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Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften

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Die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) ist eine 1987 gegründete deutschsprachige Organisation der Skeptikerbewegung mit Sitz in Roßdorf (bei Darmstadt).[1] Dort unterhält sie eine als Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken bezeichnete Institution, über die regelmäßig Informationen über Vereinsthemen für Journalisten bereitgestellt werden. Der eingetragene Verein ist in Deutschland als gemeinnützig anerkannt und hat etwa 840 Mitglieder (Stand 2008). Einmal jährlich führt die GWUP eine Konferenz mit wechselnden Themenschwerpunkten durch.[1]

Ziele und Themen

Die GWUP wendet sich gegen Aussagensysteme, bei denen es sich aus ihrer Sicht um „esoterische Heilslehren“ und „pseudowissenschaftliche Behauptungen“ handelt.[2] Die Vereinigung will unter anderem „Paraphänomene“ rational erklären,[3] um Menschen, die zum Beispiel an astrologische Prophezeiungen und alternative Heilmethoden glauben, durch Aufklärung über wissenschaftliche Wirkungszusammenhänge, etwa sogenannte Placeboeffekte, vor Fehlanwendungen zu bewahren.[4] Erklärtes Ziel der GWUP ist es, Parawissenschaften, Pseudowissenschaften und verwandte Theorien mit wissenschaftlichen Methoden zu prüfen und die Öffentlichkeit über den aktuellen wissenschaftlichen Stand zu informieren. Damit will der Verein die kritische Betrachtung pseudowissenschaftlicher Vorstellungen und Versprechungen fördern.[5] Die GWUP vertritt den Standpunkt, die Politik habe keine adäquaten gesetzlichen Richtlinien geschaffen, um die Bürger vor Übervorteilung oder Gesundheitsschäden durch wissenschaftlich nicht haltbare und wirkungslose Lehren und Verfahren zu schützen.[6] Die organisierten Skeptiker, die laut Aussage des zweiten Vorsitzenden des Wissenschaftsrates der GWUP in der Welt die scheinbar übersinnliche Phänomene mit naturalistischen Mitteln erklären wollen,[3] verweisen zur Plausibilisierung ihres Standpunktes auf den Umstand, dass sie noch bei keiner Prüfung auf tatsächlich übersinnliche Phänomene gestoßen sind.[6]

Die GWUP nennt auf ihrer Website folgende Thematiken:

Für ihre Vereinsarbeit wählt die GWUP jedes Jahr einen aktuellen Themenschwerpunkt. 2007 war Medizin, insbesondere Homöopathie der Mittelpunkt der Tätigkeit.[9] Diese Arbeitsschwerpunkte beziehen sich jeweils auf einen wahrgenommenen Boom dieser Themen in der Öffentlichkeit. Laut dem Vorsitzenden der GWUP gibt es seit einiger Zeit eine Hochkonjunktur für Parawissenschaften, aus denen die Medien „einen Großteil ihrer Themen“ bezögen, etwa Handy-Strahlung, Bachblüten oder NLP.[1]

Darüber hinaus wendet sich die GWUP gegen den sogenannten Postmodernismus, den sie im Kern als irrational betrachtet. GWUP-Mitglied Krista Federspiel führt dazu auf der GWUP-Website aus: „Die romantische Postmoderne stellt schwärmerisch das Gefühl über den Verstand. So halten nun Mythen und Magie, Halbwahrheiten und kühne Behauptungen ohne Belege Einzug in die Bildungsgesellschaft.“[10] Diesem Paradigma stehe die Vereinszeitung Der Skeptiker entgegen.[10]

Organisation

Die GWUP ist ein in Deutschland als gemeinnützig anerkannter[3] eingetragener Verein mit Hauptsitz in Roßdorf bei Darmstadt.[1] Er hatte im Mai 2008 etwa 840 Mitglieder,[2] 1998 waren es noch 550,[11] 2002 630,[1] 2004 700,[12] 2007 780 Mitglieder.[9] Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 4,3% in der vergangenen Dekade. Etwa 85% der Mitglieder sind laut dem Vereinsvorsitzenden Männer;[1] die meisten Mitglieder kommen aus dem deutschsprachigen Raum und sind Wissenschaftler oder Ärzte.[9]

Der Verein gibt das Vereinsmagazin Der Skeptiker heraus und verfügt über einen Wissenschaftsrat genannten Beirat. Er unterhält außerdem das sogenannte Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken.

