Westwall
Der Westwall ist ein über ca. 630 km verteiltes Verteidigungssystem mit über 18.000 Bunkern, Stollen und Panzersperren. Er verläuft von Kleve an der niederländischen Grenze entlang der Westgrenze des ehemaligen Deutschen Reiches bis nach Weil am Rhein an der Schweizer Grenze. Adolf Hitler ließ ihn zwischen 1938 und 1940 erbauen.
Zu unterscheiden waren die folgenden Ausbauprogramme des Westwalles:
- Grenzwacht-Programm (Pionier-Programm) für die vordersten Stellungen aus dem Jahre 1938,
- Limes-Programm ebenfalls aus dem Jahre 1938,
- Aachen-Saar-Programm aus dem darauf folgendem Jahr 1939,
- Die Geldern-Stellung Brügge-Kleve von 1939 und 1940,
- Luftverteidigungszone West 1938
Alle diese Programme wurden unter höchster Priorität und der Nutzung aller verfügbaren Ressourcen voran getrieben. Der Bauaufwand für den Rohbau eines Gruppenunterstandes mit angehängtem Kampfstand (Regelbau 10 des Limesprogrammes) als typischen Bunker des Westwalles läßt sich etwa mit 20 Mannjahren und dem Betonvolumen von 287 m³ abschätzen und kommt damit dem Aufwand für ein Mehrfamilienhaus sehr nahe. Die Anlage besaß eine Decken und Wände von 1,5m Dicke, was sich allerdings schon während des Baues als völlig unzureichend herausstellte. Vom Regelbau 10 wurden insgesamt 3471 Anlagen am gesamten Westwall gebaut. Weitere typische Bauwerke waren die Dreischartenstände des Pionierprogrammes oder die Doppel-MG-Kasematte vom Typ 107 des Aachen-Saar-Programmes mit Betonstärken von bis zu 3,5m. Ähnliche Zahlen lassen sich auch für die viele Kilometer der betonierten Panzersperranlagen angeben. Diese Sperren wurden ihrer Form wegen auch Drachenzähne genannt. Regulär lassen sich zwei Hindernistypen nachweisen: Das Hindernis vom Typ 1938 mit 4 von vorne nach hinten ansteigenden Zähnen und das Hindernis 1939 mit 5 dieser Zähne.
Die notwendigen stählernen Panzerteile für die Aufstellung von Waffen in den Bunkern konnte die Industrie allerdings weder in der benötigten Menge noch in der notwendigen Qualität liefern, so dass der miltärische Wert der Anlagen nicht sonderlich hoch war. Zu den Panzerteilen gehörten die Scharten und ihre Verschlüsse sowie Panzekuppeln für die Rundumverteidigung. Hinsichtlich der Legierungsmetalle für die Herstellung dieser Panzerteile (in erster Linie Nickel und Molybdän) war man vom Ausland abhängig, so dass man entweder überhaupt keine Panzerteile einbaute oder diese aus minderwertigem Ersatzmaterial herstellte. Dieser Mangel war selbst auf offiziellen Fotografien zu erkennen.
Anders lagen die Dinge beim psychologischen Wert des Westwalles. Der Bau des Westwalles wurde von der deutschen Propaganda deutlich über die Notwendigkeit hinaus als unbezwingbares Bollwerk dargestellt, und zwar sowohl im Inland als auch im Ausland. Nach innen signalisierte der Bau defensive Absichten des Regimes, während nach aussen damit sowohl eine Bedrohung als auch eine Beschwichtigung der Nachbarn Deutschlands verbunden war. Diese Strategie erwies sich aus der Sicht der Nationalsozialisten zu Beginn wie zum Ende des zweitem Weltkrieg als überaus erfolgreich. Zu Beginn des Krieges verblieben die gegnerischen Truppen hinter ihren eigenen Grenzbefestigungen und ermöglichten die deutschen Überfälle auf die Tschechoslowakei und Polen, während die deutschen Kriegsgegner zum Ende des Krieges unnötig lange am unfertigen und in der Zwischenzeit ausgeschlachteten Westwall anhielten und zeitgleich im Osten militärische Tatsachen geschaffen wurden. Unter diesem Aspekt darf man den Westwall als den größten Propagandaerfolg der Nationalsozialisten mit weitreichenden Konsequenzen werten.
Im Mai 1940 diente der Westwall als Ausgangspunkt für den Feldzug nach Frankreich. Die Franzosen verschanzten sich ihrerseits hinter der Maginot-Linie. Nach dem Fall von Frankreich wurden zahlreiche Bunker andersweitig genutzt, bis mit der Landung der Alliierten in der Normandie das Verteidigungssystem wieder einen Sinn bekam. Die vernachläsigten Anlagen wurden mit improvisierten Mitteln einsatzbereit gemacht, so weit das unter dem Eindruck der herannahenden Front überhaupt noch möglich war.
Der darauf hin am stärksten umkämpfte Bereich des Westwalles war die Gegend des Hürtgengenwaldes in der Nordeifel, ca. 20km südöstlich von Aachen gelegen. In dem unübersichtlichen und waldreichen Gebiet starben 12.000 Deutsche und 55.000 US-Soldaten (fast soviel wie während des gesamten Vietnamkrieges). Die Kirchentür des Hürtgenwalder Ortsteiles Vossenack und eine Kreuzigungsgruppe auf dem benachbarten Friedhof berichten eindrucksvoll von diesen Ereignissen.
Im Frühjahr 1945 fielen die letzten Westwallbunker an der Saar.
In der Nachkriegszeit wurden viele der Westwallanlagen durch Sprengungen geschleift. Bei diesen Arbeiten sowie bei der Beseitigung der vielen Minen verloren nochmals Menschen ihr Leben.
In Nordrhein-Westfalen sind noch etwa 20 Bunker unzerstört vorhanden, der große Rest wurde entweder gesprengt oder mit Erde zugeschüttet. Von den Panzersperren sind allerdings noch große Teile vorhanden, sie geben beispielsweise in der Eifel auf viele Kilometer Länge eine Vorstellung vom wahrscheinlich größten Propagandaerfolg der Nationalsozialisten. Unter dem Stichwort: "Der Denkmalswert des Unerfreulichen" versucht man heute die verbliebenen Reste des Westwalles unter Denkmalsschutz zu stellen. Andererseits werden immer noch öffentliche Gelder zu Beseitigung der Reste des Westwalles bereit gestellt.
Siehe auch: Ostwall, Fachbegriffe Festungsbau
Weblinks
- http://www.westwall-museum.de/
- http://www.westwall.page.cx/
- http://www.neckar-enz-stellung.de/
- http://home.t-online.de/home/go-now/ Westwall im Saarland
- http://d.lois.bei.t-online.de/ Westwall in Nordrhein-Westfalen
- http://www.westwallmuseum-irrel.de/ Panzerwerk Katzenkopf
- http://www.westwallmuseum-sinz.de/
- http://www.7grad.org/ Infos über den Westwall in NRW, Region Aachen