Chiemsee-Bahn
Chiemsee-Bahn | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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![]() Die Chiemsee-Bahn in Prien-Stock | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckennummer: | 9571 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kursbuchstrecke (DB): | 10602 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 1,910 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1000 mm (Meterspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 2,5 ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Minimaler Radius: | 60 m | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckengeschwindigkeit: | 20 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Verlauf | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die Chiemsee-Bahn ist eine 1,91 Kilometer lange Schmalspurbahn in Bayern. Sie verbindet seit 1887 den Bahnhof von Prien am Chiemsee mit dem Ortsteil Prien-Stock, an der dortigen Anlegestelle besteht direkter Übergang zur Chiemsee-Schifffahrt.
Als Besonderheit wird sie bis heute in der Hauptsaison normalerweise mit Dampf betrieben. Die Chiemseebahn ist als Lokalbahn konzessioniert und fährt deshalb nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO), sie verfügt durchgängig über einen eigenen Gleiskörper. Unabhängig davon wird sie jedoch umgangsspachlich als Dampfstraßenbahn bezeichnet, sie gilt heute als älteste ununterbrochen in Betrieb stehende Dampftramway der Welt.
Geschichte
Vorgeschichte
Nachdem der Chiemgau und speziell der Chiemsee in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine zunehmende Entwicklung des Tourismus verzeichnen konnten, wurde zügig auch die dafür notwendige Infrastruktur geschaffen. Dazu gehörten insbesondere die Gründung der Chiemsee-Schifffahrt im Jahre 1845, ferner auch der 1860 erfolgte Eisenbahnanschluss von Prien am Chiemsee, damals wurde die Bahnstrecke München–Rosenheim–Salzburg eröffnet.
Als Ludwigs II. im Jahr 1886 starb, ließ dessen Nachfolger Prinzregent Luitpold die Bauarbeiten am Schloss Herrenchiemsee einstellen und gab den Prachtbau für die Öffentlichkeit frei. Dadurch verzeichnete besonders die Herreninsel einen wahren Besucheransturm, aber auch die lieblichere Fraueninsel und die dort ansässigen Gastronomiebetriebe lockten bereits damals viele Touristen an.
Die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen brachten die Besucher aus München, Rosenheim und Salzburg nach Prien. Den knapp zwei Kilometer entfernten Hafen erreichten die Fahrgäste mit einem von der lokalen Bevölkerung organisierten Fahrdienst, dieser bestand aus Kutschen und Karren. In der dörflichen Enge entstand dadurch ein gewaltiges Verkehrschaos, solche Zustände kannte man bis dahin nur aus der „großen Stadt“.
Eröffnung der Bahn
Bereits kurz nach dem ersten großen Ansturm auf die Herreninsel beantragten der Schifffahrtbetreiber Ludwig Feßler sowie der Kommerzienrat Georg Krauss aus München noch 1886 den Bau einer schmalspurigen Lokalbahn vom Bahnhof Prien zum Dampfersteg in Stock. Planung und Ausführung erfolgten mit einem für die damalige Zeit bemerkenswerten Tempo. Die Bauarbeiten begannen am 2. Mai 1887, schon am 21. Juni waren die Schwellen verlegt und man begann mit dem Aufnageln der Schienen. Die feierliche Eröffnung der Dampfstraßenbahn fand nach weniger als 70 Tagen Bauzeit am 9. Juli 1887 statt. Bereits am nächsten Tag, einem Sonntag, nahm die Bahn den offiziellen Betrieb auf.
Entwicklung im Laufe der Jahre
Bis zum 5. Juli 1965 wurde die Bahn von der Chiemseebahn Fessler & Companie Prien betrieben. Die Gesellschaft wurde damals aufgelöst und der Chiemsee-Schifffahrt Ludwig Feßler KG eingegliedert. Im Dezember 1980 wurde die Chiemsee-Bahn vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege unter Denkmalschutz gestellt. Am 4. Juni 1986 verlängerte der bayerische Staat die Betriebskonzession um weitere 50 Jahre, sie läuft somit am 5. Juni 2036 aus.
Gegenwart
Die Chiemsee-Bahn erfreut sich dank ihres nostalgischen Charmes bis heute großer Beliebtheit. Für viele Besucher ist eine Fahrt wie eine Zeitreise ins Jahr 1887. Auch wenn die meisten Touristen heute mit dem Auto anreisen, nutzen viele die Bahn zu einer kleinen Vergnügungsfahrt. Zum Personentransport wäre die Bahn nicht mehr nötig, da an der Dampferanlegestelle in Prien-Stock ein großer Parkplatz für Pkw und Busse liegt. Daher und weil die Bahn auch nicht immer rentabel lief, wurde schon oft der Ruf nach Betriebseinstellung laut. Besonders in den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts beklagten Hoteliers und Pensionswirte die Lärmbelästigung durch die Bahn. Der seit 1980 bestehende Denkmalschutz verhinderte jedoch die Einstellung des Betriebs.