Regionalgruppen

Es haben sich im Laufe der Zeit mehrere Regionalgruppen der GWUP in Deutschland und Österreich gebildet, diese haben ihren Sitz in Berlin, Dortmund (für die Metropolregion Rhein-Ruhr), Würzburg, Bamberg, Regensburg, Stuttgart, München, Innsbruck (für Tirol) und Wien.[13] Mit vier von neun existierenden Regionalgruppen in Bayern ist dort ein regionaler Schwerpunkt der Organisation zu erkennen. Die Regionalgruppe in Regensburg existiert seit Mai 1998.[14]

Wissenschaftsrat

Der Wissenschaftsrat der GWUP berät die Organisation. Er soll die wissenschaftlichen Standards der Vereinsarbeit sicherstellen. Seine Zusammensetzung spiegelt die interdisziplinäre Ausrichtung der GWUP wider. Zu den Mitgliedern zählen Peter Kröling, Medizin, München (1. Vorsitzender), Wolfgang Hell, Psychologie, Münster, Rainer Wolf, Wahrnehmungspsychologie, Würzburg, Stephan Bachter: Volkskunde, Augsburg; Mark Benecke: Kriminalbiologie, Köln; Christoph Daxelmüller: Kulturanthropologie, Regensburg; Gerhard Eggert: Archäochemie, Stuttgart; Krista Federspiel: Medizin, Wien; Andreas Hergovich: Psychologie, Wien; Dieter B. Herrmann: Astronomie, Berlin; Wolfgang Hund: Pädagogik, Hersbruck; Bernulf Kanitscheider: Philosophie, Gießen; Johannes Köbberling: Medizin, Wuppertal; Robert König: Psychologie, Gießen; Walter Krämer: Wirtschafts- und Sozialstatistik, Dortmund; Martin Lambeck: Physik, Berlin; Horst Löb: Physik, Gießen; Jürgen Moll: Ingenieurwissenschaften, Remscheid; Irmgard Oepen: Medizin, Marburg; Gerhard Vollmer: Philosophie, Braunschweig; Hartmut Zinser: Religionswissenschaft, Berlin.[15]

Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken

In Roßdorf unterhält die GWUP das Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken, das hauptberuflich[1] von Martin Mahner geleitet wird.[2] Dort werden unter anderem Anfragen von Journalisten und Betroffenen beantwortet.[1]

Aktivitäten

Konferenzen

Seit 1989 veranstaltet die GWUP jährlich eine Konferenz, deren Ziel es unter anderem ist, Ergebnisse aus der Vereinsarbeit der Öffentlichkeit bekannt zu machen. 2007 stand diese Konferenz - im Zuge der öffentlichen Diskussion um kreationismusfreundliche Bemerkungen der hessischen Kultusministerin Karin Wolff - unter dem Motto "Kreationismus". Es erschienen 130 Teilnehmer.[2]

Psi-Test

In Abstimmung mit James Randi hat die GWUP – zunächst im Rahmen der One Million Dollar Paranormal Challenge,[16] später eigenständig – Versuche zur Überprüfung paranormaler Fähigkeiten wie Wünschelruten-Gehen oder Löffel-Verbiegen durchgeführt.

