Fernglas
Als Fernglas bezeichnet man in der Praxis meist ein tragbares und freihändig verwendbares optisches Instrument, mit dem man mit beiden Augen gleichzeitig über getrennte Strahlengänge hindurchblicken kann, um entfernte Gegenstände vergrößert zu erkennen. Diese Ausführung wird auch Feldstecher genannt. In einem weiteren Sinne versteht man unter Fernglas auch Instrumente für die Beobachtung mit nur einem Auge, die als Linsenfernrohre, Monokulare oder Spektive bezeichnet werden.
![]() |
Begriffsabgrenzung
Fernglas ist im Prinzip ein übergeordneter Begriff, um unterschiedliche, einfache und komplexe technische Ausführungen monokularer und binokularer Glas- und Prismenanordnungen zu kennzeichnen, die der vergrößerten Abbildung von in der Ferne liegenden Objekten dienen. Gläser, mit deren Hilfe man in der Ferne schärfer als ohne Hilfsmittel sehen konnte, nannte man im 19. Jh. häufig "Stechbrillen" (oft als Monokel ausgebildet), einfache Operngläser ("Operngucker") darüber hinaus auch "Stecher". Um diese letzteren von den im Freiland verwendeten, häufig größeren und stärkeren Ferngläsern zu unterscheiden, kam für sie der Begriff des Feldstechers auf[1].

Größere Formate, die für ein ruhiges Sehen stabilisiert werden müssen, werden auch Großfeldstecher oder Doppelspektive genannt. Andererseits sind Operngläser recht kleine, binokulare Ferngläser mit niedriger Vergrößerung (meist 2-3 fach), die zuweilen (früher häufiger als heute) von Theater- oder Opernbesuchern verwendet werden. Sie enthalten keine Prismen zur Bildumkehr, da die zugrunde liegende Optik vom Typ des Galilei-Fernrohrs ist, während andere Ferngläser meist auf dem Kepler-Fernrohr basieren. Die folgende ausführliche Beschreibung bezieht sich primär auf die heute am weitesten verbreiteten Ferngläser vom Typ "Feldstecher".
- Warnhinweis
- Mit Ferngläsern darf man wie auch mit anderen Fernrohren nicht in die Sonne blicken - zur Sonnenbeobachtung müssen vor dem Objektiv geeignete Filter verwendet werden.
Bauprinzip und optische Kenngrößen
Binokulare Ferngläser ermöglichen ein entspanntes und stereoskopisches Sehen und basieren in ihrem optischen Bau- und Funktionsprinzip auf den verschiedenen Formen des Linsenfernrohrs. Spezielle mechanische Vorrichtungen ermöglichen die abgestimmte Verschiebung der beiden Linsengruppen im linken und rechten Strahlengang und damit die gleichzeitige Entfernungseinstellung. Die Einstellung der Dioptrien zur Anpassung an die meist etwas unterschiedlichen Augenstärken des Beobachters erfolgt häufig durch Drehen an einem der Okulare (selten auch an beiden), manchmal – besonders bei höherwertigen Ferngläsern – durch Einstellungen an einem Mitteltrieb. Bei sehr klein gehaltenen Kompaktgläsern wird zuweilen sowohl die Ferneinstellung als auch die Dioptrieneinstellung gemeinsam durch getrenntes Einstellen der beiden Okulare erreicht.
Vergrößerungen und Helligkeit
Die Eigenschaft und Leistungsfähigkeit eines Fernglases kann durch verschiedene Kenngrößen und Qualitätsmerkmale charakterisiert werden. So werden stets Vergrößerungszahl und Objektivdurchmesser (der in erster Linie die Helligkeit charakterisiert) zur Kennzeichnung jedes Fernglases angegeben. Beispielsweise bedeutet die Fernglaskennzeichnung 10x50, dass das Fernglas eine 10-fache Vergrößerung und einen Objektiv-Durchmesser von 50 mm hat. Eine 10-fache Vergrößerung ist so definiert, dass das Bild in 1000 m Entfernung durch das Fernglas so groß wirkt, als stünde der Betrachter nur 100 m (= 1/10) entfernt.
