Artillerietruppe von Wehrmacht und Waffen-SS
Die Artillerietruppe war eine Truppengattung des Heeres der ehemaligen deutschen Wehrmacht, die die artilleristischen Kräfte des Heeres zusammenfasste.
Zum Einsatz kam die Artillerietruppe hauptsächlich während des Zweiten Weltkriegs von 1939 bis 1945.
Allgemeines
1939/40 umfasste die Artillerie der Wehrmacht nach Mobilmachung fast eine halbe Million Mann:
Offiziere | Beamte | Unteroffiziere | Mannschaften | Gesamt | |||
Friedensstärke | 11.430 | 1.165 | 43.036 | 275.735 | 331.366 | ||
Ersatzheer | 2.670 | 389 | 10.509 | 105.238 | 118.806 | ||
Kriegsheer | 14.100 | 1.554 | 53.545 | 380.973 | 450.172 |
Die Produktion von Geschützen ab Kaliber 7,5 cm betrug:
1940 | 1941 | 1942 | 1943 | 1944 |
6.100 | 7.200 | 12.000 | 27.250 | 41.500 |
Die Waffenfarbe der Artillerietruppe in der deutschen Wehrmacht war Hochrot.
Waffengattungen und Taktische Einsatzgrundsätze
Feldartillerie







Eine Batterie der Feldartillerie[1] bestand typischerweise aus
- dem Batterie-Trupp mit dem Batteriechef im Rang Hauptmann, einem Leutnant als Beobachtungsoffizier und dem Rechentrupp,
- der Nachrichtenstaffel für Einrichtung und Betrieb der taktischen Fernmeldenetze (Fernsprech-/Feldkabelbautrupp, Funktrupps),
- der Geschützstaffel mit vier Feldhaubitzen (A-, B-, C- und D-Geschütz), geführt von einem Leutnant als Batterieoffizier und einem Oberwachtmeister, zwei Geschützzügen mit je zwei Geschützgruppen, dem Fliegerabwehrtrupp mit Fla-MG, dem Rechentrupp, einem Melder und einem Sanitäter,
- der Munitionsstaffel,
- dem Gefechtstross unter dem Batterie-Wachtmeister mit dem Schirrmeister, dem Waffen- und Geräte-Unteroffizier, einem Feldküchentrupp und dem Gepäcktross mit Rechnungsführer, Schuhmacher, Schneider und Sattler.
Erkundung des Einsatzraums
Nach Erhalt des Einsatzbefehls durch seine Abteilung[2] nahm der Batteriechef Verbindung zum Kommandeur des ihm zugewiesenen Kampftruppenverbandes – meist einem Infanterie-Bataillon – auf, übernahm dort die Aufgabe des Artillerie-Verbindungsoffiziers und traf die notwendigen Absprachen, um seinen Unterführern die notwendigen Erkundungs- und Einsatzaufträge für zu erteilen.
Der Vorgeschobene Beobachter (VB) auf der Batterie-Beobachtungs-Stelle (B-Stelle) galt als Auge der Artillerie. Die Erkundung der B-Stelle übernahm der Batterie-Chef daher meist selbst in enger Anlehnung an die zu unterstützende Kampftruppe. Wichtig war eine beherrschende Sicht über die Hauptkampflinie sowie in die Tiefe des feindlichen Stellungsraums sowie gute Tarnung, um nicht selbst entdeckt zu werden.
Die Feuerstellung wurde durch den Batterieoffizier mit einem seiner Zugführer erkundet. Dabei galten folgende Vorgaben:
- Möglichst ebene, etwa 100-150 m breite Stellung,[3]
- Anmarschweg und Stellung der direkten Feindeinsicht entzogen, möglichst Hinterhanglage,
- unregelmäßig gestaffelte Aufstellung der Geschütze,
- freies Schussfeld von ca. 500 m in Grundrichtung.
