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Hochaltar des Freiburger Münsters

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Hochaltar des Freiburger Münsters

Der Hochaltar des Münsters in Freiburg ist ein sogenannter Wandelaltar, der von Hans Baldung Grien zwischen 1512 und 1516 für das Freiburger Münster gemalt worden ist.

Gemäß dem Patrozinium des Münsters Unserer Lieben Frau ist das Thema des Altars das Marienleben beziehungsweise die Heilsgeschichte. Der Altar bleibt während des ganzen Kirchenjahres – mit Ausnahme der Weihnachts- und der Fastenzeit – geöffnet. Im geöffneten Zustand zeigt die Mitteltafel eine Marienkrönung. Die beiden flankierenden Tafeln, die Pfingsttafeln, zeigen die Entsendung des Heiligen Geistes an die zwölf Apostel.

Während der Weihnachtszeit wird der Altar geschlossen und man sieht jetzt die Verkündigung, die Heimsuchung, die Geburt Christi und die Flucht nach Ägypten. Auf der Rückseite wird eine Kreuzigungsszene von zwei Tafeln mit jeweils zwei Heiligen flankiert, darunter der Stadtpatron Freiburgs, der Hl. Georg.

Die Vorderseite der Predella ist ein Relief des oberrheinischen Bildschnitzers Hans Wydyz. Es zeigt die Huldigung der Hl. Dreikönige, während auf der Bildtafel der Rückseite die Münsterpfleger im Gebet vor Maria mit dem Jesusknaben dargestellt sind.

Der Altar steht noch heute an seinem historischen Standort. Allerdings wurde er 1827 um 2,5 m nach Osten verrückt, um mehr Platz im Chorraum zu gewinnen. Bei dieser Gelegenheit verbreiterte und erhöhte man den Altarblock, verkleidete ihn mit neugotischen Schnitzereien und schmückte die Aposteltafeln und Weihnachtstafeln mit geschnitztem Rankenwerk. Außerdem versah man den Altar mit einem mehrere Meter hohen neugotischen Gesprenge, das nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr aufgesetzt wurde. Wie der originale Aufsatz des Altares aussah, ist nicht bekannt.

Die Maße: Vorderseite

Offener Zustand: Marienkrönung. Mitteltafel 253 x 232,4 cm, zwei Seitentafeln je 288,5 x 101,5 cm
Geschlossener Zustand: Weihnachtsseite. 4 gleich große Tafeln je 288,5 x 106 cm

Rückseite: Kreuzigung

Mitteltafel 288,5 x 237, 2 Seitentafeln je 288,5 x 106cm

Marienkrönung und Pfingsttafeln

Marienkrönung

Das zentrale Bild des Freiburger Altars zeigt eine Marienkrönung. In einem von musizierenden Engeln bevölkerten Himmel sitzen Christus und Gott Vater auf dem Regenbogen und krönen Maria, die zwischen ihnen steht, mit einer goldenen Bügelkrone. Über Maria schwebt in einer goldenen Aureole die Taube des Heiligen Geistes. Zur ihrer Rechten sitzt Christus. Sein weiter roter Mantel wird am Hals von einer mit Edelsteinen geschmückten Borte eingefaßt und mit einer goldenen Schließe gehalten. Braunlockiges Haar fällt auf die Schulter, die Wundmale an Brust, Hand und Füßen sind zu erkennen. Der Stirnreif seiner Krone ist als goldene Dornenkrone ausgebildet, rote Edelsteine erinnern an das bei der Krönung vergossene Blut. In seiner Rechten hält er eine gläserne Kugel, in der sich das Bild Marias spiegelt. Zur Linken Marias thront ein weißbärtiger Gottvater, gehüllt in einen roten, mit gelber Seite gefütterten Mantel, den er über einem weitärmeligen schwarzen, mit Hermelinfell gefütterten Untergewand trägt. Auf dem Kopf hat er über einem mit Goldborte eingefassten Camauro eine mit Edelsteinen geschmückte Krone.

Maria hat ihre Augen demütig niedergeschlagen, die Hände sind zum Gebet gefaltet. Über ihrem zarten, gefältelten weißen Untergewand trägt sie ein langes goldfarbenen Kleid, das sich in schweren Falten auf dem Wolken bauscht. Ein dunkelblauer mit Pelz gefütterter Mantel liegt schwer auf ihren Schultern, er wird von einer lose geschlungenen Schnur gehalten. Ihre welligen blonden Haare reichen bis über die Hüften.

