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Halbleitertechnik

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Die Halbleitertechnik ist ein Teilgebiet der Elektrotechnik und befasst sich mit der technischen Herstellung mikroelektronischer Bauelemente und mikroelektronischer Baugruppen (Integrierte Schaltungen) vorwiegend aus Halbleitermaterialien (siehe auch: Mikroelektronik).

Die von der Halbleitertechnik eingesetzten Verfahren sind weitgehend chemischer und physikalischer Natur.

Der überwiegende Teil der Bauelemente wird derzeit im Planarverfahren (Jean Hoerni - Realisierung mehrerer Schaltungsbestandteile in einem Substrat durch selektive Dotierung) hergestellt. Die folgende Beschreibung bezieht sich auf dieses Verfahren.

Die Funktion des mikroelektronischen Bauelements wird meist auf der Oberfläche eines Einkristalls aus Halbleitermaterial realisiert, indem man in mehreren aufeinanderfolgenden Schritten auf das Basismaterial Schichten mit spezifischen elektrischen Eigenschaften (Schichten mit bestimmter Leitfähigkeit, Isolierschichten und Leiterbahnen) übereinander aufbringt. Durch die unterschiedlichen Eigenschaften der Einzelschichten entstehen in der Schichtfolge Transistorfunktionen, Kondensatoren, Widerstände und auch andere Bauelemente. Aus der Kleinheit mikroelektronischer Bauelemente resultieren spezielle Anforderungen an das Fertigungsverfahren. So wird Partikelfreiheit im eigentlichen Herstellungsprozess und Staubfreiheit in der Fertigungsumgebung gefordert (Reinraumherstellung).

In der Praxis wird häufig mit zwei verschiedenen Sichtweisen auf die Halbleitertechnologie geschaut:

  • Die Einzelprozess-Sicht: hierbei werden die struktur- oder eigenschaftsändernden Verfahren an sich betrachtet unter dem Aspekt, welche Parameter der Prozesse zu den gewünschten physikalischen Eigenschaften (Dimension, Leitfähigkeit, Homogenität, usw.) führen
  • Die Integrationssicht: in diesem Fall wird zunächst die zu realisierende Struktur - eine Transistorebene oder eine Leitungsebene - betrachtet unter dem Aspekt, welche Einzelprozesse zu den gewünschten elektrischen (oder seltener: mechanischen bzw. optischen) Eigenschaften der Struktur führen

Herstellungsprozesse

Die einzelnen Elemente der mikroelektronischen Schaltung werden auf einem Halbleitersubstrat, meist einem sogenannten Wafer, durch Dotierung/Legierung des Substratmaterials und durch gezieltes Aufbringen funktionaler Materialschichten erzeugt.

Vorbereitung des Ausgangsmaterials

Monokristalines Silizium

Im engeren Sinn wird die Herstellung des Ausgangsmaterials nicht unter Halbleitertechnologie gefasst, soll hier aber zur Vollständigkeit beschrieben werden: Bei der Gewinnung von Halbleitermaterialien (Silizium, Germanium, Verbindungshalbleiter wie Gallium-Arsenid) werden durch chemische und chemische-metallurgische Verfahren hochreine Einkristallsubstrate erzeugt (in wenigen Fällen, z. B. für Solarzellen, sind auch polykristalline Substrate im Einsatz). Um die einwandfreie Funktion der später zu realisierenden Bauteile zu gewährleisten, ist ein qualitativ sehr hochwertiges Substratmaterial erforderlich. Angestrebt wird ein möglichst fehlerfrei kristallisiertes, möglichst reines, homogenes Basismaterial. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, so können z. B. bei einzelnen Transistoren zufällig erhöhte Leckströme oder veränderte Arbeitspunkte auftreten. Auf Metallverunreinigungen liegt ein besonderes Augenmerk. Verunreinigungsniveaus im ppb- und ppt- Bereich sind hier typisch.