Der Quotient aus Objektivdurchmesser und Vergrößerung (hier 50 mm : 10 = 5 mm) bestimmt die Weite des Lichtstrahls und damit die Helligkeit des Bildes. Er wird als Austrittspupille bezeichnet, womit man den Durchmesser des Strahlenbündels, der das Okular verlässt, bezeichnet. Da das menschliche Auge eine Pupillenöffnung von 2-3 mm in der Helligkeit und 6-7 mm in der Dunktelheit aufweist, wäre eine Austrittspupille von unter etwa 2,5 mm in jedem Falle eine Einschränkung. Ferngläser mit kleinerer Austrittspupille werden daher praktisch nicht hergestellt. Eine große Austrittspupille ist ideal für Dämmerungsbeobachtungen und Beobachtungen des Sternenhimmels, wobei allerdings ältere Personen, deren Pupillen sich oft nicht mehr voll öffnen, häufig nur einen teilweisen Vorteil daraus ziehen können. Generell eine große Austrittspupille anzuschaffen ist wegen des damit verbundenen höheren Gewichts daher oft wenig sinnvoll. Allerdings haben große Austrittspupillen noch einen anderen Vorteil: Sie erleichtern den Durchblick auf unruhigem Untergrund (z.B. auf einem Schiff) und wenn der Beobachter verstärkt zittert, was generell bei Körperanstrengung, sogar schon bei einer Wanderung, verbreitet ist.
Reales und scheinbares Sehfeld
Eine weitere wichtige Größe ist das reale Sehfeld, welches entweder in Winkelgrad (°) oder als Abschnitt auf 1.000 m Entfernung angegeben wird. 1° entspricht ungefähr 17,5 m pro 1000 m. Das Sehfeld variiert zwischen etwa 3° (rund 50 m pro 1000 m, typisch für 18- bis 20-fache Vergrößerung) und etwa 9° (rund 160 m pro 1000 m, bei 6- bis 7-facher Vergrößerung erreichbar). Eine großes Sehfeld zieht zum Rand hin stets Farbsäume und Verzeichnungen nach sich, die in Qualitätsferngläsern durch hochwertige Glassorten und eine aufwändige Vergütung minimiert werden. Wenn im Folgenden einfach von "Sehfeld" die Rede ist, ist stets das "reale Sehfeld" gemeint.
Im Gegensatz dazu bezeichnet das scheinbare Sehfeld denjenigen Winkel, den der Betrachter in unserem obigen Beispiel des 10x50-Fernglases scheinbar durch das Glas in 1000 m Entfernung sieht. Da ein typisches reales Sehfeld eines 10x50-Fernglases etwa 6° beträgt, sieht er, da er scheinbar 10 mal näher ist, ein scheinbares Sehfeld von rund 60°. Tatsächlich wurde früher das scheinbare Sehfeld in dieser einfachen Weise durch Multiplikation der Vergrößerungszahl mit dem realen Sehfeld definiert und berechnet. Eine neuere Norm (ISO 14132-1:2002) verlangt eine leicht modifizierte (etwas kompliziertere trigonometrische) Berechnung, die zu etwas kleineren scheinbaren Sehfeldern führt. Aus diesem Grunde können auch ältere und neuere Angaben für das gleiche Fernglas variieren. Als grobe Regel wird im übrigen häufig angegeben, dass bei einem scheinbaren Sehfeld unter 60° der Beobachter einen "Tunnelblick"-Eindruck haben kann, doch ist die Grenze, aber der dieser Eindruck entsteht, auch etwas vom subjektiven Empfinden abhängig. Ferngläser, die ein scheinbares Sehfeld von über 60° haben, werden vielfach mit dem Zusatz "Weitwinkel" gekennzeichnet.
