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Anenzephalie

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Anencephalie (auch Anenzephalie geschrieben) bezeichnet eine angeborene Fehlbildung des Neuralrohrs beim Menschen, die im Zeitraum vor dem 26. Tag der Schwangerschaft entsteht.

Bei Babys mit einem Anencephalus (auch Anenzephalus geschrieben) hat sich die Schädeldecke nicht geschlossen und es fehlen Teile des knöchernen Schädeldachs, der Hirnhäute, der Kopfhaut und des Gehirns. Das Stammhirn ist zumindest teilweise vorhanden, die Hypophyse ist unterentwickelt.

Vorkommenshäufigkeit

Diese Besonderheit kommt sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen vor, wobei Mädchen etwas häufiger betroffen sind. Anencephalie tritt bei durchschnittlich einem von 1.000 Babys auf.

Diagnostik

Ein Anencephalus beim Baby wird in den meisten Fällen bereits vorgeburtlich im Rahmen von Pränataldiagnostik mittels Ultraschall-Untersuchungen (oft beim Feinultraschall oder dem 3D-Ultraschall) erkannt.

Im Rahmen des Triple-Tests kann durch die Konzentration des Hormons Alpha-Feto-Protein (AFP) im Blut der werdenden Mutter die Wahrscheinlichkeit für eine Fehlbildung des Neuralrohrs beim Baby errechnet werden, wobei dadurch keine Diagnose möglich ist. Diese wird vorgeburtlich durch Ultraschall-Untersuchungen gestellt bzw. bei einem Verdacht bestätigt oder ausgeschlossen.

Eine Schwangere, die ein Baby mit Anencephalie in sich trägt, ist durch die Besonderheit des Kindes nicht gesundheitlich gefährdet. Bei einigen Schwangerschaften sammelt sich eine ungewöhnlich große Menge Fruchtwasser an (= Hydramnion), da etwa 50% der Babys mit einem Anencephalus kein Fruchtwasser trinken können. Das Fruchtwasser muss ggf. mittels einer Punktion abgelassen werden, da sonst die Gefahr vorzeitiger Wehen und eines vorzeitigen Fruchtblasensprungs besteht. Dieses Verfahren ist dem der Amniozentese ähnlich und birgt aufgrund dessen bestimmte Risiken.

Merkmale

Neugeborene Kinder mit Anencephalie sind an folgenden Merkmalen zu erkennen:

  • meist endet der Kopf bzw. das knöcherne Schädeldach oberhalb der Augenbrauen
  • meist geht die Kopfbehaarung bis zur Mitte des Hinterkopfes
  • durch die Verschlussstörung des Schädeldaches liegt je nach Größe der Öffnung mehr oder weniger Nervengewebe frei (dunkelrot gefärbt, weich)
  • meist stehen die Augen etwas hervor und die Augenlider wirken geschwollen
  • in den meisten Fällen ist der Körperbau ansonsten wie üblich
  • bei 10 bis 20 Prozent der Kinder finden sich besondere Formungen der Ohrmuscheln, eine Gaumenspalte oder ein Herzfehler
  • lebend geborene Kinder sind schmerzempfindlich, einige können schlucken, trinken, weinen sowie auf Geräusche, Berührungen und Licht reagieren

Therapie & Lebenserwartung

Eine Heilung oder Therapie einer Anencephalie ist nicht möglich. Die Besonderheit ist nicht mit dem Leben vereinbar, sodass im Schnitt eines von drei Babys bereits tot geboren wird. Babys, die die Geburt überleben, sterben in der Regel innerhalb weniger Stunden danach. Selten überleben sie bis zu zehn Tage.

Viele Schwangere bzw. Elternpaare entscheiden sich nach der Diagnose eines Anencephalus bei ihrem Baby für einen Schwangerschaftsabbruch, insbesondere auch deshalb, weil die Besonderheit nicht therapierbar und ihr Kind somit langfristig nicht lebensfähig ist.

Den Erfahrungen vieler Mütter, die ihr Baby dennoch ausgetragen haben, ist jedoch abzulesen, dass es ihnen und auch ihrem Partner hilfreich für die Trauerverarbeitung war, ihr Kind im Arm gehalten, Zeit mit ihm verbracht, sich von ihm verabschiedet und es beerdigt zu haben. Auch das Anfertigen von Fotoaufnahmen sowie das Erstellen von Hand- und Fußabdrücken zur Erinnerung an das Kind wird als tröstend empfunden.

Wiederholungswahrscheinlichkeit

Die Wahrscheinlichkeit für eine Frau, die bereits mit einem anencephalen Baby schwanger war, bei Folgeschwangerschaften noch einmal ein solch besonderes Kind zu erwarten, liegt statistisch gesehen bei 2 bis 4%. Bei einem Kinderwunsch ist einer Frau (unabhängig davon, ob sie bereits mit einem Kind mit Anencephalie schwanger war) bereits im Vorfeld einer (Folge-)Schwangerschaft bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels nach eingehender ärztlicher Beratung die Einnahme von Folsäure zu empfehlen, da dieses Vitamin offenbar vorbeugend (= präventiv) in Bezug auf die Entstehung von Fehlbildungen des kindlichen Neuralrohrs wirkt.

Literatur

  • Inka & Thorsten Marold: Immanuel - Die Geschichte der Geburt eines anenzephalen Kindes (Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn, 1996, 80 Seiten, / ISBN: 3-926105-66-6)

siehe auch