Zu erkunden waren außerdem:
- Die Nah-B-Stelle zur Bekämpfung durchgebrochener Feindkräfte,
- die Alarmstellung für die infanteristische Nahverteidigung durch die Kanoniere,
- Stellung der Fliegerabwehr-MGs flankierend zu den Geschützen,
- Munitionsablageplatz ca. 200 m hinter der Feuerstellung mit gedeckten Wegen für die reibungslose Anschlussversorgung,
- Wechselfeuerstellung,
- Stellung des Arbeitsgeschützes, ca. 300 von der Hauptfeuerstellung entfernt.
In Sichtbereich der Geschütze wurde der Richtkreis aufgebaut und nach Lage und Richtung für das spätere Einrichten der Geschütze vermessen. Die Positionen der einzelnen Geschütze wurden durch das Erkundungskommando mit in Grundrichtung ausgerichteten Geschützflaggen markiert.
Der Hauptwachtmeister erkundete mit dem Munitionsstaffelführer die Protzenstellung für die Abstellung der Zug- und Versorgungsfahrzeuge oder -pferde, den Batterietross und den Aufbau der Feldküche.
Herstellen der Wirkungsbereitschaft
Rasche Herstellung der Wirkungsbereitschaft galt als entscheidend: „Die sicherste Grundlage des Erfolges ist der Vorsprung in der Gefechtsbereitschaft. Die Artillerie muss schneller feuerbereit sein als die feindliche“[4]
Bis zur Eröffnung des Feuerkampfes galt aus Tarnungsgründen meist Funkverbot. Unmittelbar nach der Erkundung begann daher der Fernsprechtrupp mit dem Aufbau der überlebenswichtigen Feldkabelverbindung zwischen B-Stelle und Batterie, zum Gefechtsstand der Infanterie und dem Abteilungsgefechtstand der Artillerie.
Der VB-Trupp
- nahm Verbindung zum örtlichen Führer der Kampftruppe auf,
- bezog gedeckt die befohlene B-Stelle,
- baute das Scherenfernrohr auf und richtete es ein,
- tarnte die Stellung,
- stellte die Fernmeldebereitschaft her,
- und nahm die Geländeorientierung vor.
- Dabei erfasste er markantesten Geländepunkte auf der mit einem UTM-Gitter versehenen Schießkarte (1:25.000 oder 1:50.000),
- fertigte eine Beobachtungs-Skizze an,
- meldete die nicht eingesehenen Räume an die Abteilung zur weiteren Beurteilung, für welche Geländeabschnitte zusätzliche Maßnahmen zur Überwachung befohlen werden mussten
- und erkundete eine oder mehrere Wechsel-B-Stellen.
Zur Zielortung und Leitung des Feuerkampfes verfügte der VB über
- Schießkarte 1:50.000
- Schießbesteck (metallener Schießhaken mit Winkelmesser in Strich und Entfernungslineal),
- Fernglas, Scherenfernrohr und binokularen Entfernungsmesser
- Kompass
- Stoppuhr
- Signalpistole
Die Geschützstaffel bezog nun die erkundete Feuerstellung:
- Die Geschütze wurden von den Abholern des Erkundungstrupps in Empfang genommen, an den markierten Positionen „abgeprotzt“ und im Mannschaftszug in Stellung gebracht,
- durch die Geschützmannschaften grob in Grundrichtung ausgerichtet
- und durch die Ladekanoniere (K3, K4) mit Hilfe der Erdsporne festgelegt.
- Die Richtkanoniere (K1, K2) richteten Rohr und Richtanlage mit der Libelle zunächst ebenerdig aus,
- dann richtete der K1 das Rundblickfernrohr auf den Richtkreis,
- die Ladekanoniere (K3, K4) klappten die Erdsporne der Geschütze ab,
- dann eilte der Ladekanonier (K3) eilte zum Richtkreis, um von dort die für sein Geschütz gemessenen Richtungswerte (Teilring, Geländewinkel (Libelle) und Erhöhung) zu notieren,
- während der zweite Ladekanonier (K4) die rot-weiß markierten Richtungsstangen für die spätere Festlegung des Geschützes auspflockte.