Streckenführung und Betrieb
Die Rangiergleise inbegriffen entstand im Jahr 1887 eine Trasse von ca. 2.200 Metern, sie wurde meterspurig (Spurweite 1.000 Millimeter) angelegt. Insgesamt kommt die Bahn dabei mit nur sieben Weichen aus, sie werden alle manuell umgestellt. Der Gleisaufbau ist für einen Raddruck von 3,75 Tonnen ausgelegt. Bis zum Jahr 1908 befand sich der Bahnhof Prien auf dem Bahnhofsvorplatz an der Westseite. Daher musste die Chiemsee-Bahn den Bahnkörper der normalspurigen Staatsbahn queren, um den östlich gelegenen See zu erreichen. Die gefährliche Kreuzung wurde mit zwei Haltesignalen für die Schmalspurbahn gesichert. Die ungünstige Streckenführung änderte man schließlich aus Sicherheitsgründen im Winter 1908/09, der Bahnhof der Lokalbahn wurde an die Ostseite des Bahnhofs verlegt. Seither quert die Bahn lediglich noch eine Hauptstraße sowie mehrere kleinere Seitenstraßen.
Seit der Neutrassierung beträgt die reine Fahrstrecke 1.910 Meter, Zwischenhalte existieren nicht. Die Fahrtzeit beträgt rund acht Minuten, dies entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,325 km/h. Es wird dabei traditionell nur mit nur einer Zuggarnitur gefahren, daher existieren auch keine Ausweichen. In der Saison werden täglich zehn Zugpaare angeboten, die Bahn wird von 9:30 Uhr bis 18:23 Uhr betrieben. Das Depot und die Werkstätte der Bahn befinden sich direkt neben der Endstation Prien-Stock, dort finden die Ausbesserungs- und Wartungsarbeiten statt.
Fahrzeuge
Die Dampflok
Haupteinsatzlok der Chiemsee-Bahn ist die 1887 von der Lokomotivenfabrik Krauss, München + Linz gebaute Tramway- bzw. Kastenlokomotive mit der Fabrikationsnummer 1813. Diese Lokomotive mit der Achsformel: B n2t wurde für seinerzeit 12.500 Goldmark in Auftrag gegeben, zwei identische Maschinen mit den Fabriknummern 1814 und 1818 wurden kurz darauf außerdem an die Lokalbahn Ravensburg–Weingarten geliefert. Wesentliche Renovierungsarbeiten fanden im Jahr 1937 statt, als eine neue Feuerbüchse aus Kupfer eingepasst werden musste. Ein Ersatzkessel (Hersteller Jung, Kirchen a. d. Sieg) war im Winter 1957/58 fällig. Dieser Umbau brachte der Lok eine Leistungssteigerung von 60 auf 100 PS (44 kW auf 74 kW). Jährlich „frisst“ der Kessel ca. 25 Tonnen Kohle auf etwas mehr als 2.200 regulären und Sonderfahrten.
Die Diesellok
Außer der Dampflok existiert seit 1982 auch eine Diesellokomotive. Hierbei handelt es sich um eine 1962 gebaute Maschine, sie wurde für ihren Einsatz auf der Chiemsee-Bahn äußerlich an die Dampflok angeglichen um das historische Ambiente zu bewahren. Die Lok wurde von der Eisenwarenfabrik Halberger Hütte GmbH (Nr. 22) hergestellt und dient von Fall zu Fall als Ersatz für die Stammlok, z. B. wenn an dieser aufwändigere Instandhaltungs- bzw. Reparaturarbeiten durchgeführt werden müssen. Ferner kommt sie auch in der Vor- bzw. Nachsaison zum Einsatz um die historische Dampflok zu schonen.
Wagen
Der Zug wird bedarfsgerecht aus Originalwaggons von 1887 und 1888 zusammengestellt. Der Wagenpark besteht aus insgesamt neun zweiachsigen Wagen, diese sind jeweils 8.400 mm lang (Länge über Pufer) und kommen mitunter auch alle auf einmal zum Einsatz:
Wagen | Bauart | Plätze 1. Klasse | Plätze 2. Klasse | Bemerkungen |
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1 | geschlossen | 24 | keine | sogenannter Salonwagen |
2 | halboffen | keine | 32 | |
3 | halboffen | keine | 32 | |
4 | halboffen | keine | 32 | |
5 | halboffen | keine | 32 | |
6 | halboffen | keine | 32 | |
7 | geschlossen | keine | 32 | |
8 | geschlossen | keine | 32 | |
9 | geschlossen | 8 | 16 | mit zusätzlichem Gepäckraum |
Der Salonwagen (Wagen 1) befand sich 18 Jahre lang im Besitz des Technischen Museums in Marxzell bei Karlsruhe (von 1975 bis 1993). Nach dem Rückkauf wurde er zwei Jahre lang restauriert und steht seit dem 29. April 1995 wieder in Betrieb. Früher existierten außerdem noch zwei Güterwagen, sie wurden jedoch um 1966 (Wagen 1) bzw. 1987 (Wagen 2) verschrottet, von letzterem existieren allerdings noch die Achsen[1].
Der Begriff Bockerlbahn
Von vielen Touristen, aber auch von Ortsansässigen wird die Chiemsee-Bahn auch „Bockerlbahn“ genannt, dieser Begriff steht in der Bairischen Dialektsprache für eine kleine Bahn. So wird der Begriff z. B. auch für die unweit der Chiemsee-Bahn gelegene ehemalige Torfstecherbahn in der Kendlmühlfilzn verwendet. Darüber hinaus ist er insbesondere in Altbayern weit verbreitet, dort wurden bzw. werden viele Nebenbahnen als Bockerl bezeichnet.
Literatur
- Marcus Hehl: Die Chiemsee-Bahn, Ek-Verlag, Freiburg im Breisgau 1997, ISBN 3882558067
- Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen; Teil 7: Bayern, Ek-Verlag, Freiburg im Breisgau 2002, ISBN 3882556668