Schweizer Armee
Die Schweizer Armee (Offizielle Bezeichnungen dt: Schweizerische Armee; fr: Armée Suisse; it: Esercito Svizzero; rät: Armada Svizra; engl: Swiss Armed Forces) ist die bewaffnete Streitmacht der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Sie besteht aus den Teilstreitkräften Heer und Luftwaffe.
Da die Schweiz ein Binnenland ist, verfügt die Armee über keine Marine. Auf den grenzüberschreitenden Seen sind militärische Schnellboote im Einsatz (Motorbootkompanie).
Auftrag der Schweizer Armee
Der Auftrag der Schweizer Armee ist in der Bundesverfassung festgelegt.
- 1. Raumsicherung und Verteidigung
- 2. Subsidiäre Einsätze zur Existenzsicherung
- 3. Friedensförderung
Raumsicherung und Verteidigung ist der eigentliche Kernauftrag der Armee. Es geht dabei um die Behauptung des Territoriums der Schweiz. Dies soll sowohl durch die abschreckende Wirkung als auch durch die ständige Kampfbereitschaft für den Ernstfall geschehen.
Subsidiäre Einsätze bilden den Hauptanteil der aktuellen Einsätze der Armee. Seit November 2002 ist diese Verwendung zum Hauptauftrag geworden. Bei Naturkatastrophen kann die Armee Katastrophenhilfebataillone aufbieten. Umstritten ist insbesondere der Dauerauftrag der Botschafts- und Konsulatsbewachungen. Ebenso umstritten sind Einsätze zugunsten von Grossveranstaltungen wie dem G8-Gipfel, dem WEF, der Expo.02 oder diversen Sportveranstaltungen.
Friedensförderung ist ein für die Schweiz als Depositarstaat der Genfer Abkommen wichtiger, personell aber sehr kleiner Bereich. Die Schweiz stellt der UNO unbewaffnete Militärbeobachter zur Verfügung. Daneben gibt es zur Zeit nur eine einzige bewaffnete Einheit im Ausland; die seit 1999 der KFOR unterstellte Swisscoy.
Struktur der Armee
Die Schweizer Armee wird in die Teilstreitkräfte Heer und Luftwaffe (früher auch Flugwaffe genannt) aufgeteilt. Die beiden Teilstreitkräfte sind für ihre Lehrverbände und weitere untergeordnete Verbände wie Brigaden oder Dienststellen verantwortlich.
Die Besonderheit der schweizerischen Streitkräfte ist ihr Milizsystem. Es gibt insgesamt nur etwa 5% Berufs- und Zeitsoldaten. Alle übrigen Angehörigen der Armee sind Wehrpflichtige im Alter zwischen 18 und 34 Jahren, in speziellen Fällen bis 50 Jahren.
Wegen dieses Milizsystem, dem im zweiten Weltkrieg erbauten Reduit und der weltweit einzigartigen Form der Volksbewaffnung, bei der Angehörige der Armee ihre persönliche Waffe mit Munition zu Hause aufbewahren, entstand die Redewendung "Die Schweiz hat keine Armee, die Schweiz ist eine Armee!".
Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde von diesem Massenheer-Prinzip in mehreren Schritten Abstand genommen, allerdings mit wesentlicher Verzögerung auf umliegende europäische Staaten, welche bereits reine Berufsarmeen geschaffen haben. Die Wehrpflicht steht in der Schweiz noch nicht zur Diskussion. De facto wird jedoch die Milizarmee immer mehr zu einer Grundwehrdiener-Armee mit starker Berufskomponente umgebaut, was in etwa dem Modell des österreichischen Bundesheers entspricht.
Armee XXI – Schweizer Armee
Unter dem Namen Armee XXI lief die grossangelegte Armeereform, mit der die Armee an die veränderte sicherheitspolitische Situation angepasst wurde. Nun, da die Reform an sich abgeschlossen ist, soll der Projektname Armee XXI nicht mehr verwendet werden. Die zu verwendende Bezeichnung lautet Schweizer Armee, im Gegensatz zur Armee 95, wo man noch von der Schweizerischen Armee sprach. In den anderen Landessprachen hat sich die Bezeichnung hingegen nicht verändert.
Das dazugehörige neue Militärgesetz wurde am 18. Mai 2003 von Volk und Ständen an einer Volksabstimmung angenommen. Es brachte im Wesentlichen folgende Änderungen:
Die Mannschaftsstärke wurde von 400'000 (Armee 95) auf rund 200'000 AdA reduziert. Davon sind 120'000 in aktive Verbände und 80'000 in Reserve-Einheiten eingeteilt.
