Habilitation
Die Habilitation ist die höchste akademische Prüfung, in der herausragende Leistungen in wissenschaftlicher Forschung und universitärer Lehre nachgewiesen werden müssen. In der Regel ist eine entscheidende Voraussetzung die vorherige Promotion, mit der die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten belegt wurde. Durch die Habilitation soll der Bewerber seine besondere Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Forschung und Lehre nachweisen. Mit der Habilitation wird der Nachweis der Lehrbefähigung - die facultas docendi - erbracht.
Historie
Die Bezeichnung Habilitation kann aus dem neulateinischen "Befähigungsnachweis", aufbauend aus dem mittellateinischen habilitare (geschickt machen, fähig machen), abgeleitet werden.
Im deutschsprachigen Raum sowie in einigen europäischen Ländern (Polen, Tschechien, Slowakei et. al.) ist die Habilitation die zwingende Voraussetzung für einen Ruf als Hochschullehrer. Im Mittelalter begann die Lehrtätigkeit zunächst formlos nach Erlangung der akademischen Grade des Lizentiaten und des Magisters innerhalb der Artistenfakultät oder des Doktors in den höheren Fakultäten. Die Bezeichnung Habilitation ist im akademischen Bereich seit 1684 üblich, aber erst 1819 wurde in Preußen die erste Habilitationsordnung durch Wilhelm von Humboldt als Sektionschef für Kultus und Unterricht im Preußischen Innenministerium (1809-10) erlassen.
Verfahren
Die Bedingungen für die Habilitation, in Österreich bundeseinheitlich geregelt, sind in der Bundesrepublik im Rahmen der Landesgesetze in der Habilitationsordnung einer jeden Hochschule festgelegt und umfassen als Vorbedingung die Promotion, sodann die Habilitationsschrift (opus magnum, lat. 'großes Werk') oder mehrere wissenschaftliche Veröffentlichungen herausragender Qualität (kumulative Habilitation). Weiteres sind üblich eine mündliche Prüfung mit einem Fachvortrag vor der Fakultät anschließender eingehender wissenschaftlichen Aussprache in Form eines Kolloquiums, auch als Disputation bezeichnet, sowie einer öffentlichen Vorlesung. Die pädagogisch-didaktische Eignung wird meist durch eine studiengangbezogene Lehrveranstaltung nachgewiesen.
Der Doktorgrad kann in den meisten Bundesländern nach erfolgreicher Habilitation um den Zusatz habil. (habilitata / habilitatus) erweitert werden (in der DDR früher sc. für scientiae, lat. 'der Wissenschaft'). Der so Habilitierte erhält den Titel eines Privatdozenten (PD) bzw. in Österreich eines Universitäts-Dozenten, sofern er als Lehrbeauftragter einer Universität tätig ist. Die damit verbundene Lehrbefugnis kann erlöschen bei Nichtausübung der Lehrtätigkeit, kann entzogen werden bei pflichtwidrigem Verhalten und ruhen bei Auslandstätigkeit. Habilitation und Lehrbefugnis begründen jedoch kein Dienstverhältnis und keine Anwartschaft auf Begründung eines Dienstverhältnisses. In der Regel darf man nach abgeschlossener Habilitation seinerseits Doktoranden und Habilitanden betreuen und begutachten.
An wissenschaftlichen Hochschulen war sie in Deutschland bis Ende des 20. Jahrhunderts in den meisten Fächern (außer Ingenieurwissenschaften und künstlerischen Fächern) zwingende Voraussetzung für die Berufung zum Universitätsprofessor. Als Berufungsvoraussetzung sind jedoch unter dem Einfluss der angelsächsischen Bildungssysteme inzwischen gleichwertige Leistungen anerkannt, die im Rahmen der Tätigkeit als Juniorprofessor oder in anderen wissenschaftlichen Institutionen im In- und Ausland erbracht werden.
Lehre
Die Lehrberechtigung - venia legendi (aus dem lateinischen Erlaubnis zu lesen [d. h. zu lehren]) - wird für ein bestimmtes Fach verliehen. Voraussetzung für die Lehrberechtigung ist die Lehrbefähigung - die facultas docendi -, die nach bisherigem Recht durch die Habilitation verliehen wird. Die Unterscheidung von Lehrbefähigung und Lehrerlaubnis ist zum Beispiel in Bayern durch das Hochschullehrergesetz geregelt oder durch die länderspezifischen Gesetzgebungen.
Ausland
Die Habilitation ist auch in Österreich, der Schweiz, Frankreich und den meisten osteuropäischen Ländern wie beispielsweise in Polen, Tschechien und der Slowakei üblich. Ausserhalb dieser europäischen Länder ist das Habilitationsverfahren nur eingeschränkt bekannt. Hier wird zumeist auf umfangreiche Veröffentlichungen zu wissenschaftlichen Sachverhalten und Forschungsergebnissen Wert gelegt.
Literatur
- Die Geschichte des Privatdozenten - Eine soziologische Studie zur großbetrieblichen Entwicklung der deutschen Universität von Alexander Busch, Stuttgart 1959
- "50 Jahre Habilitation von Frauen in Deutschland. Eine Dokumentation über den Zeitraum von 1920-1970" von Elisabeth Boedecker u. Maria Meyer-Plath, 1974
- Berufschancen des wissenschaftlichen Nachwuchses der Betriebswirtschaftslehre an Hochschulen von Eduard Gaugler u. Bernhard Luig in: Wirtschaftswiss. Studien 1978
- Habilitationswesen: Entwicklung seit 1960. Habilitationsstatistik 1976-1977, Bonn-Bad Godesberg 1979
- Berufschancen künftiger Habilitanten im Fach Wirtschaftswissenschaften von Manfred Borchert u. Herbert Gülicher, in: Wirtschaftswiss. Studien, 1979
- Habilitationsstatistik 1978-1979 von Wolfgang Kalischer, Bonn 1980
Siehe auch: Habilitationsschrift, Professor.