Distanzeinstellung
Eine ebenfalls wichtige Kenngröße für die Qualität von Ferngläsern ist der Mindestabstand zum Objekt, der noch ein Scharfsehen ermöglicht. Früher betrug der Mindestabstand in jedem Falle mehrere Meter. Zunehmende Vergrößerungszahl und zunehmende Objektgröße führten und führen im Allgemeinen zu einer größeren Minimaldistanz. Die heute realisierbare Nahgrenze liegt auch bei hochwertigen Ferngläsern vielfach um 1,5 bis 2,5 m und hängt von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der Bauart und vom Qualitätsanspruch an das Bild. Durch die geringe Nahgrenze ist es bei manchen Ferngläsern inzwischen möglich, sie auch zur Beobachtung von Pflanzen oder Insekten direkt bei der beobachtenden Person auf dem Boden zu verwenden oder Schmetterlinge aus einer sicheren, aber dennoch nicht zu weiten Fluchtdistanz zu beobachten.
Es gibt auch Ferngläser, die keine Distanzeinstellung verlangen und auch nicht ermöglichen. Sie werden häufig mit Begriffen wie "Fixfokus", "Permafokus" oder auch "Autofokus" charakterisiert, sind allerdings keine Autofokus-Systeme im Sinne optischer Apparate, wie Foto- und Videogeräten, sondern basieren auf einer Fixeinstellung, die ein (einigermaßen gutes) Scharfsehen zwischen mehreren Metern und unendlich ermöglicht. Das Linsensystem ist für maximale Schärfentiefe optimiert. Eine gewisse Anpassung an die unterschiedlichen Entfernungen gelingt am ehesten jüngeren Beobachtern, die noch über eine gute Akkommodationsfähigkeit ihrer Augen verfügen. Aber auch bei ihnen führt längeres Beobachten zur Augenermüdung. Solche Gläser werden etwa von Besuchern von Sportveranstaltungen benützt, wo dauernd Veränderungen der Beobachtungsdistanz auftreten; sie sind meist relativ preiswert.
Glassorten und Vergütungen
In modernen Ferngläsern sind außer einer Anzahl von Linsen auch Prismen eingebaut (siehe weiter unten bei "Bauformen"), die durch Totalreflexion oder Spiegelschichten dafür sorgen, dass das betrachtete Bild aufrecht und seitenrichtig steht. Gleichzeitig wird dadurch die Baulänge verkürzt. Unterschiedliche Bauformen und Qualitätsmerkmale beeinflussen Form und Größe des Fernglases sowie die Qualität und die Eigenschaften der Gesamtoptik.
Die Wahl der Glassorten und die Art der Vergütung von Linsen und Prismen sind weitere wesentliche Elemente, die die Lichtstärke und den Kontrast beeinflussen und Gegenlichtreflexe, "vagabundierendes" Streulicht und Geisterbilder verringern und auch die oben genannten Kenngrößen, wie Sehfeld, minimaler Objektabstand und Verzeichnung verbessern können. Als Glassorten werden häufig die Krongläser BK7 (Bor-Kronglas) und BaK4 (Barium-Kronglas) verwendet, wobei in neuerer Zeit vor allem mit BaK4-Gläsern sowohl für Porroprisma- als auch für Dachkantprisma-Bauweisen geworben wird, da sie eine bessere Detailauflösung und ein helleres und farbtreueres Bild ergäben. Allerdings hängen bei diesen und weiteren Glassorten Farbtreue, Dispersion, geometrische Form, Gewicht, Qualitätsstreuung bei der Produktion und die Herstellungskosten in komplexer Weise miteinander zusammen, so dass wohl auch zukünftig unterschiedliche Glassorten als für den jeweiligen Zweck geeignetste verwendet werden dürften.
Bezüglich der Vergütung werden heute Mehrschichtvergütungen angewendet. Der Aufwand für die Vergütung schlägt sich, neben dem für die Glassorten, erheblich in den Produktionskosten und damit im Endpreis nieder. Ferner sind auch die vielfach leichtgewichtigen Gehäuse moderner Ferngläser teurer in der Fertigung als traditionelle schwergewichtige Gehäuse.