- Die Munitionskanoniere (K5, K6) entluden die Munitionsprotzen
- und legten ca. 10-20 m rückwärts des Geschützes die Treibladungen sowie die Granaten und Zünder bereit. Danach verließen die Protzen die Geschützstaffel und bezogen die Protzenstellung.
- Der Geschützführer ließ Geschütz und Marschspuren tarnen, überprüfte die Einrichtung des Geschützes und meldete die Wirkungsbereitschaft.
Sobald das erste Geschütz eingerichtet und die Fernmeldeverbindung aufgebaut war, meldete die Feuerstellung „Wirkungsbereitschaft“.
Führung des Feuerkampfes
Nach Freigabe des Feuerplans mit Vorgaben für Feueraufträge[5]Zielpunkte und Sperrfeuer durch den Batteriechef begann der VB nun das Einschießen der Batterie. Er ortete dabei die Einschießpunkte oder Feindziele nach Lage, Höhe und Beobachtungsrichtung und übermittelte die Daten als Feuerbefehl[6] an die Geschützstellung.
In der Feuerstellung ermittelten die Rechner[7] die tatsächliche Schussentfernung und -richtung und setzten diese mit Hilfe von Schusstafel und Wettermeldung („Barbara-Meldung“) als Feuerleitstelle in Feuerkommandos für die Geschütze um.[8]. Auf den Alarmruf „Feuerkommando“ eilten die Kanoniere nun an die Geschütze, richteten die Geschütze entsprechend dem durchgegebenen Feuerkommando aus, schraubten die befohlenen Zünder auf, luden Geschoss und Treibladung und signalisierten die Feuerbereitschaft.
In der B-Stelle befahl der VB das Abfeuern, zählte die Sekunden bis zum errechneten Aufschlagszeitpunkt, ortete den Aufschlag und meldete entsprechende Korrekturen an die Feuerleitstelle, wobei er durch Weit- und Kurzschüsse den Zielpunkt immer enger "eingabelte", bis das Feuer im Ziel lag.
Je sicherer die Schießgrundlagen, desto größer war die Wirkung durch zielgenaue und überraschende Feuerüberfälle. Voraussetzung dafür war die eng aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit aller Teileinheiten der Batterie:
- die genaue Zielortung und sichere Korrekturen des VB,
- die exakte Vermessung der Feuerstellung durch das Erkundungskommando,
- die korrekte Berechnung von Erhöhung und Seitenrichtung unter Einbeziehung der ballistischen Einflüsse mittels Wettermeldung und Schusstafel durch die Feuerleitrechner,[9]
- die präzise Einrichtung der Geschütze durch die Kanoniere.
Für die Führung des Feuerkampfes waren außerdem die Fernmeldeverbindungen von entscheidender Bedeutung, so dass die Fernsprechsoldaten im Gefecht häufig als Störungssucher unterwegs waren, wenn heftiges Feindfeuer die Kabelverbindungen beschädigt hatte. Nach dem Einschießen der Geschütze befahl der VB „Feuerpause“, wobei die Geschütze auf die allgemeine Grundrichtung oder die ggfs. ermittelten Sperrfeuerwerte einschwenkten.
Der VB beobachtete das Gefechtsfeld, hielt ständige Verbindung zum örtlichen Führer der Kampftruppe, gab Lage- und Zielmeldungen an den Chef und den Abteilungsgefechtsstand weiter und übermittelte nach Freigabe des Feuers auf Feindziele seine Feuerkommandos an die Batterie. Bei überraschenden Feindangriffen konnte die Kampftruppe auch selbst per Signalpatrone das sofortige Sperrfeuer der Batterie auslösen, bis der VB die Führung des Feuerkampfes übernahm.
Im Ausnahmefall wurden vorab einzelne Geschütze bis zur HKL vorgezogen, um Punktziele im direkten Schuss zu bekämpfen. Für diese Einsätze wurden stattdessen Infanteriegeschütze und Granatwerfer herangezogen.