Die Rekrutenschule (Grundausbildung) dauert neu nicht mehr 15, sondern je nach Funktion 18 oder 21 Wochen. Wer die kürzere RS absolviert, leistet später einen zusätzlichen Wiederholungskurs (ADF, Ausbildungsdienst der Formationen). Ausserdem leisten nicht mehr alle AdA eine komplette RS.
Die Gleichberechtigung wurde verbessert. Neu können Schweizerinnen jede Funktion in der Schweizer Armee ausüben. Früher war ihnen der Eintritt in Kampfverbände nicht möglich.
Die Aushebung wurde auf mehrere Tage verlängert, um eine bessere Selektion zu ermöglichen. Kaderanwärter werden bereits an der Aushebung vorgemerkt.
Andere Änderungen betreffen die Disziplinarstrafen (neu auch Bussgelder möglich), die Dienstgrade, die Abzeichen, die Dienstdauer und diverse andere Details.
Dienstpflicht
Militärdienstpflichtig sind alle männlichen Schweizer Bürger. Sie werden im Alter von 18 Jahren zur militärischen Musterung aufgeboten. Bei den Frauen geschieht dies auf freiwilliger Basis. Die meisten bestehen die militärische Musterung, d.h. sind diensttauglich. Dienstuntauglich werden Schweizer, welche Behinderungen haben oder ungenügende körperliche, beziehungsweise psychische Leistungen aufweisen. Diese müssen - ausser Behinderte - eine jährliche Militärpflichtersatzsteuer zahlen. Die meisten Dienstuntauglichen leisten dann Zivilschutz.
Eine Dienstverweigerung ist in der Schweiz im Prinzip möglich, jedoch nur mit grossen Aufwand durchzusetzen. Häufig sucht der Verweigerungswillige zuerst Alternativen wie zum Beispiel den waffenlosen Dienst in der Armee, wenige wählen den Zivildienst. Dieser ist jedoch mit einer Gewissensprüfung verbunden. Die überwiegende Mehrheit lässt sich daher über den sogenannten "blauen Weg" (Farbe der Militärsanität) ausmustern. In seltenen Fällen wird die Militärjustiz aktiv (sog. "violetter Weg"), was in der Regel mit einer Verurteilung des Verweigerers (Gefängnisstrafe) endet.
Die Rekrutenschule
Als Rekrutenschule (RS) wird die Grundausbildung in der Schweizer Armee bezeichnet. Sie wird von allen Dienstleistenden, auch Unteroffiziers- oder Offiziersanwärtern absolviert und dauert in der Regel 21 Wochen. Für gewisse Funktionen beträgt die Dauer der RS nur 18 Wochen und für einzelne Spezialfunktionen mehr als 21 Wochen.
Die RS ist in drei Phasen aufgeteilt. Während jeder Phase soll der Rekrut sein Wissen und Können vertiefen und dabei vom Kader aktiv unterstützt werden. Für das Gros der Truppen richtet sich die Rekrutenschule nach folgendem Muster:
- Allgemeine Grundausbildung (AGA, 7 Wochen)
- Ausbildung im soldatischen Grundhandwerk, speziell in den Bereichen Dienstbetrieb, persönliche Waffe (Sturmgewehr/ Pistole), Sanitätsdienst, ABC-Schutzdienst.
- Funktionsbezogene Grundausbildung (FGA, 6 Wochen)
- Funktionsspezifische Ausbildung, insbesondere Haupt- (Panzer, Panzerhaubitze etc) bzw. Korpswaffen (Panzerfaust, Maschinengewehr etc)
- Verbandsausbildung (VBA1, 5 bzw. 8 Wochen)
- Übungen auf Stufe Kompanie oder Batallion
Unteroffiziers- und Offiziersanwärter werden nach der AGA getrennt von den Soldaten ausgebildet.
Vor der Reform zur Armee XXI dauerte die Rekrutenschule 15 (Armee 95) bzw. 17 (Armee 61) Wochen und wurde von allen Dienstleistenden vollständig geleistet. Die Kürzung wird mit der gestrafften Weiterausbildung begründet.
Allgemeine Grundausbildung
In der allgemeinen Grundausbildung (AGA) geht es vor allem darum den Rekruten grundsätzliche Dinge in den Bereichen Dienstbetrieb, Sturmgewehr, Sanitätsdienst/Kameradenhilfe, ABC-Schutz, Gefechtstechnik und körperliche Konstitution beizubringen. Die AGA dauert je nach Truppengattung drei bis sechs Wochen und wird durch Zeit- und Berufsmilitärs geleitet und unterstützt.