Um Farbsäume durch chromatische Aberration bei Ferngläsern noch weiter zu reduzieren werden heute für die Linsen spezielle Sondergläser verwendet. Diese Gläser verfügen durch Zuschlagsstoffe wie z. B. Fluorid über eine sehr geringe Brechkraft und eine anomale Dispersion. Nikon nennt dies z. B. ED-Glas, KAHLES AMV, Swarovski HD und bei Zeiss heißen sie FL-Gläser. Derartige Gläser werden hauptsächlich dort verwendet, wo die Farbreinheit des Bildes eine besondere Rolle spielt, wie z. B. bei der Vogelbeobachtung.

Aufbau des optischen Systems
Bauformen
Die (neben dem Opernglas) wichtigsten Konstruktionsformen ergeben sich aus der Art der verwendeten Prismengläser. Die historisch ältere Variante beruht auf der Verwendung eines Porroprismas. Dieses verlangt eine relativ breite und geknickte Bauweise des Fernglases, die konstruktionsbedingt eine gute Lichtdurchlässigkeit (Transmission) und infolge der oft weit auseinander stehenden Objektive ein gutes stereoskopisches Sehen, vor allem im Bereich um 10 bis 50 m, ermöglicht. Das modernere Dachkantenprismenglas kann schmaler und leichter ausgeführt werden, führt aber infolge höherem Fertigungsaufwand bei vergleichbarer Qualität zu höheren Produktionskosten. Ferngläser mit Dachkantenprismen sind allerdings leichter so zu bauen, dass sie wasserdicht sind. Als zusätzlicher Schutz gegen das Eindringen von Feuchtigkeit sind heute viele Ferngläser mit Stickstoff (N2) oder mit Edelgas (Argon, Krypton) gefüllt.
Der bei Dachkantprismen kleinere Abstand der Objektive ist für Nahbeobachtungen (z. B. von Insekten) grundsätzlich geeigneter als die klassische Porroprismenbauweise mit erweitertem Objektivabstand (geringere Parallaxe); dafür ist der räumliche Eindruck im Allgemeinen schwächer.
Porroprismen-Fernglas
Das rechts dargestellte Fernglas ist ein Porroprismenglas (nach Ignazio Porro). Man erkennt es an dem versetzten Gehäuse, in dem das Porroprisma den Lichtweg umkehrt. Diese Bauweise ermöglicht die Veränderung des Objektivabstands, sodass das räumliche Sehen deutlicher wird, wenn man ihn vergrößert (übliche Porrobauweise). Eine Modifikation, die nur selten hergestellt wird, ist die umgekehrte Anordnung des Porroprismenglases. Sie erlaubt zusätzlich zu einer Fernbeobachtung eine eindrückliche Nahbeobachtung (z.B. beim Papilio von Pentax), ist allerdings konstruktionsbedingt nur für kleine Objektivgrößen möglich.

Dachkantprismen-Fernglas
Diese Ferngläser benutzen je Auge zwei Dachkantprismen zur Verkürzung der Baulänge und zur Umkehr des Bildes. Die bekanntesten Bauformen sind das Uppendahl-Prisma, das Schmidt-Pechan-Prisma und das Abbe-König-Prisma. Das erste wird heute kaum noch verwendet (verbaut z.B. in den älteren Leica-Trinovid-Ferngläsern), das zweite erfordert eine aufwändige Verspiegelung, lässt aber eine besonders kompakte Bauweise zu (verbaut z.B. in modernen Leica-Trinovid-Kompaktgläsern), das dritte erlaubt eine höhere Lichttransmission (verbaut z.B. im Zeiss Victory 42 FL).