Die Feuerstellungen der Artillerie bildeten bei Feindeinbrüchen häufig die letzte Auffangstellung. Die Kanoniere eröffneten dann unter dem Befehl des Batterieoffiziers den Feuerkampf im direkten Richten und bekämpften mit Sprenggeschossen feindliche Infanterie oder mit Hohlladungsgeschossen feindliche Panzer.
Waffensysteme
Anzumerken ist, dass neben den aufgeführten Geschützen zahlreiche unterschiedliche Beute-Geschütze zum Einsatz kamen.
- Feldkanone 7,62 cm (FK269 (r) L/51), Schussweite 13,6 km
- schwere Feldkanone 10 cm (FK 18), Schussweite 19 km, SdKfz 7
- leichte Feldhaubitze 10,5 cm (le.F.H.16)
- leichte Feldhaubitze 10,5 cm (le.F.H.18 L/28)
- schwere Feldhaubitze 15 cm (s.F.H. 18)
Sturm- und Panzerartillerie
Die Notwendigkeit, im beweglich geführten Gefecht vor allem der Panzertruppe zu folgen, war bereits vor Kriegsausbruch deutlich geworden. Zum einen sollten gepanzerte Begleitgeschütze, rasch setzte sich der Begriff „Sturmgeschütze“ oder „Sturmartillerie“ durch, den Panzern unmittelbar im Angriff folgen, zum anderen sollte auch die Feldartillerie auf Selbstfahrlafetten umgesetzt den Angriffsverbänden unmittelbare Feuerunterstützung geben können.
Sturmartillerie
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Das StuG III blieb bis Kriegsende die Standardwaffe der Sturmartillerie, StuG III beim dem Vormarsch in Russland 1941
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Blick aus dem Turm eines StuG III auf Stalingrad, September 1942
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Ab 1943 wurden die Sturmgeschütze mit zusätzlichen Seitenblechen gepanzert. StuG III an Ostfront 1943
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Erbeutete italienische Sturmgeschütze des Typs Semovente wurden als StuG M42(i) von der Wehrmacht übernommen
Bereits 1936 forderte der Inspekteur der Artillerie eine „Begleitartillerie unter Panzer für Infanterie- und Panzerabwehr“. 1937 enstand der Prototyp eines dafür entworfenen Kasematt-Panzers (Sd.Kfz. 142) mit 7,5 cm KwK L/24, des späteren Sturmgeschützes. Nach erfolgreicher Fronterprobung im Westfeldzug entstanden rasch die ersten Sturmgeschützabteilungen; die bis 1943 ausschließlich aus Freiwilligen rekrutiert.
Nach weiteren Kampfwertsteigerungen – verlängertes Rohr, Panzerschürzen, Beton-Zusatzpanzerung, Funkausrüstung - erwiesen sich die Sturmgeschütze als besonders erfolgreich; 1944 erhielten auch die Infanterie-Divisionen eigene Sturmgeschützbatterien; bis zu diesem Jahr hatten Sturmgeschütze bereits 20.000 Feindpanzer vernichtet.
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Marder I, Frankreich 1942
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JPz 38 (t) Marder II (Sd.Kfz. 132), südl. Ostfront 1942
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Marder III der SS-Division "Wiking", Ostfront 1942
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Eine Batterie "Hummeln" in Feuerstellung, südl. Ostfront, 1943
Die Bildung der Panzerartillerie vollzog sich zunächst eher behelfsmäßig. Nicht mehr den Frontbedingungen entsprechende Panzer wie die PzKw 38 (t), PzKw I und PzKw II, aber auch französische Beutepanzer der Typen Lorraine, Somua oder Renault wurden zu „Gerätewagen“ abgerüstet und dann mit Infanteriegeschützen (s.I.G.33), Pak (7,5 cm oder 7,62 (r)) oder Feldhaubitzen (10,5 cm) bestückt. Ergebnis war eine Vielfalt verschiedener Ausführungen, am bekanntesten die Typen Marder I-III, die vorwiegend als Panzerjäger eingesetzt wurden, bis diese Aufgabe durch reine Jagdpanzer mit geschlossenem Kampfraum abgelöst wurden (Jagdpanzer V „Jagdpanther“, Jagdpanzer 38(t) „Hetzer“, Jagdpanzer V (Tiger I) „Ferdinand“/„Elefant“, (Tiger I) Jagdpanzer V „Jagdtiger“).