Die Szene spielt sich vor einem bewegten Hintergrund ab: Rundliche, puttoartige Kinderengel wimmeln durch ebenso rundliche Wolken und sind in der Tiefe des Himmels kaum noch voneinander zu unterscheiden. Sie singen, musizieren, zupfen an den göttlichen Gewändern und treiben gelegentlich Schabernack, wie der Putto, der unter dem Mantel Marias Versteck spielt.

Die Pfingstafeln

Der Apostel Paulus auf den Pfingstafeln

Auf den beiden Seitenflügeln drängen sich vor einem schwarzen Himmel jeweils sechs weissgekleidete Apostel. Nicht alle sind durch ihre Attribute kenntlich gemacht. Die erste Tafel wird von der eindrucksvollen Gestalt des Apostels Paulus, ein Kalkopf mit gekräuseltem Vollbart, dominiert. Über einem weißen Untergewand tragt er eine stoffreiche Toga, die auf der Schulter lässig zusammengeknotet, mit einer Holzperlenschnur gegürtet und von einer kreisrunden roten Gewandfibel zusammengehalten wird. Die Hände hat er zum Gebet gefaltet, unter seinem linken Arm schaut der Knauf eines Schwertes, Zeichen seines Martyriums, heraus. Begleitet wird er von einem der vier Evangelisten unter den Aposteln, gekennzeichnet durch ein Buch sowie den Jakobus Minor, als einziger in Rot gekleidet, allerdings mit einem weißen Überwurf und mit einer wahrhaft herkulischen Keule als Attribut. Hinter Jakobus und Paulus sieht man Thomas mit einer gewaltigen Lanze. Die beiden letzten Apostel bleiben von den übrigen mehr oder weniger verdeckt. Über ihren Köpfen, die von kräftigen Heiligenscheinen gerahmt sind, brennen die Flammen des Heiligen Geistes. Das Feuergelb der Nimben wiederholt sich in winzigen Lichtstreifen am Himmel.

Auf der gegenüberliegenden Tafel dominiert die mächtige Gestalt des Simon Petrus, ein Mann von größer Körperkraft, dem die Adern am Hals und auf den muskulösen Armen schwellen. Sonnengebräunt, kahlköpfig bis auf einen krausen weißen Haarkranz, scharfe Augen unter den buschigen Brauen und mit seinem vorgerecktem Bart wirkt er wie ein grimmiger Fels in der Brandung. Breitbeinig steht er auf einem felsigen Grund, eine Anspielung des Malers auf das Wort Jesu Du bist Petrus, auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen. [Mt 16,18f] Er trägt ein bräunliches Untergewand mit einem locker geschlungenen weißen Mantel, den er mit festem Griff vor dem Herunterrutschen bewahrt. Ein riesiger Schüssel symbolisiert die Schlüsselgewalt des Apostels Hinter Petrus steht ein weiter Evangelist, der mit seinem dicklichen Gesicht, dem modisch geschnittenen weißblonden Pagenkopf und einem roten Seidenschal einen fast weichlichen Eindruck vermittelt. Es folgen Philippus mit dem Kreuzstab, der Evangelist Matthäus, an dessen Hellebarde als kleines Fähnchen die Taube des Heiligen Geistes flattert, Symbol für die göttlichen Inspiration des Evangelisten. Ein schwarzhaariger Apostel bleibt fast vollständig verdeckt, während die Reihe von einem weiterem, bartlosen Evangelisten abgeschlossen wird. Auch auf diesen Aposteln züngeln goldene Flämmchen und eine zarte Lichtaura umstrahlt ihre Köpfe.


Die Weihnachtstafeln

Die Weinhachtstafeln

Vom 1. Advent bis zum 2. Februar, dem Tag Maria Lichtmess, mit dem heute noch in manchen katholischen Gegenden die Weihnachtszeit endet, bleibt der Altar geschlossen. Es zeigen sich jetzt von links nach rechts vier Szenen aus dem Marienleben, und zwar die Verkündigung, die Heimsuchung, Christi Geburt und die Flucht nach Ägypten.

Verkündigung

Die hochformatige Tafel gibt einen Einblick in Marias Kammer, deren Gewölbe von zwei mächtigen Säulen gestützt wird, und die mit nur wenigen Möbeln ausgestattet ist. Maria kniet von einem Pult, auf dem ein aufgeschlagenes Buch liegt und wendet sich, von der stürmischen Ankunft des Engels Gabriel überrascht, zur Seite. Gabriel, in grün-changierende Gewänder gekleidet, das rötliche Lockenhaar vom Flug aufgewühlt, der Flügel zum Abbremsen seiner stürmischen Ankunft weit ausgebreitet, stemmt den Fuß auf den Fliesenboden, sein Szepter in der Linken, und hat die Rechte zum Gruß erhoben, um Maria sein Ave mit der folgenreichen Botschaft zu verkünden.