Variable Vergrößerung
Ferngläser werden auch mit variabler Vergrößerung angeboten. Diese enthalten entweder zwei Fixeinstellungen, zwischen denen umgeschaltet werden kann, oder eine kontinuierliche Einstellung der Vergrößerung nach dem Zoom-Prinzip. Die Synchronisation auf beiden Seiten erfolgt über eine mechanische Kopplung, oft in Form eines biegsamen Metallstreifens, der in einer Schiene entlang der Okularbrücke (welche auch die synchrone Fokussierung über den Mitteltrieb ermöglicht) stauchungssicher geführt wird. Die Einstellung der Vergrößerung erfolgt zumeist über einen Hebel neben einem der Okulare, der über die erwähnte Kopplung sowie eine Art Schneckengetriebe Linsengruppen in beiden Okularen verschiebt.
Gegenüber Ferngläsern mit fester Vergrößerung besitzen Zoom-Ferngläser mehr Linsen und damit, besonders bei preiswerteren Modellen, auch höhere Lichtverluste sowie stärkere störende Farbsäume. Ferner ist das Sehfeld und die Nahfokussierung aufgrund der längeren Bauweise des Okulars meist deutlich schlechter. Dies gilt, wenngleich in geringerem Maße, auch für Ferngläser, die Vergrößerungen nur zwischen zwei Fixeinstellungen ermöglichen.
Bildstabilisierung
Die üblicherweise verwendeten Vergrößerungen bewegen sich im Bereich von 7x bis 12x. Mit diesen ist es für einen gesunden Menschen in Ruhe möglich, relativ verwacklungsfrei zu beobachten. Speziell unter Körperranstrengung (z.B. auf Bergwanderung) oder auf einem Schiff können Verwackelungen aber erheblich stören, was bei zunehmender Vergrößerung rasch stärker wird. So steigert sich die sichtbare Handunruhe vom Vergrößerungsfaktor 7x auf 10x bereits um 42%[2]. Bei modernen Ferngläsern, namentlich von asiatischen Herstellern, werden daher zunehmend zuschaltbare elektronische Stabilisatoren eingesetzt, die bei freihändigem Gebrauch Verwacklungen durch das Händezittern weitgehend verhindern können. Ihre Nachteile sind neben dem Batterieverbrauch ein größeres Volumen und Gewicht sowie in der Praxis vielfach auch ein relativ großer Mindestabstand zum Objekt von häufig 3,5-6 m und auch ein etwas kleineres Sehfeld. Ohne bzw. bei leeren Batterien funktionieren sie wie normale Ferngläser. Das Zeiss 20x60 S funktioniert ohne Batterien, ist aber sehr groß und schwer (1,66 kg) und verlangt eine Mindestdistanz von 14 m.
Funktionell wird bei Canon eine Technik ähnlich derjenigen bei Camcordern eingesetzt; das System ist als Image Stabilizer bekannt (IS). Bei Fujinon ging man mit den Technostabi-Gläsern den Weg einer elektromechanischen Neuentwicklung, um das System auch auf See- und Landfahrzeugen einsetzen zu können. Zeiss verwendet eine aufwändige Konstruktion, die mittels Kreuzgelenk und einer Wirbelstrombremse rein mechanisch die Bildstabilisierung erreicht. Fujinon-Stabiscopes wiederum verwenden ein Gyroskop; dadurch ist dieses System auch an Bord von Hubschraubern einsetzbar.
Leistungs- und Qualitätsbeurteilung
Allgemeine Kriterien
Ein für alle Zwecke geeignetes und somit ein "bestes" Fernglas gibt es nicht, denn die verschiedenen wünschenswerten Eigenschaften können nur zu einem geringen Teil gleichzeitig optimiert werden. So hängen die geeignete Objektivgröße und wünschenswerte Vergrößerungszahl stark vom vorgesehenen Verwendungszweck und auch von der Person ab. Als Ferngläser, die man bequem in einer kleinen Tasche mitnehmen kann, dienen die Kompaktferngläser, die typischerweise in den Kenngrößen 6x18 bis 10x25 hergestellt werden. Sie wiegen häufig um 180 bis 300 g, weisen aber als Nachteile eine begrenzte Helligkeit, ein eingeschränktes Sehfeld und eine relativ kleine Austrittspupille auf; manche sind darüber hinaus auch nicht für Brillenträger konzipiert. Viele Kompaktgläser mit 8-10-facher Vergrößerung sind auch nur schwer zitterfrei zu halten, da eine etwas größere Masse eher stabilisierend wirkt. Allerdings äußern sich Gewicht und Zitterbewegung individuell recht unterschiedlich, weshalb ein persönliches ausgiebiges Prüfen vor dem Kauf - insbesondere bei der Anschaffung teurerer Geräter - angebracht ist.