Erste eigentliche Panzerhaubitze war die PzH „Wespe“ auf Gw II, bestückt mit der leichten 10,5 cm Feldhaubitze; eingesetzt in Batterien zu sechs Geschützen. Ihr folgte die PzH „Hummel“ auf Gw IV mit der 15 cm schweren Feldhaubitze. Die Panzerartillerie bewährte sich besonders bei den Abwehrschlachten von Weliki Luki im November 1942 und bei Charkow im August 1943.
Waffensysteme
- Sturmgeschütz III (Sd.Kfz. 142, 142/1 StuG III)
- Sturmhaubitze 42 (Sd.Kfz. 142/1 StuH 42)
- Sturmpanzer IV „Brummbär“ (Sd.Kfz. 166)
- Sturmgeschütz IV (Sd.Kfz. 163 StuG IV)
- Der Sturmtiger, das schwerste Sturmgeschütz welches in den Einsatz gelangte
- Das StuG M42(i) war die von den Italienern übernommene Semovente 75/18)
- Panzerhaubitze Wespe 10,5 cm le.F.H.18 auf PzKw II Fahrgestell (Sd.Kfz. 124)
- Panzerhaubitze Hummel 15 cm s.F.H.18/1 auf Gw III/IV (Sd.Kfz. 165)
- Panzerhaubitze Heuschrecke (Sd.Kfz. 165/1)
- 12,8-cm-Selbstfahrlafette L/61 "Sturer Emil" 15 cm s.F.H.18/1 auf Gw III/IV – Sd.Kfz. 165)
Gebirgsartillerie
Der Einsatz im Gebirge stellte besondere Bedingungen an den artilleristischen Einsatz. Die Einsatzgrundsätze glichen zwar denen der Feldartillerie, die schroffen Geländeverhältnisse und die rasch umschlagenden Wetterverhältnisse erschwerten jedoch das plangenaue Schießen und verlangten besonderes artilleristisches Können. Der VB konnte in zerklüftetem Gelände nicht das Ziel mit Weit- und Kurzschüssen „eingabeln“, sondern musste sich von einer Seite kommend an das Ziel „heranschießen“. Das unzuverlässige Wetter verhinderte zudem häufig das Herstellen sicherer Schießgrundlagen. Höher liegende Ziele oder Hinterhangziele konnten oft nur im Steilfeuer beschossen werden; die Gebirgsgeschütze waren daher auch auf das Feuern in der oberen Winkelgruppe (>45° Erhöhung) ausgelegt.
Ein weiteres Problem stellten Transport und Versorgung in steilem und unwegsamem Gelände dar. Die Geschütze waren daher in Traglasten zerlegbar und wurden zusammen mit Munition und Ausrüstung durch Pferde- und Maultier-Tragkolonnen in die Feuerstellung transportiert.
Waffensysteme
- 7,5 cm Gebirgskanone 36
- 10,5 cm Gebirgskanone 40
Fallschirmartillerie
Auch für die Fallschirmartillerie galten besondere Anforderungen. Die Geschütze wurden in mehrere Lasten verteilt abgeworfen und mussten vor Ort auch in wenig geeignetem und unebenem Gelände montiert und eingesetzt werden können. Daher griff man auf den Einsatz rückstoßfreier Geschütze [10] zurück, die rückstoßfrei und damit standfester waren und zudem wesentlich geringeres Gewicht hatten.
