Zum Inhalt springen

Gazakrieg (2008–2009)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Dezember 2008 um 15:19 Uhr durch Truthlobby (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Operation Gegossenes Blei[1]

Karte des Gazastreifens
Datum 27. Dezember 2008[2]
Ort Gazastreifen
Casus Belli Beschuss von israelischen Städten mit Raketen- und Mörsergranaten.
Ausgang
Konfliktparteien

Hamas
Datei:PIJ emblem.png Islamischer Dschihad

Israel

Befehlshaber

Chalid Maschal (Anführer der Hamas),
Ismail Haniyya,
Mahmud az-Zahar,
Ahmed Jabari

Ehud Barak (Verteidigungsminister),
Gabi Aschkenasi (IDF),
Ido Nehuschtan (IAF),
Eli Marom (ISC),
Joaw Gallant (SoComm),
Yair Golan (HFK)

Truppenstärke

80+ Kampfflugzeuge und Helikopter[3]

Verluste

360 Tote darunter viele Zivilisten,
1680 Verletzte[4]

2 tote Zivilisten,
12 Verletzte[5][6]

Die Operation Gegossenes Blei (Hebräisch: מבצע עופרת יצוקה, Englisch: Cast Lead[7]), in Anlehnung an ein israelisches Chanukka-Kinderlied,[8][9] war ein militärischer Überraschungsangriff der Israelischen Streitkräfte (IDF) gegen Einrichtungen der Hamas im Gazastreifen. Die Operation begann am 27. Dezember 2008 mit massiven Luftangriffen durch die israelischen Luftstreitkräfte (IAF). Als Grund für die Militäroffensive wird der Beschuss israelischer Städte mit (Qassam-)Raketen- und Mörsergranaten aus dem Gazastreifen angegeben. Operation Gegossenes Blei gilt als schwerster Luftangriff auf den Gazastreifen seit dem Sechstagekrieg vom 5. Juni bis zum 10. Juni 1967.

Vorgeschichte

Nach Aussage des Außenministerium des Staates Israel im Dezember 2008 gab es 2008 soviele Einschläge von Raketen und Mörsergranaten auf israelischem Territorium wie noch nie zuvor. Unter ägyptischer Vermittlung wurde im Juni 2008 eine sechsmonatige Waffenruhe vermittelt. Die Hamas sagte ein Ende ihrer Raketenangriffe auf südisraelische Gebiete zu. Im Gegenzug versprach Israel, seine Blockade des Gazastreifens zu lockern. Am 18. Dezember erklärte die Hamas die Waffenruhe für beendet. Die Operation wurde über mehrere Monate durch die IDF vorbereitet, Kampfpiloten der IAF trainierten Angriffe, der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad sammelte Informationen, um diverse Polizeistationen, Waffen- und Trainingslager der Hamas in Gaza zu lokalisieren.[10] Die Angriffstrategie stammten von Verteidigungsminister Ehud Barak mit Generalstabschef Gabi Aschkenasi.[10] Israel hatte ursprünglich ein Ultimatum von 48 Stunden gestellt, um die Angriffe von Gaza nach Israel einzustellen und drohte mit militärischen Angriffen, schlug dann aber etwa 24 Stunden früher los.[11] Der vorzeitige Luftschlag kam für die Hamas völlig überraschend, sie rechneten nicht mit dem Beginn der israelischen Offensive an Schabbat.[12]

Siehe auch Gazastreifen#2008

Verlauf

27. Dezember 2008

Die Luftangriffe begannen am 27. Dezember 2008 um 11:30 Uhr Ortszeit (9:30 Uhr UTC) durch die IAF.[13] An der Militäraktion nahmen laut Angaben des israelischen Militärs rund 60 Kampfflugzeuge und Hubschrauber teil, die über 100 Tonnen Bomben abwarfen.[14] Die Angriffe richteten sich vor allem gegen Waffenlager, Ausbildungslager und Werkstätten für den Raketenbau.[4] Die Angriffe forderten nach palästinensischen Angaben bislang über 300 Tote und mehr als 1000 Verletzte.[15]

Aufgrund der anhaltenden Luftangriffe haben hunderte Palästinenser den Grenzzaun zu Ägypten durchbrochen. Daraufhin haben über 300 ägyptische Grenzsicherheitskräfte auf die Flüchtlinge geschossen, um sie in den Gazastreifen zurück zu drängen.[15]