Funktionsbezogene Grundausbildung
In der funktionsbezogenen Grundausbildung (FGA) werden die Rekruten mit den Haupt- und Korpswaffen vertraut gemacht. Während der FGA lernt also der Füsilier mit der Panzerfaust umzugehen, der Kanonier sein Geschütz zu bedienen, der Sanitätssoldat Verletzte zu pflegen und so weiter. Die FGA dauert sieben bis zehn Wochen und wird wie die AGA-Phase von Zeit- und Berufsmilitärs geleitet und unterstützt. Je nach Truppengattung sofort, oder nach vier Wochen, stossen dann die angehenden Unteroffiziere zur Truppe und übernehmen dort Funktionen. Gleichzeitig werden geeignete Rekruten zu Soldaten befördert und in Unteroffiziers- oder Offiziersschulen eingeteilt.
Verbandsausbildung
Von der 13. Woche bis zum RS-Ende in der 18. oder 21. Woche verbringen die Rekruten, welche nun zu Soldaten befördert worden sind, an einem anderem Standort als die AGA/FGA-Phase. Es geht nun darum, die Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere, welche nun alle aus den Kaderschulen kommen, zusammenzubringen und Leistungen auf der Stufe Kompanie und Bataillon zu vollbringen. Im Vordergrund stehen vor allem realistische Gefechtsübungen, welche alle Beteiligten an die Grenzen ihres Können und Wissens führen. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass ein Kompaniekommandant während einer Woche nur 5–10 Stunden schläft, oder die Soldaten unter hohem Druck, mit zuwenig Nahrung und Schlafentzug Aufträge nach wie vor korrekt ausführen.
Mobilmachungen
Insgesamt fanden 3 Generalmobilmachungen (GMob; auch Kriegsmobilmachung; KMob) zum Schutze der Integrität und der Neutralität der Schweiz statt. Die erste GMob fand anlässlich des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 unter der Führung von General Hans Herzog statt. Als Reaktion auf den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und um einen deutschen oder französischen Durchmarsch durch die Schweiz zu verhindern, wurde auf den 3. August 1914 die erneute GMob der Armee von der Vereinigten Bundesversammlung beschlossen und der germanophile Oberstkorpskommandant Ulrich Wille zum Oberbefehlshaber und General gewählt. Die dritte GMob der Armee fand am 1. September 1939 als Reaktion auf den deutschen Überfall auf Polen statt. Der frankophone Westschweizer Henri Guisan wurde zum General gewählt und entwickelte sich in den Kriegsjahren zur Hauptintegrationsfigur der von den Achsenmächten eingeschlossenen Eidgenossenschaft. Den Generalsrang gibt es in der Schweizer Armee nur bei einer Kriegsmobilmachung. Die Vereinigte Bundesversammlung wählt aus den Reihen der Armeeangehörigen (meistens Korpskommandanten, prinzipiell ist auch ein gewöhnlicher Soldat wählbar) einen General.
Die Schweizer Armee war im Zweiten Weltkrieg in Luftkämpfe mit der Deutschen Luftwaffe verwickelt. Ansonsten wurde sie terrestrisch auf eigenem Territorium noch nie mit offenen Angriffen feindlicher Kräften konfrontiert.
Umstrittenheit der Schweizer Armee
Da die militärische Bedrohungslage im heutigen Europa zur Zeit für die Schweiz ziemlich klein ist, wird immer wieder in Frage gestellt ob die Schweiz überhaupt eine bewaffnete Streitmacht braucht.
Insbesondere eine Organisation, die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA), welche das Ziel verfolgt die Armee abzuschaffen, fällt immer wieder mit Vorstössen auf. Auf GSoA-Initiativen hin konnten die Schweizerinnen und Schweizer bereits zwei mal über die Abschaffung ihrer Armee abstimmen. Zum erstenmal 1989 stimmten 35.6% der Stimmenden für die Abschaffung. Das Ergebnis einer zweiten Abstimmung 2001 war mit nur 23.2 % Ja-Stimmen weit deutlicher gegen die Abschaffung als 10 Jahre zuvor.
Die GSoA ist auch mit weiteren antimilitärischen Initiativen in Erscheinung getreten. Erwähnt sei hier der Versuch, den Kauf von F/A-18-Kampfflugzeugen zu verhindern. Innerhalb eines Monats sammelte sie 1992 eine halbe Million Unterschriften für eine Initiative gegen den Kauf der Flugzeuge. Das Stimmvolk verwarf die Initiative mit 57.1% Nein-Stimmen zu 42.9% Ja-Stimmen, und stimmte damit dem Kauf der Flugzeuge zu.
Weblinks
- Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
- Webseite der Teilstreitkraft Heer
- Offizielle Webseite der Schweizer Luftwaffe
Siehe auch: Dienstgrade in der Schweizer Armee