Waffensysteme
- 7,5 cm LG 40 L/15,5, Reichweite 6,5 km
- 10,5 cm LG 40 L/13, Reichweite 8 km, Gewicht 388 kg
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Montage eines schweren Wurfrahmens 40 an Sd.Kfz. 251 der 24. Panzerdivision und Beladen mit Wurfkörpern, Woronesch, Sommer 1942
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Leichter Zugkraftwagen 1 t (Sd.Kfz. 10) mit schwerem Wurfgerät 41, Ostfront 1942
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Laden eines 15 cm Nebelwerfers, Ostfront, Sommer 1942
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Abfeuern eines Raketenwerfers (schweres Wurfgerät 41) mit 28-cm-Wurf-Körper-Spreng gegen Aufständische in Warschau 1944
Die Nebelwerfer als Vorläufer der Raketenartillerie bildeten eine weitere Verstärkungskomponente der Armee- oder Korpsartillerie. Ursprünglich waren die Werfer zum Verschießen von Nebel- und Kampfstoffmunition geplant. Ihr besonderer Gefechtswert ergab sich aus der hohen Feuergeschwindigkeit, der überfallartigen, flächendeckenden Wirkung und der Zerstörungswucht durch die Mischung von Spreng- und Brandmunition. Eine Salve einer Batterie von 15 cm Nebelwerfern deckte eine Zielfläche von 350 m Breite und mehreren hundert Metern Tiefe ab, in der jede Feindbewegung augenblicklich gelähmt wurde. Dagegen musste die aus sechs Werfern bestehende Batterie nach jeder Salve einen Stellungswechsel durchführen, da die Raketentreibsätze die Flugbahn und die Feuerstellung verrieten. Außerdem war die Schussweite begrenzt und setzte die Werfer damit der Gefahr direkten Feindfeuers aus. Das führte zum Einsatz gepanzerter Werfer.
Waffensysteme
- Nebelwerfer 35
- Nebelwerfer 40
- 15 cm Nebelwerfer 41, Schussweite 4-6 km
- 21 cm Werfer 42, Schussweite 7,65 km
- schweres Wurfgerät 40 (Holz)
- schweres Wurfgerät 40 (Stahl)
- schweres Wurfgerät 40 (Stahl)
- Nebelwerfer 35
schwere Artillerie
Neben den Artillerie-Regimentern auf Divisionsebene verfügten die Artilleriekommandeure der Korps über schwere Artillerie-Regimenter für den „Allgemeinen Feuerkampf“ gegen Ziele in der Tiefe des Raums, oft im Zusammenwirken mit Aufklärungsfliegern und Artillerie-Beobachtungsabteilungen, da hierzu die Augenbeobachtung der VBs nicht weit genug in den gegnerischen Raum reichte.
In Ausnahmefällen wurden einzelne Abteilungen auch zur „Feuerverstärkung“ der Divisionsartillerie an besonders bedrohten Frontabschnitten eingesetzt.
Hierzu wurden besonders weitreichende Geschütze mit Kalibern über 15 cm verwendet.
Waffensysteme
- schwere Feldkanone 15 cm (s.F.K. 18), Schussweite 24,8 km
- 17 cm Kanone 18
- 21 cm Kanone 18, Schussweite 33,9 km
- 21 cm Mörser 18
- 30,5 cm Mörser (t) , Schussweite 16,7 km
- 42 cm Mörser „Gamma“
- 54 cm Mörser
- 60 cm schwere Mörser auf Selbstfahrlafette (Ger. 40/41)
Zur schweren Artillerie gehörte ebenfalls die batterien Eisenbahnartillerie, die überwiegend für die Belagerung fester Plätze (Leningrad, Kiew, Sewastopol) herangezogen wurden und z.T. direkt dem OKH unterstellt war:
- 15 cm Kanone (E), Schussweite 22,5 km
- 17 cm Kanone (E), Schussweite 26,8 km
- 21 cm kanone K12 (E), Schussweite 115 km
- 28 cm Kanone „Bruno“ (E)
- 53 cm Kanone “Gustav” (E)
- 80 cm Kanone “Dora” (E) L/36, Schussweite 47 km
Panzerzüge gehörten nicht zur Artillerie, sondern waren der Pioniertruppe zugeordnet.