Als praktische mittelgroße Allround-Ferngläser auf Wanderungen für Landschafts-, Wild- und Vogelbeobachtungen dienen Gläser zwischen etwa 8x30 und 10x42, die häufig im Gewichtsbereich von 500 bis 800 g liegen. Für Dämmerungssehen eignen sich Ferngläser mit Objektivgrößen von 42 bis 50 mm, da nur diese eine genügende Lichtstärke ermöglichen. Hobby-astronomischen Zwecken dienen generell am besten Gläser mit einem Objektivdurchmesser von 50 mm oder darüber.
Für Spezialanwendungen (z. B. professionelle Astronomie oder Ornithologie) gibt es Ferngläser mit Objektivdurchmesser von 100 mm und mehr sowie Vergrößerungen bis zu 80-fach, wofür aber ein geeignetes Stativ mitzunehmen ist. Häufig sind diese Ferngläser aus Gewichts- und Kostengründen monokular ausgeführt und werden dann als Spektiv bezeichnet.
Wird bei stärkeren Vergrößerungen (insbesondere 12x bis 20x) auf ein Stativ verzichtet, ist die Wahl eines Gerätes mit eingebauter Bildstabilisierung angebracht, da nur wenige Menschen (und auch diese nur in Ruhe und über eine begrenzte Zeit) die Geräte so ruhig halten können, dass die Verwackelung nicht störend wird und den Vorteil höherer Vergrößerung teilweise wieder aufhebt. Wo die sinnvolle Vergrößerungsgrenze liegt, muss individuell geprüft werden; während manche Menschen bis etwa 12-fache Vergrößerungen noch relativ ruhig halten können, liegen für andere schon 6-7-fache Vergrößerungen an der Grenze des Erträglichen. Das Mehrgewicht elektronisch bildstabilisierter Geräte beträgt je nach Bauart um 100 bis 500 g; sie werden derzeit im Vergrößerungsbereich von 8-fach (z.B. Canon 8x25 IS, 500 g) und 20-fach (Zeiss 20x60 S, 1660 g) angeboten.
Quantitative Kriterien
Aus der Vergrößerung V und dem Objektivdurchmesser D (in mm) ergibt sich als wichtige Kenngröße der Durchmesser der so genannten Austrittspupille AP der Optik:
Die Austrittspupille ist das reelle Bild der Öffnung durch das Okular und als heller Lichtkreis vor dem Okular schwebend erkennbar, wenn man das Fernglas in einigem Abstand vom Auge hält. Grundsätzlich gilt: Je größer die Austrittspupille, umso heller ist das Bild. Ist AP jedoch größer als die Pupille des menschlichen Auges (ca. 6-8 mm beim dunkeladaptierten jugendlichen Auge), so wird nicht alles Licht genutzt. Auf der anderen Seite wird das Bild bei AP unter 2 mm selbst bei hellem Sonnenschein merklich dunkler und kontrastärmer. Zudem wachsen mit der Vergrößerung die Anforderungen an die Qualität der Optik und damit auch der Preis. Somit liegt die sinnvolle Vergrößerung eines Fernglases mit 50 mm Objektivdurchmesser für die meisten Anwendungen zwischen 7- und 25-fach.
