plekszy-Gladz' ist sein schwarzer Schnurrbart, der Staatssymbol ist, auf allen öffentlichen Gebäuden und Denkmälern prangt und von seinen Untergebenen auf einer Armbinde getragen wird. Die Armbinde ist rot und der Schnurrbart befindet sich im Innern eines weißen Kreises... "Amaih Plekszy-Gladz!"
Metzgerei Schnitzel (Franz.: Boucherie Sanzot)
("sans os" = "ohne Knochen")
Metzgerei im Ort. Wenn in Schloss Mühlenhof das Telefon klingelt und Kapitän Haddock oder der Diener Nestor abnimmt, hat sich der Anrufer immer verwählt und möchte eigentlich die Metzgerei anrufen. Umgekehrt verwählt sich Kapitän Haddock immer, wenn er das Telefon benutzt, und landet so bei der Metzgerei. In beiden Situationen brüllt Kapitän Haddock herbe Beschimpfungen ins Telefon.
Erschienene Titel
Übersicht
Alle Tim und Struppi-Alben mit deutschem Titel, Jahr der Erstveröffentlichung und Originaltitel:
- Im Lande der Sowjets, 1929, (Tintin au pays des Soviets), ISBN 3551742413
- Tim im Kongo, 1930, (Tintin au Congo), ISBN 3551732213
- Tim in Amerika, 1931, (Tintin en Amérique)
- Die Zigarren des Pharaos, 1932, (Les cigares du pharaon)
- Der Blaue Lotos, 1934, (Le lotus bleu)
- Der Arumbaya-Fetisch, 1935, (L'oreille cassée)
- Die Schwarze Insel, 1937, (L'île noire, erste schwarzweiße Fassung)
- König Ottokars Zepter, 1938, (Le sceptre d'Ottokar)
- Die Krabbe mit den goldenen Scheren, 1940, (Le crabe aux pinces d'or)
- Der geheimnisvolle Stern, 1942, (L'Étoile mystérieuse)
- Das Geheimnis der "Einhorn", 1943, (Le Secret de la Licorne)
- Die Schwarze Insel, 1943, (L'île noire, Neufassung der Version von 1937, farbig)
- Der Schatz Rackhams des Roten, 1944, (Le trésor de Rackham Le Rouge)
- Die sieben Kristallkugeln, 1947, (Les 7 boules de cristal)
- Der Sonnentempel, 1949, (Le temple du soleil)
- Im Reiche des Schwarzen Goldes, 1950, (Au pays de l'or noir)
- Reiseziel Mond, 1952, (Objectif lune)
- Schritte auf dem Mond, 1954, (On a marché sur la Lune)
- Der Fall Bienlein, 1956, (L'affaire Tournesol)
- Kohle an Bord, 1958, (Coke en stock)
- Tim in Tibet, 1960, (Tintin au Tibet)
- Die Juwelen der Sängerin, 1963, (Les bijoux de la castafiore)
- Die Schwarze Insel, 1965, (L'île noire, weitere farbige Neufassung der Versionen von 1937 bzw. 1943)
- Flug 714 nach Sydney, 1968, (Vol 714 pour Sydney)
- Tim und die Picaros, 1976, (Tintin et les Picaros)
- Tim und die Alphakunst, 1983, (Tintin et l'Alph-Art; unvollendet)
Übersetzungen auf Berndeutsch
Einige Alben wurden auf Berndeutsch übersetzt. Die Serie heisst "Täntän's Abetüür" und die Figuren heissen:
- Täntän (Tim)
- Milou (Struppi)
- Käpten Haddock (Kapitän Haddock)
- Theo Tolpell (Professor Bienlein)
- Hueber & Grueber (Schultze & Schulze)
Die Alben sind (Liste ev. nicht abgeschlossen)
- Em Pharao siner Cigare (Die Zigarren des Pharaos)
- Dr Blau Lotos (Der Blaue Lotos)
- Täntän u d Guldchrabbe (Die Krabbe mit den goldenen Scheren)
- Täntän z Tibet (Tim in Tibet)
Verschiedene Fassungen
Die frühen Geschichten waren schwarzweiß gehalten und hatten einen Umfang von bis zu 124 Seiten. Im Zweiten Weltkrieg wurde aufgrund der Papierknappheit die Seitenanzahl auf 62 Seiten begrenzt, dafür wurden die Geschichten farbig. Hergé begegnete dem geringeren Seitenumfang, indem er vier statt bisher drei Bildstreifen pro Seite unterbrachte.
Alle vor dem Krieg schwarzweiß erschienenen Alben (bis auf "Tim im Lande der Sowjets") wurden später in einer farbigen Fassung neu gezeichnet. Von "Die Schwarze Insel" existieren sogar drei Versionen von 1937, 1943 und 1965.