Schwerpunkte der Öffentlichkeitsarbeit

Jährlich wird eine Rückschau auf die astrologischen Prognosen des vergangenen Jahres veröffentlicht.[17] Der Verein warnt vor „Geschäftemacherei“ mit Anti-Aging-Produkten[18] oder mit Okkultismus[19] und engagiert sich unter anderem gegen UFO-Glauben,[2] Kreationismus[20] oder Homöopathie.[9] Die GWUP hat 2005 eine Unterschriftensammlung initiiert, die sich gegen die Sonderbehandlung der Homöopathie als Heilmethode in Deutschland richtete.[21]

Medienauftritte

Aktionen der GWUP finden bisweilen Eingang in den redaktionellen Teil deutschsprachiger Massenmedien. So wurde die One Million Dollar Challenge 2004 in der ARD-Sendung Quarks & Co vorgestellt[12], außerdem im TV-Magazin W wie Wissen.[22] Die Frankfurter Rundschau widmete der GWUP 2004 einen eigenen Beitrag[23]. 2008 berichtete das Magazin Focus über die Themen, die die GWUP bei ihrer Jahrestagung aufgriff,[24] ebenso der Stern.[25]

Der Skeptiker

In der von der Gesellschaft seit 1987 herausgegebenen Quartalszeitschrift Skeptiker werden Berichte, Reportagen und Interviews veröffentlicht, die den Themenschwerpunkt des Vereines betreffen. 2002 bezogen bei 630 Vereinsmitgliedern 1.500 Personen den Skeptiker.[1]

Publikationsreihen

Zusätzlich zu der Zeitschrift Der Skeptiker erschienen bisher drei Bände einer eigenen Schriftenreihe der GWUP, die sich mit Parawissenschaft und Paramedizin befassten. Im einzelnen sind dies:

  • Irmgard Oepen, Amardeo Sarma (Hrsg.): Parawissenschaften unter der Lupe. Schriftenreihe der GWUP, Band 1. Lit Verlag, Münster 1998. ISBN 3-8258-2357-1.
  • Irmgard Oepen, Amardeo Sarma (Hrsg.): Paramedizin. Analysen und Kommentare. Schriftenreihe der GWUP, Band 2. Lit Verlag, Münster 1998. ISBN 3-89473-721-2.
  • Irmgard Oepen, Krista Federspiel, Amardeo Sarma, Jürgen Windeler (Hrsg.): Lexikon der Parawissenschaften. Astrologie, Esoterik, Okkultismus, Paramedizin, Parapsychologie kritisch betrachtet. Schriftenreihe der GWUP, Band 3. Lit Verlag, Münster 1999. ISBN 3-8258-4277-0.

Weitere Publikationen der Mitglieder werden auf der Vereinswebsite beworben.[26]

Rezeption

Auch wenn die GWUP ihre Themen in wichtigen Fernsehsendungen platzieren konnten, ist das Interesse der Öffentlichkeit in der Regel eher gering. So klagte etwa der GWUP-Geschäftsführer Amardeo Sarma im Jahre 2002 in einem Interview, dass die Arbeit seines Vereins in den Medien wenig beachtet würde, da sich die Medien bei ihrer Themenwahl selbst im Umfeld der Parawissenschaften bedienen würden.[1] Im Kontext der Entlassung des ehemaligen Chefredakteurs des Skeptikers im Jahre 1999 beschrieb Die Zeit den Verein in einer Glosse, auf die geringe gesellschaftliche Basis anspielend, als ein „Häuflein Aufrechter“, das der „Unvernunft Paroli“ bieten wolle.[27]

Edgar Wunder, Mitbegründer der GWUP und ehemaliger Redaktionsleiter des Skeptiker, erhob 1999, nach seinem Austritt aus der GWUP, den Vorwurf, dass die Gesellschaft entgegen ihrer Selbstdarstellung „kaum kritische Untersuchungen durchführe“. Auch ginge es den meisten Mitgliedern der GWUP gar nicht um die Feststellung der Wahrheit. Die kritische Einstellung zu Parawissenschaften sei vielmehr eine „Glaubensfrage“, die bereits vor jeder Untersuchung feststehe.[27] Wunder gründete das Forum Parawissenschaften, heute Gesellschaft für Anomalistik.