Drei Lichtquellen erleuchten die Szene. Während Gesicht und Hände Marias von einem außerhalb der Bildfläche liegenden Fenster beleuchtet werden und eine Kerze auf dem Tisch im Hintergrund brennt, bricht durch die Säulen ein mächtiger Lichtstrahl, in dessen überirdischem Goldglanz die Taube des Heiligen Geistes und die Lichtgestalt eines Neugeborenen schweben, Verbildlichung der Empfängnis Marias durch den Heiligen Geist.

Auf dem mit einer weißen Leinendecke mit Fransenborte gedeckcten Tisch, der vor den schweren roten Vorhängen ihres Bettes aufgestellt ist, stehen eine durchscheinendes Deckelglas, zwei Flaschen, ein goldener Leuchter mit brennender Kerze und ein Keramiktopf mit Maiglöcken. Alle diese Gegenstände sind mit mariologisch-christologischer Bedeutung aufgeladen: Die Maiglöckchen symbolisieren Marias Reinheit, Demut und Bescheidenheit, die Gefäße für Wein und Wasser und die gläserne Pyxis erinnern an das Altarsakrament und die brennende Kerze an Christus, der sich gleich einer brennenden Kerze in seinem Leben und mit seinem Tod für das Heil der Menschen verzehrt.

Die Heimsuchung

Die zweite Tafel zeigt eine Szene aus dem Lukasevangelium, die Begegnung zwischen Maria und ihre Cousine Elisabeth [Anmerkung 1] Die beiden Frauen treffen sich unter einen klaren, zartblauen Morgenhimmel in einer frühlingshaft grünen, bergigen Landschaft. Ihre Konturen füllen vollständig die Breite des Bildraums. Sie reichen einander zum Gruß die Hand. Elisabeth, die ältere der beiden, trägt als verheiratete Frau eine weiße Haube. Gekleidet in ein weites, faltenreiches rotes Kleid und in einen roten Mantel zeigt ihr vorgewölbter Leib die fortgeschrittene Schwangerschaft an. Maria trägt ein weißes Gewand mit schlichtem runden Halsausschnitt. Der schwere blaue Mangel würde von ihren Schultern rutschen, würde er nicht von einer Kordel über der Brust zusammengehalten. Sie ist dargestellt als junges Mädchen mit zarten Gesichtszügen, auch ihre Schwangerschaft ist unverkennbar. Welliges Haar fällt bis auf ihre Hüften herab, ein zarter Schleier, der ihr Haar bedecken soll, wird von einem Windhauch aufgebläht. Zu ihren Füßen spielt ein Gruppe weißer Kaninchen, die den Frühling, das Erwachen und die Fruchtbarkeit der Natur symbolisieren und auf die Schwangerschaft der beiden Frauen hinweisen. Der kräftige jungen Baum, der hinter den beiden in die Höhe wächst, kann in diesem Zusammenhang als neutestamentliche Anspielung auf den Baum des Lebens und den Kreuzestod Christi gedeutet werden.

Die Predella

Die Vorderseite der Predella ist ein Relief aus der Werktstatt des Bildschnitzers Hans Wydz, mit dem Baldung in seiner Freiburger Zeit häufig zusammengearbeitet hat. In einem verfallenen Stall, dessen verrottete Dachlatten den Blick auf den Himmel freigeben, nimmt der Jesusknabe die Geschenke eines Königs entgegen, während Josef bescheiden in einer seitlichen Pforten zuschaut. Rechts und links des Stalls nähern sich die beiden anderen Könige mit ihren Geschenken und einem reichen Gefolge. Geländeformation und der Bewuchs sind zeichenhaft angedeutet, auf der Höhe eines Berges liegt das von Türmen bekrönte Jerusalem. Landschaft und Architektur sind in dunklen Blau- und blassen Violettönen gefasst, von denen sich die goldenen Gewänder der Personen um so strahlender abheben. Der blassgoldene Himmel erinnert mit seinen ornamentierten Struktur an den Goldgrund mittelalterlicher Bilder.