Im Fall von Silizium wird aus einer mehrfach gereinigten Schmelze ausgehend von einem Keimkristall ein Zylinder von heute (2004) bis zu 300mm Durchmesser und mehr als einem Meter Länge gezogen (siehe Czochralski-Verfahren und Zonenschmelzverfahren). Der Zylinder wird in unter 1 mm dicke Scheiben – Wafer – zersägt, die Wafer werden geschliffen und poliert. In dieser Form findet das Halbleitermaterial üblicherweise Eingang in die eigentliche Fertigung der Bauelemente

Weltweit größter Hersteller von Drahtsägen zum zersägen von Silizium ist derzeit die Meyer und Burger AG in der Schweiz.
Weltweit größter Hersteller von Siliziumwafern ist derzeit das deutsche Chemieunternehmen Wacker/Silctronic.

Definition der Strukturen

Um auf dem Substrat verschiedene Bauteile und Schaltungselemente realisieren zu können, müssen auf dem Ausgangsmaterial Gebiete definiert werden, die vom folgenden Prozessschritt betroffen sind und solche, die nicht betroffen sind. Dazu wird die Fotolithografie - ein fotografisches Verfahren - eingesetzt (vereinfachte Darstellung):

  • Auf dem Wafer wird zunächst ein lichtempfindlicher Fotolack aufgeschleudert (Spin-coating/spin-on).
  • In einem Stepper (früher auch Scanner) wird das Abbild einer Maske durch Belichtung mit streng monochromatischem Licht (heute meist aufgeweiteter Laserstrahl) auf den lichtempfindlichen Fotolack übertragen.
  • In einem chemischen Bad wird der Fotolack entwickelt, das heißt, die belichteten Bereiche (beim sogenannten Positivlack) des Lacks werden herausgelöst, nur die unbelichteten Bereiche verbleiben auf dem Wafer.
  • Es folgt ein halbleitertechnischer Prozessschritt - Dotieren, Abscheiden, Ätzen
  • Im anschließenden Prozessschritt wird der unbelichtete Fotolack ebenfalls entfernt - das kann durch nasschemische Verfahren oder durch Veraschung im Sauerstoff-Plasma erfolgen.

Damit sind die Teile des Wafers durch den Fotolack abgedeckt, die durch die folgenden Prozessschritte unverändert bleiben.

Die Strukturübertragung mittels Fotolithografie - einer der teuersten Prozessschritte in der Halbleiterherstellung - ist eine entscheidende Herausforderung in der traditionellen, auf Steigerung der Integrationsdichte durch Verkleinerung setzenden Planarhalbleitertechnik. Die Gesetze der Optik begrenzen hier schon heute die Möglichkeit zur weiteren Strukturverkleinerung. Daneben stößt man inzwischen aber auch bei anderen Prozessschritten an z.B. materialbedingte Grenzen. So erlauben z.B. die dielektrischen Eigenschaften bestimmter im Halbleiterprozess eingesetzter Materialen keine weitere Strukturverkleinerung. Weiterhin führt die Querschnittsverkleinerung der Leiterbahnen zu erheblichen Materialproblemen. Ein zumindest temporärer Ausweg ist hier der Übergang von der planaren zur 3-dimensionalen Technologie (vertikale und horizontale Positionierung einzelner Bauelemente), da hierdurch im Prinzip bei gleicher Bauteildimensionierung höhere Bauteilpackungsdichten realisierbar sind. Erste Schritte in Richtung 3D-Technologie werden derzeit gemacht.

In diesem Zusammenhang äußerst wichtig sind auch Fragen, die mit dem Wärmetransport im Bauteil und der thermischen Belastbarkeit der verwendeten Materialien im Zusammenhang stehen. Diffusion, wärmeinduzierte Migration, Veränderung von Arbeitpunkten etc. sind hier wichtige Stichworte.

Dotieren des Ausgangsmaterials

Um die elektrischen Eigenschaften des Halbleiters in bestimmten Regionen zu ändern, werden lokal Fremdatome in das Material eingebracht (Dotierung). Dies geschieht durch Ionenimplantation oder Diffusion. Die Fremdatome werden dabei in verschiedenen Tiefen und in unterschiedlichen regionalen Konzentrationen eingelagert.

