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Gerechtigkeit

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Gerechtigkeit ist das abgeleitete Substantiv von gerecht dessen ursprüngliche Bedeutung "angemessen, richtig" ist.

Gerechtigkeit wird heute, unter dem Einfluss der nachperikleischen aristokratischen Gegenreform [siehe Reaktion (Politik) und Platos Lehre von absoluter Idee und Moral, oft definiert als Versuch, jedermann fair und moralisch angemessen zu behandeln. Die soziologische Funktion der Gerechtigkeit in diesem Sinne besteht darin, innerhalb menschlicher Beziehungen Werturteile zu ermöglichen. Somit kommt es bei der Durchsetzung der Gerechtigkeit nicht darauf an, was eine Person benötigt oder worauf sie ein "Recht" hat, sondern darauf, was sie nach jenen Wertvorstellungen verdient hat. Daher wird das Gute einfach als Opposition zum mehr oder weniger klar definierbaren Bösen beschrieben.

In unterschiedlichen Lebensbereichen spielen Gerechtigkeitskonzepte eine große Rolle, insbesondere in der Rechtsprechung, im sozialen Zusammenleben (Soziale Gerechtigkeit), im Sport, bei Auswahlverfahren (Chancengleichheit) und im Ausgleich zwischen gesellschaftlichen Gruppen (Gleichberechtigung, Generationengerechtigkeit, Steuergerechtigkeit).

Zukünftige Herausforderungen für den Gerechtigkeitsdiskurs sind die Themen Armut, internationale Verteilungsgerechtigkeit, Migration, kulturelle Selbstbestimmung sowie Gerechtigkeit gegenüber Tieren und der Natur. Auch die Fragen des "gerechten Krieges" werden neu zu diskutieren sein.

Philosophische Zugänge

Die Frage nach der Natur der Gerechtigkeit ist seit der griechischen Antike Gegenstand intensiver philosophischer Debatten. Den Begriff der Gerechtigkeit untersucht insbesondere der Zweig der Moralphilosophie und soweit Gerechtigkeit auf religiöse Vorstellungen zurückgeführt wird, die Moraltheologie. Als philosophischer Begriff kann Gerechtigkeit von zwei Seiten betrachtet werden: die persönliche oder subjektive Gerechtigkeit (als Tugend) und die politische oder institutionelle Gerechtigkeit, also die Gerechtigkeit von Recht, Staat und Politik.

Platon umschrieb die Gerechtigkeit mit der "Idiopragieformel": Jeder soll so behandelt werden, wie es ihm zusteht.

Laut Aristoteles ist Gerechtigkeit ein Maßstab für die Angemessenheit eines Verhaltens. Er unterschied abstrakt zwischen ausgleichender (kommutativer) und austeilender (distributiver) Gerechtigkeit. Ersteres lässt sich mit "Jedem das Seine" zusammenfassen. Seit Aristoteles wird Gerechtigkeit häufig mit Proportionalität gleich gesetzt.

Die mittelalterliche Theologie des Augustinus betrachtete Gerechtigkeit eher als persönliche Tugend denn als politische Systemeigenschaft.

Großen Einfluss auf die jüngere philosophische Diskussion hatte der liberale Denker John Rawls, der sich vor allem in Abgrenzung zum Utilitarismus mit der Gerechtigkeit politischer Systeme befasste.

Durch die Hilfe des Zufalls kann man manchmal eine "bessere" Gerechtigkeit herstellen, als durch die Berücksichtigung aller anderen Auswahlfaktoren. So hat man stets eine gute Entschuldigung für die Enttäuschten parat und kann sich der Verantwortung problemlos mit der Aussage, man könne ja selbst nichts für das Ergebnis, entziehen.

Literatur

  • Otfried Höffe: Gerechtigkeit. Eine philosophische Einführung, München: Beck, 2001. ISBN 3-406-44768-6
  • Jürgen Maes, Manfred Schmitt: Gerechtigkeit und Gerechtigkeitspsychologie, in: Gert Sommer, Albert Fuchs (Hrsg.): Krieg und Frieden. Handbuch der Konflikt- und Friedenspsychologie, Beltz Verlag Weinheim, Basel, Berlin 2004, ISBN 3-621-27536-3, S. 182-194 (mit Literaturübersicht zur Gerechtigkeitspsychologie)
  • Jörg Reitzig: Gesellschaftsvertrag, Gerechtigkeit, Arbeit, Münster 2005: Verlag Westfälisches Dampfboot, ISBN 3-89691-611-4
  • John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt am Main 1975 (Original: A Theory of Justice, 1971
  • Judith N. Shklar: Über Ungerechtigkeit. Erkundungen zu einem moralischen Gefühl. Berlin 1992: Rotbuch ISBN 3-88022-780-2
  • Michel Balinski: Die Mathematik der Gerechtigkeit. Spektrum der Wissenschaft, März 2004, S. 90 - 97, ISSN 0170-2971

Siehe auch

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