Beobachtende Artillerie
Neben den VB zur unmittelbaren Feuerunterstützung der Kampftruppe verfügte die Artillerietruppe für den „Allgemeinen Feuerkampf“ der schweren Artillerieverbände gegen Feindziele, vornehmlich die feindliche Artillerie, auch über Beobachtungsabteilungen mit Vermessungs- Lichtmess-, Schallmess- und Ballon-Batterien.
Arbeiteten die Ballon-Batterien mit Luftbeobachtern, die ähnlich wie die VB Feindziele per Augernbeobachtung orteten und meldeten, so setzten Schall- und Lichtmess-Batterien aufwändige technische Verfahren zur Zielortung ein.
Schallmessverfahren
Beim Schallmessverfahren wurde parallel mit an verteilten Geländepunkten aufgestellten Mikrofonen die Abschussdetonation feindlicher Geschütze aufgezeichnet und zeitlich präzise abgeglichen. Aus den verschiedenen Messzeitpunkten ließ sich anhand der Schallgeschwindigkeit die gegnerische Feuerstellung ermitteln und wurde als Zielmeldung an die Feldartillerie weitergegeben.
Lichtmessverfahren
Ähnlich war das Prinzip der Lichtmessung. Von den tief gestaffelten und weit verteilten Beobachtungspunkten der Lichtmessbatterie aus, wurde der Detonationsblitz feuernder Feindgeschütze anpeilt und auf den Feuerplan übertragen. Auf der Karte ergab sich so ein graphisches Fehlermehreck, in dessen Mitte die feindliche Batterie geortet und dann zerschlagen oder niedergehalten werden konnte.
Wetter- und Kartendienst
Neben der Aufklärungskomponente verfügten die Beobachtungsabteilungen auch über einen Wetter-Zug, der alle zwei bis drei Stunden die Wetterdaten, bezeichnet als „Barbara-Meldung“, an die Artillerieverbände übermittelte, damit die aktuellen „Besonderen- und Witterungseinflüsse“ in den Feuerleitstellen bei der Berechnung der Feuerkommandos berücksichtigt werden konnten. Außerdem versorgte der Karten-Zug die Artillerieverbände mit dem notwendigen Kartenmaterial.
Küstenartillerie
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21-cm-schwerer Mörser 18 einer Küstenbatterie am Polarkreis, Lappland 1941
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Lappland 1943
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HKB 4/974 Straumöy-Süd, 1943
In Ergänzung zu den 840 Batterien der Marine-Küstenartillerie, die zur Sicherung gegen alliierte Landungsoperationen entlang der Artlantikküste von Lappland bis Südfrankreich stationiert waren, wurden durch die Artillerietruppe etwa 4.000 Geschütze an den Küsten aufgestellt, verteilt auf 144 Küsten-Artillerieabteilungen, 296 Batterien und 47 Festungs-Abteilungen. Die ortsfeste Stationierung erforderte zusätzliche Sicherung durch Flak gegen Luftangriffe und Installation von Vernebelungsanlagen; gegen Angriffe von Landseite waren die Küsten-Batterien allerdings nahezu wehrlos.
Verwendet wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Geschütztypen, darunter zahlreiche Beute- und Schiffsgeschütze, zum Teil in festungsartigen Bunkereinrichtungen und Kasematten.