Weitere Kenngrößen sind die Dämmerungszahl DZ und die geometrische Lichtstärke LS. Diese Parameter sind theoretische (d.h. rein rechnerische) Werte, da sie nicht berücksichtigen, aus welchem Material die Linsen sind und mit welcher Güte sie gefertigt wurden. Die Dämmerungszahl DZ ergibt sich aus Vergrößerung und Objektivdurchmesser, die geometrische Lichtstärke LS entspricht dem Quadrat des Durchmessers (in mm) der Austrittspupille:
Wichtig für die Dämmerungsleistung ist neben den schon genannten Kennwerten auch die Transmission des Fernglases. Die Transmission ist eine relative Größe und gibt an, wieviel Prozent der einfallenden Lichtenergie nach Passieren der Optik das Okular verlassen. Ferngläser hoher Qualität erreichen Werte von über 90 Prozent im Bereich um 600-700 nm und zwischen 80 und 90% um 450-600 nm, wobei die Werte für die Spitzengläser derzeit noch weiter leicht ansteigen.
Eine in der Praxis wichtige Kenngröße ist das Sehfeld bzw. der Sehwinkel, das den sichtbaren Ausschnitt aus dem Objekt charakterisiert. Im Allgemeinen nimmt das Sehfeld mit zunehmendem Vergrößerungsfaktor, aber auch mit zunehmender Objektivgröße (und damit Helligkeit) ab. Qualitativ gute 10-fach-Ferngläser weisen heute ein Sehfeld bis ca. 120 m auf 1.000 m Entfernung auf, gute 7-fach-Ferngläser bis ca. 150 m. Bei Abstrichen in der Qualität sind auch etwas größere Sehfelder realisierbar. Tendenziell erlauben Ferngläser nach dem Porroprismenprinzip etwas größere Sehfelder als solche nach dem Dachkantenprismenprinzip.
Eine zunehmende Bedeutung, die früher für Feldstecher konstruktionsbedingt nicht in Frage kam, ist die Nahbeobachtung. Sie wird möglich, seitdem die minimale Abstand zum Objekt, der bislang im mittleren Vergrößerungsbereich (7x bis 10x) meist um 2 bis 4 m lag, inzwischen (2009) und in nächster Zukunft von verschiedenen Herstellern hochwertiger Ferngläser (Kowa, Swarovski usw.) auf Werte von etwa 1,5 m gedrückt wird. Diese neuere Entwicklung der Dachkantenprismengläser erlaubt erweiterte Naturbeobachtungsmöglichkeiten, z.B. von Insekten. Im Niedrigpreissektor (und häufig mit entsprechenden Abstrichen in der Abbildungsqualität) wurden und werden allerdings vereinzelt auch bisher schon Nahdistanzen bis um 1 m und darunter auf dem Markt angeboten (z.B. verschiedene Modelle der Firma Vixen sowie Pentax (Papilio 6,5x und 8,5x, Nahdistanz 50 cm, basierend auf dem umgekehrtem Porroprismenprinzip).
Qualitative Kriterien
Zur Eigenbeurteilung der Qualität und des Zustandes eines Fernglases kann man zunächst von vorn in das Glas hineinschauen. Staubablagerungen oder Beschlag durch Trübung werden dabei bereits sichtbar.
Ein weiteres Kriterium ist die geometrische Ausformung der Austrittspupille. Um diese zu beurteilen, schaut man mit einem gewissen Abstand von hinten durch die Okulare gegen einen hellen Hintergrund und beobachtet die Ausformung, die auf allen Seiten rund und gleichmäßig sein sollte. Um die Justierung der beiden Optiken zueinander zu prüfen, schaut man sich mit dem Glas eine weit entfernte senkrechte und waagerechte Grenzlinie an. Schließt und öffnet man dabei die Augen, kann man feststellen, ob sich die beiden Teilbilder ohne Anstrengung der Augen zu einem einzigen Bild kombinieren lassen. Vor allem Gläser der unteren Preiskategorien kommen mitunter mit fehlerhafter Justierung in den Handel.