  • Tiefe Schichten mit geringer vertikaler Ausdehnung können dazu dienen, einzelne Transistoren in eine Isolationswanne zu legen, um sie so bezüglich ihrer Substratanschlüsse zu entkoppeln.
  • Tiefe Schichten mit einer großen vertikalen Ausdehnung bis zur Oberfläche des Substrates können dazu dienen, in einem n-dotierten Substrat eine p-dotierte Wanne anzulegen, in der wiederum n-channel MOSFET Transistoren angelegt werden können.
  • Oberflächennahe Dotierungen können als Source/Drain-Region von Transistoren oder als Widerstandsbereiche genutzt werden.
  • Dotierung in Randbereichen ist eines der Verfahren, mit dem sogenanntes gestrecktes Silizium realisiert werden kann - Bereiche mit erweiterter Gitterstruktur, in denen erhöhte Ladungsträgermobilität herrscht und in denen daher hochperformante Transistoren erstellt werden können.

Nach einer Dotierung schließt sich häufig ein Ofenprozess an (Temperung), um die Fremdatome gleichmäßiger zu verteilen (Diffusion) und im Kristallgitter entstandenen Schäden auszuheilen. (Das Kristallgitter des Substrats wird durch den Beschuß mit Ionen mechanisch geschädigt)

Abscheiden und Aufwachsen von Schichten

Schichten aus isolierenden und leitenden Materialien werden für viele Zwecke auf dem Halbleitersubstrat aufgebracht.

Strukturieren von Schichten

Um im Grundmaterial Bereiche zu entfernen oder aus abgeschiedenen Schichten bestimmte Bereiche herauszulösen werden Ätzverfahren eingesetzt.

  • Das anisotrope Plasmaätzen (Trockenätzen, Reaktives Ionen Ätzen, RIE) ist der heute vorherrschende Prozess zur Strukturierung. Dabei wird das Material abgebaut, indem reaktive Ionen auf die Waferoberfläche beschleunigt werden - damit hat der Prozess eine mechanisch/physikalische und eine chemische Komponente.
  • Die Bedeutung des nasschemischen Ätzens im Säurebad ist zurückgegangen, es wird heute vorwiegend zur Entfernung kompletter Schichten (Opferschichten) und zur Entfernung von Prozessrückständen verwendet.

Planarisieren, Reinigen, Messen

Dadurch dass z. B. Leiterbahnen ein gewisses strukturelles Muster auf der Oberfläche des Substrates erzeugen, kommt es zu störenden Unebenheiten (z. B. Störung der Lithographie durch Schrägreflexion, Ungleichmässigkeiten in folgenden Abscheidungen). Daher wird an mehreren Stellen im Fertigungsablauf der Wafer wieder planarisiert. Das kann durch selektives Zurückätzen oder durch chemisch-mechanisches Polieren (CMP) erfolgen.

Nicht nur das Polieren hinterlässt Partikel auf der Oberfläche, die für den nächsten Lithografieschritt völlig rein und eben sein muss. Auch z. B. Ätzprozesse hinterlassen Rückstände von unerwünschten Reaktionsprodukten. Im ersten Fall werden die Wafer mechanisch durch Bürsten und Ultraschallbad gereinigt, im zweiten Fall durch nasschemische Verfahren und ebenfalls Ultraschall.

Um die feinen Strukturen und dünnen Schichten mit Toleranzen von wenigen Nanometern zuverlässig erzeugen zu können, braucht man weiterhin sehr leistungsfähige Messverfahren zur Prozesskontrolle.

An die Produktionssteuerung werden erhebliche Ansprüche gestellt. Es liegt keine Fließfertigung vor, sondern eine so genannte Werkstattfertigung. Die Produktionsdauer für ein Los (i. allg. 25 Wafer) in einer typischen Halbleiter-Fabrik bei kontinuierlicher Fertigung (7 Tage pro Woche, 24 Stunden pro Tag) liegt zwischen einigen Tagen und einigen Monaten, abhängig von der Komplexität des Produktes.

Halbleiterstrukturen

Durch die Abfolge der Einzelprozesse werden auf (bzw. in) dem Halbleitersubstrat Wannen unterschiedlicher Leitfähigkeit, Transistoren, Widerstände, Kondensatoren, Leiterbahnen und vieles mehr realisiert. Exemplarisch wird das Zusammenwirken der Prozesse an der Struktur eines Transistortyps erklärt.