Kritik erfährt die GWUP auch aus dem Umfeld der von ihr behandelten Themenfelder, etwa von Homöopathen. So wies der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte gemeinsam mit der Krankenkasse Deutsche BKK im Jahr 2005 eine Unterschriftenaktion der GWUP gegen „die bisherige, kritiklose Unterstützung der Homöopathie“ entschieden zurück.[28]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j N.N.: Verstand contra unbekannt. In: Focus. Band 20, 2002 (focus.de [abgerufen am 7. Juli 2008]).
  2. a b c d e N.N.: Ufos und Kreationisten im Visier. In: Focus. 1. Mai 2008 (focus.de [abgerufen am 7. Juli 2008]).
  3. a b c Brigitta vom Lehn: Schummeln gehört zum Magie-Geschäft. In: Die Welt. 11. Januar 2008 (welt.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  4. Pascal Morche: Die Eso-Skeptiker. In: Focus. Nr. 28, 1998 (focus.de [abgerufen am 9. Juli 2008]).
  5. N.N.: Die Ziele der GWUP. Hrsg.: Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. ohne Datum (gwup.org [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  6. a b Angelika Sanktjohanser: Zauberhafte Wissenschaft. In: Focus online. Band 41, Nr. 1, 18. Mai 2007 (focus.de [abgerufen am 10. Juli 2008]).
  7. N.N.: Themen Psychoanalyse. Hrsg.: Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. ohne Datum (gwup.org [abgerufen am 9. Juli 2008]).
  8. N.N.: GWUP-Themen Psychotrainings. Hrsg.: Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. ohne Datum (gwup.org [abgerufen am 10. Juli 2008]).
  9. a b c d N.N.: Homöopathie ist "auf eine Art mystische Zauberei". In: Die Welt. 18. Mai 2007 (welt.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  10. a b N.N.: GWUP - Statements prominenter Wissenschaftler und Journalisten. Hrsg.: Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. ohne Datum (gwup.org [abgerufen am 14. Juli 2008]).
  11. Christoph Drösser: Missionare der Vernunft. In: Die Zeit. Band 32, 1998 (zeit.de [abgerufen am 7. Juli 2008]).
  12. a b Corinna Sachs: Der "One-Million-Dollar" Preis. 12. Dezember 2004, S. 2–7, S. 7 (wdr.de [PDF; abgerufen am 14. Juli 2008]).
  13. N.N.: Regionalgruppen der GWUP. Hrsg.: Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. ohne Datum (gwup.org [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  14. N.N.: Die GWUP Regensburg. Hrsg.: Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften Regensburg. ohne Datum (gwup-regensburg.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  15. Die GWUP e.V. stellt sich vor – Who is who
  16. Corinna Sachs: Der One-Million-Dollar Test. In: wdr.de. 12. Oktober 2004 (wdr.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  17. N.N.: Alle waren Unwahrsager. In: Badische Zeitung. 14. Dezember 2007 (badische-zeitung.de [abgerufen am 7. Juli 2008]).
  18. N.N.: Mediziner warnt vor Anti-Aging-Produkten. In: Frankfurter Rundschau. 26. Mai 2004 (fr-online.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  19. Gabriele Hooffacker: Mit Magie gegen Kreationismus? In: telepolis. 6. Mai 2008 (heise.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  20. Gabriele Hooffacker: Mit Magie gegen Kreationismus? In: telepolis. 6. Mai 2008 (heise.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
    Harald Schmidt: Kampf gegen Quacksalber und Kreationisten. In: stern.de. 3. Mai 2008 (stern.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  21. Resolution gegen Homöopathie
  22. W wie Wissen, 2004. über die GWUP-Vortests zum Randi-Test
  23. Frankfurter Rundschau (2004)
  24. FOCUS 2008: Ufos und Kreationisten im Visier
  25. Der Stern über die GWUP-Tagung 2008
  26. N.N.: GWUP - Literaturtipps. Hrsg.: Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften. ohne Datum (gwup.org [abgerufen am 9. Juli 2008]).
  27. a b Christoph Drösser: Grabenkämpfe: Die Skeptiker gebärden sich wie eine Politsekte. In: Die Zeit. Nr. 5, 1999 (zeit.de [abgerufen am 8. Juli 2008]).
  28. Kampagne gegen Vertrag von BKK und Homöopathen. Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte und die Deutsche BKK weisen die Unterschriftenaktion der GWUP entschieden zurück - Ärzte Zeitung - 03.06.2005.