Abbildungsfehler kann man durch Betrachten einer punktförmigen Lichtquelle, am besten eines hellen Sterns, beurteilen. In der Bildmitte betrachtet, deuten Abweichungen von der Punktform auf Fehler der Optik hin, wobei aber nur bei sehr hochwertigen Gläsern ein nahezu punktförmiges Abbild des Sterns erwartet werden kann. Im Randbereich zeigen die meisten Ferngläser wegen der sphärischen Aberration ein mehr oder weniger unscharfes, verzerrtes Bild des Sterns, was die Benutzung jedoch kaum beeinträchtigt.
Farbneutralität und/oder Vergütung des Fernglases lassen sich durch Betrachten von hellen weißen Flächen abschätzen. Ein Grün- oder Braunstich weist auf die Verwendung von minderwertigem Glas oder billigen Vergütungen hin.
Ältere oder sehr preiswerte Ferngläser sind häufig mit einer einfachen Beschichtung aus MgF2 (Magnesiumfluorid), auch Blaubelag genannt, versehen. Sie lassen sich unter Umständen an dem namengebenden Blauschimmer erkennen. Diese Einfachvergütung verbessert die Transmission insbesondere im gelben Lichtspektrum, in dem menschliche Augen besonders empfindlich sind. Bei höherwertigen Gläsern ist heute eine Mehrfachvergütung (multi-coated, MC) Standard, die den Reflexionsgrad des Glases nicht nur einem schmalen Bereich, sondern im gesamten sichtbaren Wellenlängenbereich reduzieren. Erkennen kann man diese Multivergütungen an schwachen, verschiedenfarbigen Reflexen, die man bei seitlicher Betrachtung der Linsen sehen kann. Gute Vergütungen zeigen hierbei blaue, grüne und purpurfarbene Reflexe. Die meist bei Gläsern der unteren Preisklasse anzutreffenden, häufig als „nachtaktiv“ beworbenen intensiv orangeroten oder goldfarbenen Effektbeschichtungen sind ohne praktischen Nutzen und reduzieren die Transmission häufig auf unter 50%. Derartige Gläser verfügen am Tage über einen starken Grünstich und sind in der Dämmerung, bedingt durch die niedrige Transmission, extrem lichtschwach und dunkel.
Derzeitige Hersteller von Ferngläsern (Auswahl)
Eschenbach, Leica, Steiner, Zeiss, Minox
Canon, Nikon, Pentax, Kowa, Vixen
Swarovski
- USA: Leupold
- Tschechien: Meopta
Einzelnachweise
- ↑ Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23. Aufl., bearb. v. Elmar Seebold, Walter de Gruyter, Berlin 1995
- ↑ nach: Vögel - Magazin für Vogelbeobachtung, 9.8.2007
Literatur
- Zeitschrift "Vögel - Magazin für Vogelbeobachtung" berichtet in jeder Ausgabe über Technik, Tests und aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der Fernoptik.
- Zeitschrift test der Stiftung Warentest, Ausgabe September 2006 mit Testergebnissen zu mehreren Ferngläsern.
- Himmelsbeobachtungen mit dem Fernglas. Eine Einführung für Sternfreunde, ISBN 381711463X
- Klaus-Dieter Linsmeier: Fernoptik in der Naturbeobachtung. Funktion, Anwendung und Herstellung von Ferngläsern, Teleskopen und Zielfernrohren, ISBN 3-478-93215-7
- Hubertus Schröder: Jagd-Optik - Nutzen, Gebrauch, Pflege, ISBN 3-7888-0850-0
- Stephen Tonkin: Binocular Astronomy. Springer-Verlag London 2007, ISBN 1-84628-308-6. Aktuelle Einführung zum Thema Ferngläser in englischer Sprache mit zahlreichen farbigen Illustrationen z. B. von Objektiv-, Prismen- und Okulartypen. Sehr gute Darstellung der relevanten Abbildungsfehler. Nicht nur für Sternenfreunde interessant.
Weblinks
- Ignazio Porro
- Das Fernglas als Instrument für astronomische Beobachtungen
- Astro Feldstecher
- Ferngläser - Erläuterung der technischen Daten