Rückseite der Predella, Detail

Die Rückseite der Predella zeigt vor einem klaren gelblichen Himmel die Brustbilder der drei Münsterpfleger und des Schatzmeisters, die betend vor der Madonna aufgereiht sind. Die Madonna mit dem Jesusknaben auf dem Arm erscheint vor einem goldenen Himmel, der von einem Wolkenkranz eingefaßt wird. Mit der linken Hand stützt die Madonna eine glänzende Weltkugel, mit der der Jesusknabe spielt. Die rechte Hand des Knaben greift zu dem weißen Kopfschleier der Mutter, der unter ihrem weiten brauen Mantel, der auch den Kopf bedeckt, hervorschaut. Anders als es die Konvention der Madonnendarstellungen verlangt, trägt sie unter einem braunen Mantel ein fast schwarzes Gewand.

Die vier Männer, bekleidet mit schweren dunklen Mänteln und kostbarem Pelzbesatz sind, sind, wie es die Inschrift besagt:

SEBASTIANO DE – BLUMENEGG – PATRICIO – EGIDO – HAS – UDALRICO WIRTNER PLEBEIS MAGISTRATIBUS – NICOLAO SCHERER – EDIS – SACRE – THESAURARIIS H
HOC OPUS FACTUM AN SAL M-D-XVI[Anmerkung 2]

Der Schatzmeister, Nikolaus Scherer, unterscheidet sich von den anderen Männern durch sein weißes, ärmelloses Gewand. Im rechten Zwickel der Predella sezten sich die himmlischen Wölkchen, aus denen zwei Putten hervorschauen,fort, während im linken Zwickel das Täfelchen mit der Signatur des Malers aufgehängt ist.

Signaturen

Inschrift auf der Rückseite der Predella

Hans Baldung hat sein Altarbild an zwei verschieden Orten signiert. Auf der Kreuzigungsszene hält ein grün gekleideter Knabe mit Pagenkopffrisur, der sich zwischen zwei der Folterknechte gedrängelt hat und die Szene mit offenem Mund betrachtet, ein kleines hölzernes Täfelchen mit der Signatur des Malers: HBg.

Eine ausführliche Inschrift erscheint im rechten Zwickel der Predella. In der Art eines Trompe-l’œil zeigt sich vor einem wolkenschweren Himmel, der gerade aufgerissen ist, ein gerahmtes Holzfäfelchen, das noch von einer dunklen Wolke überschattet scheint Die Inschrift besagt: JOANNES BALDVNG – COG GRIEN GAMVNDIANVS – DEO ET VIRTVTE AVSPICIBVS – FACIEBAT.[Anmerkung 3] Hans Baldung übernimmt hier detailliert die Signierweise Dürers in seinern Madrider Adam und Eva.

Schließlich ist der Maler selbst auf dem Bild anwesend. Als junger bartloser Mann mit rotem Barett schaut er hinter dem Kreuz des Schächers hervor. Er ist die einzige Person der bevölkerten Szene, der seinen Blick direkt auf den Betrachter richtet.

Das Fastentuch

Fastentuch des Freiburger Münsters

Während der Fastenzeit wird der Altar von einem rund zehn mal zwölf Meter großen Tuch, dem sogenannten Fastentuch verhüllt. Das Freiburger Tuch, entstanden 1612, das als das größte erhaltene derartige Artefakt überhaupt gilt, besteht aus einer Leinwand, die mit Ölfarbe bemalt ist. Es wird mit Seilen im Chor befestigt und verdeckt fast den gesamten Chor des Münsters. Das über eine Tonne schwere Tuch wird seit seiner Restaurierung im Jahre 2003 wieder jährlich zu Beginn der Fastzeit am Aschermittwoch aufgehängt und zwar bis zur zu Mitte der Karwoche, dem Gründonnerstag.

Thema des Tuchs ist die Passion Christi. Das zentrale Bild der Kreuzigung Christ wird gerahmt von einem Bilderfries mit insgesamt 25 Bildern, die die Leidensgeschichte Christ erzählen.

Literatur

  • Hans Baldung Grien. Katalog der Ausstellung im Augustinermuseum 19. Oktober 2001 bis 15. Januar 2002. Hrsg. Stadt Freiburg im Breisgau. Hrsg. Saskia Durian-Rees. Freiburg 2001.
  • Göttlich gekrönt. Eine geistliche Einführung in die Tafelbilder des Hochaltars. Hrsg. Markus Aronica. Freiburg 2007.
Commons: Der Hochaltar des Freiburger Münster – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Lukas 1, 39ff
  2. Dieses Werk gemacht im Jahr des Heils 1516
  3. deutsch: Johannes Baldung genannt Grien der Gemündener hat unter den Vorzeichen durch Gott und durch Tüchtigkeit es gemacht.