Ministerpräsident Ehud Olmert stimmte die israelische Bevölkerung auf längere Kämpfe ein und forderte Geduld, Entschlossenheit und Durchhaltevermögen.[16]

28. Dezember 2008

Am 28. Dezember setzte die israelische Luftwaffe ihre Angriffe fort. Dabei zerstörte sie auch nach eigenen Angaben 40 Schmugglertunnel welche den Gazastreifen mit Ägypten verbanden.[17] Die Angriffe am Sonntag Morgen richteten sich vor allem gegen die Sendezentrale von Al Aksa TV. Das Studiogebäude wurde dabei zerstört. Der Sendebetrieb wurde aber über eine mobile Sendeeinheit aufrecht erhalten.[4]

Weiterhin zog die isrealische Armee Bodentruppen entlang der Grenze zum Gazastreifen zusammen. 6.500 Reservisten wurden einberufen um bei einem möglichen Bodenangriff zur Verfügung zu stehen. Aus dem Gazastreifen wurden auch am 28. Dezember Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgeschossen.[18] Der Führer der Hamas Chalid Maschal rief zu einer Intifada auf und drohte mit Selbstmordanschlägen.[19]

29. Dezember 2008

Beim Bombardement der Islamischen Universität in Gaza-Stadt am 29. Dezember sind wohlmöglich Ziad Abu-Tir[20], ein amtsältestes Mitglied und hochrangige Kommandant des „Islamischen Heiligen Krieges“, der militärische Flügel des Islamischen Dschihads, und drei weitere Mitglieder der Gruppe getötet worden[21]. Die Luftwaffe hatte die Angriff vom 28. und 29. Dezember mit einer angeblichen Bombenwerkstatt in der Universität begründet.[22] Bei dem Angriff hat es nach Angaben ausländischer Nachrichtenagenturen bis zu 51 zivile Opfer gegeben.

30. Dezember 2008

Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak erklärte in einer Fernsehansprache, dass er an seiner Entscheidung festhalten werde, den Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Gazastreifen trotz der massiven israelischen Luftangriffe nicht zu öffnen.[23] Bei einer Grenzöffnung befürchtet er, dass Israel den Gazastreifen vom Westjordanland versuchen könnte „abzutrennen“.[24] Der israelische Vize-Verteidigungsminister Matan Vilnai, dass Israel zu „langen Wochen des Kampfes“ bereit sei.[23] Israels Regierungschef Ehud Olmert lehnte auch eine offenbar von Frankreich vorgeschlagene 48-stündige Waffenruhe in dem Palästinensergebiet ab.[23]

Reaktionen

Involvierte Parteien

Nach den israelischen Luftangriffen hat Hamas-Führer Chalid Maschal die Palästinenser zu einem neuen Aufstand gegen Israel aufgerufen. Die Hamas werde ihren Widerstand durch Selbstmordaktionen fortsetzen. Er rief alle Palästinenser zu einer dritten Intifada gegen Israel auf.[25] Im krassen Widerspruch dazu erklärte er "sich nach Angaben des senegalesischen Außenministeriums zu einem Waffenstillstand mit Israel bereit. Maschaal habe am Sonntagabend in einem Telefonat mit Senegals Staatschef Abdoulaye Wade einer Waffenruhe zugestimmt, wenn Israel ebenfalls dazu bereit sei und die Blockade des Gazastreifens aufhebe."[26]

Internationale Organisationen

  • In einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates auf Antrag Libyens forderte dieser eine "sofortige Einstellung aller Gewalt" von beiden Konfliktparteien.[25]
  • UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte die Luftangriffe Israels ebenso wie die Raketenangriffe der Hamas.[27]
  • Benita Ferrero-Waldner, EU-Außenkommissarin, forderte die Konfliktparteien zur Beendigung der Gewalt auf.[28]