Transistorstruktur

Zur Herstellung einer Transistorebene auf einem Halbleitersubstrat ist eine Vielzahl der oben erklärten Prozessschritte notwendig.

  • Die Transistorgebiete werden durch Lithografie definiert, aus den umliegenden Gebieten wird zunächst das Silizium ein Stück weit herausgeätzt und dann mit abgeschiedenen Siliziumoxid gefüllt, um die einzelnen Transistoren voneinander zu isolieren.
  • Auf den verbleibenden Siliziuminseln wird in einem Ofen eine dünne Siliziumoxidschicht aufgewachsen - das spätere Gatedielektrikum des Transistors.
  • Auf der gesamten Waferoberflache wird das Material für die Gateelektrode abgeschieden - in der Regel ein Stapel aus mehrerer Materialien, z. B. hochdotiertes Silizium, Metall und Isolationskappe.
  • Mit einem Lithografieschritt werden die Strukturen der Gateelektroden definiert, dann wird das Gateelektrodenmaterial überall dort weggeätzt, wo kein Fotolack nach der Entwicklung mehr übrig war.
  • In einem Ofenprozess wird an den nun offenen Flanken der Gatestrukturen ein Oxid zur Isolation und als Abstandshalter für die Folgeprozesse gebildet.
  • Durch Litografie werden erst die n-channel MOSFET Transistorgebiete, dann die p-channel-Transistorgebiete abgedeckt, um jeweils die Source- Drain- Gebiete mit den richtigen Fremdatomen zu dotieren.
  • Um die Transistorebene gegen die folgenden Verdrahtungsebenen abzuschliessen wird eine dicke Isolationsschicht auf dem gesamten Wafer aufgetragen. Überall dort, wo die Gatestrukturen sind, bilden sich Buckel in der Isolationsschicht, die durch Chemisch Mechanisches Polieren entfernt werden müssen.

Der heute übliche Fertigungsablauf für Transistoren enthält noch eine Vielzahl weiterer Prozesse, z. B. diverse Hilfsdotierungen oder dickere Gatedielektrika für Dickoxidtransistoren.

Geschichte der Halbleitertechnologie

Status und Ausblick

Die Entwicklungskosten der Technologie und der Produkte sind derartig hoch, dass seit spätestens Mitte der achtziger Jahre alle wesentlichen Neuerungen von der Industrieforschung (individuell und in Konsortien, wie Sematech, IMEC, Selete) und weniger von Universitäten oder staatlichen Forschungseinrichtungen entwickelt wurden (wichtige Beiträge unter anderem von IBM, Intel, Motorola, Philips).

Die Weiterentwicklung der Halbleitertechnologie bewegt sich im Dreieck Kostenanstieg durch Komplexität-Herstellungsprozesse, Kostenreduktion durch Miniaturisierung und Performancesteigerung/Integrationsdichtesteigerung. Bislang hat die Kostenreduktion durch Verkleinerung den Kostenanstieg durch Komplexitätszunahme überwogen und dadurch die Miniaturisierung vorangetrieben (siehe Mooresche Gesetz). Wie lange sich diese Entwicklung in die Zukunft fortschreiben lässt ist Gegenstand kontroverser Diskussion der Fachleute.

Umweltschutz

In der öffentlichen Diskussion wird den im Zusammenhang mit der Halbleiterherstellung auftretenden Umweltschutzaspekten derzeit noch recht wenig Beachtung geschenkt. Tatsache ist jedoch, dass im Zusammenhang mit der Herstellung mikroelektronischer Schaltungen - lokal und global - in erheblichem Umfang stark umweltgefährdende Substanzen produziert, gelagert und eingesetzt werden. Rückstände fallen - ggf. in umgewandelter Form - als Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase an. Viele der Einsatzstoffe können aus technischen und ggf. auch aus ökonomischen Gründen nicht recycled werden. Mit weiter steigender Produktionskapazität kommt der angesprochenen Thematik ständig wachsende Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang sollte auch der anhaltende Trend zur Produktionsverlagerung in wenig oder nicht regulierte Staaten beachtet werden.