Zugmaschinen
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Krupp-Protze und 5 cm Pak 38, Südfrankreich 1942
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Leichter Zugkraftwagen 1 t (Sd.Kfz. 10) mit schwerem Wurfgerät 41, Ostfront 1942
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1 to Zugmaschine mit 7,5 cm leIG 18, Russland 1941
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3 to Zugmaschine mit lFH 10,5 cm, Woronesch, August 1942
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8,8 cm Flak mit 5 to Zugmaschine SdKfz 6, Nordafrika Anfang 1942
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Sd.Kfz. 7 mit Artillerie-Aufbau und angehängtem Geschütz beim Überqueren eines Flusses auf einer Brücke in Russland, Sommer 1941
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RSO mit 10,5 cm lFH, Albanien 1943
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RSO mit 10,5 cm lFH, Albanien 1943
Der Großteil der Artillerieverbände war Pferde-bespannt, dennoch kam der Motorisierung im beweglich geführten Gefecht zunehmende Bedeutung zu. Die wichtigsten Zugfahrzeuge waren:
- Krupp Protze (Sd.Kfz. 69)
- 1 to Zugmaschine (Sd.Kfz. 10/4)
- 3 to Zugmaschine (Sd.Kfz. 11)
- 5 to Zugmaschine (Sd.Kfz. 6)
- 8 to Zugmaschine (Sd.Kfz. 7)
- 18 to Zugmaschine FAMO SdKfz 9
- Raupenschlepper Ost (RSO)
Abkürzungen
FK | Feldkanone | ||||||
Flak | Flugzeugabwehrkanone | ||||||
Gw | Gerätewagen | ||||||
lFH | leichte Feldhaubitze | ||||||
KwK | Kampfwagen-Kanone | ||||||
OKH | Oberkommando des Heeres | ||||||
Pak | Panzerabwehrkanone | ||||||
PzKw | Panzerkraftwagen (Kampfpanzer) | ||||||
PzH | Panzerhaubitze | ||||||
Sf | Selbstfahrlafette | ||||||
sFH | schwere Feldhaubitze | ||||||
Sd.Kfz. | Sonder-Kraftfahrzeug | ||||||
StuG | Sturmgeschütz | ||||||
StuH | Sturmhaubitze | ||||||
sIG | schweres Infanterie-Geschütz | ||||||
VB | Vorgeschobener Beobachter |
Anmerkungen
- ↑ Beispiel einer Batterie mit leFH 10,5 cm mot KStN 434 vom 1.10.1939
- ↑ das Artillerie-Regiment einer Infanterie-Division der Wehrmacht verfügte über drei Abteilungen, jede Abteilung über drei Batterien
- ↑ bei schweren Batterien 130–180 m
- ↑ HDv 200/5 „Die Führung der Artillerie“
- ↑ typische Feueraufträge an die Artillerie waren im Rahmen des Feuerplans
- das Niederhalten feindlicher Kräfte oder das Blenden oder Ausschalten feindlicher Beobachtung-Stellen über einen vorgegebenen Zeitraum,
- das Zerschlagen von feindlichen Feuerstellungen, Truppenansammlungen oder Angriffsbereitstellungen,
- das Stören von Transport- und Nachschublinien,
- das Zerstören von Bunkern, Feldbefestigungen oder anderen Punktzielen,
- das Überwachen von Geländeabschnitten,
- das allgemeine Bekämpfen erkannter Feindziele,
- das Abriegeln feindlicher Angriffsverbände
- ↑ Zielmeldung und der Feuerbefehl enthielten
- Beobachtungsrichtung (Sehstreifen)
- Koordinaten (Planzeiger)
- Zielhöhe
- Zielbeschreibung
- Munitionseinsatz (in Schuss oder Gruppen)
- Munitionsart (Spreng-, Brand-, Nebelgranaten)
- Zünderart (Aufschlag- oder Zeit-/Doppelzünder)
- Feuerart (Einzelschuss, Feuerschlag oder Salve)
- ↑ zu Beginn des Krieges waren die Rechner z.T. noch in der B-Stelle eingesetzt, erst im Laufe des Krieges erfolgte zunehmend die Einrichtung von Feuerleitstellen in der Feuerstellungen
- ↑ ein Feuerkommando enthielt
- den „Teilring“, d.h. die Richtung der Waffe,
- den Erhöhungs- oder Aufsatzwinkel,
- die Libelle (den Geländewinkel),
- die Zahl der Treibladungen,
- Geschossart,
- Zünder und
- Zünderstellung
- ↑ Die Einrichtung regelrechter Feuerleitstellen in den Feuerstellungen ergab sich erst im Laufe des Krieges
- ↑ „Leichtgeschütze“ (abgekürzt LG)
Literatur
- Engelmann, Joachim/Scheibert, Host: Deutsche Artillerie 1934-1945, Limburg 1974
- HDv 200/5 „Die Führung der Artillerie“