Einzelne Staaten

  • Präsident Nicolas Sarkozy warf Israel unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt vor und forderte die sofortige Beendigung der Bombardierung. Er verurteilte auch die Angriffe radikaler Palästinenser auf Israel.[28][29]
  • Ein Sprecher des Staats Vatikanstadt verurteilte die Luftangriffe, er befürchte, dass die Angriffe noch mehr Hass produzieren würden.[28]
  • In einer Stellungnahme der Regierung Jordaniens fordert selbige Israel zur Beendigung der Militäroperationen sowie der kollektiven Bestrafung palästinensischer Zivilisten auf.[29]
  • Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte das Vorgehen der Hamas. Er habe kein Verständnis für die einseitige Aufkündigung der Waffenruhe mit Israel.[29]
  • Der türkische Ministerpräsident Erdoğan kritisierte die israelischen Luftangriffe als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“[30].
  • Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sah in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert die Schuld für die Eskalation des Nahostkonflikts allein bei der Hamas. Sie bezeichnete die Operation als legitimes Recht Israels. [31]
  • Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg sprach von dem Recht Israels "sich gegen Angriffe auf Ortschaften, in denen die eigene Zivilbevölkerung lebt, zur Wehr zu setzen" und fügte hinzu, dass "die Hamas [...] sich mit ihren Angriffen auf israelische Ortschaften selbst aus dem politischen Dialog verabschiedet [hätte]". [32]
  • Syrien zog sich aus den indirekten Friedensverhandlungen mit Israel zurück. Die Türkei vermittelte zwischen beiden Parteien. [33]

Fußnoten

  1. Der Standard: "Werden tun, was wir tun müssen" 27. Dezember 2008
  2. Die Zeit:Neue Runde blutiger Gewalt 27. Dezember 2008
  3. Israel National News.
  4. a b c Tagesschau (ARD): Auf Gewalt folgt mehr Gewalt
  5. Rocket attacks plague Israeli towns BBC News
  6. [1] "tagesschau.de
  7. Israelische Streitkräfte: The IDF Strikes at Hamas Terror Infrastructure in the Gaza Strip 27. Dezember 2008
  8. For Hanukah, Autor, Chaim Nachman Bialik, mp3.co.il (Link zu englischen Übersetzung [2])
  9. Operation 'Cast Lead' Begins; One Israeli and 205 Arabs are Dead, Arutz Sheva, 27. Dezember 2008
  10. a b Inge Günther: Operation Gegossenes Blei. In: Frankfurter Rundschau online vom 28. DEzember 2008
  11. Israel bombardiert Hamas-Stellungen im Gaza-Streifen. In: SPIEGEL online vom 27. Dezember 2008
  12. Ulrich W. Sahm: "Gegossenes Blei" auf Gaza. In: haGalil vom 27. Dezember 2008
  13. http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/7800985.stm
  14. http://www.sonntagszeitung.ch/nachrichten/artikel-detailseiten/?newsid=58455
  15. a b Palästinenser durchbrechen Grenze. In: FOCUS Online vom 28. Dezember 2008
  16. Gewalt in Gaza löst weltweit Bestürzung aus. In: SPIEGEl Online vom 27. Dezember 2008
  17. Israel beschießt Schmugglertunnel an Gaza-Grenze. In: Hamburger Abendblatt vom 28. Dezember 2008
  18. tagesschau.de, Zweiter Tag der Offensive im Gazastreifen - Israel setzt Luftangriffe fort, 28. Dez. 2008
  19. tagesschau.de, Reaktionen auf israelische Luftangriffe - Hamas-Chef ruft zur dritten Intifada auf, 27. Dez. 2008
  20. Senior Jihad man, 14 others die in IDF strikes. In: Ynet vom 29. Dezember 2008
  21. Merkel verteidigt Israels Gaza-Offensive. In: SPIEGEL Online vom 29. Dezember 2008
  22. Al-Dschasira, Gaza braces for all-out war, 29. Dez. 2008, (Webcite)
  23. a b c Israel stellt sich auf wochenlange Kämpfe ein. In: Hamburger Abendblatt vom 28. Dezember 2008
  24. tagesschau.de, Eskalation im Gazastreifen - Ägypten zwischen allen Stühlen, 30. Dez. 2008, ([http://www.webcitation.org/5dSpfEQi8 Webcite)
  25. a b Tagesschau (ARD): Hamas-Chef ruft zur dritten Intifada auf
  26. AFP 29.12.2008
  27. http://www.foxnews.com/story/0,2933,473167,00.html
  28. a b c Die Zeit: Der blutigster Tag seit dem Sechstagekrieg 27. Dezember 2008
  29. a b c Tagesschau (ARD): Arabische Welt empört über blutige Angriffe 27. Dezember 2008
  30. http://www.focus.de/politik/ausland/nahost/friedens-nobelpreistraeger-alle-anzeichen-von-kriegsverbrechen_aid_358423.html
  31. http://www.welt.de/politik/article2946928/Merkel-macht-Hamas-fuer-Eskalation-verantwortlich.html
  32. http://www.hagalil.com/01/de/Europa.php?itemid=3162
  33. http://derstandard.at/?url=/?id=1229975165514